Schürer's Briefe aus Würzburg

  • Joseph Schürer wurde als Sohn eines fürstbischöflich-würzburgischer Konsistorialrats und Rentamtmanns geboren. Sein Enkel Johann Baptist Schürer übernahm die Firmenleitung und wurde königlich-bayerischer Kommerzienrat.
    Am 14. Juni 1811erhielt der die Konzessionsurkunde der Großherzoglichen Landesdirektion zu Würzburg zur Gründung einer Tabakfabrik, die unter dem Firmennamen "Joseph Schürer, Cigarren- & Tabakfabrik" produzierte. [1]. 1816 richtete er im Petersbau seine Rauch- und Schnupftabakfabrik ein und wurde 1857 Eigentümer des Hauses.

    Das Unternehmen stellte Rauchtabak, Schnupftabak und Zigarren her und warb unter anderem mit „WUPPDICH Aromatische Prise in 10 Pfennig-Fläschchen und Paketchen" für ihren Schnupftabak. Später wurde ein Filialbetrieb in Ingolstadt/Donau eröffnet. Später übergab er seinem Sohn die Leitung des Unternehmens. Die Tabakfabrik stellte die Fertigung zur Weltwirtschaftskrise im Juli 1928 ein wurde 1929 an die Gebrüder Lotzbeck AG Rauch- und Schnupftabakfabrik in Lahr/Schwarzwald verkauft. In der Domstraße 13 betrieb Joseph Schürer ein Ladengeschäft bis mindestens 1831. (https://wuerzburgwiki.de/wiki/Joseph_Schürer).

    Die Briefe der Tabakfabrik Josef Schürer aus Würzburg fallen in's Auge: schöner, meist breitrandiger Schnitt der Marke, immer links oben im Briefeck geklebt, lesbare, lateinisch geschriebene Anschrift. Braun-/gelbliches Briefpaper. Es handelt sich um (meistens) Rechnungen über die Lieferung von Tabak, Zigarren.


    Würde mich freuen, wenn hier sehr viele Briefe gezeigt würden, um auch zu erfahren, wei weit der Geschäftsbereich dieser Firma reichte. Da es viele Tabakfabriken gab ist es schon erstaunlich wie gut Schürer im Geschäft war. Darüber kann ja noch einiges aus der Schürer-Cronik von Achim Schürer zitiert werden (wenn gewünscht).
    Ich beginne also mit einem ersten Briefchen.

    Rechnung an J. B. Veth in Scheinfeld vom 14. Februar 1854

    mit gleichzeitiger Ankündigung des Besuches seines Reisenden Herr Görtler. Der Betrag von 10 Gulden, 12 Kreuzer zeigt, wie gering die einzelnen Umsätze bei den Abnehmern war.Der Brief geschrieben am 14. und am gleichen Tag mit der Post abgegangen und am 15.2. in Markt Bibart



    (ca. 40 Km, ca. 5 Meilen, also fast mittig im 12 Meilen-Entfernungs-Tarif, 1. Gewichtsstufe). Die Briefe von Schürer waren ja nicht schwerer als 1 Loth.
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    danke für diesen Thread, dessen Tempo wohl aber allein du bestimmen wirst, weil den allermeisten Sammlern diese Korrespondenz eher wenig sagen wird (mir zumindest).

    Es dürfte auch einfacher sein, eine Korrespondenz an eine bestimmte Firma (Zumstein - Kempten, Salegg - Hengersberg usw.) zusammen zu tragen und auszuwerten, als eine von einer bestimmten Firma, weil das Briefmaterial ja immer empfängerabhängig vorhanden ist, nicht absenderabhängig.

    Nichtsdestowenigertrotz bitte ich im Namen vieler um Weiter- bzw. Einführung in diese spannenden Materie.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Luitpold,

    der eingestellte Brief von "598" Würzburg nach Marktheidenfeld vom 19.11.1862, frankiert mit 3 Kreuzer blau, Platte 5 ist aus der Schürer Korrespondenz.

    Eine recht späte Verwendung einer blauen 3 Kreuzer-Marke, denn schon ab Oktober 1862 sollte mit roten 3 Kreuzer Marken frankiert werden.

    Im Handelshaus Schürer waren Mitte November 1862 noch Restbestände der blauen 3 Kreuzer Marke vorrätig.

    Ein aussergewöhnlich schöner Brief. Der Liebhaber freut sich auch über den vorhandenen Stempelübergang links.

    Über den in Rechnung gestellten Weizentabak kann ich nichts sagen. Ich bin Nichtraucher (:-)

    Gruss kilke

  • Hallo liebe Freunde,

    kilke - ich stimme dir voll und ganz zu - sehr schöner Brief. :thumbup:

    Nun, die Aussage von Ralph stimmt nicht ganz, dass nur der liebe Luitpold hier das Tempo bestimmt, Kilian hat vorgelegt, ich lege nach. ;)

    21.12.1865 Brief aus der "Deyerl-Korrespondenz" nach Sulzbach von Joseph Schürer Würzburg - natürlich (für Luitpold) auch ein Scan der Rechnung.


    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

  • Vielen Dank den drei Herren für die Antworten und das Zeigen der schönen Briefbeispiele. Zu kilkes Bermerkung zum Weizentabak bin ich nicht fündig geworden, es könnte sich dabei aber um einen Rauchtabak handeln, der mit Weizen verdelt wurde. Es gibt hier einige Bücher über die Tabakfarbikation, die das nahelegen. Im übrigen hatten die Rauchtabake auch örtliche Bezeichnungen, da ist es nicht einfach - wie kilke - als Nichtraucher duchzublicken :D


    Vielleicht, lieber bayern-nerv kannst Du mir sagen was es mit der "Deyerl-Korrespondenz" aufsichhat. Ich zeige später noch einen solchen mit der Nr. 15.Heute erstmal wieder ein einfach 3 Kr.-Brief mit 2 5 ? an Joh. Ludw. Müller in Kleinheubach a. M. Eine Rechnung über sage und schreibe 10 Gulden :!: Bis jetzt war die Rechnung nach Sulzbach mit der höchste Betrag und es wird wohl viele Rechnungen gegeben haben (siehe kilkes Rechnung auch über 10 fl) , denn (Zitat aus der Schürer-Cronik S. 215): "Der Umsatzzuwach hielt an, in den Jahren 1860 bis 1863 liefen die Geschäfte besser als je zuvor. In den ersten drei Jahren des Jahrzehnts summierten sich die Gewinne auf 113.000 Gulden. 1862 hatte man vorzeitig das avisierte Produktionsziel von 10 Millionen handgefertigter Cigarren erreicht und an Rauch- und Schnupftabak jeweils 2.240 Zentner abgesetzt. Von den 5.800 Zentnern Gesamtproduktion waren 26% ins Ausland gegangen."

    Mit der letzten Prozentzahl wird verständlich, dass es wohl sehr schöne (hoch frankierte) Auslandsbriefe gegeben haben muss. Wo sind sie geblieben :?: Bisher kenne ich leider keinen ;( z. B. nach Amerika.

    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Hallo liebe Freunde, hallo Luitpold,

    zu deiner Frage zur Deyerl-Korrespondenz kann ich leider nicht genau sagen, wann dieses Archiv genau auf den Markt gekommen ist - muss wohl ca. 1990 gewesen sein - ich hatte das Glück, in 2012 einen schönen Posten von ca. 300 Briefen aus dieser Korrespondenz zu kaufen. Einen Teil dieser Briefe habe ich bis heute in meiner Mühlradstempelsammlung, ein Teil ging auf dem Arge-Treffen im Memmelsdorf an diverse Arge-Mitglieder.
    Interessant war sogar die Kiste, in der sich die Briefe befanden, es handelte sich um einen Versandkarton der Firma Lotzbeck + Cie. AG Schnupftabakfabriken aus Augsburg.

    Hier habe ich noch einen Brief aus dieser Korrespondenz vom 09.10.1865 .

    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

  • Hallo liebe Freunde, hallo Luitpold,

    so, hier kommt dann noch ein Schürer-Brief, diesmal vom 27.04.1861 nach Saulgau.

    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

  • Hallo liebe Freunde, hallo Luitpold,

    so, hier kommt dann noch ein Schürer-Brief, diesmal vom 27.04.1861 nach Saulgau.

    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

    Wow :thumbup: Bestimmt liegen in irgendeiner Krabbelkiste noch mehr Schürer-Briefe, bald hat Bayern-Nerv mehr Briefe als ich ;( wenn er sie schon Kiloweise ersteht

    Spaß beiseite, vielen Dank, das sind schöne Beispiele für das Verkaufsgebiet von Schürer. Jetzt sind wir also schon im altdeutschen Ausland sozusagen, über 20 Meilen von Würzburg weg. Es bestätigt die Aussage aus der Schürer-Chronik "1856 verfügte das Unternehmen über ein stabiles, über ganz Süd- und Mitteldeutschland verteiltes Kundenpotential, das mit breiter Produktpalette beliefert wurde".

    Ich möchte da erstmal in Bayern bleiben und zeige einen 6 Kr.-Brief Nr, 4 II (also über 12 Meilen) nach Haag in Oberbayern (leider ohne Ankunftstempel).

    Hier eine größere Lieferung/Rechnung über 87.15 fl. Bermerkenswert, weil es keine andere Möglichkeit der Bezahlung durch die Post noch gab, war darin vermerkte Baarsendung von 96,48 fl und die Tatsache, dass damals ein Zahlungsziel von 4 Monaten üblich war (Vermerk rückseitig auf dem Brief "bezahlt 11. Sept. 1852).
    Luitpold
    PS
    Der Kaufmann Reicheneder in Haag verstarb 1872. Etwas kurios ist die Todesanzeige neben einer Reklame für Brustsirup daneben, wo er noch als Bezugsquelle genannt wird. Auch schön das "Statement eines Veteranen von 1866/70" :D

  • Hier das nächste Briefchen,


    das vor allem wegen des gMR auf der 4II gefällt.


    Einen gerade aufsitzenden "Würzburger 396" muss man erst finden. Meist ist er schräg aufgekommen. Auch wenn die Marke nicht dem Schürer-Standartschnitt entspricht, man kann nicht alles erwarten ;(
    Hier präsentiert Josef Schürer eine Rechnung über sensationelle 190 fl 56 kr. Wer sich wohl die Cigarren zu 12 fl im oberpfälzischen Sulzbach leisten konnte :?: Überhaupt scheint dort "dicker Qualm" die Luftqualität beeinträchtigt
    zu haben, denn die letzte Lieferung war erst im März und in fast gleicher Summe. Die Lieferung erfolgte durch die Bahn mit Ablage bei Kaufmann Brunner am Hallplatz in Nürnberg.


    1856 übernahm Heinrich Schürer, jüngster Sohn des Prinzipals, als alleinverantwortlicher Chef die Leitung der Fabrik (Schürer-Chronik). Unterzeichnet wurde aber weiterhin mit Josef Schürer.
    LuitpoldPS
    Der verehrlichen "Redaktion" sei hiermit kundgetan, dass eine Zusammenfassung dieses Themas ein Beitrag für den nächsten Rundbrief sein könnte. :?:

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).