Österreich-Schweiz 1.1.1819-1849

  • Hallo in die Runde,

    ich hoffe, dass ich keinen falschen Zungenschlag in die Diskussion einbringe, aber ich möchte einiges hier richtig stellen. Auch wenn mir nur Sekundärliteratur zur Verfügung steht, ist folgendes festzustellen:

    ad 1) der ersten Brief wurde in Wien beim Filialamt Wieden aufgegeben. Es handelt sich um ein, aus dem Stempel zu ersehendes Filialamt (eines von fünf Filialämtern) der Stadtpost in Wien. Die Stempel der Stadtpost durften NUR auf der Briefrückseite abgeschlagen werden. Der Brief wurde dann der „großen“ sprich Staatspost übergeben, daher der rote „Wien“ – Stempel in Kursiv.

    ad 2) Der vom Absender bezahlte Portoanteil wurde IMMER auf der Briefrückseite notiert, hier ist die Regel (zumindest in Österreich): bezahlte Taxe auf der Briefrückseite mit vorderseitigem Tintenkreuz, bzw. einem Schrägstrich bei Bezahlung bis zur Grenze oder bei früher möglichen sog. 1/2 franko Briefen, bei denen sich Absender und Empfänger das Porto teilten oder eine Partei Portofreiheit genoss. Bei unfreien Briefen natürlich auf der Vorderseite.

    ad 3) Es gibt von Herrn Hubert Jungwirth einen kleinen Artikel zu dem Thema, den ich wie folgt zitieren möchte:

    Die Schweiz war bis 1.10.1849 kein einheitliches Postgebiet, sondern bestand aus bis zu 15 kanto­nalen Postgebieten mit eigenen Tarifen. Die Folge waren ebenfalls untereinander geschriebene Taxen. Allerdings waren diese nicht zusammenzuzählen, weil die höchste Zahl bereits die gesamte Gebühr anzeigte und die kleineren nur den Gebührenanteil anderer Kantone.

    Beispiel: Auf diesem einfachen Brief von Wien nach Wohlen vom 23.8.1831 wurden auf der Vorderseite (rechts unten) mit Rötel als Grenzfranko bis Bregenz 14x CM. angeschrieben, die der Absen­der bezahlt hat.

    Der Brief lief im geschlossenen Paket bis Zürich, Dort wurden mit roter Tinte 6x für den „Transit" durch den Kanton St. Gallen an­geschrieben, dann die 10x für die Strecke Zürich-Wohlen ergänzt und unter dem Bruchstrich das gesamte Porto von 16x rh. für den Empfänger taxiert.

    Dazu wurde folgender Brief und die Graphik veröffentlicht.

    In einem zweiten Beitrag zeige ich noch zwei Belege aus meinem Bestand

    Mit vielen Grüßen

    Ottakring

    • Offizieller Beitrag

    ad 2) Der vom Absender bezahlte Portoanteil wurde IMMER auf der Briefrückseite notiert, hier ist die Regel (zumindest in Österreich): bezahlte Taxe auf der Briefrückseite mit vorderseitigem Tintenkreuz, bzw. einem Schrägstrich bei Bezahlung bis zur Grenze oder bei früher möglichen sog. 1/2 franko Briefen, bei denen sich Absender und Empfänger das Porto teilten oder eine Partei Portofreiheit genoss. Bei unfreien Briefen natürlich auf der Vorderseite.

    Hallo Ottakring

    Danke für die Antwort zu diese Briefe.

    Du schreibst dass die der vom Absender bezahlte Portoanteil immer auf der Rückseite notiert ist. Dein Satz hier ist etwas missverständlich.
    Was der Absender bezahlt heisst wohl eigentlich "Franko". Der von dir gezeigte Brief zeigt vorderseitig was der Absender bezahlt hat, also die 14 Kreuzer CM mit schwachen Rötel vermerkt. So was der Absender bezahlt hat sieht man doch oft auf die Vorderseite wenn es Teilfrankiert ist, wohl eher selten wenn vollfrankiert.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hier nun die angekündigten Briefe:

    Der erste Brief von 1847 zeigt sehr schön, dass er über Zürich lief und hat alle entsprechenden postalischen Hinweise.

    Der Reco-Brief von 1848 wurde bei der Stadtpost Hauptbriefsammlung Nr. 67 (andere Bezeichnung als Filialamt durch die Reorganisation der Wiener Stadtpost 1847) aufgegeben, trägt vorderseitig auch den relativ seltenen Reco-Stempel der Stadtpost und die restlichen postalischen Vermerke lasse ich einmal unkommentiert.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ottakring

    Du hast gute Briefe :)

    Eben die vorderseitig vermerkten Frankogebühre hat mich auch zum Anfang an verwirrt. Wohl auch anderen.
    Wie lange man es in Österreich eigentlich praktiziert hat, weiss ich nicht, aber ich meine dass es immer seltener wird.

    Viele Grüsse
    Nils

    PS! Die Texte von Jungwirth ist immer sehr lesenswert, und wer Österreich Vorphila sammelt, muss die Heften unbedingt kaufen :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde

    Hier ein interessanter Brief von Trieste nach Tschierv in Graubünden, Schweiz in april 1820 geschickt.

    Der Brief lief von Trieste aus als normaler Auslandsbrief nach Schweiz. Dann konnte man auch eine Leitung über Feldkirch erwarten oder auch über Milano und nach nord.

    Dieser Brief ist aber nach Bolzano gerichtet und hat dort den Ankunftsstempel 12. April erhalten. Von Bolzano lief der Brief dann weiter mit der Bote über Münsterthal, was auch vermerkt ist. Genau wo der Austausch mit dem Graubündner Bote geschah weiss ich nicht. Aber Mals in Österreich wäre ein Idee weil es dort auch einen Briefsammelstelle gab.

    So wie so, der Empfänger musste 2 Blutzger an der in Münsterthal tätige Bote bezahlen.


    Viele Grüsse
    Nils

  • Liebe Sammlerfreunde,hierzu folgender Brief:
    Brief aus Wien vom 4. Juli 1819, franko Grenze und Leitweg "über Innsbruck und Nauders"
    (beide Orte in Österreich). Der Absender bezahlte für den doppelt schweren Brief 28 Kr.C.M.
    bei der Briefaufgabe. In Nauders wurde der Brief dem Unterengadiner Boten übergeben, der
    nach seinen Botengang diesen Brief mit der Forderung von 8 Kr.rh. = 12 Bluzger, dem Ober-
    engadiner Boten übergab. Dieser rechnete bis Bevers weitere 8 Bluzger dazu, so daß der
    Empfänger insgesamt 20 Bluzger Porto bezahlte (mit Bleistift vorne und hinten vermerkt).
    Erst am 8.2.1820 schloss Graubünden mit Österreich einen Postvertrag ab, der ab 1.11.1820
    in Kraft trat.
    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo Sammlerfreunde,

    ein dreifacher, gebührenpflichtiger Ex Offo Brief vom 24.1.1829, von Borgo (heute in Italien) nach Zug.

    Der Empfänger zahlte für den 1 1/2 Loth schweren Brief 42 Kreuzer Inlandsfranko bis zur Grenze (Feldkirch). Das Franko wurde siegelseitig in rot notiert.

    Der Vorbesitzer schrieb: Graubündner Botenlöhne inklusive Kanzleibluzger = 20 Bluzger vom Empfänger zu bezahlen.

    Ich nehme an, die 20 Bluzger wurden vorderseitig durch die schwarze 20 notiert.

    Leitweg: Borgo 24.1.1829 - Trient - Landeck - Feldkirch - Chur - Zug

    Wofür steht vorne links oben 5/8? Wurden hier die einzelnen Graubündner Botengebühren notiert?

    Ich nehme an, die links oben notierte N 80 war kein postalischer, sondern ein interner Vermerk des Empfängers.

    Bitte um eure Hilfe.

    Liebe Grüße

    Franz

  • Hallo Franz


    Keine Ahnung ob der Empfänger wirklich in Bluzger bezahlen konnte.

    Hier ein kleiner Auszug was in Zug damals ablief.

    Zug hatte früher wie heute eine besondere Beziehung zum Geld. Um 1430, während des Übergangs von der Natural- zur Geldwirtschaft wurde erstmals eine Zuger Währung erwähnt. Es kamen verschiedene Münzen in Umlauf. Die erste Zuger Münze, der Blumentaler, wurde 1564 von Münzmeister Oswald Vogt geschlagen. Auf der Münze zu sehen ist Erzengel Michael mit Schwert und Waage sowie einer Blütenpflanze zwischen den Füssen. Das Gewicht des Blumentalers betrug 28,2 Gramm. Abgelöst wurde diese Münze dann vom Schneckentaler.
    1569 wurde der Plappart zu 12 Kreuzern ausgegeben. Zudem gab es Groschen, Vierer und Haller (Heller). Nur: Die Zuger besassen nie das Reichsprivileg zur Prägung von Münzen. Der Zugertaler beispielsweise war also kein Währungsgeld, sondern je nach Gold- oder Silbergehalt ein Wertegeld.

  • Hallo Franz,

    dein Brief ist mir großer Wahrscheinlich nicht über Chur gelaufen. Dies macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

    Im Kanton Zug war das Postregal an die Zürcher Kantonalpost verpachtet worden (1804 - 1848). Dies bedeutet, dass der Brief bereits in Zürich mit 20 Kr. belastet wurde. Dies war das Porto von St. Gallen bis Zug.

    Gelaufen ist der Brief über Feldkirch-Bregenz-St. Gallen, dort erfolgte die Übergabe von Österreich an die Schweiz, Zürich nach Zug.

    Beim Vermerk links oben in violetter Tinte dürfte es sich um eine Gewichtsangabe handeln.

    Grüße von liball

  • Goodevening,

    here are the back (rate 2) and the text of the letter. The year is 1832 and it's interesting for me because June was the third month in which Milano was using the red color on the prepaid letter. The first should be April, when earlier Milano was using the same mark but in black. I don't know why but in the official austrian document this color on the prepaid letter was introduced in ... April 1833.

    Thanks for any help.

    Francesco

  • Buona sera, Francesco,

    Der Brief wurde nach den Bestimmungen des Postvertrages befördert, den 1816 Österreich und einige Kantone der Schweiz unter Führung von Zürich abgeschlossen hatten. Es war nur Grenzfrankatur möglich. Der Brief wurde in einem geschlossenen Briefpaket zunächst von Mailand nach Chiasso befördert. Dafür bezahlte der Absender 2 Kreuzer C.M., die auf der Siegelseite angeschrieben wurden. In Chiasso erfolgte der kostenfreie Postaustausch. Von dort wurde das Briefpaket über den Gotthard-Pass und den Vierwaldstädter See nach Zürich befördert. Dort wurde das Briefpaket geöffnet und die Gebühr von 8 Kreuzer angeschrieben. Für die weitere Beförderung nach Wohlen im Kanton Aargau wurden zusätzliche 4 Kreuzer berechnet. Sie wurden nicht gesondert angeschrieben, sondern zu den 8 Kreuzern addiert, woraus sich die 12 Kreuzer auf dem Brief ergaben.

    Welche Bedeutung die „14“ auf dem Brief hat, kann ich noch nicht sagen. Ich besitze nur einen Brief aus dem Jahr 1828 mit der gleichen Notierung. Vielleicht können die Schweizer Freunde helfen.

    La lettera è stata trasportata secondo le disposizioni del trattato postale concluso nel 1816 tra l'Austria e alcuni cantoni svizzeri sotto la guida di Zurigo. Era possibile solo l'affrancatura di confine. La lettera fu trasportata per la prima volta in un plico chiuso da Milano a Chiasso. Il mittente pagò 2 Kreuzer C.M. per questo, che era scritto sul lato del sigillo. A Chiasso la posta è stata scambiata gratuitamente. Da lì il pacchetto di lettere fu trasportato attraverso il Passo del Gottardo e il Lago dei Quattro Cantoni fino a Zurigo. Lì il plico di lettere fu aperto e vi fu scritto il compenso di 8 Kreuzer. Un supplemento di 4 Kreuzer fu addebitato per l'ulteriore trasporto a Wohlen, nel cantone di Argovia. Non sono stati scritti separatamente, ma aggiunti agli 8 Kreuzer, ottenendo così i 12 Kreuzer della lettera.

    Non posso ancora dire cosa significhi il "14" sulla lettera. Ho solo una lettera del 1828 con la stessa notazione. Forse gli amici svizzeri possono aiutarci.

    Cordiali saluti

    Jürgen

  • Buonasera Jurgen,

    molte grazie per la precisa spiegazione.

    Francesco