Lieber bayern klassisch!
liegt es an meiner ehedem geringeren Aufmerksamkeit, dass ich mich kaum an Briefe des Saargebietes mit Zeppelinbeförderung erinnern kann, oder sind sie tatsächlich so selten?
Dir brauche ich bestimmt nicht zu erklären, dass „selten“ im Zusammenhang mit Briefmarken ein relativer Begriff ist. Deine Frage nach der Seltenheit von Saargebiets-Zuleitungspost ist mit einem klaren „jein“ zu beantworten: natürlich war die Luftschiffbeförderung für die damaligen prekären Verhältnisse – gerade im besetzten Saargebiet – sündhaft teuer; das gilt für die kürzeren innereuropäischen Fahrten und erst recht für den Posttransport nach Süd- und Nordamerika. Hinzu kommt, dass die saarländischen Briefmarken mit den erforderlichen hohen Nennwerten nur in kleinen Auflagen – oft nur im 5-stelligen Bereich – gedruckt wurden.
Andererseits ist der Markt für Zeppelinbelege ganz allgemein doch recht überschaubar. Weniger wegen der geringen Beförderungszahlen von Luftschiffpost als vielmehr wegen der in aller Regel hoch bewerteten Briefmarken, die Verwendung fanden, ist die Zeppelinpost zu einem teueren Hobby geworden – und dieser Ruf geht ihr auch voraus, was nach meiner Beobachtung in den letzten Jahren eher zu einem schrumpfenden Markt geführt hat statt zu einer wachsenden Nachfrage. Wenn sich also kaum einmal junge Nachwuchssammler an das Gebiet heranwagen, sondern andere Felder suchen, wo schneller und einfacher Erfolge sichtbar werden und wenn außerdem fortgeschrittene Sammler, die über die nötigen Ressourcen verfügen, die Nase rümpfen wegen der philatelistisch beeinflussten Belege mit geringer postgeschichtlicher Relevanz, dann erscheinen die Angebote bei einigen mehr oder minder spezialisierten Auktionshäusern gar nicht mehr so selten.
Es gibt in Bezug auf die Zuleitungspost zu den Zeppelinfahrten noch eine andere Komponente: die Beliebtheit – und damit die Nachfrage – ist stark beeinflusst von sich ändernden Präferenzen der Sammler – quasi von Modeerscheinungen. Und da sind Länder wie das Saargebiet, aber auch Österreich und die Niederlande eher „out“, während z.B. Italien, Schweiz oder Russland derzeit sehr gefragt sind. (Aus China gibt es meines Wissens so gut wie keine Zeppelinpost.) Wobei dieser Hype nach meiner Überzeugung durch einige wenige „große“ Sammler bedingt ist, die gegenseitig in Konkurrenz stehen und dem anderen keinen Zuschlag gönnen ... Wie gesagt: es ist ein sehr enger Markt. Und spektakuläre Auktionsergebnisse haben natürlich auch eine Sogwirkung für alle interessierten Sammler.
Genug philosophiert – ein paar Fakten zur Häufigkeit von Belegen bei „meiner“ Fahrt, der SAF 1930, kann ich beisteuern. Wobei leider die wichtigste Zahl – die Stückzahl der deutschen Belege – offenbar nicht mehr zu eruieren ist. Meine Versuche, zumindest das Gewicht der beförderten Postsäcke für die einzelnen Etappen herauszufinden, womit man dann einigermaßen plausible Stückzahlen hochrechnen könnte, habe ich aber noch nicht aufgegeben.
Hier sind die bekannten Beförderungszahlen der SAF 1930:
Saargebiet: 1.688 Stück
Niederlande: 840
Danzig: 893
Österreich: 2.009
Schweiz: 4.848
Liechtenstein: 1.582
Ungarn: ?
USA: 23.706
Spanien: 9.696
Brasilien 27.419
Bolivien 977
Uruguay 4.211
Paraguay 198
Argentinien 8.230
Aus Deutschland ist lediglich die Zahl der beim Bordpostamt aufgelieferten Stücke bekannt: insgesamt 4.430 Karten und Briefe.
Die Zahl der aus Ungarn zugeleiteten Post ist nicht mehr bekannt, aber es handelt sich nach meinen Erfahrungen, die mit den mir bekannten langjährigen Sammlern und Spezialisten abgestimmt ist, um eine kleine zweistellige Zahl[1]
Viele Grüße von balf_de
[1] Hast Du, lieber bayern klassisch, das Saargebiet mit Ungarn verwechselt?