GB - Bayern et vice versa - Leitwege

  • Liebe Sammlerfreunde,

    Briefe aus GB nach Bayern kannten i. d. R. nur zwei Leitwege: 1. über Frankreich und 2. über Belgien (in der Markenzeit).

    Der 1. vom 19.8.1860 stammt aus Torquay und lief über London, Calais, Strasbourg, Kehl und München nach Tegernsee bei einem Gewicht bis 7,5g. Das Franko eines einfachen Briefes betrug 6d, die etwa 18 Kr. entsprachen. Die Verteilung war fair: 2d für GB, 2d für den Transit Frankreichs und 2d der bayerischen Abgabepost, weil er im geschlossenen Transit über Baden und Württemberg lief. Am 23.8. traf er beim Empfänger ein.

    Der Absender hatte die Route "via Paris" vorgegeben und die Post hielt sich daran. Ab dem 1.7.1859 wäre alternativ auch die Route über Belgien und Preußen möglich gewesen, hier jedoch bis zu einem Gewicht von 15.625g für das gleiche Geld. Daher war es nur logisch, dass die Mehrzahl der Briefe über Belgien und Preußen liefen, denn unter Umständen konnte ein Brief z. B. 15,5g wiegen und wäre somit über Belgien und Preußen noch immer einfachen Gewichts, über Frankreich aber schon in der 3. Gewichtsstufe gewesen.

    Der 2. Brief datiert vom 31.3.1868 und lief von London über Ostende und Aachen nach Augsburg bis 1 Loth exklusive (ab 1862 16,66g) nach dem PV zwischen Belgien, GB und Preußen. Das Franko betrug auch 6d, jedoch musste der Absender wegen der späten Aufgabe in London 1d "Late fee" entrichten, so dass total 7d verklebt wurden.

    Nun war die Laufzeit nicht 4 Tage, wie bei dem Brief über Frankreich, sondern nur noch 2 Tage (eine Zeitspanne, die die heutige Post nicht mehr einhalten kann!).

    Auch wenn es ein Trauerkuvert ist - bei seinem Anblick war und ist mir nicht nach trauern zumute ... :D

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo bayern klassisch,

    vielen Dank für diese Super-Vorlage, um Deinen ehemaligen Besitz hier wiedersehen zu können, wie auch der hier gezeigte Brief einigen hier im Forum nicht ganz unbekannt sein dürfte...
    Abgesandt am 20. Juli in Liverpool mit der Destination Augsburg, wurde der Brief aber nicht über Belgien und das preuss. Aachen spediert, sondern über Calais und Strassburg, also Frankreich (handschriftlicher Vermerk "via France").
    Und das in Anbetracht der zuvor bereits dargelegten Tatsache, dass der mit 6d frankierte Brief über Frankreich nur bis 7.5 Gramm (statt 15.6 g beim Leitweg über Belgien) wiegen durfte.
    Der Grund liegt in den politischen Verhältnissen: seit Juni 1866 befand sich der Deutsche Bund, also Bayern an der Seite Österreichs (neben Baden, Württemberg, Sachsen, Hannover) im Krieg gegen Preussen (und einiger Grossherzogtümer, auch Italien), sodass sich die Leitung nach Bayern über das feindliche Preussen verbot. Frankreich war neutral, sodass man hier keine Beeinträchtigung der Postbeförderung erwarten musste.
    Zwei Tage später, bereits am 22. Juli 1866, traf der Brief an der PE im Augsburger Bahnhof ein - nicht schlecht unter diesen Verhältnissen und dem Transport über mehrere Länder.
    In eigener Sache: Für meine Spezialsammlung "Bayern im Deutschen Krieg 1866" suche ich immer Belege!!

  • Lieber mikrokern,

    es freut mich, dass der Brief hier gezeigt wird, denn auf einen zweiten wird man lange warten müssen. Anlässlich der JHV in Zweibrücken wirst du etwas Nachschub bekommen, was Kriegsbelege 1866 angeht. Bis dahin heißt es etwas sparen ... :thumbup:

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    dieser Brief aus München nach Bath/England, der gestern für etwas über EUR 152 bei ebay versteigert wurde, bereitet mir Schwierigkeiten
    http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.d…e=STRK:MEWAX:IT
    Abgesandt am 31. März 1858 und frankiert mit je 2 Exemplaren der MiNr 2 und 5 - insgesamt also 24 Kr. - sollte er laut Absenderangabe auf der Briefvorderseite via Belgien (also Aachen, Ostende) spediert werden. Tatsächlich lief er aber über Frankreich (Strassburg, Paris, Calais).
    Nun hätte die Frankatur bis zum Zielort laut Postvertrag vom 1.8.1852 über Belgien 23 Kr (9 Postverein, 14 übrige Taxen, bis 1 Loth) gekostet, und über Frankreich 21 Kr. (Postvertrag vom 1.1.1855, Gewicht bis 1/2 Loth). Ein Brief <= 7.5 Gramm war also in jedem Fall überfrankiert.
    Wog der Brief über 7.5 Gramm, so war die Belgien-Route die billigere, da die Spedition über Frankreich hier bereits ein Mehrfaches von 21 Kr. gekostet hätte. Man kann also davon ausgehen, dass der Brief über 1/2 Loth gewogen haben mag, weswegen "via Belgique" vermerkt wurde. Dann hat der Absender aber immer noch 1 Kr. verschenkt. Warum hat die Post aber den Leitweg Frankreich gewählt, trotz anderslautender Instruktion des Absenders?
    Oder hab ich da was übersehen?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mikrokern,

    der Brief ist, das ist korrekt festgestellt worden, überfrankiert.

    Briefe mit 23 Kr. im Soll wurden oft mit 24 Kr. frankiert, weil die Schreiber i. d. R. Briten waren, denen 1 Kr. mehr oder weniger egal waren, weil sie wohlhabend waren und wenig Zeit hatten. Da klebte man oft 24 Kr. und es war gut.

    Der Leitvermerk über Belgien war dann bindend, wenn es sonst nicht ohne Probleme geblieben wäre. Der Brief wog offensichtlich unter 7,5g, sonst hätte man ihn mit der Frankatur über Belgien befördern müssen. Die Aufgabepost, wenn keine Gründe entgegenstanden, nahm immer den schnelleren Weg und das wird hier der über Augsburg, Ulm und Strasbourg gewesen sein. Gepasst hat es ja ...

    Eigentlich, das ist natürlich richtig, sollte immer der Standardweg gewählt werden und das war der über den "Postvereinskumpel" Preußen via Belgien und nicht über Frankreich.

    Es kann auch ein Versehen gewesen sein, was nie ganz auszuschließen ist. Dergleichen Briefe kenne ich ca. ein gutes Dutzend, aber das macht sie ja nicht schlechter.

    Den Brief hatte ich auch gesehen, aber wegen des extrem schlechten Schnitts der Marken nicht beboten. Wäre er in Ordnung gewesen, hätte man den 4- oder 5fachen Zuschlagspreis zu zahlen gehabt. Er hätte dann aber auch besser in meine Contraventionssammlung gepasst. ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bayern klassisch,

    vielen Dank für die bestätigende Kommentierung.
    Wurden die Brief bei der Übergabe an die franz. Post in Strassburg nochmals gewogen? Wenn der Brief über 7.5g gewogen hätte (und der Münchner Postbeamte das übersehen hätte), wäre das in Strassburg bemerkt worden?
    Ich nehme an, dass es so war, da sonst das Franco nicht gereicht und man einen Vermerk über eine fällige Nachtaxierung vorgenommen hätte, richtig?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mikrokern,

    jetzt wird es etwas schwieriger. ;)

    Wenn München P.D. gestempelt hat, dann war der Brief zwar von den Franzosen weiter zu leiten, die Aufgabepost in München wurde jedoch in Auslage intern mit der fehlenden Gebühr belastet worden. München hätte dann den Absender ausfindig machen müssen und ihn über einen Frankodefekt aufgefordert, den schuldigen Betrag abzuliefern.

    Wenn München den P.D. - Stempel vergessen hätte, dann hätte Frankreich ihn nachtaxiert und GB an Frankreich den Betrag vergüten müssen. Frankreich hätte dann an Bayern den Bayern zustehenden Betrag weiter vergüten müssen. Ob die Franzosen das wirklich gemacht hätten, steht auf einem anderen Blatt ...

    Alternativ dazu wäre auch die Variante 1) spielbar gewesen, je nachdem, wie die Franzosen das gesehen haben wollten.

    Wenn München ihn trotz der Leitwegsangabe Belgien bei einem Gewicht von über einem halben Loth Richtung Frankreich gesandt hätte, hätte man in München vermerken müssen "affr. insuff." und ihn gleich bei der Aufgabe nachtaxiert. So einen Brief habe ich aber erst einmal gesehen und wenn er nicht Schrottqualität gehabt hätte, wäre es meiner geworden.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    P.S. Bei Köhler in Wiesbaden wird auf deren Homepage gerade ein Auszug aus der PO - Sammlung meines Freundes Dr. Karl Zangerle gezeigt, bei dem etliche unterfrankierte Briefe ins Ausland zu bestaunen sind. Auch wenn ich nicht mit allen Beschreibungen konform gehe, doch ein Quell großen Wissens und absolut betrachtenswert.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo,
    meinen jüngsten Neuerwerb aus dem Bereich "Bayern im Deutschen Krieg 1866" möchte ich euch hier zeigen:
    Nach dem Postvertrag mit Frankreich vom 1. Juli 1858 mit 18 Kr. korrekt bis zur Destimation frankierter Brief vom 6. Juli 1866 aus Oggersheim nach Liverpool, wo er am 9. Juli ankam. Dieser Brief stellt das Pendant zum früher gezeigten dar, der in umgekehrter Richtung von Liverpool nach Augsburg lief, indem wiederum aufgrund des Kriegszustandes mit Preussen der Leitweg über Frankreich gemommen wurde. Ersichtlich ist das am vorderseitig abgeschlagenen Grenzübergangsstempel "Baviere Forbach", wo die bayerische Post aus der Pfalz den Franzosen zukartiert und über Paris und Calais spediert wurde. Schwach zu sehen ist noch ein violetter "P.D."-Stempel unter dem roten Forbach-Stempel.
    Auch hier war für den Transit durch Frankreich das Gewicht eines einfachen Briefes auf 7.5 Gramm limitiert, während ein auf dem "normalen" Leitweg über Aachen und Belgien spedierter Brief 1 Loth hätte wiegen dürfen.
    2 Fragen habe ich noch dazu: wie wurde das Franco zwischen Bayern, Frankreich und England aufgeteilt (je ein Drittel?), und warum wurde kein Durchgangsstempel von Paris abgeschlagen?

  • Hallo mikrokern,

    Glückwunsch zu dieser PO - Seltenheit. Viele gibt es nicht und aus der Pfalz sowieso nicht.

    6 Kr. für Bayern, 6 Kr. für Frankreich und 6 Kr. für GB ergaben die 18 Kr..

    Durchgangsstempel von Paris gibt es, aber es muss sie nicht geben. Bei den Zehntausenden von Transitbriefen, die jeden Tag durch Paris liefen, war eine 100%ige Stempelung nicht möglich.

    Es dürfte nur wenige Sammler geben, die beide Richtungen aus der Kriegszeit von 1866 mit Transitbriefen belegen können.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    hier ein frankierter Brief aus München über Frankreich (Strasbourg, Paris, Calais) nach Bath vom 25.3.1858 nach dem PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1847.

    21x frankiert für 9x Bayern 6x Frankreich und 6x GB. Die handelnden Genies ihrer Zeit haben es geschafft, den Aufgabestempel Münchens, den Eingangsstempel Bavière - Strasbourg und den Londoner Eingangsstempel auf die gleiche Stelle zu platzieren. Darunter P.D. von München und der T(ransit) F(rancais).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Bayern Klassisch,

    ein tolles Sütck, welches auch vorschriftsmässig dieLeitwegangabe "via Paris" trägt.

    An ebendiesem Stück habe ich bei einem amerik. oder engl. HÄndler überlegt, mich
    wegen der Schnitte aber dagegen entschieden.

    Wenn ich es nun nochmals sehe aber zu unrecht- Tolles Stück :P:P

    Liebe Grüsse
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Bayern Social,

    der Schnitt ist suboptimal - aber der Brief hat ein Gesicht und erzählt eine Geschichte, außerdem benötigte ich ihn als Pendant zu einem anderen Laufweg von Bayern nach GB.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo,

    hier handelt es sich um einen Portobrief aus Volkach nach Bath vom 17.5.1858. Die Anschrift ist völlig identisch mit dem Brief von Ralph (#11).

    Bayern belastete den Postvereinsanteil von 3 Sgr., den Preußen später an Bayern vergütete. Das Gesamtporto in Bath belief sich auf 8 d (= 23 Kr.). Während dieser Brief über Preußen und Belgien spediert wurde, lief der Brief von Ralph über Frankreich, frankiert mit 21 Kr.

    Wie die beiden Briefe zeigen, war der Leitweg über Frankreich zu dieser Zeit 2 Kr. günstiger.

    Grüße

    Karl

  • Lieber Dieter,

    der Karl gibt (leider) nix her. Ich kann den auch schlecht hergeben, weil es so viele davon nicht gibt und der Brief bei mir in 2 Sammlungen passt (GB und FR von Bayern aus).

    Manchmal kommt halt nicht zusammen, was eigentlich zusammen gehört.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Sammlerfreunde,

    nach dem Vertrag vom 1.7.1847 kostete ein Brief über Frankreich 24 Kreuzer. Das Porto wurde dann zum 1.1.1855 auf 21 Kreuzer gesenkt.

    Hier die 24-Kreuzer-Variante.

    Gruß

    bayernjäger

  • Danke für die Angabe - warum soll ich raten, wenn man es gleich schreiben kann?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.