Briefe von Briefsammlungen

    • Offizieller Beitrag

    Somit in der bayerischen Zeit nur vom 30. Juni 1810 bis 31. Oktober 1810
    Briefsammlung. Aus dieser Zeit einen Brief zu finden ist recht schwierig

    Hallo VorphilaBayern

    Nicht nur schwierig zu finden. Man muss auch den Wissen haben, was die meisten nicht haben.
    Danke fürs Zeigen. :) :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Liebe Freunde,

    ich beschäftige mich gerade wieder ein wenig mit den bayerischen Briefsammlungen.

    Ein für mich erstaunliches Ergebnis ist, dass offizielle Nachschlagewerke gar nicht so selten völlig andere Datierungen nahelegen, was die Eröffnung/Schließung/Umwandlung angeht, als die z.T. sehr konkreten Aussagen bei Feuser/Münzberg (2000).

    So verzeichnen die Ausgaben des Hof- und Staatshandbuchs für Neustadt/Aisch (siehe den herrlichen Beleg von VorphilaBayern) in den Jahren 1812, 1813, 1824, 1827 und 1833 ausdrücklich eine Briefsammlung. 1835 wird der Ort dann als Postverwaltung geführt, was einem ziemlichen Sprung gleichkäme. Briefsammlung für weniger als ein Jahr oder doch für mehr als zwei Jahrzehnte?

    Derartige Diskrepanzen gibt es einige. Vor allem scheint die Zahl bayerischer Briefsammlungen, wenn man die gedruckten offiziellen Quellen betrachtet, noch größer zu sein als bei Feuser/Münzberg (2000) angegeben. Eine Erklärung dafür wäre, dass in den Archiven etwas völlig anderes steht als in den öffentlichen Verlautbarungen. Andererseits scheint es schwer zu glauben, dass man ausgerechnet in der Redaktion des Hof- und Staatshandbuchs hinter dem Mond lebte.

    Das Thema bleibt spannend, zumindest für mich ...

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Erdinger,

    vielen Dank für den Hinweis zum Hof - und Staatshandbuch von Neustadt an der Aisch zur Briefsammlung.


    Liebe Sammlerfreunde,

    ich möchte folgenden Brief zeigen:
    Wertbrief 4 1/2 Loth schwer vom Landgericht Kötzting vom 22. Februar 1843 mit Vermerk "frei bis Straubing", mit Aufgabestempel STRAUBING. In Kötzting bestand seit dem 1.4.1830 eine Briefsammlung. Ab 1. November 1845 wurde sie in eine Postexpedition umgewandelt. Ich denke, daß dieser Wertbrief nicht in der Briefsammlung in Kötzting aufgegeben wurde, sonst wäre der Fingerhutstempel KÖTZTING auf dem Brief. Stattdessen brachte ein Bote den Wertbrief für 6 Kreuzer (siehe Bild 3, sowie Vermerk "frei bis Straubing") in die Postexpedition Straubing, die diesen Vermerk wieder durchstrich. Der Wertbrief ging von dort als unfrankierte Parteisache nach Wien. Warum so verfahren wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Evtl. war zu diesen Zeitpunkt die Briefsammlung nicht mehr in Betrieb.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,

    ein vorzüglicher Brief - zu dem Vermerk "frei bis Straubing": 1) Entweder die Ablage war wie geschrieben schon geschlossen, oder 2) sie durfte aus Sicherheitsgründen keine Wertbriefe abfertigen.

    Vlt. wissen andere mehr zu dem tollen Stück.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Vorphila Bayern,

    Kötzting wird im Hof- und Staatshandbuch bis 1843 als Briefsammlung genannt, in der Ausgabe 1844 allerdings schon als "Postexpedition ohne Relais" - wie nahezu alle bis dahin existierenden Briefsammlungen.

    Das Phänomen, dass Briefe aller Art (Fahrpost, auch als Wertbrief oder Nachnahme) keinen Stempel der Briefsammlung tragen, sondern nur der übergeordneten Postexpedition, kenne ich auch aus Erding. Offensichtlich postalisch behandelt wurden die Briefe erstmals in Freising, ohne einen erkennbaren Vermerk, wie sie dorthin kamen. Keiner der mir bekannten Briefe trägt allerdings einen vergleichbaren Vermerk "Franco bis ...".

    Nicht nur aus diesem Grund ist der gezeigte Brief aus Kötzting ein faszinierendes Stück. Vielen Dank fürs Zeigen.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Liebe Sammlerfreunde,

    folgenden Brief möchte ich zeigen:
    Barfrankierter Brief (6 Kr.) aus Ulm (Württemberg) vom 10. Juli 1838, zur Gebührenersparnis im benachbarten Neuulm (Bayern - Briefsammlung, lt. Feuser und Winkler zwischen 1832 und 1838 eröffnet) aufgegeben, nach Oberammergau, mit Aufgabestempel NEU-ULM 11.7.1838. Die Briefsammlung Neuulm wurde am 1.1.1844 zur Postexpedition erhoben. Lt. Winkler und Feuser bekam Neuulm erst 1838 einen Stempel. Daher dieser fast jungfräuliche Stempelabschlag.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,

    die Errichtung der Briefsammlung Neu-Ulm lässt sich sogar genauer datieren, als es die Handbücher tun: Vierte Finanzperiode 1837! (Im Hof- und Staatshandbuch erscheint sie allerdings erstmals 1840.)

    http://books.google.de/books?id=55dBA…Neu-Ulm&f=false

    In den Berichten des zuständigen parlamentarischen Berichterstatters verstecken sich einige interessante Hinweise zur Eröffnung von Postanstalten (siehe auch http://hier ).

    Zu diesem Beleg einer noch jungen Briefsammlung kann man wirklich nur gratulieren. Gefällt mir außerordentlich!

    Übrigens eine gute Gelegenheit, noch auf den Beitrag von Joachim Helbig: "Die Provokation: Neu-Ulm" in der Publikation "150 Jahre Bayerische Briefmarken" des Münchner Briefmarken-Clubs von 1999, S. 63-66, hinzuweisen ...

    Viele Grüße aus Erding!

    Edit vom 23.2.2017: Die vierte Finanzperiode des Königreichs Bayern begann mit dem 1. Oktober 1837 und endete mit dem 30. September 1843. Die Briefsammlung Neu-Ulm wurde also irgendwann im vierten Quartal 1837 errichtet.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

    Einmal editiert, zuletzt von Erdinger (23. Februar 2017 um 14:09)

  • Lieber Erdinger,

    herzlichen Dank für Ihre interessanten Ergänzungen und Hinweise. Nun habe ich auch wieder den Artikel von Herrn Dr. Helbig in der Festschrift des MBC von 1999 zu Neuulm gefunden. Habe nicht mehr gewusst, in welchen Heft er steht.

    Viele Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Sammlerfreunde,

    die Auflieferung in der Briefablage Neuulm scheint hoch gewesen zu sein, wenn man den Abschlag vom 20.10.1844 mit der Einbuchtung oben betrachtet. Oder fiel ihm der Stempel vor Langeweile
    auf den Boden. Am 1.1.1844 wurde in Neuulm eine kgl. bayer. Postexpedition eröffnet. Grund war eine Übereinkunft der Bayer. und Thurn und Taxisschen Post vom 30. Mai 1843, die am 1. Januar
    1844 in Kraft trat.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Freunde,

    auch wenn mein hiesiger PC die Öffnung der vorherigen Links nicht goutiert, halte ich es für gut möglich, dass in Neu-Ulm nicht nur eine Briefsammlung bestand, sondern tatsächlich eine funktionierende Postexpedition, auch wenn das aus den Primärakten nicht (eindeutig) hervorgehen mag. Neu-Ulm war ja ein Polititkum, so dass man vlt. nichts "offiziell" machen wollte, um Württemberg (eigentlich Taxis!) still zu halten.

    Eine Briefsammlung hätte kaum einen Halbkreisstempel bekommen und die Funktionen besessen, wie sie Neu-Ulm inne hatte. Vlt. hat man Neu-Ulm etwas nach außen "getarnt". Um so interessanter sind natürlich die Briefe, die in diesem Zusammenhang zu finden sind.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    eine ganze Reihe von Briefsammlungen führte einen Halbkreisstempel.

    Es ist nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen (ich arbeite daran), aber der Halbkreisstempel ist meist bei jenen Briefsammlungen eingeführt worden, die ab 1835 neu errichtet wurden, z.B. Bischofsheim, Deidesheim, die BS in Rhön und Baunachgrund, Nannhofen und Wolfstein.
    Höchstädt, Königshofen, Mainbernheim, Sommerhausen und Waldsassen führten einen HKS als Ablöser, wie es aussieht.

    Ob alle diese Orte Schwierigkeiten mit Thurn und Taxis hatten und "getarnt" werden mussten?

    Die offizielle Nomenklatur schwankt allerdings nur in wenigen Fällen - in den bereits angeführten parlamentarischen Berichten werden manche Orte als Expedition geführt, die das Hof- und Staatshandbuch in der Folge hartnäckig als BS titulierte.

    Ein spannendes Gebiet, fürwahr.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Erdinger,

    ich bin bisher davon ausgegangen, dass Briefsammlungen keine Stempel führten, die eigentlich den Postexpeditionen oder Postämtern vorbehalten waren. Bei solch massiertem Auftreten scheint diese Annahme aber wohl nicht mehr haltbar zu sein. Wieder etwas dazu gelernt. ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    nachfolgend ein früher Abschlag des Stempels der Briefsammlung Erding mit Abbildung eines Briefes links neben Erding. Herr Karl Winkler vermutet in seinen Handbuch von 1951, daß der Stempel aus Holz gefertigt wurde. Der Brief wurde in Freising präsentiert am 4. November 1811. Bild 2. ist aus dem Winklerhandbuch. Erst ab 1.7.1843 wurde in Erding aus der Briefsammlung eine Postexpedition.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Erdinger,

    habe lange überlegt, ob ich diesen Brief beim Shop von Thomas Fischer kaufen sollte. Hatte auch schon mehrere Briefe mit diesen Stempel in der Hand und konnte bisher keinen schöneren Abschlag finden. Dann habe ich ihn gekauft. Ihr Brief hat wirklich einen schöneren Abschlag. Gratuliere recht herzlich und vielen Dank für's zeigen.
    Gibt es eigentlich vor diesen Stempel, handschriftliche Aufgabevermerke von Erding ?

    Liebe Grüße aus dem Eiskeller Grafenwöhr

  • Lieber VorphilaBayern,

    danke für die freundlichen Worte - Ihr Brief ist ebenfalls ein wunderbares Stück. (Ich habe auch anfänglich ein wenig damit geliebäugelt, aber es wäre wohl eines zu viel in der Sammlung gewesen.)

    Briefe mit handschriftlichen Aufgabevermerken kenne ich nur zwei - aus der Zeit vor Errichtung der Briefsammlung, 1806. Beide sieht man hier: Porto nach Schwyz

    Da heißt es also: Augen offenhalten.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber VorphilaBayern,

    ein weiteres schönes Beispiel dafür, dass Stempeltypen, die man normalerweise bei "richtigen" Expeditionen vermuten würde, auch bei Briefsammlungen geführt wurden.

    Es gibt Briefsammlungen (Dachau z.B.), die von einem Angestellten (Briefträger) eines Postexpeditors an anderem Ort (in diesem Fall Schwabhausen) geführt, also nicht eigenständig waren. Diese führten oft keinen eigenen Stempel.

    Andere Briefsammlungen (Erding z.B.) begannen ebenfalls als Ableger, arbeiteten aber dann auf eigene Rechnung und lieferten ihre Post nur bei einer übergeordneten Expedition (in diesem Fall Freising) ab. Es gibt Orte, die völlig eigenständige Sondertypen als Stempel führten, andere wiederum benutzten Einzeiler nach Art der Fahrpoststempel, einige solche mit Rayonbezeichnung (später aptiert), oder bekamen bei ihrer Errichtung ab 1830/35 einen "regulären" Fingerhut oder Halbkreiser.

    Wenn man sich mit dem Thema befasst, stellt man interessante Dinge fest:
    Es gibt nur eine Briefsammlung, die zeitweise diesen Titel ausdrücklich in ihrem Stempel führte.
    Bei vielen Briefsammlungen sucht man die übergeordnete Postexpedition in den Handbüchern vergeblich.
    Bei einer fränkischen Briefsammlung steht die Vielfalt der nacheinander benutzten Stempel offenbar in umgekehrt proportionalem Verhältnis zum Postaufkommen - jedenfalls gehören ihre Stempel zu den teuersten aller Briefsammlungen.

    Eigentlich ein schönes Thema für einen zukünftigen Rundbrief...

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Erdinger,

    ja bitte, gerne reserviert man dir jeden benötigten Platz, zumal kaum einer weiß, was es damit auf sich hatte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    danke, es wird aber noch ein Weilchen dauern.
    Wenn VorphilaBayern nichts dagegen hätte, würde ich ein Gemeinschaftswerk ins Auge fassen.
    Er hat schönes Material und scheint auch in dieser Richtung zu sammeln und zu forschen.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!