Russland - Österreich - Bayern

  • Liebe Freunde,

    nach Jahren der Suche hat mir die Bucht ein Schmankerl freigegeben, dessen Attraktivität ich nicht widerstehen konnte. Vorausschicken möchte ich, dass Briefe aus Russland nach Bayern nicht so häufig sind und die Masse von ihnen über Preußen instradierte.

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    In Targanrog am Schwarzen Meer (oder heißt es aus Gründen der "political correctness" Farbiges Meer? ) wurde er am 14.12.1867 mit 14 Kopeken frankiert. Nachträglich meinen uneingeschränkten Dank an die russische Post, dass sie nicht 14 Kopeken - Marken heraus gebracht hat, weil der Brief sonst etwas eintönig hätte aussehen können.

    Damit standen 2 Laufwege offen: 1. über Preußen nach Bayern oder 2. über Österreich nach Bayern. Der letztere war der klar seltenere und einen Brief mit diesem Laufweg hatte ich noch nicht. Beim Betrachten der Siegelseite war jeder Verdacht entkräftet - sie trägt den Wiener Stempel von 29.12.1867, womit er nicht über Preußen instradiert sein konnte.

    Am Münchner Bahnhof kam er am 30.12.1867 und beim Empfänger in Mittenwald an der Isar am 31.12.1867 an, immerhin dem letzten Tag des Deutsch - Österreichischen Postvereins.

    Nach dem PV Russlands mit Österreich, publiziert in Bayerns Verordnungs- und Anzeigblatt No. 18 vom 24.4.1866 unter der Nr. 13.688 vom 22.4.1866, kosteten frankierte Briefe bis 1 Loth 14 Kr. rheinisch bzw. 14 Kopeken wie hier. Dieser Vertrag war die Antwort Österreichs auf den kurz zuvor abgeschlossenen Vertrag Preußens mit Russland vom 13.1.1866, mit dem die gleichen Bedingungen ausgehandelt worden waren.

    Bei der Leitung über Österreich war das Weiterfranko in Neukreuzern zu notieren, welches wir mit "F 10" in weinroter Tinte sehen können. 10 Neukreuzer entsprachen 7 Kr. rheinisch, so dass die Frankatur hälftig zwischen Österreich und Russland geteilt worden war. Weil Bayern von diesem Betrag nichts zustand, war auch die Reduktion des Weiterfranko in rheinische Kreuzer nicht notwendig bzw. sinnvoll.

    Interessant für den Spezialisten wäre noch die Tatsache, dass gleichzeitig Portobriefe von Bayern über Österreich nach Russland 15 Neukreuzer bis zur russischen Grenze kosteten, die Bayern von Österreich später vergütet bekam! Das waren immerhin 9 Kr. postalisch bzw. 11 Kr. paritätisch. Auch hier merkt man bereits den starken Zwang der Postverwaltungen auf ihre Korrespondenten, frankiert zu versenden und nicht portobelastet. Ob es überhaupt einen Portobrief aus Russland über Österreich nach Bayern heute noch gibt?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Erdinger,

    vielen Dank für deine Würdigung. :)

    nochmals zur Hervorhebung:

    Zitat

    In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts spezialisierten sich einzelne Händler-Familien (Baader, Hornsteiner, Jais, Jochner, Kriner, Lipp, Neuner, Oettl, Resch, Rieger, Seiler, Wörnle) auf den Absatz von Instrumenten in großen Stückzahlen, die in den Mittenwalder Werkstätten eingesammelt wurden.

    Die größere Korrespondenz hatte zweifelsohne Bader (auch Baader geschrieben), der allein über 5.000 Briefe aus den USA in seiner Korrespondenz hatte, von denen ich aber keine 3 Dutzend gesehen habe. Wo die wohl heute sein mögen?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0018ac67ca3bjpg.jpg]

    bitte nicht doppelt sehen, aber 1872 ging es immer noch für 14 Kopeken von Russland, nun aber Moskau, über das Deutsche Reich nach Bayern, wie dieser Brief beweist.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo,

    wenngleich mein Brief aus dem Jahr 1827 stammt, passt er ganz gut zu den tollen Briefen von bayern klassisch. Er lief von St. Petersburg über Österreich nach Mittenwald. Die normale Route wäre über Memel, Berlin und Hof gelaufen. Nachdem der Absender jedoch Tyrol angeschrieben hat, wurde der Brief über Brest-Litofski nach Krakau spediert. Krakau war seit dem Wiener Kongress 1815 ein Freistaat und Österreich hatte dort ein eigenes Postamt, wo der Transitstempel Russie. abgeschlagen wurde.

    Nach dem Tarif von 1814 kostete ein Brief nach Krakau 14 Kopeken, die vom Absender bezahlt wurden (siegelseitig angeschrieben). Österreich belastete 28 Kr. C.M. (II. Stufe, 2. Gew.-St., Tarif v. 1817). Mit dem direkten Paketschluss Seefeld-Mittenwald dürfte der Teilfrankobrief nach Bayern gelangt sein, wo 3 Kr. für den 1. Rayon festgesetzt wurden, obwohl die 2. Gew.-St. eigentlich 4 Kr. gekostet hätte.

    Grüsse von liball

  • Hallo liball,

    ein tolles Stück - schwer zu toppen! :)

    Eine Frage zu Krakau: hatte nicht auch Preußen eine Poststelle in dieser Stadt?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bayern klassisch,

    im Vertrag vom 3.5.1815 zwischen Preussen, Russland und Österreich war vereinbart worden, dass jeder dieser 3 Staaten ein eigenes Postamt in Krakau unterhalten kann. Nach dem der Freistaat Krakau zum 6.11.1846 aufgelöst und mit Österreich vereinigt wurde, bestand das preußische Postamt mit österreichischer Duldung noch bis 31.7.1847 (aus Feuser-Handbuch).

    Grüsse von liball

  • Hallo bayern klassisch,

    zu Deinem 14 Kop.-Brief nach Bayern - ein schönes Stück - ist anzumerken, das Briefe aus Russland nach den Ländern im Postverein, bezahlt oder ganz frankiert 14 Kop. kosteten, ein unfrankierter Brief kostete 20 Kop. S. In dieser Staatensammlung ist auch Bayern und Österreich enthalten. Die Gebühr war gleich, ob der Brief jetzt über Preußen oder auf der Südroute über Österreich befördert wurde. Welche Gebührenrechnungen dann Bayern noch zusätzlich aufstellte ist in einem Vertrag zwischen Preußen und Bayern oder Österreich und Bayern festgelegt.

    Gruß Hans

  • Hallo,

    dies ist ein ähnlicher Brief wie unter Nr. 5. Er stammt ebenfalls aus St. Petersburg, geschrieben am 25.2.1831. Er lief ebenfalls über Österreich, da der selbe Absender wiederum Mittenwald an der Isar im Tyrol schrieb. Ohne diese Anmerkung wäre der Brief sicherlich über Preußen spediert worden. Zusätzlich wurde er noch gerastelt, sehr wahrscheinlich in Podgorce.
    Beim Eingang im österreichischen Postamt in Krakau glaubte man immer noch, dass Mittenwald in Tirol liegt und taxierte daher 14 Kr. C.M. für einen einfachen Inlandsbrief über 18 Stationen (Tarif 1817).
    Nun stellt sich die Frage, wie hat Österreich mit Bayern abgerechnet und was hat der Empfänger in Mittenwald bezahlt.
    Bei obigem Brief hat Bayern sein eigenes Porto mit 3 Kr. angeschrieben. Das österreichische Porto in Conventionsmünze wurde jedoch nicht in rhein. Kreuzer umgerechnet. Wurde vom Empfänger nur das eigene Porto kassiert. 28 Kr. C.M. wären ca. 34 Kr. rhein gewesen. Insgesamt hätten also insgesamt 37 Kr. rhein. kassiert werden müssen.
    Bei diesem Brief wurde in Mittenwald überhaupt kein Porto angeschrieben.
    Legt man den Postvertrag Bayern-Österreich von 1819 zu Grunde, hätte Österreich eine Transitforderung von 20 Kr. C.M. gehabt. Diese ist jedoch auf beiden Briefen nicht vorhanden.
    Ich glaube bald, dass vom Empfänger nur das bayerische Porto von jeweils 3 Kr. kassiert wurde und Österreich auf seiner Forderung sitzen blieb.
    Auf andere Meinungen bin ich gespannt.

    Grüße von liball

  • Hallo Karl,

    ich kann kein bayer. Porto von 3x erkennen - nur 14x CM, die Österrreich angesetzt hatte. Ich glaube daher, dass der Empfänger nur das bezahlt hat und gar kein bayer. Porto.

    Ich denke, dass das ein krummer Hund ist, bei dem die Postverwaltungen halt ein paar Kreuzer weniger verdient haben und das kam halt vor.

    Sehr interessantes Stück - immer wieder erstaunlich, was alles zu dieser Korrespondenz hier gezeigt werden kann. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Ralph,

    die 3 Kr. bezogen sich auf den Brief unter Nr. 5.
    Der bayer. Postler in Mittenwald konnte ja nur in rhein. Kreuzer Gelder einheben. Dann hätte er die angeschriebenen 14 Kr. C.M. in 17 Kr. rhein. umgerechnet und nicht angeschrieben. Kann das sein?

    Grüße von liball

  • Hallo Karl,

    sorry, hatte das dann falsch gelesen.

    Ich werde das nie beweisen können, was ich jetzt schreibe: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Österreich

    a) sich das Geld selbst geholt hat (Brief über die Grenze, 14x CM cash kassiert vom Empfänger), oder

    b) den Brief für 14x CM Bayern angedient hat und die haben das Äquivalent von Bader kassiert, ohne es zu notieren.

    Da ich ja nun schon recht lange die Postverhältnisse Bayerns zu Österreich speziell sammle, sehe ich beides als gut möglich an.

    Beweisen wird man das nie können, wenn es keinen Inhalt mit entsprechender Note gibt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Karl
    Postgeschichte Zeitschrift Nr. 99/J 2004/Seite 31 - der Artikel bringt dich vielleicht weiter?
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo,

    nach dem PV Russland-Österreich von 1854 stand Russland für diesen Portobrief aus Kiew nach Mittenwald bis zur russisch-österreichischen Grenze 9 Kr. C.M. zu. Österreich notierte daher auf der Rückseite Porto 9 (für Russland) sowie 9 Vereinsporto. Auf die Vorderseite wurden 18 Kr. C.M. geschrieben.
    In Bayern wurden diese 18 Kr. C.M. jedoch nur in 20 Kr. rhein. umgerechnet. Dies setzt sich zusammen aus dem russischen Porto von 9 Kr. C.M. = 11 Kr. rhein. + 9 Kr. rhein. Vereinsporto.

    Grüße von liball

  • Hallo Karl,

    schönes Stück, wie immer bei deinen Pretiosen. Weißt du, wo der Stempel RUSSIE auf den Brief kam?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Karl,

    danke sehr - kann mich nicht erinnern, mal solch einen Herkunftsstempel auf einem Bayernbrief gesehen zu haben - klasse!

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl,

    vielen Dank für die Rückseite.
    Die Leitwege der Briefe aus Südrussland war erstaunlich vielseitig, daher trage ich da gerne die Belege zusammen. Vielleicht ergibt sich später mal eine Struktur daraus.

    Gruß
    Michael