Ich beschäftige mich seit 35 Jahren mit den Ganzsachen von Österreich. Dabei haben sich einzelne Spezialgebiete herausgebildet, die von der Norm des üblichen Ganzsachensammelns abweichen. Eines davon ist das Zusammentragen von und die Beschäftigung mit amtlichen Ganzsachenpostkarten aller Zeiten, auf die Privatpersonen, Gewerbetreibende, Vertreter von Behörden oder Organisationen, Vertreter von Kirchen und Andere die unterschiedlichsten Zudrucke haben aufbringen lassen.
Während ihr Postgeschichte als eine Kombination von Postwegen und Postgebühren definiert, vestehe ich darunter etwas Anderes. Für mich ist Postgeschichte vor allem die Verwendung von bestimmten Postbelegen und dadurch die Kommunikation zwischen den unterschiedlichsten Menschen und Menschengruppen unter Berücksichtigung der kulturellen, politischen oder rein zwischenmenschlichen Beziehungen vergangener Zeiten.
Ich zeige bereits in verschiedennen Foren Material aus meiner Sammlung und veröffentliche auch Fachartikel dazu, weiß aber nicht so recht, ob solch ein Thema auch hier in dieses Forum passt. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann meldet euch bitte, ich suche mr dann etwas Anderes, mit dem ich mich gerne beschäftige und das euch möglicherweise auch mehr postgeschichtliche Interpretationsmöglichkeiten lässt.
Acht Jahre nach den ersten Ganzsachen in Form von Umschlägen wurden dem Publikum im Jahr 1869 als neue Art des Postversandes Postkarten mit aufgedrucktem Wertstempel angeboten. Damit entfiel die Notwendigkeit, Briefe in Umschlägen zu verstauen, diese zuzukleben und mit Briefmarken zur Freimachung zu bekleben. Außerdem betrug das Inlandsporto für eine Postkarte nur 2 Kreuzer, für einen Brief dagegen 3 Kreuzer. Bei häufiger Nutzung einer Postkarte statt eines Briefes konnten so Minderausgaben erwirtschaftet werden, von der Arbeitsersparnis einmal ganz abgesehen. Dankbar nahmen die Gewerbetreibenden, Fabrikbesitzer und Bergbaubetriebe, aber auch Vereine, Banken und Andere dieses Angebot der Post an, ließen sich doch die Rückseiten der Postkarten nicht nur per Hand beschriften, sondern auch für regelmäßige gleichartige Verwendung mit allerlei Texten bedrucken.
Dabei finden sich vorrangig Texte, die auf irgend eine Art und Weise Werbung für einzelne oder mehrere Produkte des Absenders machten. Da die heutigen technischen Möglichkeiten der Werbung vor rund 150 Jahren noch gänzlich fehlten, mussten andere Maßnahmen ergriffen werden, um Kunden und Abnehmer zu werben. Neben der persönlichen Ansprache und der Zusendung von Werbeinformationen gab es dafür vor allen Dingen Handelsvertreter, die im Auftrag eines oder mehrerer Anbieter potentielle Kunden aufsuchten, um sie zum Ankauf von Waren aller Art zu bewegen. Solche Besuche von Handelsvertretern wurden häufig mit Postkarten vorab angekündigt, wie viele erhalten gebliebene Zudruckkarten auch späterer Jahre heute noch belegen.
Insgesamt lassen sich die Arten der Werbezudrucke in vier Hauptarten unterscheiden:
- Die Ankündigung eines Vetreterbesuches ohne spezielle Benennung der Ware, die da angeboten werden soll.
- Viel häufiger finden sich Ankündigungskarten, die nicht nur den Namen des Handelsvertreters, sondern auch noch die anzubietenden Waren näher bezeichnen.
- Ebenfalls weit verbreitet waren Warenangebote per Postkarte, mit denen unterschiedlichste Dinge beworben und oft auch unter Preisangabe zum Kauf angeboten wurden.
- Zur letzten Kategorie zähle ich solche Zudrucke, mit denen auf bevorstehende oder bereits durchgeführte Preiserhöhungen, aber gelegentlich auch auf Standortverlagerungen des Absenders hingewiesen worden war.
Während sich in der Anfangszeit diese Zudrucke ausschließlich auf Texte beschränkten, kamen nach und nach in späteren Jahren auch noch Grafiken hinzu, zunächst einfarbig, schließlich abet auch noch in teils bunter Farbgestaltung, um die besondere Aufmerksamkeit des Empfängers der Karte zu erregen. Das ist jedoch eine lange Geschichte, die ich hier nur so nach und nach mit allerlei Beispielen belegen will.
Da auf den ersten Postkarten rückseitig sowohl oben als auch unten von Seiten der Post je eine Textzeile aufgedruckt war, blieb für Textzudrucke nur beschränkter Raum (Michel P 1 bis P 7). Bei der Postkartenausgabe vom November 1871 findet sich rückseitig nur noch rechts oben einzeilig eine Datumsangabe mit ..... den ..... 187... (Michel P 8 bis P 12). Als im Oktober 1872 eine wiederum leicht geänderte Postkartenvariante an die Postschalter kam (Mi. P 14 bis P 24), hatte man nun endlich von Seiten der Post keinerlei Vordrucke mehr auf der Kartenrückseite angebracht. Von da ab stand die gesamte Fläche zur freien Gestaltung des Kartennutzers zur Verfügung. Nicht alle nutzten das aus, aber manche Werbekarte wurde mit mannigfaltigen Informationen gefüllt.
Es gibt diese Karten nicht nur in deutscher, sondern zusätzlich auch noch in den verschiedenen Sprachen der damaligen Sprachregionen der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, aber die Zudrucke finden sich hauptsächlich auf den deutschen oder deutsch-böhmischen Postkarten. Ich beginne mit einer Karte der Art P 14, die an einem 16.2. von Pettau, der ältesten Stadt des ehemaligen Herzogtums Steiermark, nach Warasdin, auch Varaždin, einer Stadt im Norden Kroatiens, gelaufen ist. Mit dieser Karte wird Werbung für den Verkauf verschiedener Zimmer- und Kleiderbesen gemacht, einer Ware, die heute wohl kaum noch Abnehmer finden dürfte.
Viele Grüße
Ingo