Incoming Mail nach Baden

  • Hallo zusammen!

    Genauer gesagt: incoming mail nach Heidelberg ist es, was ich hier gerne zeigen möchte.
    Heute ist ein kleines Briefchen bei mir eingetroffen, das am 29. September 1848 in Rom auf die Reise nach Heidelberg geschickt wurde, wo es am 7. Oktober ankam. Bei Madame Wüstenfeld, geborene Mais, handelt es sich um das Mitglied einer bekannten Heidelberger Familie; ihr Mann war der Kaufmann Dr. phil. Friedrich Wüstenfeld.
    Adressseitig lese ich unterhalb des römischen Stempels die Zahl "15" in schwarz, mit Rötelstift unterstrischen. Mit dem gleichen Stift ist links eine "7" (Kreuzer?) notiert. Siegelseitig ist neben dem Heidelberger Distributionsstempel vom 7. Oktober ein Bahnpost-Cursstempel Typ 1 - E.B. 6. Oct. 48 Curs II - abgeschlagen.

    Viele Grüße von balf_de

    PS: ich werde sicher nicht vergessen, wem ich diesen schönen Brief zu verdanken habe ....

  • Lieber balf_de,

    zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu einem Brief, den sich jeder Heimatsammler erträumt, er aber in den meisten Fällen nicht bekommen wird.

    Der Absender in Rom notierte "frei", so dass er bis zu einem gewissen Punkt die anfallenden Gebühren übernommen hatte. Er muss dies getan haben, weil sonst auf der Siegelseite die Bearbeitungsgebühr für unfrankierte Briefe des Kirchenstaats, die sog. "Impostazione", mit 5 Bajocchi je Gewichtsstufe gestempelt oder notiert worden wäre.

    Siegelseitig ist für mich kein Betrag zu erkennen, den der Absender bezahlt hätte, so dass wir dessen Höhe leider nicht wissen. Ausweislich späterer Logik muss er aber die Gebühren für den Kirchenstaat und das Königreich Sardinien bezahlt haben. Diese beiden verrechneten pauschal, also nicht individualbezogen, so dass auch hier keine Gebühr für den Transit von der Grenze des Kirchenstaates bis zur Grenze des Königreichs Sardinien zur Schweiz erkennbar ist. Sardinien transitierte er via Como, den Comer See, die Schweiz über Bellinzona und den St. Gotthard - das alles ohne Bahn, sondern nur per Kutsche. Über Luzern erreichte er dann Basel vermutlich am 5.10.1848. Für diesen Transit war der CH die "7 A" = 7 Kr. Auslage später anzurechnen.

    In Schliengen wurde er erstmals mit der Bahn spediert, wie der Curs - Stempel II * vom 6.10.1848 zeigt. Der Kurs II von Schliengen nach Heidelberg nennt die Abfahrtszeit mit 11.45 Uhr Mittags und die Ankunftszeit in Heidelberg um 20.57 Uhr unter Verwendung des Zuges Nr. XI, wobei es den gleichen Kurs II auch in südlicher Richtung gab, dann aber statt des Sterns im Stempel mit einem Kreis und Punkt.

    Demzufolge zeigt der Ankunftsstempel von Heidelberg auch den 7.10.1846 Vormittags, weil nach dem Eingang der Postpakete kurz vor 21.00 Uhr des Vortages eine weitere Bearbeitung nicht opportun war.

    Für die badische Strecke ab der Grenze bei Basel bis nach Heidelberg kamen 8 Kr. in Ansatz, die mit den 7 Kr. für die CH das Porto von 15 Kr. ergaben, die der Empfänger zahlen durfte.

    Ich hoffe, ich konnte etwas zur Beschreibung des leider nicht durch Bayern transitierenden Briefes beitragen, auch wenn ich die erste Hälfte der Reise gebührenmässig im Dunkeln lassen muss. :(

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    P.S. Ich bin mir auch sicher, dass dem Tippgeber mit dem Zeigen dieses schönen Stückes voll und ganz gedient ist.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch!

    Vielen Dank für Deine Hilfe! Alleine schon die Informationen zur badischen Bahnpost in ihrer Anfangszeit sind wirklich wertvoll für mich. Obwohl Du ja eigentlich ein "Jung- und Nebenbei-Badener" bist, kenne ich kaum jemanden in unserer ArGe, der Dir hier das Wasser reichen könnte. Und die Tatsache, dass Du z.B. den Fahplan der Rheintal-Eisenbahn von 1848 innerhalb kürzester Zeit parat hast, das spricht doch auch für sich! Dass Du ganz nebenbei die Taxvermerke entschlüsselt hast, das hatte ich ja schon beinahe erwartet ...

    Wie gesagt - herzlichen Dank und liebe Grüße von balf_de