Der Deutsche Krieg 1866

  • Lieber bayern klassisch,

    einen Brief, der sich in meiner 66er Sammlung auch sehr wohl fühlen würde, zeigst Du da!

    Kleine Ergänzung: Der Hauptgrund für die Umleitung über Württemberg unter Vermeidung der Strecke Würzburg-Nürnberg waren nicht kriegerische Handlungen (die gab es Anfang August nicht mehr) und auch nicht eine Behinderung durch preussische Verbände in Franken, sondern die nicht mehr vorhandenen Eisenbahnen zum Transport der Post. Diese hatten die Bayern schon Tage zuvor weggeschafft, um sie nicht dem Feind in die Hände fallen zu lassen. Daher war keine Spedition der Post über den "regulären" Weg via Würzburg bzw. Nürnberg möglich. Erst Tage später, als sich in Absprache mit der preuss. Besatzungsmacht der Alltag wieder einzustellen begann, wurde auch mit der Wiederherstellung der Infrastruktur die Grundlage für eine normalisierte Postbeförderung geschaffen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber bayern klassisch,

    Ich sage einfach nur "Danke für's Zeigen". Es hat Spaß gemacht, sich dieses Schmankerl zu Gemüte zu führen.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber mikrokern,

    daran hatte ich gar nicht mehr gedacht - vielen Dank für die Aufklärung und Erklärung der Leitung meines Briefes. Vlt. wandert er ja bald in deine 1866er Spezialsammlung. ^^

    Weiß man, wie lange es dauerte, bis der Zustand von vor dem Krieg wieder hergestellt werden konnte?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,
    zur Antwort auf Deine Frage s. den angehängten scan aus "Die Besetzung Nürnbergs durch die Preussen - Zur Erinnerung an die Tage vom 31. Juli bis 16. September 1866" von J. Priem und Chr. Braunstein (Nürnberg, 1866).
    Ich gehe davon aus, dass trotz der Ermächtigung der Wiederherstellung des Postverkehrs am 3. August durch den Grossherzog von Mecklenburg, Oberbefehlshaber des 2. preussischen Reserve-Armeekorps, noch einige Tage vergangen sein müssen, bis der Transport via Eisenbahn wieder lief, da nicht nur die Eisenbahnen selbst, sondern auch die Infrastruktur wie Personal, Kohleversorgung sowie Anbindung an Anschlusszüge wieder routinemässig etabliert werden mussten.
    Dein Brief fügt sich jedenfalls optimal in dieses "eisenbahnlose" Zeitfenster der ersten Augustwoche ein.

  • Lieber mikrokern,

    dann dürfte es tatsächlich nur wenige geben, weil Bayern sehr daran gelegen sein dürfte, diese wichtige Strecke für den Nord - Süd - Verkehr bald wieder auf die Reihe zu bekommen. Das Zeitfenster sollte wohl nur eine Woche plus/minus X betragen haben.

    Danke für die Infos vom Spezialisten für 66. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber mikrokern,
    Auch Dir vielen Dank für die wunderbare Quelle. :thumbup: Da wird man direkt mitgerissen, auch wenn man sich üblicher Weise mit dieser Thematik gar nicht befasst.

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo,
    möchte im Zusammenhang mit dem Ausfall der bayerischen Eisenbahnen in Franken Anfang August 1866 nochmals auf meinen in post #80 gezeigten Brief von Dresden nach Nürnberg eingehen. In Dresden am 4. August aufgegeben, hat er Nürnberg bereits am darauffolgenden Tag erreicht.
    Altsax hat den Leitweg via Leipzig-Hof in post #81 so kommentiert:
    "regulär erfolgte die Beförderung über die Bahnlinien Dresden - Leipzig und Leipzig - Hof. Letztere war lt. Milde "ab Mitte 1866" unterbrochen. Über die Wiederinbetriebnahme gehen die Literaturangaben auseinander. Die Postverordnungsblätter veröffentlichten einen provisorischen Coursplan, der ab 3.8.1866 täglich zwei Züge mit Postbeförderung vorsah. Insofern dürfte Dein Brief auf diesem Cours befördert worden sein, wofür auch die kurze Beförderungszeit spricht."
    Offensichtlich gab es also bereits am 5. August wieder zumindest teilweise funktionierende Bahnverbindungen (Hof-Nürnberg), oder der Brief wurde auf andere Art und Weise nach Nürnberg spediert, was ich mir ob der kurzen Laufzeit von nur einem Tag aber nicht vorstellen kann.
    Ich bin daher der Meinung, dass die Eisenbahnverbindungen innerhalb kürzester Zeit wieder funktionierten.

  • Hallo,
    zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass hier noch kein Brief mit bayerischem Feldpoststempel gezeigt wurde. Zeit, dies nachzuholen...
    Hier ein Brief "vom Artillerie-Commando der II. Infanterie-Division / 1. 12-Pfünder Feldbatterie Kirchhoffer" an den Stadt-Magistrat Hildburghausen, mit Stempel "K. Bayer. Feldpost I" vom 20. Juli 1866.
    Die 12-Pfünder Batterie von Hauptmann Kirchhoffer gehörte zur Divisions-Artillerie der 2. Division unter Generalleutnant von Feder im VII. bayerischen Korps. Sie nahm an den Gefechten von Kissingen und Nüdlingen gegen die Regimenter der preussischen Division Goeben am 10. Juli teil. In Hildburghausen, das zum mit Österreich und den süddeutschen Staaten verbündeten Herzogtum Sachsen-Meiningen gehörte und von der TuT-Lehenspost versorgt wurde, befand sich die 2. Division beim Zug durch die Rhön am 30.6./1.7.1866.
    Für mich schwer nachvollziehbar sind Datums- und Adressangaben auf der Innenseite des Wendebriefes, wo der Magistrat der Stadt Hildburghausen den 23. Juli 1866 angibt und an das Artillerie-Commando in Neustadt a.S. (an der Saale) zurückschreibt.
    Am 20. Juli befand sich sicher keine Einheit der 2. Division mehr in Neustadt. Am 8. und 9. Juli lagen hier Einheiten der 2. Division, die sich vor den preussischen Verfolgern über die Rhön zurückgezogen hatten. Nach den Gefechten von Kissingen und Nüdlingen am 10. Juli bezog die 2. Division am 11. Juli ihr Lager in Massbach, um am 13.7. Donnersdorf zu erreichen. Schweinfurt wurde östlich umgangen und das Hauptquartier am 15. Juli in Gerolzhofen eingerichtet, um danach nach Würzburg vorzurücken, denn das strategische Ziel war die Vereinigung mit dem VIII. Bundeskorps. Am 20. Juli (Datum des FP-Stempels) befand sich das Feldpostamt mit Feldpostexpedition, das den Stempel mit Einsatz "I" trug, in/bei Würzburg, genau wie die 2. Division, weshalb man davon ausgehen kann, dass der Brief in Würzburg abgesandt worden war.
    Warum also die Adressangabe "Neustadt" am 23. Juli? Hatte der Magistrat in Hildburghausen schlichtweg die militärische Entwicklung der letzten zwei Wochen verschlafen? Oder wurde in Ermangelung einer besseren Adresse der letzte sichere Standort verwendet?

  • Hallo,
    in der aktuellen Köhler-Auktion wird unter Los Nr. 6032 folgender Brief angeboten:
    "1866, Klebezettel: "Kann in Folge höherer Anordnung von Frankfurt a. M. nicht weiter befördert werden, desshalb zurück an den Aufgabeort", Vordruckaufkleber auf Ganzsache 3 Kr. rosa mit Nummernstempel "112" und EKr. "OFFENBACH 13/7" nach Aschaffenburg (von Preußen am 14. Juli und Frankfurt/M. am 16. Juli besetzt), Preußen verfügte eine Postsperre, die erst am 5. August aufgehoben wurde; Umschlag mit Öffnungsläsuren, aber bisher einzig bekannter Beleg und ein herausragendes zeitgeschichtliches Dokument zum Deutsch-Österreichischen Krieg - Unikat! (Fotoattest Sem BPP)"
    Der Brief ist oben nicht so schön (beschriebene Öffnungsmängel der Ganzsache), der Aufkleber war mir jedoch bislang nicht bekannt.

    Im Zusammenhang mit der Beschreibung "...Preußen verfügte eine Postsperre, die erst am 5. August aufgehoben wurde" hätte ich folgende Fragen:
    - Wer kann die genannte Verfügung Preussens über eine Postsperre genau belegen, welche Verordnung liegt hier zugrunde?
    - Betraf diese Postsperre nur Briefe von/über Frankfurt nach Bayern, oder auch Post z.B. aus Sachsen (Leipzig)?
    Vielleicht kann sich ein Preussen-Spezialist hierzu äussern?

    Gab es diese Verfügung wirklich, so hätten wir einen guten Grund für die Umleitung des in post #140 gezeigten Briefes von Darmstadt nach München vom 2.8.66, der über die württemberg. Bahnpost statt via Frankfurt/Nürnberg spediert wurde.

  • Lieber mikrokern,

    mit der gesuchten Verfügung kann ich leider nicht dienen, zumal ich vermute, daß sie nicht in einem Verordnungsblatt veröffentlicht worden ist. Das trifft zumindest auf Sachsen zu, wo ein vergleichbarer Klebezettel existiert (Slg. Knapp).

    Nachfolgend ein Auszug aus einem entsprechenden Beitrag im DASV-Rundbrief 376 vom April 1983.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,
    vielen Dank für das Zeigen dieses Briefes und der Angabe der Quelle, wonach sich die Postbeförderungsverhältnisse zwischen Bayern und Sachsen also ähnlich wie zwischen Bayern und Preussen verhalten haben dürften.
    Allerdings sehen wir hier einen mit der Fahrpost beförderten Wertbrief. Für die Versendung von chargierten Briefen sowie Wertsendungen gab es am 21. Juni, 1. und 11. Juli einschlägige Verordnungen auf bayer. Seite, die zunächst nur die Gewährleistungen für solche Sonderdienste aufhoben, bevor dann die Spedition in und über das feindliche Ausland gänzlich eingestellt wurde.
    Wie aber verhielt es sich mit gewöhnlichen Briefen? Der Köhler-Brief und die Aussage der Postsperrung betreffen ja keine Fahr- sondern "nur einfache" Briefpost.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    daß Fahrpostsendungen strengeren Restriktionen als einfache Briefe unterlagen, dürfte unzweifelhaft sein. Selbst aus der "heißen" Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen sind beispielsweise Briefe aus Sachsen nach Bayern bekannt, die zwar einen preußischen Zensurstempel tragen, aber befördert worden sind. Insofern dürfte die Handhabung seitens der preußischen Truppen in Hessen vergleichbar gewesen sein.

    Eine Erklärung könnte bei dem von Dir gezeigten Brief in der militärischen Stellung des Empfängers liegen. Daß man Briefe an feindliche Militärs nicht zur Beförderung zuließ, erscheint naheliegend.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Eine Erklärung könnte bei dem von Dir gezeigten Brief in der militärischen Stellung des Empfängers liegen. Daß man Briefe an feindliche Militärs nicht zur Beförderung zuließ, erscheint naheliegend.

    Lieber Altsax,
    diese Meinung teile ich vollumfänglich!
    Tendiere zu der Annahme, dass es keine von Preussen verordnete 100%-Sperre aller Briefpost nach Bayern gab (und auch keine solche Verordnung), sondern dass lediglich die Spedition qualifizierter und Fahrpostsendungen eingeschränkt bzw. unterbunden wurde. Bei normalen Briefen wurde wahrscheinlich "case by case" entschieden, wodurch Post an offensichtlich relevante feindliche Adressen aufgehalten wurde, wohl aber nicht rein private Korrespondenz.
    Dies wird auch belegt durch den in post #80 gezeigten Brief von Dresden nach Nürnberg, der Dresden am 4. August verliess und in Nürnberg bereits am 5.8.1866 zugestellt wurde, womit eine komplette Postsperre bis zum 5.8. - zumindest von Sachsen aus - sehr unwahrscheinlich wird.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,
    ... und noch mal eine Überlegung in Sachen "Köhler-Brief".
    Wenn der Brief am 13. Juli von Offenbach nach Frankfurt zur weiteren Spedition nach Aschaffenburg lief, so müsste der Klebezettel doch eher von Bundesseite (also Stadt Frankfurt oder TuT-Postverwaltung) angebracht worden sein, da Frankfurt erst am 16. Juli von den Preussen besetzt wurde. So lange blieb der Brief sicher nicht liegen, die TuT-Post hätte ihn spätestens am 14.7. weiterspediert.
    Man könnte dann den Passus auch als "infolge höherer Anordnung der eigenen Verwaltung in Frankfurt" verstehen, wonach der Brief an den Generalstabsoffizier in der III. Division der Reichsarmee aufgrund der drohenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Raum Frankfurt zurückgehalten wurde. Immerhin fanden am 13.7. die Gefechte bei Laufach und Frohnhofen (preussische gegen hessische Truppen) und am 14.7. das Gefecht bei Aschaffenburg statt, sodass in Kenntnis der ungünstigen militärischen Situation am 14. Juli der Brief in Frankfurt den von Bundesseite veranlassten Aufkleber erhielt und nicht weiterbefördert wurde.
    Also doch keine von Preussen veranlasste Postsperre?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Also doch keine von Preussen veranlasste Postsperre?

    Lieber mikrokern,

    Deine Überlegungen möchte ich aufgreifen: In zeitlicher wie räumlicher Nähe zu Kampfhandlungen können Postsäcke schon einmal ein paar Tage liegenbleiben, weil die Transportmöglichkeiten eingeschränkt bzw. anderweitig genutzt werden. Wann genau die Rücksendung an den Absender erfolgte, läßt sich möglicherweise - sofern vorhanden - aus einem siegelseitig angebrachten Ausgabestempel von Offenbach ermitteln.

    Um hinter die Geheimnisse dieses Beleges zu kommen, sind wahrscheinlich eher taxissche als preußische Akten hilfreich. Das beginnt mit der Frage, ob Korrespondenz von Offenbach nach Aschaffenburg immer über Frankfurt geleitet worden ist, oder bereits darin eine kriegsbedingte Besonderheit liegt. Der Druck des Klebezettels wirkt nicht improvisiert, hat also einer gewissen Vorbereitungszeit bedurft. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß dazu ein "Vorgang" existiert haben muß, der in vielleicht noch vorhandenen Postakten dokumentiert ist.

    Zweifellos handelt es sich um einen Beleg, der in eine ordentliche Sammlung des 66er Krieges gehört!

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Das beginnt mit der Frage, ob Korrespondenz von Offenbach nach Aschaffenburg immer über Frankfurt geleitet worden ist, oder bereits darin eine kriegsbedingte Besonderheit liegt...

    Lieber Altsax,
    zumindest hierzu kann ich anmerken, dass die Eisenbahnanbindung Offenbachs an Frankfurt im Jahr 1866 nicht über Offenbach hinausging, wie die Karte hier zeigt:
    http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/gif/e866d_a3.htm
    Post von Offenbach wurde via Frankfurt spediert, nach Aschaffenburg also Offenbach-Frankfurt-Hanau-Aschaffenburg.
    Daher keine kriegsbedingte Besonderheit...

    Bei Köhler habe ich einen scan der Rückseite des Briefes angefordert; wenn ich ihn habe, werde ich ihn hier zeigen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,
    möchte heute einen weiteren, jüngst erworbenen Brief aus dem 66er Krieg zeigen.
    Abgesandt am 4. Aug. 1866 von der Ober-Intendantur des 8. Bundesarmeekorps in Rothenburg, war er an den Magistrat von Burgbernheim addressiert.
    Unter der Intendantur versteht man eine militärische Verwaltungsbehörde, zu deren Aufgaben Kassen- und Etatwesen, Verpflegung, Bekleidung, Futter für die Pferde, Biwak und Lazarettwesen - eben alles ausser Versorgung mit Waffen und Munition gehörte. Die Ober-Intendantur war auf Korpsebene angesiedelt und damit den Divisions-Intendanturen überstellt.
    Im gezeigten Brief geht es um Vergütungsbescheinigungen für den Ort Burgbernheim, der Anspruch auf die Bezahlung von Leistungen wie z.B. requirierte Fuhren hat. Als Bündnispartner mussten von den umliegenden Orten gelieferte Verpflegung und Dienstleistungen abgerechnet werden und konnten nicht wie in feindlichem Gebiet üblich, unentgeltlich gefordert werden.
    Der Brief ist in mehrfacher Hinsicht sehr interessant. Zum einen trägt er den blauen Truppenstempel "Commando des Deutschen VIII. Bundesarmeecorps", welchen ich so noch nicht gesehen habe. So deutlich abgeschlagen auf Brief mit vollem Inhalt dürfte er nicht alltäglich sein. Das Hauptquartier des VIII. Korps lag am 1. August in Burgbernheim und wurde am 2.8. nach Rothenburg verlegt, von wo es mit Befehl vom 4. August nach Feuchtwangen und dann nach Nördlingen verlegt werden sollte.
    Desweiteren passt der Brief historisch zum in post #89 gezeigten Feldpostbrief eines württembergischen Soldaten der 1. Division (im Bundeskorps), der am 2. August bei der Postexpedition Ermetzhofen aufgegeben wurde und nach Winnenden ging. Alle 3 Orte - Rothenburg, Burgbernheim und Ermetzhofen - liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt im Südosten Würzburgs. Nach dem letzten Gefecht, der Beschiessung der Festung Marienberg bei Würzburg am 27. Juli und der anschliessenden örtlichen Waffenruhe hatten sich die Einheiten des 8. Bundeskorps in südöstlicher Richtung zwischen Würzburg und Rothenburg o.d.T. zurückgezogen; am 2.8. waren preussische Truppen in Würzburg eingerückt.
    Offensichtlich gehörte der Schreiber des Ermetzhofen-Briefes zu den Truppen, die Anfang August 1866 von Burgbernheim und umliegenden Orten versorgt wurden, wofür die Ober-Intendantur entsprechende Abrechnungen und Vergütungen ausstellte.
    Und schliesslich ist die Briefbeförderung beachtenswert: Als Franchise wird "D.S.", also Dienst-Sache, aber nicht etwa "Feldpost" vom Absender angegeben. Der Brief wurde nicht als Feldpostbrief eingeliefert und auch keiner zivilen Poststelle übergeben. So sind weder Aufgabe- noch Ausgabestempel vorhanden.
    Ich gehe davon aus, dass der Brief als Dienstsache einer Militärbehörde mittels interner Beförderung (Kurier) überbracht wurde, wohl weil keine geregelte Feldpost zur Verfügung stand bzw. aufgrund der geringen Entfernung (15 km) eine Zustellung per Boten am schnellsten bzw. einfachsten erschien.
    Abschliessend noch die Transkription des Inhaltes:

    4. Juli August 1866
    Die Ober-Intendantur des VIII. deutschen Armeecorps
    zu Rotheburg

    an den verehrlichen Magistrat des k. bayrischen Marktes Burgbernheim

    Die anliegenden beiden Vergütungsbescheinigungen, welche uns mit geehrtem Schreiben a. heutigen zugekommen sind, geben wir Ihnen zurück, da Sie dieselben zur Beurkundung Ihrer Ansprüche bei der künftigen Bezahlung der betreffenden Leistungen nöthig haben. Zugleich schliessen wir einen Gegenschein über von dem Commandanten des Hauptquartier requirierte Fuhren bei und erheissen Sie denselben zu unterschreiben und uns baldgefälligst zurücksenden zu wollen.

    Hochachtungsvoll
    I.a. Schäfer, Quartiermeister
    a1400
    Letztbenannter Gegenschein wurde unterschrieben sogleich remittiert
    Bgbh 4/8/66
    Magistrat

  • Bei Köhler habe ich einen scan der Rückseite des Briefes angefordert; wenn ich ihn habe, werde ich ihn hier zeigen.

    Hallo mikrokern,

    inzwischen hatte ich den Beleg in der Hand. Die Siegelseite enthält keinerlei Vermerke oder Stempel. Erkennbar ist, daß der Umschlag einst am Rand - vermutlich in ein Aktenbündel - eingeklebt war. Möglicherweise konnte der Absender nicht ermittelt werden, und der Umschlag verbleib in den Postakten.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax, vielen Dank!
    Habe den angeforderten scan gestern auch erhalten.
    Aufgrund der nicht erfolgten Weiterleitung noch vor dem Einmarsch der Preussen in Frankfurt tendiere ich zur Annahme, dass der Brief noch von Bundesseite zurückgehalten wurde und dann offensichtlich in Akten - mit den beschriebenen Klebestellen - verschwunden ist.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,
    diesmal ein Brief "nur" aus dem Umfeld des Krieges 1866:
    abgesandt "Vom Depot-Commando des kgl. 2. Artillerie-Regiments vacant Lüder" ging er von Ingolstadt nach Würzburg an das dortige Stadtgericht.
    Die in Ingolstadt stationierte, nicht im Feld stehende Truppe hat ihr dienstliches Schreiben am 6. August der zivilen Post übergeben und als Regierungssache portofrei unter der "R.S."-Franchise verschickt. Am 8. Aug. 1866 erreichte der Brief das seit einigen Tagen von den Preussen besetzte Würzburg, was der Grund für die wohl einen Tag länger als übliche Beförderungsdauer sein dürfte.
    Für Stempel-Freunde vielleicht noch interessant der bisher nicht registrierte "7A"-Stempel aus Ingolstadt.