Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Lieber nitram,

    vielen Dank - ich habe mir diesen Link auf einem anderen PC gespeichert und fast schon Pichler ausgeknobelt, war mir aber nicht sicher (Pichler hatte immer rot gestempelt, aber vor ein paar Jahren habe ich einen ähnlichen Brief mit Forwarding - Stempel gesehen, der einen anderen roten Stempel aus München trug, daher war ich vorsichtig).

    Aber jetzt ist alles klar - Sebastian hieß nur der. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    die Interpretation des folgenden Briefes steht auf tönernen Füßen und wer sie aushärten lassen kann, ist gerne gesehen.

    Die Anschrift lautet:

    An Den k. General der Infanterie, Gesandten am preußischen Hofe pp Joseph Grafen von Rechberg
    Mindelheim

    Zustellgeld 4 Xr

    Mandatar ad insunandum
    Adv(ocat) Herrle dahier

    Der Brief wurde in Augsburg am 23.12.1824 unfrei aufgegeben und eine Portofreiheit schien nicht vorgelegen zu haben (beim Empfänger). Man taxierte ihn mit 6 Kr. Porto, welches man in Mindelheim abstich, um es mit einem Kreuzer Botenlohn auf 7 Kr. zu erhöhen.

    Der Vermerk "Zustellgeld 4 Kreuzer" scheint mit aber in der selben Tinte und Schrift vorgenommen worden zu sein, wie die ganze Adresse auch. Ich vermute nun, dass die Post 6 Kr., der Bote 1 Kr. und eine gesonderte Zustellung weitere 4 Kr. gekostet haben müsste, wüsste aber doch gerne, wie das physisch vor sich gegangen sein sollte, weil sich eigenltich der Botenlohn von 1 Kr. nicht so gut mit einer Insinuationsgebühr von 4 Kr. verträgt, oder liege ich hier falsch?

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    der Brief wurde zunächst dem Advokaten Herrle oder Herele in Augsburg in seiner Funktion als Insinuationsmandatar des Adressaten zugestellt. Der Advokat gab ihn dann auf die Post.
    Einen Advokaten Herele habe ich in Augsburg gefunden.
    Der Vermerk über die 4 Kreuzer sieht zwar nach der gleichen Tinte aus, ist aber von anderer Hand und dürfte den Betrag darstellen, den der Gerichtsdiener für seinen Weg zum Advokaten bekam. Links oben gibt es eine Expeditionsnummer.
    Auch "Mindelheim" wurde von anderer Hand hinzugefügt. Was sagt denn das Amtssiegel auf der Rückseite, wenn es eines gibt?
    Inhalt gibt es wohl nicht, sonst hättest du ihn uns wohl gezeigt, oder?
    Immerhin wusste ich noch nicht, dass in Mindelheim Bestellkreuzer fällig wurden.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    danke für deine Antwort - Herele scheint richtig zu sein, schwer zu lesen.

    Das Wort Mindelheim scheint mir in ähnlicher Sepiatinte wie die Taxe von 6 Kr. notiert worden zu sein - Zufall?

    Hinten war ein Trockensiegel angebracht, das nicht zu interpretieren ist, leider!

    Innen leider bis auf 2 kleine Vermerke aus dem Zusammenhang blank.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    eine kleine eierlegende Wollmilchsau ist mir ins Netz gegangen, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

    Geschrieben von der Zichorien - Fabrik C. Trampler in Lahr in Baden wurde die Rechnung vom 1.10.1866 zuerst in Nördlingen an der bayerisch - württembergischen Grenze mit 3 Kr. frankiert (Tarif vom 1.8.1865 ohne Entfernungsunterscheidung bis 1 Loth - da auf blauem Zigarettenpapier geschrieben unter 5g leicht). Man teilte dem Empfänger, Ferdinand Schustetter in Thann bei Simbach in Niederbayern mit, dass die von ihm bestellten Waren "mittelst Abstoß im Bahnhofe in Vilshofen & von da durch den Thanner Boten" zukommen würden und er nach Erhalt die Bezahlung derselben an die Herren Gutleben & Weidert in München vorzunehmen hätte.

    Die Postaufgabe erfolgte am 7.10.1866 in Nördlingen, die Entwertung des Randstücks der Nr. 9 durch 2 Abschläge des offenen Mühlrades 354 (eigentlicher Grund meines Kaufes). Am Folgetag kam er in Thann bei Eggenfelden an.

    Bei regulärer Postaufgabe im badischen Lahr hätte es bis Tann bei einer Entfernung von 52 Meilen 9 Kreuzer gekostet, so wurden also 6 Kreuzer eingespart. Vor dem 1.8.1865 wäre es als Inlandsbrief von Nördlingen nach Tann auch teurer gewesen: Bei 27 Meilen (über 12 Meilen) hätte man damals mit 6 Kreuzern frankieren müssen.

    So einen Brief aus Lahr via Nördlingen nach Tann suche ich ab jetzt noch.

  • Lieber Ralph,

    66% gespart. Da wird der Herr Trampler nicht unfroh gewesen sein.

    Danke für's Zeigen und viel Erfolg bei der Suche nach dem 6 Kreuzer-Brief.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    vielen Dank - ich werde die Augen offen halten. Lange, sehr lange sogar. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    unscheinbar, aber nicht übel, präsentiert sich ein Brief aus Wörth an der Donau vom 5.11.1859 an den kgl. Advokaten Metz Regensburg, der den Vermerk "frco" trägt, aber keine Freimarke aufweist. Dies war aber korrekt, da darunter vermerkt wurde "Denk fürstlicher Domainenrath" und damit hatten wir die Portofreiheit derer von Thurn und Taxis im Spiel, so dass man zu Recht einen Diagonalstrich anbrachte als Zeichen, dass hier nichts zu fordern war.

    Nach Wörth an die dortige Taxis - Administration kannte ich einige Briefe, von dort aber waren sie mir nicht geläufig, was jetzt anders ist.

  • Liebe Freunde,

    die meisten von uns haben ein Faible für kleine, sogar oft ganz, ganz kleine Briefe, welches ich natürlich teile.

    Die meisten von uns verachten (vlt. auch daher?) große Briefe und diese Missbilligung teile ich nun gar nicht.

    Hier ein Riese aus Regensburg vom 9.6.1869 an das kgl. Landgericht in Regenstauf, der läppische 34,3 cm lang und 11,2 cm hoch ist. Er kostete 7 Kreuzer Franko für Briefe über 1 bis 15 Loth und 7 Kreuzer Recogebühr, die noch bar erhoben wurde. Ausweislich seiner Siegelseite kam er am Folgetag an. Ich habe zwar noch 2 deutlich größere, aber den fand ich schon beachtlich und diese Wirkung lässt sich noch verstärken, wenn man einen Minibrief daneben hält.

    Interessant auch die Art der Trennung der geschnittenen Marke - etwas für den Insider und eine leichter Vorwegnahme der zukünftig kommenden Perforationen ...

  • Lieber Ralph,

    ein schöner Brief - mir gefällt er. Und die Marke hat ja trotz der etwas abendteuerlichen Trennung keinen Schaden genommen.

    Walter Husnätter hatte in seiner Sammlung einen ähnlichen Brief mit einer Länge von 34 ca. Auch mit einer blauen Marke frankiert und auch ein Chargébrief.
    Aber bei ihm wars nicht die Nr. 21 sondern die Nr. 10.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Wolfgang,

    eine Nr. 10 ist deutlich seltener auf Großbrief, als eine Standard Nr. 21 oder 25. Eine Nr. 34 habe ich so noch nie gesehen.

    Ich habe 2 Briefe mit der Nr. 21, je chargiert und eine mit Nr. 14 + 16, der wohl der schönste der bekannten Riesenbriefe ist (leider war auch der Preis der höchste).

    Ja, die Trennung ist an den Seiten gerissen, aber auch das finde ich spannend, gerade weil 7 Kr. kein Pappenstiel waren und es wohl dort regelmäßig so gemacht wurde. Talentierte, ruhige Hände damals in Regensburg?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    das sind für mich alles sehr attraktive Briefe - gerne hätte ich mal einen aus der Gebührenperiode davor (also der Zeit, als Briefpost nur bis 4 Loth regulär befördert werden konnte), als Absender von Briefen über 4 Loth noch oben auf ihre Briefe schreiben sollten "Mit der Briefpost", oder, wenn sie das vergaßen, sollte die Aufgabepost "Auf Verlangen mit der Briefpost" schreiben.

    Von denen habe ich vlt. 5 Stück gesehen (vollständige!) und kann keinen zeigen ... ;(

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo und guten Abend,

    mit einem Brief aus der frühen Gebührenperiode kann ich leider nicht dienen;
    aber um die Fraktion der Ortsbriefe zu repräsentieren hier ein eingeschriebener
    Brief der 2.Gewichtsstufe innerhalb Münchens mit der Abmessung 34 X 10 cm;
    frankiert mit einem Paar der 1 Kr. Wappen grün, 14c.
    Dieses auch noch mit dem den Plattenfehler "durchbalkte 1".

    Grüße,
    Wilfried/SYS1849

  • Lieber Wilfried,

    damit dürfte geklärt sein, wie der größte Bayernorts- bzw. Nahbereichsbrief aussieht und wer ihn hat. Wenn du den mal loswerden möchtest ... ja ja, ich weiß, willst du nicht. :D

    Typisch für diese Zeit: 2 Münchener Reco - Nummern, davon immer eine in blauer Kreide. Auch eine Art Echtheitsmerkmal, das es sonst nirgendwo in Bayern gab. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    es gibt nicht viele Poststücke, bei denen meine Phantasie versagt, aber bei diesem für 1 Euro in der Bucht gekauften ist es so.

    Halten wir uns an die Fakten: 1 Kreuzer Nr. 22 frankiert im Ortsbereich von Augsburg am 16.7.1873: "Herrn Kniewitz mit Briefen Herrn L. A. Riedinger - hier"

    Seitlich vorne steht: "1873 Juli Gust. Vischer Verlobung". Innen steht gedruckt: "Fanny Schürer Gustav Vischer Verlobte. Augsburg, 14. Juli 1873".

    Die Frage ist nun, da die Drucksache nicht gesiegelt wurde: War es eine Drucksache, oder hatte man eingedenkt der Tatsache, dass auch einfache Ortsbriefe nur 1 Kreuzer kosteten, dieser Drucksache noch einen Brief beigeschlossen und zwar den des Herrn Riedinger?

    Was mich weiterhin etwas wundert: Warum gibt man 2 Tage nach der Verlobung diese erst bekannt? Ich hätte dies eher kurz vor dem Termin, oder doch am gleichen Tage erwartet.

    Gerne lese ich eure Meinungen zu dem Stück.

  • Hallo bk,

    ...da die Drucksache nicht gesiegelt wurde: War es eine Drucksache, oder hatte man eingedenkt der Tatsache, dass auch einfache Ortsbriefe nur 1 Kreuzer kosteten, dieser Drucksache noch einen Brief beigeschlossen und zwar den des Herrn Riedinger?


    Für mich stellt sich zunächst die Frage wie bei einer augenscheinlich nicht verschlossenen Faltdrucksache überhaupt ein Brief noch "beigeschlossen" sein konnte, also rein technisch: Mit Band, mit Schleife o.ä. ? Die Marke wurde jedenfalls erkennbar nicht für Verschlusszwecke benutzt.

    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    gute Frage - möglich wäre, dass man einen Brief genau so faltete, wie die Drucksache und so in diese innen eintütete. Aber ob das so war, ist zwar möglich, erschließt sich mir aber auch nicht so wirklich ... Für mich ist das eines der rätselhaftesten Poststücke innerbayerisch, das ich je gesehen habe.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    und naja, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man hier mit einem Kreuzbändchen sowohl die Drucksache ver- und damit auch die darin eingelegten Briefe sinngemäss Deiner Formulierung beigeschlossen hat.

    Oder sprechen da irgendwelche Verordnungen dagegen ? Ich wüsste auf Anhieb da jetzt keine. Voraussetzung natürlich für alles, dass die erste Gewichtsstufe nicht überschritten wurde.

    So wie Drucksache aussieht, wird man auf die w.o. genannte Weise jedenfalls immer noch von beiden Seiten für Kontrollzwecke hat reinschauen können.

    Auf jeden Fall müsste der Beleg eine reichlich seltene Sache sein....wenn es denn überhaupt noch etwas vergleichbares zu finden gibt, dann wird man da wohl lange lange suchen müssen.

    Insofern mal wieder Glückwunsch zu einer weiteren Perle in der Spezialsammlung.  :thumbup:

    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis