Unterfrankierte Briefe

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Auch für die unterfrankierten Briefe ein eigener Thread.

    Ich fange mal an mit einem Brief von Fürth nach Hachenburg im Nassauerland (Thurn und Taxis). Abgesendet wurde der Brief am 9.2.1855 in Fürth. Frankiert war er allerdings nur mit 6 Kreuzern. Da die Entfernung jedoch deutlich mehr als 20 Meilen beträgt, handelt es sich um einen Brief der 3. Entfernungsstufe, der mit 9 Kreuzern freizumachen gewesen wäre. Es wurde daher notiert "noch 6". Es wurde gerechnet: 9 Kreuzer für 3. Entfernungsstufe + 3 Kreuzer für unfrankierten Brief = 12 Kreuzer abzüglich der verklebten Marke mit 6 Kreuzer ergibt 6 Kreuzer.

    Unten rechts notierte man 6/1, es kam also noch 1 Kreuzer Bestellgeld hinzu. Der Briefträger kassierte vom Empfänger somit insgesamt 7 Kreuzer.

    Siegelseitig findet sich ein Durchgangsstempel von Frankfurt vom 10.2. und der Ankunftsstempel von Hachenburg vom 14.2.

    Viele Grüße

    kreuzer

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kreuzer

    Unterfrankiert mit Bestellgeld. Super :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    Ein unterfrankierter habe ich auch. Brief aus Nördlingen nach Öttingen. Welches Jahr kann ich nicht sagen.
    Der Brief lag in 2. Gewichtsstufe, ist aber nur als 1. Gewichtsstufe bezahlt geworden. Deswegen ist es in Öttingen 2f 6 notiert geworden, also 2. Gewichtsstufe Porto 6 Kreuzer. Der Absender hatte schon 3 Kreuzer bezahlt, so dass der Empfänger nur 3 Kreuzer bezahlen musste.

    Hoffentlich sehen wir noch einige Briefe. :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo in die Runde,

    schöne Briefe werden hier gezeigt - ich werde morgen auch einsteigen.

    Hallo Nils,

    dein hübscher Brief liegt etwas anders: 2f = zweifach. 6 Kr. musste der Empfänger zahlen. 1. Gewicht bis 12 Meilen mit 3 Kr. bezahlt, 2. Gewicht nicht, daher 3 Kr. plus 3 Kr. Portozuschlag = 6 Kr. für den Empfänger. ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Nils,

    ich kann schon ein paar mehr unterfrankierte zeigen - wieviele sollen es denn sein? Unterfrankiert in Bayern, in den Postverein oder ins Ausland?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Ich mache jetzt weiter, dann zeigst du etwas, ob aus Bayern, China oder Norwegen :D :D

    Dieser Brief ist schon mal anderswo gezeigt geworden. Aber vielleicht gibt es einige die den Brief nicht gesehen haben.

    In Wien 1866 nach Tittmoning abgeschickt. Der Absender und die Post in Wien hat offenbar geglaubt dass Tittmoning immer noch in Österreich war (unglaubliche Erklärung :D) und der Brief mit 5 Kreuzer frankiert. Tittmoning war aber schon in 1810 bayerisch geworden, daher wäre richtige Marke eine 15 Neukreuzer Marke.

    Die Postdienst in Tittmoning hat es aber nicht gemerkt und der Brief an der Empfänger geliefert. Somit hat die österreichische Post 10 Neukreuzer verloren.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    incoming mail kommt noch dazu? Dann muss ich morgen Überstunden machen. :thumbup:

    Zitat

    Somit hat die österreichische Post 10 Neukreuzer verloren.

    Wie kommst du darauf? Korrekt frankiert 15 Neukreuzer für 1. Gewicht und 3. Entfernungsstufe.

    Unterfrankiert: 15 Nk.r plus Portozuschlag 5 Nkr. = 20 Nkr., minus der verklebten 5 Nkr. = 15 Nkr. Nachgebühr. Noch schlechter für die österreichische Post. 8)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Ja, schon hast du recht. Mit 10 NKreuzer verloren, habe ich bei Einlieferung gedacht. Tatsächlich war es 15 Neukreuzer wie du schreibst. Ich habe mich etwas ungenau geäussert. Darf ich wohl Samstag Abend :D :D

    Danke für die Klärung

    Und ich freue mich etwas von deine Briefe zu sehen.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Liebe Freunde,

    hier also ein paar Beispiele unterfrankierter Briefe im Postverein von und nach Bayern.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/18580304051b13fbjpg.jpg]

    In Augsburg am 20.9.1855 wog ein Brief über 10 bis 20 Meilen genau ein Loth und war damit doppelt schwer. Die 6 Kr. reichten also nicht. Man rechnete: 2 Gewichtsstufen a 6 Kr. plus 2 Portozuschläge a 3 Kr. = 18 Kr. abzüglich der Marken = 12 Kr..

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/18631119a4401d340jpg.jpg]

    Am 19.11.1863 war ein Brief nur mit 3 Kr. frankiert worden, der von Biberach nach Altenstadt bei Memmingen lief. Die Entfernung betrug unter 10 Meilen, aber er war 3fach schwer (2 bis 3 Loth exkl.), so dass die 1. Gewichtsstufe als frankiert, die beiden anderen aber als unfrankiert mit je 3 Kr. plus 3 Kr. Portozuschlag = 12 Kr. taxiert wurden.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG8ed92c76jpg.jpg]

    Noch ungünstiger war die Berechnung ab dem 1.1.1868, hier einer von Künzelsau 12.7.1872 nach München, der über 15g wog. Portobrief = 11 Kr. abzüglich der Marke -3 Kr. = "noch 8" Kr. vom Empfänger zu zahlen.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0005f0c977f6jpg.jpg]

    München, den 15.5.1856, nach Hachenburg (TT) war mit 6 Kr. nicht zu machen, weil es über 20 Meilen waren. Also 9 Kr. plus Portozuschlag von 3 Kr. = 12 Kr. abzüglich der 6 Kr. Marke = noch 6 Kr. vom Empfänger.

    Die gleichen Nachtaxen bei schweren Briefen zeigen diese beiden "Schönheiten" von Bayern nach Bremen, welche nur für das 1. Gewicht bezahlt waren, aber doppelt schwer waren.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0001ac2a60dcjpg.jpg]

    12 Kr. waren 9 bremische Grote, die als E(rgänzungs) P(orto) vom Empfänger eingehoben wurden.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0002a6f2c660jpg.jpg]

    Eine Besonderheit haben wir bei Postkarten, die im seltenen Fall der Unterfrankatur wir Briefe zu behandeln waren.

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG00037fc59b91jpg.jpg]

    Mit 1 Kr. gab es nur DS, keine Fernpostkarten von Alsenz nach Alzey am 11.5.1874. Unfrankierte Briefe kosteten 7 Kr., wovon der eine Kreuzer der Ganzsache abgezogen wurde, so dass der Empfänger im Dt. Reich satte 6 Kr. an Bayern abdrücken durfte.

    Ich hänge eine VO an, die auch mal die amtliche Seite der Medaille zeigt.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo kreuzer,

    wer ein Postfach hatte, zahlte kein Bestellgeld. Zur Zeit meines Briefe hatte er eines, zur Zeit deines Briefes hatte er keines, das ist die einzig logische Erklärung.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayernjäger,

    unterfrankierte Lokalbriefe sind natürlich schon etwas besonderes. :)

    Wie würde man diesen hinsichtlich seiner Taxierung beschreiben?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klasssich,

    es ist nicht immer nachvollziehbar, was alles taxiert wurde. Dieser Brief ist ein interessantes Stück.
    Es handelt sich um einen Brief in die 2. Entfernungszone im DÖPV (10-20 Meilen). Das Franko wäre richtig 6 Kr. für 1. Gewichtsstufe und weitere 6 Kr. für die 2. Gewichtsstufe. Frankiert wurden allerdings nur 9 Kr. Zunächst wurde der Nachportovermerk "noch 6" angebracht. Der Postler rechnete 1. Gewichtsstufe ausreichend frankiert mit 6 Kr., 2. Gewichtsstufe allerdings nicht voll frankiert, foglich Nachtaxe der erforderlichen fehlenden 6 Kr. zuzüglich Portozuschlag 3 Kr., davon wurden dann die schon frankierten 3 Kr. wieder abgezogen, bleiben die angeschriebenen "noch 6" übrig. Hier rechnete aber jemand anders nach und zog die bereits frankierten 3 Kr. nicht ab und erhob den vollen Portosatz für die 2. Gewichtsstufe in Höhe von 9 Kr. ( dies wurde deutlich über die "6" geschrieben).
    Jetzt stellt sich die Frage, was war richtig oder hat sich da jemand ein Zubrot verdient?

    Liest man die VO richtig, könnte man annehmen die 9 Kr. Nachporto wären richtig, denn dort wird in den Beispielen vom Abzug des Frankos nur bei vollständig unfrankiert anzusehenden Briefen geschrieben. Praxis war es aber die verklebten Marken in Abzug zu bringen. Folglich wäre "9" falsch. Möglicherweise hat der Postbote seine Einnahmen aufgebessert.
    Ich habe in meinen Beständen nachgesehen und keinen Brief gefunden, bei dem der Markenwert nicht abgezogen wurde. Was allerdings evtl. in Württemberg üblich war, kann ich nicht sagen.

    Ich nehme aber an bayern klassisch hat möglicherweise ebenfalls eine Erklärung parat.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    unsere Interpretation deckt sich perfekt. Ich wollte mit diesem Brief nur aufzeigen, dass im Stress des 19. Jahrhunderts bei etwas unüblich unterfrankierten Briefen Fehler gemacht wurden.

    An einen raffgierigen Briefträger glaube ich nicht, weil diese keine blaue Tinte führten, weder in Bayern, noch in Württemberg. Man war einfach unsicher und wollte auf keinen Fall einen Frankodefekt riskieren und hat sicherheitshalber 9 statt der korrekten 6 Kr. notiert. So einfach ist die Vorschrift auch nicht zu lesen, als dass man nicht Fehler machen könnte.

    Ich hoffe, wir sehen hier noch viele weitere unterfrankierte Briefe von und nach Bayern, denn lernen können wir alle noch viel. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    warum soll nur ich mir am Sonntag den Kopf zerbrechen?
    Ein Brief nach Bieber (bei Darmstadt - Kreuzerbereich oder bei Gelnhausen - Silbergroschenbereich) oder beides?

    Gruß
    bayernjäger

    PS: Der Aufkleber links unten ist nicht Original und darunter auch nichts verborgen, ich bin nur nicht dazu gekommen diesen abzumachen.

  • Hallo bayernjäger,

    auch ein schönes Beispiel - Bieber, die Fußball-Fans kennen noch den Bieberer Berg in Offenbach, lag im Kreuzerbezirk. Jemand war sich nicht sicher und notierte neben "Boite" für Briefkasten 2 Sgr. Nachporto für Briefe bis 10 Meilen, aber ab 1 bis 2 Loth exklusive. Darunter auch 1/4 Sgr. Bestellgeld. Dass dies falsch war, zeigt die 6 mit dem addierten Bestellgeld von einem Kreuzer, so dass letztlich 7 Kr. vom Empfänger kassiert wurden.

    Schönes Stück - den hätte ich auch genommen. :P

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayernjäger,

    stimmt, ich hatte die Siegelseite nicht betrachtet; dann lief er nach Biebergemünd östlich von Hanau - ob Biebergemünd aber Groschen- oder Kreuzergebiet ist, kann ich auch nicht sicher sagen, wie die Kollegen damals.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    hallo bayernjäger, hallo Ralph,

    Bieber liegt 2 Meilen südöstlich von Gelnhausen. In der napoleonischen Zeit gehörte es kurze Zeit zum Großherzogtum Frankfurt. Danach aber war es Teil des Curfürstentums Cassel, bevor es 1866 nach dem Krieg zu Preußen kam. Es war also 1860 im Silbergroschengebiet (Thurn + Taxis).

    Heute ist Bieber eingemeindet zu Biebergemünd und liegt in Hessen im schönen Flörsbachtal. Wenige Meilen südlich ist die Grenze zu Unterfranken und das erste Dorf dort ist Frammersbach mit dem gesuchten offenen Mühlradstempel 918. Das Bild ist aus der Kirchner Sammlung.

    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert