Eilbriefe - "per Expressen" ab wann ?

  • Liebe Sammelfreunde

    ich habe nun eine Weile gesucht - tja nun interessiert es mich schon, ab wann dieser Vermerk zu einer sofortigen Bestellung führte.

    Erstmalig habe ich es gefunden in ersten revidierten Postvertrag vom 05.12.1851, welcher ab 01.04.1852 gültig war.

    Im Artikel XXVI wurde dies geregelt. In Gegensatz zum Franco bzw. Porto stand die dafür zu zahlende Gebühr der Abgabepostanstalt zu. Desweiteren war die Einschreibung vorgeschrieben!

    Innerhalb Preussen gab es den Begiff schon mit der Taxverordnung vom 18.12.1824 - allerdings bezog er sich auf die "reguläre" Bestellung. Der Empfänger konnte seine Post selbst abholen und somit das Bestellgeld sparen. Die Anweisung "per Expressen" führte zur Bestellung der Sendung zum regulären Bestellgeld.

    Mit dem Gesetz zum Postwesen vom 05.Juni 1852, gültig ab 01.September 1852, wird im §20 jetzt dieser Begriff innerhalb Preussen "neu definiert". Wie im DÖPV führte auch dies nun zu einer sofortigen Bestellung. Allerdings war die Einschreibung nicht vorgeschrieben. Veröffentlicht wurde dies im Postamtsblatt 37 des Jahres 1852.
    Vor allen Postamtamtblättern des Jahres 1852 befindet sich eine Zusammenstellung des preussischen Posttarifs. Darin wird diesbezüglich nichts erwähnt.

    Wer hat noch mehr Angaben?
    Wie war es in anderen Posthoheiten gereglt? - vorallen vor dem ersten revidierten Postvertag des DÖPV.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Ulf,

    der von Dir genannte revidierte Postvereinsvertrag regelte erstmalig die Gebühren sowie die Möglichkeit deren Vorausbezahlung für die Expeßzustellung bei Postvereinskorrespondenz. Die interne Korrespondenz der Mitgliedsstaaten blieb davon unberührt.

    In Sachsen waren die Modalitäten der Expreßzustellung nebst Taxfestlegung lange Angelegenheit der einzelnen Postanstalten. Eine einheitliche Regelung, die auch die Möglichkeit einer Vorauszahlung beinhaltete, erfolgte in der Posttaxordnung des Jahres 1859.

    Geregelt wurde darin auch das Erfordernis einer eindeutigen Bezeichnung "per Expressen". Früher übliche Vermerke wie "um sofortige Bestellung wird gebeten" oder "eilig" hatten immer wieder zu Mißverständnissen geführt.

    Liebe Grüße

    Altsax

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (24. Oktober 2011 um 11:55)

  • Lieber Altsax

    danke für Deine Antwort.

    Dies jetzt mal am Rande:
    Mich wunderte schon, dass im Postverein die Eilbriefbestellung früher als in Preussen "existent" war, zumindestens sagen dies meine bisherigen Unterlagen. Die Frage ist ja auch, als welchem Grunde wurde diese im Postverein aufgenommen? Allgemein würde ich denken, dass es diese Art der Zustellung schon bekannt war....
    Jedoch ist auch bekannt, dass Kaufleute usw. sich gegen die königliche Postverwaltung durchsetzen konnten. Als Bsp. fällt mir ein, dass auch recht frühzeitig Nachtzüge eingesetzt wurden. Die Kaufleute hatten ein extrem großes Interesse schnell an Nachrichten z.B. aus Berlin zu kommen, obwohl "angeblich" die Kosten des Nachtzuges sich nicht rechneten.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Magdeburger, den Begriff "mit" oder "per expressen" zu bestellen gibt es schon recht lange. Dies erfährt man beim Studium alter Akten. Ich versuche einige Beispiele zu schicken:

    Item den 9.dito einem Expressen Botten von Cöllen zalt
    so mitt schryben hierhin geschickt das gelt dahe zalen (aus der Haushaltsrechnung der Stadt Ratingen von 1640 / 1641)

    ......durch einen Expressen wäre ein uhrmacher solchen 
    Endes ohne Zeit Verlust zu Bescheiden,..... (vom 7. Oktober 1769)

    ....Der expressen noch vor abgang der
    Post hier eintreffen kann.... (vom 28. 11. 1761)

    Das wären drei Beispiele.

    Viele Grüße von Blau444



  • Hallo Blau444,

    man muß sicherlich unterscheiden zwischen den "expressen Boten", die ein eilbedürftiges Schreiben über die gesamte Strecke beförderten, und der "expressen Zustellung", mit der lediglich die Strecke vom Zustellpostamt zum Empfänger gemeint war.

    Bei Deinen Beispielen dürfte es sich um erstere gehandelt haben. Bei der expressen Zustellung handelte es sich um eine solche, die außerhalb der regulären Botengänge erfolgte und insofern zusätzlich abgegolten werden mußte.

    Beste Grüße

    Altsax

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ulf,

    da ich meine früheren Jahrgänge im Moment nicht hier habe, müssen wir das Thema von hinten aufrollen.
    Im Amtsblatt Nr. 44 vom 31.Okt. 1851 findet sich der Hinweis, dass ab dem 15.10.1851 die Botengebühr von 2 1/2 Sgr. für die expresse Bestellung nunmehr auch mit Freimarken entrichtet werden kann.
    Für den Landpostbezirk ist diese Regelung nicht zulässig, da sich die Botengebühr nach der Meilenzahl richtet.

    Es gab also definitiv schon vor diesem Datum in Preußen eine expresse Bestellung von Briefen.
    Weiteres folgt, wenn das Altpapier wieder im Hause ist ...

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber blau444

    zu Ihren Anmerkungen passt folgendes Angebot bei Ebay:
    Dekorativer Portofreier Behördenbrief GOLLUB "p. Express"nach Marienwerder 1714

    http://www.ebay.de/itm/Dekorative…4-/160670955935

    Lieber Michael

    danke für die weiterführende Info.
    Damit kann also ausgegangen werden, dass es noch früher echte "Eilbriefe" gab.
    Ich denke ja, dass dies im Jahre 1850 eingeführt wurde - kann es aber nicht begründen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber alt Sax, vielen Dank für die information über die direkte Beförderung durch einen "expressen" Boten und eine "Eilzustellung" erst vom Empfängerpostamt. Die Verhältnisse werden noch komplizierter, wenn man in das 17. und 18. Jahrhundert zurück geht. Beispielsweise hatte Ratingen im Herzogtum Berg (nördlich von Düsseldorf gelegen) vor 1776 keine eigene Postverbindung, sondern nur einen Botendienst, der praktisch nur für die Stadtverwaltung tätig war. Allerdings brauchte offenbar die kleine Stadt ohne nennenswerten nationalen oder internationalen Handel keine Postverbindung. Mitte des 17. Jahrhunderts hatte auch Düsseldorf noch kein Briefpostamt, sondern nur Köln. So wurden Briefsendungen und auch Aktensendungen vom Reichskammergericht in Speyer bis nach Köln mit der thurn und taxichen Post transportiert. Von dort aus musste per Boten der Brief nach Ratingen gebracht oder dort in Köln an einer bestimmten Stelle abgeholt werden.

    Ab etwa 1683 gab es ein thurn und taxisches Briefpostamt in Düsseldorf. Dann mußte der Brief von dort abgeholt werden. Erst ab 1727 schuf sich Ratingen eine eigene Stadtpost. Sie zeichnete sich durch regelmäßigen Gang an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten aus. ein Expressbrief kostete 10 Stüber und ein einfacher brief 1 Stüber. Der Postoffiziant hatte bestimmte Pflichten zu erfüllen. Jedermann konnte diese Post benutzen.1809 bekam Ratingen eine Postexpedition der großherzoglich - bergischen Postverwaltung. Wenn man das in dieser Weise betrachtet kann man eine interessnte immer mehr sich entwickelnde Kommunikationsgeschichte feststellen, die sich am Bedarf der Stadteinwohner orientierte.

    Viele Grüße von Blau444

  • Lieber Blau444

    hochinteressant :thumbup:

    Liebe Sammelfreunde

    gestern abend bekam ich noch einen Hinweis per Mail und habe dann in dem betreffenden Jahr in die Amtsblätter von Magdeburg geschaut. Gestaut habe ich nicht schlecht :)

    Wie zu entnehmen, ist die die Expresse Bestellung noch nicht "landesweit" möglich, aber ist wurde alles mögliche dafür getan. Aus den Unterlagen der Packkammer von Magdeburg geht auch hervor, dass um 1850 diese Art der Bestellung von den dort beschäftigten Dienern erledigt worden ist. Leider habe ich keine weiteren Angaben, ab wann genau...

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Liebe Express - Freunde,

    das Preußisches Postregal von 1794 ist auch noch 1816 gültig: Bezüglich der preußischen Postgesetzgebung ist zu bemerken, dass das 1794 in Kraft getretene Allgemeine Landrecht in seinem II. Teil, Titel 15, Abschnitt 4 vom Postregal handelt. Die darüber gegebenen Bestimmungen sind fast ganz der Post – Ordnung von 1782 entnommen und enthalten nur wenige Festsetzungen. Leider kenne ich den Inhalt der preußischen Postordnung von 1782 nicht. Ebenso kenne ich die entsprechenden Postbestimmungen des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 nicht. Im Augenblick kann ich auch nicht an diese beiden Verordnungen ran kommen. Kann jemand das machen?

    Viele Grüße von Blau444

  • Lieber Michael

    gültig wird dies im gesamten Posthoheitsgebiet gewesen sein - aber der letzte Satz sagt doch auch, dass es nicht immer und überall möglich war.

    Lieber Blau444

    eine der wichtigsten Seiten ist das "Projekt Postverträge" zu finden unter:

    http://www.dasv-postgeschichte.de/pv/pv_main.asp

    Dort ist auch die Postordnung von 1782 zu finden:

    http://www.dasv-postgeschichte.de/pdf/17821126_Preuss.PDF

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo,
    gestern wurde ein eigentlich unscheinbarer 3 Kr-Brief von Regensburg nach Brunn bei Fischbach für über 170,- € bei ebay verkauft.
    http://www.ebay.de/itm/3604104085…984.m1423.l2649
    Der handschriftliche Vermerk "Durch eigenen Boten" veranlasste Herrn Sem, den Brief als "vermutlich per Expressen zugestellt" zu prüfen, womit sich der entsprechend höhere Preis erklärt.
    Aber handelt es sich wirklich um einen express zugestellten Brief?
    Bedeutet der Vermerk vielleicht nicht nur, dass der Empfänger, der offensichtlich auf dem nicht von der Post versorgten Land (Brunn) wohnt, die Zustellung per eigenen Boten wünscht, den Brief also von einem entsprechend Beauftragten abholen und heimbringen lässt?
    Ganz so, wie es weitere Botenbriefe gibt (bei denen dann u.U. die Botengebühr als 1x oder 2x angeschrieben wurde)? Ab wann gab es die eindeutige Vorschrift - Vermerk "per Expressen" - für eine Expresszustellung (mit der Konsequenz, dass der Postexpeditor sich um die Aufbietung eines geeigneten Boten kümmern musste)?

  • Lieber mikrokern,

    weil es bei mir etwas drunter und drüber geht - schau doch bitte mal in einen unserer Rundbriefe vor ca. 4 oder mehr Jahren - dort hatte ich einen längeren Artikel über Expreß geschrieben, der inhaltlich nicht überholt sein dürfte. Du darfst ihn gerne hier einstellen ...

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG46c0e758jpg.jpg]

    Hier meiner nach Brunn, der ein echter Expreßbrief war. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo die Runde

    Ich denke dass es bei Expressbriefe immer etwas Begriffsverwirrung geben will. Erstens weil man denkt, und sicher auch recht so, dass Expressbriefe immer viel wertvoller als anderen Briefen sind. Die Verwirrung liegt darin dass man sprachlich nicht Staatspostexpress und Botendienstexpress unterscheidet.
    Ich habe nicht die Artikel von bk gelesen, wahrscheinlich hat er es besser beschreiben können als ich.

    In dänische Schleswig-Holstein Zeit gibt es einige Briefe mit Per Express vermerkt, aber hier gab es kein Expressdienst. Trotzdem versuchen die Auktionen diese Briefe höher zu bewerten weil es ein seltener Vermerk ist. Das ist auch interessant.

    Ich finde der Brief der Mikrokern zeigt gut, aber ich würde nicht 170 € ausgeben.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,
    was mich halt wundert (und eben nicht vom angeblichen "Express"-Status überzeugt), sind die fehlenden Vermerk "per Expressen" sowie irgendeine Botengebühr.

    Beste Grüsse vom
    µkern

    • Offizieller Beitrag

    Hallo mikrokern

    Ja, hier stimme ich dich zu. Ich war hier etwas Faul und habe den Brief nicht so genau studiert :(
    Es gibt keine Vermerke die Richtung ein Eile deutet.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Sammlerfreunde,

    der Brief aus Brun war auch bei einigen unserer Forumsmitglieder begehrt. Der Sem-Befund hat hier, wohl insbesondere was den Preis betrifft, einiges "bewirkt".
    Es ist leider immer schwierig diese Briefe ohne deutlichen "Express-"Vermerk und auch ohne vermerkte Botengebühr unter Express einzuordnen. Die Verordnungen geben da leider wenig Hilfe.

    Aus dieser Korrespondenz nach Brun gibt es mehrere gleich behandelte Briefe. Anbei kann ich ein weiteres Exemplar zeigen. Den Sem-Befund hätte man für diesen Brief quasi kopieren können.

    Um den Unterschied der Express-Vermerke zu verdeutlichen, füge ich noch einen Brief aus Nürnberg nach Aufsess bei. Hier wurde "p. Expressen" geschrieben.

    Gruß
    bayernjäger

  • Liebe Freunde,

    die Briefe nach Brun, ob mit 3 Kr. blau oder 6 Kr. braun, dürften alle per Express gelaufen sein. Das Nichtvorhandensein einer Expeßgebühr war nichts außergewöhnliches. Nur wenn der Empfänger eine Quittung haben wollte, schrieb ihm der Expresse eine - mal auf den Brief, mal auf ein anderes Stück Papier. Da eine Retourrecepisse dabei sein musste, war das eigentlich nicht notwendig, denn absetzen konnte er einen privaten Expreßbrief sowieso nicht.

    Nur wenn der Empfänger ein Anwalt/Advokat oder ein sonstiger Offizieller war, waren diese Vermerke obligat, weil der Brief dann als Quittungsbeleg in der Akten verblieb und mit den anderen angefallenen Fallkosten abgerechnet wurde.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.