Paketaufgabescheine der Fahrpost

  • Hallo :) aus Lenggries bei 0 Grad Aussentemperatur und strahlendem Sonnenschein !

    Heute möchte ich an dieser Stelle einen Aufgabeschein für ein Paket von Göllheim an die Filialbank nach Ludwigshafen vom 3. Februar 1869 zeigen. Inhalt des Paketes (leider nicht dabei): Gold im Werte von 1.955 Gulden.
    Das Franco für das Paket betrug 45 kreuzer plus 3 kreuzer Scheingebühr. Was ich nun nicht entziffern konnte - und hier bitte ich um Eure Hilfe - ist die Berechnung rechts, insbesondere der 3 Kreuzer die zu den 48 noch dazu kamen. Was war das ? Und was heißt das vor den 48 Kreuzern ?

    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser

  • Hallo Schorsch,

    da lese ich: Nebiges 48 Kr., Verpackung und Requisition 3 Kr..

    Hättest du die 1955 Gulden, brauchtest du heute nicht mehr zu arbeiten. :) Aber dann müsstest du von den Philatelisten zu den Numismatikern wechseln, was hier niemand hofft!

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Schorsch

    etwas zur Taxierung:

    Die Entfernung dürfte noch unter 5 Meilen sein, so dass als Fahrposttarif 6 Kreuzer ausreichen. Brief hätte bis 15 Loth einschließlich wiegen dürfen.

    Die Werttaxe betrug bei 5 Meilen je 175 Gulden 1 Sgr. Dies galt bis 1750 Gulden und danach wurde nur 1/2 Sgr je weitere angefangenen 175 Gulden berechnet.
    1955 Gulden sind als 10 * 1 Sgr bis 1750 Gulden und nun noch 2 * 1/2 Sgr bis 2100 Gulden = 11 Sgr = 38,5 Kreuzer aufgerundet 39 Kreuzer.

    Werttaxe + Fahrposttaxe, also 39 Kreuzer + 6 Kreuzer sind 45 Kreuzer Franco.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Ihr beiden,

    herzlichen Dank für Eure Ausführungen.
    ......Nebiges 48 Kr., Verpackung und Requisition 3 Kr.....

    Verpackung und Requisition ? Also ich kann mir schon vorstellen, was damit gemeint war, aber sind die 3 Kreuzer auch noch von der Post berechnet worden oder sind das Notizen, die nachträglich angebracht wurden ? Mir es nicht die gleiche Handschrift zu sein.

    Beste Grüße
    Postgeschichte-kemser

  • Hallo Schorsch,

    die Post hatte nur auszufüllen, was vorgedruckt war bzw. was an Sonderposten anfiel im dortigen Bereich auf dem Postschein.

    Alles, was üblicherweise rechts davon auf dem leeren Feld notiert wurde, war die Sache des Absenders, der seinen Schein benutzte, um die tatsächlich angefallenen Kosten zu dokumentieren. Irgendwann erfolgte die Abrechnung und dann wollte man auch die Kosten für die Verpackung oder was auch immer wieder haben. Hatte man diese nicht notiert, dann wurden sie vergessen und eben nicht mehr angefordert.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Postschein-Freunde!

    Wer mag wohl in dem kleinen Städtchen Göllheim (ca. 2500 Familien mit 10.000 Seelen) soviel Geld gehortet haben?
    Das Rentamt oder Landgericht? Die wären portofrei gewesen. Ob der Stadtmagistrat für seine Bürger vorsorgte?
    Denn die Filialbank war eine staatliche Bank, wo das Geld sicher war:

    "Die kgl. Bank zu Nürnberg

    dient als Wechselbank dem Verkehre, setzt als solche auch Banknoten in Umlauf und unterstützt als Leihbank durch Darlehen (gegen entsprechende Sicherheit) den Handel, die Industrie und Gewerbe.

    — Der Staat übernimmt die Garantie der kgl. Bank (A. E. v. 21. Nov. 1606 Rggsbl. 1807 S. 37).

    Alle gerichtlichen und administrativen Depositen bis zum Minimum von 10 fl. werden bei ihr angelegt, sie verzinst sie mit 2 %, jene der Minderjährigen und ihnen gleichgeachteter Personen und Stiftungen mit 2 ½ %, die Einstandstkapitalien mit 3 1/2%. Auch Privaten können Gelder bei derselben anlegen, die Bank ist nach § 4 zu deren Annahme ermächtigt, jedoch nicht verpflichtet. Die geringste Summe ist 100 fl,, der angelegte Betrag muss immer auf 5 oder 0 ausgehen, und portofrei in groben Münzsorten übergeben werden".

    Nun, der Betrag von 1.995,- ist damit geklärt, also nicht 1.996,-! Und das Porto (Franco) zaht der Absender.

    Die Filialbanken der Kgl. Bank waren in Amberg, Ansbach, Bamberg, Bayreuth, Hof,
    :!: Ludwigshafen :!: , Passau, Regensburg, Schweinfurt, Straubing und Würzburg.

    Mit diesen Ausführungen möchte ich zeigen, dass Dank der Suchmöglichkeiten im Internet auch Nebenaspekte unserer Sammelstücke "erforscht" werden können. Leider nicht immer und nicht immer bis in das letzte Detail. Aber besser als früher, vor sage und schreibe 10 Jahren ist das alle Mal :thumbup:

    Deshalb sind auch einfache Aufgabescheine der Brief- und Fahrpost so interessant. Über den Empfänger sind manchmal auch Rückschlüsse auf den Absender bzw. den Grund des Versendens möglich. Auch wenn das spekulativ ist, mir macht das Freude. Wenn ihr diese mit mir teilen möchtet, dann demnächst mehr und bis dahin

    grüßt Euch

    Luitpold


    PS Herzlichen Dank an Nils für die Schaffung dieses Forums. Leider hat er mich nicht verstanden, als ich sagte, dass ich keine Experte bin! Ich kann nur gut abschreiben :D


    Quellen: Bayern Statistik 1866 /Bayrischer Hausadvokat, Würzburg 1857 / Handbuch der gesamten Finanzverwaltung im Königreiche Bayern - 1864

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Guten Abend,

    möchte an dieser Stelle einen Paketbegleitbrief mit einer Nachnahme über 11 Gulden 6 Kr. von Neustadt nach Kaiserslautern vom 9.4.1869 zeigen.
    (Tarifperiode 01.01.1868 - 31.12.1873). Das zugehörige Paket wog 18 Loth (links oben notiert) an Gebühren waren 17 Kr. für das Paket und 3 Kr. Zustellgebühren
    zu entrichten, die sich zusammen mit dem Nachnahmebetrag auf 11 Gulden 26 Kr. addierten.
    Der Paketnummernzettel trägt die fortlaufende Nummer "624" und zusätzlich links die Taxquadratnummer "640".

    Bevor jetzt irgendjemand auf die Idee kommt, diese Informationen stammen von mir und hält mich fälschlicherweise für einen großen Fahrpostexperten ...
    der Brief stammt aus der Auflösung einer Ausstellungssammlung und die Infos stammen aus der beigefügten Beschreibung.

    Vielleicht kann mir jemand noch die folgenden Fragen zu diesem Beleg beantworten:
    1.) Wie funktionierte das System dieser Taxquadratnummern ?
    2.) Als Erläuterung zur Gebühr steht in der Beschreibung 17 Kr. Porto und Procuragebühr, was ist unter letzterem auf Neudeutsch zu verstehen ?
    und last but not least
    3.) Wo finden sich Informationen zu diesen Fahrposttarifen ???

    schon mal vielen Dank

    Gruß oisch

  • Hallo oisch

    dann will ich mal versuchen die Fragen zu beantworten:
    Die Tarife und die Berechnung der Entfernungen findest Du im Post- und Telegraphen-Handbuch Nr 29

    Nr. 29

    Da sind auch die Taxquadratziffern mit enthalten - allerdings für den Norddeutschen Bund.

    Nun mal zum Brief, soweit ist erstmal das Übertragen richtig!!!
    Erstmal haben wir hier 2 Bestandteile:
    a - das Paket mit 18 Loth und
    b - den Postvorschuß vom 11 Gulden 6 x

    Für diese beiden Teile muss das Porto nun bestimmt werden:
    a)
    Für das Paket ist der Mindestfahrposttarif von 7 Kreuzer anzuwenden (bis 5 Meilen und das dürfte hier noch passen)
    b)
    Dann kommen wir zur Frage nach "Procura", was als Versicherungsgebühr übersetzt wird.
    Diese Gebühr war 1 Kreuzer je angefangenen Gulden - mindestens 3 Kreuzer und bei 11 Gulden 6x somit 12 x.

    Damit ergibt sich die Summe aus a) und b) von 19 Kreuzer und nicht 17.

    Tja und damit bin ich mit meinem Latein am Ende........

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Ulf,

    vielen Dank für Deine Erläuterungen.
    5 Meilen kommt sicherlich noch hin.
    Die Entfernung NW - Kaiserslautern beträgt 36 Straßenkilometer,
    das sind auf jeden Fall weniger als 5 Meilen, unberücksichtigt der Tatsache,
    daß für die Entfernungsberechnung die - sicherlich kürzere - Luftlinie herangezogen wurde.

    Für die Diskrepanz zwischen deiner in sich schlüssigen Berechnung und der Taxierung auf dem Brief
    habe ich - mangels gänzlich fehlender "Lateinkenntnisse - keine Erklärung.

    Vielleicht hat noch jemand ein Idee

    Gruß oisch

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo oisch

    zu DÖPV - Zeiten gab es einen Tarif bis 4 Meilen, der 5 Kreuzer für Pakete bis 1 Pfund betrug. Theoretisch könnte es möglich sein, dass es bei Orts-Paaren, wie hier Bayern - NDP solche Sondertarife noch gab. Dies wäre jedoch in "Acten" der Orte zu suchen.

    (Auf der Karte würde ich eine Luftlinie von ca 30 Kilometer sehen und dass paßt zu den 4 Meilen.....)

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo miteinander,

    ich glaube, kann es aber weder belegen noch zeitlich eingrenzen, dass in der Pfalz eigene Taxen für die Fahrpost galten. Die 17 Kr. kenne ich von mehreren verlgeichbaren Briefen innerpfälzischr Natur, sie scheinen also nicht falsch zu sein. Da ich leide rmit der Fahrpost nicht vertraut bin, kann ich nicht wirklich weiterhelfen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Da ich mich nun wieder intensiver mit der Philatelie beschäftigen kann, möchte ich hier einen Paketaufgabeschein für ein Wertpaket über 150 Gulden von Tittmoning nach Mainz vom 1. Febr. 1860 zeigen. Die Scheingebühr betrug 3 Kreuzer.


    Liebe Grüße von postarchiv

  • Hallo Magdeburger,

    ich kenne die anderen Scheine nicht. Könnte es sein, daß bei den anderen Scheinen auch nur die Scheingebühr bestätigt wird? Dann könnte man zu dem Schluß kommen, daß das Gewicht nur angegeben ist, wenn es zur Emittlung des Portos erforderlich ist. Im vorliegenden Fall wird ja nur die Scheingebühr bestätigt. Ist dies eventuell der Grund?

    Mit freundlichem Gruß
    Postarchiv

    Wo nichts mehr zu enträtseln bleibt, hört unser Anteil auf.

    Ernst Freiherr von Feuchtersleben

  • Guten Abend,

    Möchte hier einen eingeschriebenen Paketbegleitbrief von Bamberg nach Reuth bei Erbendorf vom 11. Juni 1859
    mit Zusatzvermerk "Muster ohne Werth" zeigen.
    Als Gewicht lese ich 36 1/4 Loth und als Porto 23 Kr. Die Entfernung zwischen den beiden Orten betrug 12 Meilen.

    Würde mich über ein paar erhellende Angaben zur Portozusammensetzung / Tarifperiode sehr freuen

    Besten Dank
    oisch_de

  • Hallo oisch

    also die schwarze "23" ist die Kartierungsnummer. Das Gewicht kann ich auch nicht eindeutig lesen, aber 36 Loth wurde mit Sicherheit nicht angegeben.

    Eventuell stand erst 3 Loth da und die 1/4? wurde hinzugefügt. Das es so leichte Pakete gab, muß nicht ungewöhnlich sein.
    Das Franco betrug 13 Kreuzer. Die Entfernung beträgt knapp 12 Meilen und wäre der Tarif des DÖPV hier gültig, wären es 11 Kreuzer gewesen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Ulf,

    danke für Deine postwendende Antwort.

    Die 3 1/4 Loth machen Sinn, da im Briefinhalt die Rede von einer Schachtel mit .... (kann ich leider nicht entziffern) ist,
    die ja durchaus sehr leicht sein konnte. 13 x ist auch ok, habe mich da von der schwarzen "23" täuschen lassen und die Rötelmarkierung
    ebenfalls als "23" gelesen.
    Was mich etwa verwundert sind die zusätzlichen Angaben "Muster ohne Werth" und "charge". Ich habe angenommen, dass Pakete per se
    eine spezielle Registrierung erfahren haben und somit die Zusatzleistung "eingeschrieben" eigentlich überflüssig ist und das Muster hätte man
    doch auch dem Paket beilegen können ... oder hätte es da aufgrund des zusätzlichen Gewichts ein höheres Porto verursacht ?
    Ist hier vielleicht der Grund für die Differenz zwischen den 11x und 13 x zu suchen ?

    Gruß oisch

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo in die Runde,

    das Gewicht betrug 5 1/4 Loth ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo oisch

    dass "Muster ohne Wert" in einem Paket versendet wurden, kenne ich vielfach.
    MoW konnten Briefen angehangen werden, aber nicht Paketen. Allerdings gibt es MoW, welche auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht angehangen werden konnten, als Bsp. fällt mir Kaffee oder Tee ein. Somit ging nur die Versendung einliegend oder eben als Paket.
    Weiterhin spielt der Gedanke des Sparens eine Rolle. Die Frage, was hätte es gekostet, wenn hier eine Briefsendung mit anhängenden Muster möglich gewesen wäre. Wie teuer wäre ein Brief mit einliegenden Muster gewesen.
    Inwieweit es zulässig war, Paketsendungen eingeschrieben zu versenden, entzieht sich hier meiner Kenntnis. Im DÖPV war die Einschreibung und die Expresse Bestellung für Fahrpostsendungen nicht vorgesehen. Lokal, also innerhalb einer Posthoheit selbst, konnte es anders aussehen.

    Wenn ich Zeit finde, werde ich schauen, ob ich etwas in den bayrischen Verordungen zur Taxierung noch sagen kann.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf