Der Deutsche Krieg 1866

  • Lieber bayern klassisch,

    ja, langsam erfolgt Konvergenz in den Ansichten...

    Leitweg via Frankfurt kann man aufgrund der ohne Zeitverzögerung nicht möglichen Leitung über Aschaffenburg ausschliessen. Bei der Variante durch Bayern (ab Friedrichshafen sind wir d'accord) wäre doch Schwandorf-Landshut-München-Augsburg-Ulm genauso plausibel, oder warum siehst Du Gunzenhausen-Aalen-Stuttgart als den wahrscheinlicheren "Schlenker"?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    weil man dann, wenn man ihn so weit über eigenes Land gebracht hätte, gleich Richtung Lindau geleitet hätte und nicht "kurz davor" noch den Württembergern übergeben musste.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber mirkokern,

    schau mal bitte, wo Aarau liegt, dann siehst du, dass bei Lindau - Zürich kein Zürcher Stempel abgeschlagen wurde. Bayern kartierte nicht mit Aarau, aber Württemberg über Friedrichshafen tat das.

    Baden kartierte mit Basel und ausnahmsweise mit Schaffhausen.

    Wenn Bayern den Brief über Lindau geleitet hätte, wäre man Vereinsabgabepost geworden, hätte also keine Transitgebühr von der Aufgabepost bekommen und dafür noch viel mehr Strecken auf eigenem Gebiet zurück zu legen gehabt.

    Gab man die Post an Württemberg, so war man Transitpostanstalt, bekam sein Geld von der Aufgabepost und hatte weniger Strecken zurück zu legen.

    Der Retourbrief wäre eh nie über Bayern gelaufen, sondern über Württemberg (und theoretisch auch über Baden), so dass Bayern niemals Vereinsaufgabepost mit Lindau geworden wäre und somit auch den Postvereinsanteil von 9x über 20 Meilen niemals bezogen hätte.

    Schade, dass du bei der JHV heuer in Zweibrücken nicht anwesend warst - da wurden Themen wie diese von mir behandelt.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    mal wieder Zeit, diesem thread ein wenig Futter zu geben...

    Gezeigt ist ein portofreier Militärbrief von der "Verpflegs-Abtheilung No. VI" an den Magistrat der Stadt Monheim, geschrieben in Baierdilling am 18. August 1866 und mit dem Stempel der Feldpostexpedition VI versehen.

    Diese FPE war dem bayerischen Reserve-Kavallerie-Korps (zu Kriegsbeginn unter General Fürst von Thurn und Taxis) zugeordnet. Dieses hatte gleich zu Beginn der Kämpfe zwischen Bayern und Preussen in der Rhön am 4. Juli einen schmachvollen Auftritt bei der fluchtartigen "Panik von Hünfeld und Gersfeld", als ein einziger Kanonenschuss die Reserve-Kavallerie in Furcht und Schrecken versetzte und das Korps, das noch in Fulda sein Hauptquartier hatte, den Rückzug an die fränkische Saale (Hammelburg, Kissingen) begann. Die Ehrenrettung der bayerischen Reiter gelang erst am Ende der Kämpfe, als die Preussen am 26. Juli bei den Hettstätter Höfen vor den Toren Würzburgs geschlagen wurden (der einzige Sieg der Bayern in diesem Krieg!).

    Nach dem Waffenstillstand vom 2.8. wurde auch das Kavallerie-Reserve-Korps in Richtug Süden abgezogen, und zwar von Bergtheim über Ansbach (11.8.), Treuchtlingen (15.8.), Monheim (16.8.), Rain (17.-23.8.) nach Augsburg, wo man am 24. August eintraf.

    Der hier gezeigte Brief stammt von Hauptmann Müller, dem Chef der "Verpflegs-Abtheilung No. VI", und behandelt genau wie der in post #157 gezeigte Brief die Quittierung des Bezugs von Fourage/Lebensmitteln und die Vergütung solcher Verpflegung. Dieser Brief ging an den Magistrat von Monheim, wo man sich vor zwei Tagen aufgehalten hatte.

    "Baierdilling den 18. August 1866

    Die Verpflegs-Abtheilung No. VI

    An den Magistrat der Stadt Monheim

    Anliegend beehre ich mich eine Gegenquittungüber die vom 16. auf den 17. empfangenen 1432 Pfd. Heu als Ochsenfutter mit dem dienstfreundlichen Ersuchen zu übersenden, dieselbe unterschrieben und gesiegelt sobald als möglich wieder anher gelangen zu lassen, da dieses Heu wohl quittiert, aber auf dem Gegenschein nicht vorgetragen erscheint.

    Müller, Hauptm.

    Der Stempel der bayer. Feldpostexpedition VI (Reserve-Kavallerie-Korps) ist sehr selten; ich habe noch keinen zweiten Beleg gesehen.

  • Hallo,

    diesen interessanten Brief aus dem Kriegsmonat Juli 1866 konnte ich zuletzt erwerben. Abgesandt von Neustadt an der Haardt (Pfalz) am 17. Juli, ging er an Ch. Thirion im preussischen Saarbrücken, wo er am 20.7. zugestellt wurde. Die Beförderung - zunächst mittels der pfälzischen Ludwigsbahn (Neustadt-Kaiserslautern-Homburg/Bexbach) und Austausch mit der preuss. Post, sodass ab Neunkirchen nach Saarbrücken via preuss. Post spediert wurde - hätte im Normalfall einen Tag gedauert. Der Kriegszustand wird hier der Grund für die Verzögerung gewesen sein.

    Der Brief, mit 6 Kr. für einen Postvereinsbrief im II. Rayon (10 - 20 Meilen) frankiert, belegt den nicht so häufig zu findenden Fall der direkten Sendung von Bayern nach Preussen mit Postaustausch zwischen den Kriegsgegnern an der gemeinsamen Grenze.

    Der kurze Inhalt bleibt mysteriös und steht offenbar im Zusammenhang mit einem bereits existierenden Schriftverkehr:

    Neustadt, den 17. Juli 66

    Herrn Ch[arle]s Thirion, Saarbrücken,

    Mein Sohn kommt nächsten Donnerstag dorthin. Sorgen Sie demselben gefl[issentlich] für circa Th 2200- die ich bis dorthin für Raps haben muß. Sie wollen mir gefl. umgehend darüber antworten und ob mein Sohn bis Saarbrücken oder blos bis Neunkirchen kommen soll.

    Achtungsvollst Isaac Löb

  • Lieber mikrokern,

    ein ganz außergewöhnlicher Brief - Glückwunsch dazu.

    Gab es eigentlich Kriegshandlungen in der Pfalz? Sonst könnte ich mir 3 Tage Transportzeit nicht erklären. In der Regel wurde am selben Tag zugestellt, wenn morgens die Post abging, sonst am Folgetag. 3 Tage hätten zu dieser Zeit nach Schweden gereicht ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber mikrokern,

    wie erklärst du dir dann die Laufzeit?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber BK, lieber MK,

    auch von mir erstmal glückwunsch zu dem schönen Stück, über das wir per PN ja schon gesprochen hatten....

    Es gab zumindest in der "Umgebung" Kampfhandlungen,z.B.13.7 Laufach und Frohnhofen,ob diese den Laufweg tangiert haben können,
    vermag ich nicht zu sagen, aber vielleicht könntet Ihr uns zum Laufweg und der Verzögerung etwas beitragen?

    Beste Grüsse
    Bayern Social :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo bayern klassisch und social,

    ich habe nicht wirklich eine Erklärung für die Verzögerung. Vielleicht waren die Züge und die Kurse in Richtung Grenze betroffen (beide Seiten wollten dem Feind im Falle eines Einmarsches keine strategisch wichtigen Eisenbahnen in die Hände fallen lassen), vielleicht war der formale Postaustausch auf wenige, restriktiv regulierte "Postübergabe-Handlungen" beschränkt; ich weiss es nicht. Überhaupt ist das Kapitel "Die bayerische Pfalz im Krieg 1866" sehr interessant. Welche Auswirkungen hatte der Kriegszustand auf die Bevölkerung/Post/Verkehr/Wirtschaft etc, wie war der Grenzverkehr mit Preussen beeinflusst? Ich kann dazu ad hoc leider nichts erhellendes beitragen, werde aber mal in die Literatur abtauchen...

    Bayern Social: wie schon per PN geschrieben, fanden die Gefechte bei Laufach und Frohnhofen im Raum Aschaffenburg (100 km nordöstlich) 4 Tage vorher statt. Die Post von Neustadt nach Bexbach hatte nichts damit zu tun, die pfälzische Ludwigsbahn fuhr in der Pfalz und nicht in Hessen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    die bayer. Post wies ja an, dass Sendungen nach und über Frankreich noch im Juli via Saarbrücken - Forbach laufen sollten (s. mein 33x Brief über F in die USA). Von daher kann es eigentlich keine Probleme in dieser Richtung mit der Bahnpost gegeben haben.

    Auch wenn ich Pfälzer bin und mir die hiesige PO recht geläufig ist, weiß auch ich nicht, welche Auswirkungen auf welchen Gebieten auch immer der 66er Krieg in der Pfalz hatte. Ich denke, sie waren sehr gering. Allein von daher wären die 3 Tage deines formidablen Briefes das erste, was ich dem Krieg zuschreiben könnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • die bayer. Post wies ja an, dass Sendungen nach und über Frankreich noch im Juli via Saarbrücken - Forbach laufen sollten (s. mein 33x Brief über F in die USA). Von daher kann es eigentlich keine Probleme in dieser Richtung mit der Bahnpost gegeben haben.


    Lieber bayern klassisch,

    auf welche Verfügung beziehst Du Dich da genau? Im Kontext hier kenne ich nur die vom 22. Juni (betreffend Sendungen nach Übersee), und die vom 1. Juli, in der es heißt "Nachdem nunmehr in Folge der Kriegsereignisse auch die Verbindung mit den Preussischen Rheinprovinzen unterbrochen ist, können recommandirte Briefe und Sendungen dahin bis auf weiteres durch die Post keine Beförderung mehr finden..."

    Dies betrifft aber doch wohl keine normalen Briefsendungen? Aber vielleicht hat diese Verordnung womöglich zu einer gewissen Verunsicherung bei der Spedition mit der Konsequenz einer Verzögerung in der Beförderung geführt?.

    Wo genau ist die Vorgabe für Saarbrücken-Forbach zu finden?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber bayern klassisch,

    eine Perle, die ihresgleichen sucht...:-))

    Aber meine Frage bzgl. Wortlaut und Datum der Verfügung "dass Sendungen nach und über Frankreich noch im Juli via Saarbrücken - Forbach laufen sollten " ist damit nicht beantwortet...

    Beste Grüsse vom
    µkern

    • Offizieller Beitrag

    ich habe nicht wirklich eine Erklärung für die Verzögerung.

    Hallo mikrokern

    Obwohl es Kriegszeiten waren, kann es sein dass Verzögerungen nicht wegen Krieg eintreffen, sondern auch wegen ganz alltägliche Verhältnisse. Welche weiss ich selbstverständlich auch nicht. Mein Literatur über den Bahn deckt leider nicht Pfalz, aber ich weiss dass den Treiben von Bahnstrecken nicht gerade Problemlos war.

    Aber die Frage ist falls es keine Zuge zugänglich waren wegen der Krieg, war es dann nicht möglich Post mit alten Beförderungsmittel nach Saarbrücken zu bringen? Die Theoretische Möglichkeit war ja da, aber ob es durchführbar war ist eine andere Frage. Du kennst wohl die Antworte hierzu besser als ich.

    Ich wollte nur ein paar andere Aspekte lüften :)

    Viele grüsse
    Nils

  • Lieber mikrokern,

    mit 5kg Katze auf der Wampe ist das Scannen etwas problematisch. Ich hole das morgen nach, wenn ich die VO finde.

    Ich hoffe, du drückst mir für Sifi 2013 die Daumen ... :D

    Hallo Nils,

    selbstverständlich kann vieles die Ursache sein: Stempel falsch eingestellt, Bahnpost hat den Brief "vergessen" und fuhr ihn hin, zurück und dann wieder hin, Bahnunglück mit 2tägigen Aufräumarbeiten oder Unterschlagung beim Expeditor ...

    Es ist aber schon verdächtig, dass bei den zahlreichen Briefen, die ich von der Pfalz nach Saarpreußen gesehen habe, und die nicht in der Kriegszeit liefen, dergleichen Verzögerungen nicht belegen kann. Von daher ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es u. U. doch etwas mit dem Krieg zu tun gehabt haben könnte. Daher MUSS in einer seriösen Beschreibung auch stehen, was zu sehen ist und nicht, was gewesen sein könnte. Aber all das macht den Brief ja nicht uninteressanter.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    ja, genau die hatte ich ja weiter oben (post 634) auszugsweise zitiert und gefragt, ob der "Beförderungsstop" sich lediglich auf recommandierte Sendungen bezog, oder ob vielleicht auch gewöhnliche Briefe betroffen waren...

    Beste Grüsse vom
    µkern