• Liebe Freunde,

    das tolle an einem frischen Archivfund sind unbehandelte Briefe, die keiner vorher je gesehen hatte. Normal ist das Auffinden von langweiligen Briefen von A nach B, aber dass es auch anders geht, zeigt uns die Korrespondenz an die Firma Hess in Speyer, aus der ich 3 Briefe total und 2 aus der CH "retten" konnte (der gute Pälzer hat ein paar andere auch "retten" können).

    Ich zeige einen Brief "Muster ohne Werth" von Zürich, 29.10.1868, nach Speyer über Baden, der mit 30 Rappen frankiert und mit P.D. als Frankobrief bestätigt wurde.

    Und damit geht das Problem schon los ...

    Der Altvertrag vom 1.10.1852 (für die CH vom 15.10.1852) sah 5 Rappen als Franko für Muster ohne Wert vor. Dieser PV lief aber zum 31.8.1868, also recht kurz vor unserem Beleg, aus und wurde ersetzt vom neuen Postvertrag vom 1.9.1868, der sagte: Entweder nur ein bloßes Muster mit Adress - Aufkleber für 5 Rappen, oder ein Brief und wenn ein Brief dabei ist, dann kostet dieser mit Muter innen oder außen 25 Rappen bis 1 Loth bzw. 50 Rappen Franko bis 15 Loth wie andere, gewöhnliche Briefe auch. Die Mustereigenschaft war also verloren, wenn ein Brief mit Geschriebenem dabei war, so wie hier.

    Zuvor hätte also ein Brief mit inliegendem Muster von Zürich nach Speyer 10 Rappen für die CH und 30 Rappen für Baden = 40 Rappen gekostet.
    Ein reiner Musterversand jedoch bei 30 Rappen hätte ein Muster von über 5 bis 6 Loth (6 mal 5 = 30 Rappen) bedeutet, aber dann hätte man keinen Brief dazu schreiben müssen.
    Der Versand eines Briefes mit Muster im Brief hätte hingegen nur 25 Rappen gekostet und keine 30 Rappen.

    Fazit: Nicht alles, was wir in Postverträgen und Ausführungsbestimmungen lesen, schafft völlige Klarheit bei der Beschreibung von Briefen, wenn sie nicht gerade simpel gestrickt waren, wie dieser hier.

    Jedenfalls kenne ich keine zweite 30 Rappen - Frankatur nach diesem Vertrag und wer weiß, was noch alles aus dieser Korrespondenz zum Vorschein kommen mag ... :P:P

  • Hallo Leitwege,

    ja, davon träume ich seit Jahrzehnten - die einen träumen von Heidi Klum, die anderen von Altpapier auf dem Dachboden; was das über meinen allgemeinen Geisteszustand aussagt, stelle ich jetzt mal dahin ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    nachdem Heidi Klum hier im Forum nicht zur Ruhe kommt, zeige ich eine Drucksache aus Basel vom 26.4.1872 nach Speyer. Da Baden zwar als Großherzogtum natürlich noch (lange) existierte, aber seine Posthoheit zum 31.12.1871 an das Dt. Reich abgegeben hatte, weist die Rückseite der DS nur noch den Ankunftsstempel vom Folgetag in Speyer auf.

    Die zuvor noch üblichen Stempel "Schweiz über Baden" usw. waren obsolet geworden. Diese DS war nur bis 2 1/2 Loth schwer und somit einfach. 2 Rappen verblieben der Schweiz, 3 Rappen gingen an das Reich, welches hier mit der CH abrechnete. Bayern erhielt natürlich nichts von dem wenigen Geld, das DS nur noch kosteten nach dem PV vom 1.9.1868.

    Ich glaube es nicht erwähnen zu müssen, aber DS der CH nach Bayern sind nicht häufig und in die Pfalz sowieso noch viel seltener, als nach dem rechtsrheinischen Bayern.

  • Hallo bk,

    sehr sehr sauberes Stück, das nicht jeder vorweisen kann und Drucksachen haben ja noch speziell den Inhalt als Überraschungsbonbon. Um das Heidi-Klum-feeling weiter aufrecht zu erhalten, ist`s dann auch Zeit geworden jetzt mal meinen Beitrag hier zu leisten. 25 Rappen auf Auslands-Normalbrief in die bayer. Pfalz, die beiden roten 10 Rappen-Marken sehen zwar wie im Paar geklebt aus, sind aber bei genauen Hinsehen getrennt appliziert worden.

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Guten Abend,

    sehr schöner Brief  :P !
    Ralph hat bei seiner ebenso schönen Drucksache erwähnt das der Stempel "Schweiz über Baden" zur Zeit um 1868 nicht mehr gebräuchlich war.
    Dann wäre dein Exemplar von Stempel auf dem Brief also eher ungewöhnlich, oder?


    Fragende Grüße


    Kevin

  • Hallo Kevin,

    ich muss jetzt ganz offen zugeben, dass ich absolut NULL die Ahnung habe, wozu man diesen Stempel überhaupt benötigt hat. Insofern kann sich mir natürlich auch keine gewöhnliche oder ungewöhnliche Verwendung bzw. Verwendungsphase erschließen. War das eine Art Leitvermerk oder war das ein Signal für eine Sonderbehandlung im offenen Transit, oder oder...ich muss hier leider völlig passen... :S

    Gruß !


    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    ein kleines Schmuckstück hast du da - 3 Marken sind halt 3 Marken und die müssen erst einmal schön gestempelt sein - das sind sie hier. :P:P

    Hallo Kevin,

    Zitat

    nachdem Heidi Klum hier im Forum nicht zur Ruhe kommt, zeige ich eine Drucksache aus Basel vom 26.4.1872 nach Speyer. Da Baden zwar als Großherzogtum natürlich noch (lange) existierte, aber seine Posthoheit zum 31.12.1871 an das Dt. Reich abgegeben hatte, weist die Rückseite der DS nur noch den Ankunftsstempel vom Folgetag in Speyer auf.

    Zitat

    Ralph hat bei seiner ebenso schönen Drucksache erwähnt das der Stempel "Schweiz über Baden" zur Zeit um 1868 nicht mehr gebräuchlich war.
    Dann wäre dein Exemplar von Stempel auf dem Brief also eher ungewöhnlich, oder?

    ließ dir bitte noch einmal genau durch, was ich geschrieben habe - ab 1.1.1872 kommt der "Schweiz über Baden" nicht mehr vor, weil das Postgebiet Baden Historie war. Auf @Pälzers Brief kommt der Stempel aber routinemäßig vor, denn Baden hatte ja 4x von der Schweiz zu fordern und niemand sonst.

    Wenn du mir einen Brief aus dem Jahr 1872 oder später mit dem Stempel "Schweiz über Baden" besorgen kannst, nehme ich ihn dir unbesehen zu einem guten Preis ab. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    uii,uii,uii :pinch:  :pinch:  :pinch: !


    Ich habe mich böse verguckt, dein Brief ist ja von 1872, ich habe nur etwas von Postvertrag von 1868 gelesen und bin dann davon ausgegangen, dass der Brief aus dem Jahr resultiert. Also nochmals "Schande über mein Haupt" :D  :D


    LG


    Kevin

  • Hallo Pälzer,

    War das eine Art Leitvermerk oder war das ein Signal für eine Sonderbehandlung im offenen Transit, oder oder...ich muss hier leider völlig passen... :S

    Es war ein Leitwegstempel und wurde in Basel, Konstanz und Stockach bei der Bahnpost verwendet. Er sollte Briefe aus dem Postvereinsausland (Schweiz) über Baden nach anderen Staaten kennzeichnen und auf der Rückseite abgeschlagen werden.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    besten Dank für die Klarstellung !! Einen Beleg nach 1872 mit dem Schweiz über Baden Stempel kann ich zwar nicht vorzeigen, aber immerhin schon mal einen recommandirten Auslands-Normalbrief. Die Gebührenverteilung dürfte klar sein.

    Von den Abschlägen her auch hier eine ansehliche Sache, die Schweiz hat ja überwiegend ordentlich entwertet....was sich bis heute ja auch eigentlich nicht geändert hat.

    Von Bayern aus wurde keine Reconummer vergeben, war das ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr üblich ? Und was hat es mit den beiden unterschiedlich verwendeten Stempelgeräten Zürich Filiale und Zürich BR EX auf sich ? ;(

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    typischer Fall von "denkste".

    Der Absender hatte nur 25 Rappen frankiert, wollte aber gleichzeitig unter Recommandation verschicken. Die Aufgabepost entwerte die Marke am 1.10.1870 um 12.00 Uhr Mittags (wie bei dem berühmten Film!) und stempelte auch Aufgabe daneben.

    Später bemerkte man, dass man eingeschrieben versenden sollte und klebte die Marke zu 25 Rappen für die Reco - Gebühr nach. Man kann das gut sehen, weil die Marke über den 1. Aufgabestempel geht.

    Die Kartierungspost in Basel (BRiefpost - EXpedition), die mit dem Ausland kartierte, stempelte sie um 3.00 Uhr Nachmittags und schug ihren Stempel auch siegelseitig ab.

    Das weitere Procedere ist bekannt - Baden bekam ihn in die Hände und vergab keine Reco - Nummer, weil das für Baden nicht unüblich war. Die Pfalz bekam ihn über Ludwigshafen am Rhein und gab ihn nur Speyer weiter, ohne eine Reco - Nummer zu vergeben, was mich auch gewundert hätte, weil zu dieser Zeit, wenn alles in den Briefkarten glatt gelaufen war, kaum noch Nummern gezogen wurden.

    Rekobriefe des 1868er Vertrages in die Pfalz sind handverlesen und einen mit mehr Besonderheiten als diesen wird man vergeblich suchen. :P:P

    Die Versicherungsgebühr von 25 Rappen beinhaltete in der Schweiz die Versicherung mit 50 Franken und in Baden und Bayern mit 24,5 Gulden im Falle des Verlusts.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Filigrana,

    ja, ich. 5x für Zürich (ich müsste im Schäfer nachschauen, ob das passt) und 3x für die Reichspost = 8x. Dazu 1x Bestellgeld = 9x.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Könnte auch über Schaffhausen gehen..oder?
    Dann wehren 3x bis Schaffhausen (was mir aber viel vorkommt) und 5x in das Reich plus eins aufgerundet. - nach Schäfer Beschreibungen.
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Filigrana,

    bin mir nicht sicher (nicht meine Zeit) - vlt. weiß VorphilaBayern oder liball mehr. 1x Porti gab es in Bayern aber nicht, von daher wissen wir, dass das ein Bote gewesen war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    ich wollte hier nicht warten bis mir die Männer Antwort liefern, und hab versucht mich hier selbst recht zu finden..Alles was ich über Schaffhausen ab 1775 nachgelesen hab passt zur gezeigten Brief nicht. (Hab sogar Bogen Größe nachgemessenen, festzustellen ob ein Brief einfach oder doppelt ist...ihr könnt ruhig lachen, so weit bin ich gegangen. Wenn ihr wollt zeig ich euch der Ergebnis..)

    Gezeigte Brief – St. Galler Kurs
    3x von Zürich bis St. Gallen, 2x bis Lindau was 5x (unten Strich) ergibt
    Lindau – Memmingen 4x
    Diese Porto Brief zahlte Zumstein über St. Galler Kurs 9x.
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt