Eingeschriebene Briefe

  • Hallo Pälzer,

    die Notare und Advokaten konnte die postalischen Scheine nutzen, dann waren sie kostenpflichtig, oder eigene Scheine verwenden, dann war die Recommandation kostenlos (es gab ein paar Expeditoren, die auf ihre 6 bzw. später 7 Kr. bestanden, auch wenn sie "fremde" Scheine vorgelegt bekamen - das wurde von oben moniert und die Expeditoren ernsthaft ermahnt, zukünftig die Scheine gratis auszufertigen).

    Allen Postnutzern war es bei gutem Leumund möglich, ihre Gebühren stunden zu lassen. So kostete z. B. ein Postfach pro Jahr 5 Gulden und mit "Anschreibung der Gebühren" 10 Gulden. Die Post notierte diese "Postrückstände" dann auf eigenen Zetteln und rechnete nach vereinbartem Limit (zeitlich oder finanziell) ab. Diese Stücke sind sehr selten - ich kenne 4 Stück und konnte mir 2 davon sichern. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    umpf, jetzt muss ich natürlich fragen, wie das mit dem Ausstellen der Postscheine der Advokaten / Notare überhaupt abgelaufen ist. Und haben die dann auch für bzw. auf dem Beförderungsweg irgend eine Rolle gehabt ? Sorry, aber damit habe ich mich bis dato noch gar nicht beschäftigt. ;( :whistling:

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    der Advokat/Notar besorgte sich von einer lokalen Druckerei eigene Scheine - die Angaben, die postalische Scheine enthielten, mussten natürlich auch eingedruckt sein. Aber er konnte sich den Aufgabeort und den Absender immer eindrucken lassen, weil sie ja personen- und sachgebunden verwandt wurden. Sie durften auch nicht "privat" gebraucht werden, sondern nur dann, wenn der Advokat/Notar in offiziellen Dingen schrieben (also nicht für ein Glückwunschschreiben an Tante Wilhelmine).

    Möglich war auch die Absendung ohne Rekonummer - gab der Advokat/Notar keine Nummer an, ging der Brief so ab - rekommandirt ohne Nummer (habe ich einmal).

    Musste er einen rekommandirten Brief schreiben, vermerkte er seine Nummer auf den Brief und Schein und gab ihn ausgefüllt ab. Der Expeditor verglich die Daten von Brief und Schein - stimmte alles, stempelte er beide ab und trug den Schein in sein Manual unter der Nr. des Advokaten/Notars, die dieser vergeben hatte.

    Der Brief wurde frankiert und der Schein dem Advokaten/Notar zurück gegeben. Nur ein Rückschein musste als postalischer Vordruck "gekauft" werden, da kam auch ein Advokat/Notar nicht umhin.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    vielen Dank für die Procedere-Erläuterungen, habe heute also wieder n`ordentliche Schoppe was dazu gelernt ! :thumbup:

    Schönen abend noch + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo zusammen,

    zu dem nachstehenden Reco-Beleg braucht man glaube ich nicht viel Worte machen. Bei dem Absender Hugo Siemroth handelte es sich um einen Passauer Kaufmann. Der Empfänger Gottfried Merzbacher wurde lt. Wikipedia am 09.12.1843 im mittelfränkischem Baiersdorf bei Erlangen als Sohn des jüdischen Fellhändlers Marcus Merzbacher geboren. Nach dem Verlassen der Realschule Erlangen erlernte er das Kürschnerhandwerk und stieg in das Geschäft seines Vaters ein.

    In Paris, London und St. Petersburg wurde er zum Kaufmann ausgebildet. 1868 eröffnete er in München in der Residenzstraße (siehe Adressierung) einen eigenen Pelzwarenhandel. Nachdem er sein finanziell sehr gut laufendes Geschäft 1888 verkauft hatte, widmete er sein Leben ganz dem Alpinismus. 1878 bestieg er mit Führern den Monte Schiara, 1881 das Totenkirchl im Wilden Kaiser.

    Danach folgten ausgedehnte Reisen nach Persien, Kaschmir, Ceylon, in den Kaukasus und zu den Gebirgen Mittel- und Zentralasiens. Nach der Kaukasusexpedition 1891 erschien im Jahr 1901 erschien sein zweibändiges Werk Aus den Hochregionen des Kaukasus und eine in der Folgezeit grundlegende Karte dieses Gebirges (sog. Merzbacherkarte).

    Merzbacher hatte einen erheblichen Anteil auch an der Erschließung der Alpen, in denen er Touren wie die Überschreitung des Piz Bernina, der Meje und des Matterhorns unternahm. 1901 erhielt er von der Universität München den Ehrendoktortitel, 1902 wurde er zum zweiten Vorsitzenden der Münchner Geographischen Gesellschaft gewählt, im Jahr 1905 erhielt er den Bayerischen Verdienstorden. 1907 wurde er zum Prof. h.c. ernannt und verstarb nach kurzer Krankheit im 14.04.1926.


    Schönen Sammlergruß

    vom Pälzer

  • Merzbacher hatte einen erheblichen Anteil auch an der Erschließung der Alpen, in denen er Touren wie die Überschreitung des Piz Bernina, der Meje und des Matterhorns unternahm. 1901 erhielt er von der Universität München den Ehrendoktortitel, 1902 wurde er zum zweiten Vorsitzenden der Münchner Geographischen Gesellschaft gewählt, im Jahr 1905 erhielt er den Bayerischen Verdienstorden. 1907 wurde er zum Prof. h.c. ernannt und verstarb nach kurzer Krankheit im 14.04.1926.


    Lieber Pälzer,

    ein gutes Beispiel, wie man aus einem "ordentlichen" Brief mit etwas Mühe&Recherche
    ein Stück Social Philatelie, hier mit alpinem Flair machen kann :)

    Beste Grüsse
    BS

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo Pälzer,

    ein simpler Brief - aber höchst attraktiv!

    Man kann schön sehen, dass die Reconummer in schwarz von der Passauer Aufgabepost, die Münchner Reconummer aber im blau notiert wurde.

    Interessant ist der Inhalt: Beigeschlossen gab es einen Wechsel und 7x in baar - wenn es nicht gerade eine 6x und 1x Münze war, was man nicht hätte machen dürfen, sollte eine Nr. 25 im Brief gelegen haben ... Daher wohl auch die zusätzliche Ausgabe von weiteren 7x für die Recommandation.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    dann setzen wir die Reco-Geschichte gleich weiter fort. Neben der Standartbrief-Ferngebühr von 7 Kr waren bei dem nachstehend abgebildeten Beleg nach Dresden noch die 7 Kr Reco-Gebühr zu entrichten. Hier war das noch bar am Schalter geschehen, so dass die Aufgabepost unten mittig mit 7x rec. "quittierte" (Reco-Nummer 18).

    Ich gehe einmal davon aus, dass es sich bei der Blaustift-Notierung um eine Botenlohn-Notierung von 1 1/10 (N)Gr an den Empfänger handelt (Strohutfabrik Adolf Loewi). Zur Klarstellung dessen wurde sein Name wohl auch nochmal mit Blaustift unterstrichen.

    Nachdem in Sachsen seit 1840 schon das Dezimalsystem in der Anwendung war - was sich dann 1873 bei der Einführung der Reichswährung bewährte - müssten die 1 1/10 Neugroschen = 10 Pfennig gewesen sein. An eine Gewichtsnotierung denke ich bei den 1 1/10 in blau jedenfalls nicht.

    Was ich mir gar nicht erklären kann, sind die kleinen schwarzen Notierungen 8.J.5 > 29 / 9 6. 5. links unter der Marke. Sind das evtl. Kartiervermerke ? Die Bestimmung des Beförderungsjahres ist - natürlich - auch wieder ein Problem. Ich hab`das wohl irgendwie gepachtet...

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    die gebläuten 1 1/10 L.(oth) bedeuten, dass sich der Brief in der 2. Gewichtsstufe befand und das Franko 7 Kreuzer = 2 Groschen betrug.

    Die von dir vermuteten Katiervermerke sind privaten Ursprungs und haben keine postalische Funktion.

    Besten Gruß

    1870/71

  • Hallo Tim,

    dein schöner Brief wird von 1869 oder 1870 sein, nicht davor und nicht danach.

    Mit 1 1/10 L (Loth) wurde dein Brief aber gewogen - es war kein Bestellgeld in Sachsen. Das wiegen und unterstreichen mit blauem Stift machte die Post des NDB, nicht Bayern.

    In Bayern erhielt er die Reconummer "18".

    Die kleinen Zahlen links über dem Frankovermerk wurden nachträglich angebracht und hatten keinen Einfluß auf die postalische Beförderung.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo zusammen,

    also dann doch Gewicht, aber den Sinn des ganzen habe ich nicht so ganz verstanden. Wozu wiegt man am Empfangsort nochmal nach und unterstreicht mit gleichem Stift den Adressaten ?

    + Gruß

    vom Pälzer

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  • Lieber 1870/71,

    Annweiler hatte keine blauen Stifte im Einsatz und Bayern wog seine Recobriefe zwar ab, notierte das Gewicht aber so gut wie nie. Auch hätte es keinen Sinn gemacht, den Namen des Adressaten zu unterstreichen, weil den sicher keiner in Annweiler kannte. ;)

    Recobriefe des NDB wurden gewogen und das Gewicht vermerkt (hier über 1 Loth = 2. Gewicht, daher 7x statt 3x unter einem Loth).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo nochmal,

    Mi-Nr. 21 war ja bis 31.12.1875 gültig, insofern dachte ich ad hoc an das Fernbrief-Franco ab 01.01.1872. Da hätte man aber die 7 Kr Reco-Gebühr ebenfalls in Marken kleben müssen. Da das hier nicht der Fall ist, kommt der Zeitraum der Aufgabe - theoretisch - zwischen Ende 1868 bis Ende 1871 in Betracht (@bk: Warum aber nach Deinen Ausführungen nur bis 1870 ?). Dann ist das mir mit der Gewichtsnotierung jetzt auch klar. Das mit der Unterstreichung des Adressaten irritiert aber irgendwie schon.

    Egal, besten Dank Euch + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    Juli 1871 hätte man die Nr. 25 frankiert (Recobriefe wurden ja am Schalter aufgegeben und dort hatte man im Sommer 1871 längst die gezähnten Marken liegen, keine "olle" Nr. 21.

    Die Recogebühr war ab 1.3.1874 in Marken zu frankieren - eine Nr. 21 als Recogebühr oder Marke aus 1874ff zu finden dürfte aber sehr schwierig werden. ^^

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    bedeutet dies, dass man die Reco-Gebühr bis 01.01.1872 als Barzahlungsbetrag auf keinen Fall als entrichtet auf dem Brief festhalten konnte/durfte und dies in der Zwischenphase bis 01.03.1874 dann so wie auf dem o.a. Beleg - erst einmal noch ohne Marken - mit handschriftl. Notierung wie oben gezeigt geschah ?

    Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    bis 31.12.1867 - 6x bar.

    Ab 1.1.1868 - 7x bar. Später sollte, um Unklarheiten mit anderen deutschen und ausländischen Postverwaltungen zu vermeiden, 7x rec. geschrieben werden, damit man nicht das Franko mit der (unsichtbaren) Recogebühr verwechselte. Wurde oft unterlassen.

    Ab 1.1.1872 änderte sich nichts.

    Ab 1.3.1874 wurden die 7x Recogebühr in Marke(n) verklebt.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bayernjäger,

    ein sehr schöner Schein mit seltenem Vermerk R.S.. Man sieht, auch Postscheine sind ein wichtiger Teil der PO.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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