Posttarife vor 1810

  • Verehrte Freunde,

    die Posttarife der Reichspost in Bayern bis zur Übernahme durch den Staat und die Einführung von Generaltarifen für Fahr- und Briefpost sind kaum nachzuvollziehen und häufig auch gar nicht bekannt.

    Der Konvention des Kurfürsten mit dem Erbpostmeister 1784 wurden Tariftabellen für die Briefpost beigegeben. Sie finden sich in diesem Werk:
    Sammlung der Churpfalz-Baierischen allgemeinen und besondern Landes-Verordnungen von Sr. Churfürstl. Durchläucht Karl Theodor etc. etc. In Justiz-Finanz-Landschafts-Mauth-Polizey-Religions-Militair- und vermischten Sachen. Sechster Band. Herausgegeben von Georg Karl Mayr, München 1799.

    Darin enthalten sind die Tarife für das Oberpostamt München, die Postverwaltungen Landshut, Ingolstadt, Straubing, Amberg und Burghausen.

    Viele Grüße aus Erding!

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    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    vielen Dank für den Link - viel zu lesen!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo Erdinger

    Eine super Quelle - DANKE!!

    Ich habe eine Frage an einige Zeichen. In einige Tabellen sind nicht die Frankierungsmöglichkeiten angegeben. Es gibt nur diese kleine ssssss. Was soll das eigentlich heissen?

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    das sind keine "s", sondern die typischen Trennstriche der damaligen Zeit, die wie ein schräg gestelltes = aussehen.
    Ich würde sie als Füllzeichen sehen; während für bestimmte Destinationen in der gleichen Spalte darüber ein Absatzfranko angegeben ist, trifft das für die darunter aufgeführten Orte nicht zu, bei denen "= = =" angegeben ist, dahin kann man vollständig frankieren. Ein Frankosatz ist ja jeweils angegeben.
    Ein Wiederholungszeichen scheint mir das "=" jedenfalls nicht zu sein.

    Das sind eben die Dinge, die die Beschäftigung mit der Reichspost so mühsam machen …

    Viele Grüße aus Erding!

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Erdinger

    Ja, es kann gern "=" sein, sieht man nicht am Laptop (mit meiner Augen) :)

    Eine Wiederholung darf es nicht sein, wie du sagst, weil es mehrmals Ditto dafür benutzt ist.

    während für bestimmte Destinationen in der gleichen Spalte darüber ein Absatzfranko angegeben ist, trifft das für die darunter aufgeführten Orte nicht zu

    Das kann man wohl auch mit recht sagen. Aber es hat nicht gewundert warum es kein Absatzfranko in Name angegeben ist wie zB nach Wien oder Tirol von München aus. In die anderen Richtungen ist es ja ua Franko Frankfurt oder Canstadt.

    Das sind eben die Dinge, die die Beschäftigung mit der Reichspost so mühsam machen …

    ....und interessant :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Guten Abend,
    das Spannende ist nicht zuletzt an diesen Tarifen, dass sie sich manchmal auf dem Hinweg und Rückweg unterscheiden. Also z.B. Regensburg - Augsburg Hinweg 8 und Rückweg 6 kr.
    Beste Grüße achim

  • Verehrte Freunde,

    ausgewählte Postorte mit ihren Tarifen findet man auch hier. Das dürfte ein leidlich vollständiges Bild ergeben. Für den damals territorial noch zersplitterten Großraum Bayern interessant sind Ansbach, Augsburg, Bayreuth, Erlangen, Hof, Nürnberg, Regensburg, Ulm und Würzburg. Diese Orte fehlen (weil fremdes Territorium oder Reichsstadt) in den Tarifen von 1784, die sich nur auf das Kurfürstentum Bayern beziehen.

    Topographisches Reise- Post- und Zeitungs-Lexicon von Deutschland oder kurze Nachrichten von den in Deutschland liegenden Städten …, Leipzig 1782

    Wie johelbig schon sagte – die Unterschiede bei bestimmten Verbindungen sind die Würze in der Tarifsuppe.
    Hier für den einfachen Brief von Augsburg nach Regensburg 6 Kreuzer, in der Gegenrichtung 4 Kreuzer. Nürnberg–Regensburg 6 Kreuzer, in umgekehrter Richtung die Hälfte.
    Die Zeitgenossen haben das mit der herausgehobenen Stellung Regensburg als Sitz des Immerwährenden Reichstags zu begründen versucht.

    Viele Grüße aus Erding (und viel Spaß beim Tarifvergleich vice-versa bei weiteren Ortspaaren)!

    Viele Grüße aus Erding!

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    Einmal editiert, zuletzt von Erdinger (22. März 2018 um 12:09)

  • Liebe Freunde,

    entweder habe ich es übersehen, oder es steht kaum irgendwo etwas zu lesen aus der Zeit als Bayern die Postgerechtsame übernommen hatte, aber der 1. bayerische Tarif zum 1.12.1810 noch nicht galt.

    Ich habe hier einen Brief vom 26.10.1808 aus Augsburg an Zumstein in Kempten mit "Muster ohne Werth", der mit 12 Kreuzern taxiert ist. Die Entfernung betrug ca. 12 Meilen - da halte ich 12 Kreuzer für ziemlich viel.

    Weiß jemand, wie sich das Porto zusammen setzte? Oder hat einer gar eine Quelle oder Scan, wie Muster damals berechnet wurden?

  • Lieber Ralph,

    wenn du in dem Literaturtipp über deinem Posting unter Augsburg nachschlägst, würdest du dich wundern, wie teuer ein einfacher Brief nach Kempten bereits im 18. Jahrhundert war.

    Gut, die Quelle ist von 1782, aber die darin angegebenen Tarife sind nach Stichproben, die ich anhand einiger Briefe bis 1800 machen konnte, zutreffend. Dazu muss man dann noch die vielfach beklagten Preissteigerungen der Jahre nach der Französischen Revolution einpreisen. Die territoriale Zerstückelung wurde ja auch nicht besser, was durch Umwege möglichst entlang der eigenen Postwege ebenfalls zu Steigerungen bei den Postgebühren führte.
    Einen Tarif für Muster ohne Wert habe ich allerdings aus der Zeit noch nie gesehen. Ich könnte mir vorstellen, dass hier nach dem Brieftarif taxiert wurde.

    Viele Grüße aus Erding!

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  • Lieber Dietmar,

    wie kann ein Brief von Augsburg nach Kempten 8 Kr. kosten, wenn einer von dort nach Regensburg 6 Kr. kostete und in Gegenrichtung gar nur 4 Kr.? Ich verstehe dieses Tarifsystem gar nicht - dann wären die 12 Kr. meines Briefes richtig für einen in der 2. Gewichtsstufe (8 + 4)?

    Musterbriefe kenne ich ja schon im 18. Jahrhundert, habe mich aber noch nicht mit den Porti dafür beschäftigt. Vlt. weiß einer mehr darüber?

    Vielen Dank für deine Mithilfe. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Ralph,

    da wären wir bei dem Problem, das viele Postkunden in der damaligen Zeit mit dem System hatten - dass es nämlich keines gab, jedenfalls kein nachvollziehbares.
    In dieser Liste für Augsburg steht übrigens: „Briefe nach und von“.
    Die zweite Gewichtsstufe („doppelter Brief“) wäre übrigens nach der Liste mit 10 Kreuzern taxiert worden ...

    Viele Grüße,
    Dietmar

    Viele Grüße aus Erding!

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  • Lieber Dietmar,

    dann 8, 10, 12? Eine seltsame Progression wäre das aber schon, da man doch sonst mit 50% Schritten arbeitete. Na ja, Reichspost halt ... ;(

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo die Runde

    Wie schon mehrmals schon gesagt ist, ist diese Zeit schwierig wenn es um die Gebühren geht. Um was sicheres zu sagen braucht man eigentlich gute Primärquellen. Das habe ich auch keine. Habe nur einen Brief aus 1806 von Augsburg nach Kempten der 4 Kr Porto zeigt.

    Es war so dass die Gebühre unterschiedlich sein konnte, ob Porto oder Franko in der gleiche Richtung, und einen Brief in die eine Richtung kostet nicht unbedingt das gleiche in die Gegenrichtung. So um zu sagen welche Gewichtsstufe einen Brief hatte muss man eben die Quellen kennen.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    ganz richtig - die Frage ist halt, ob es überhaupt Gebührenmoderationen für Muster-ohne-Werth-Briefe gab, oder ob das der Reichspost egal war.

    Mit der Progression habe ich große Probleme zu verstehen, wie das gelaufen sein sollte. Wenn die Progression 8, 10, 12x usw. war, hätte man ja Einschlüsse gefördert ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Wenn die Progression 8, 10, 12x usw. war, hätte man ja Einschlüsse gefördert ...

    Ich weiss nicht ob die Progression in 1808 war, wie du es beschreibt.
    Ob es Gebührenmoderationen schon in 1808 gab weiss ich nicht. Ich kenne es auf jeden Fall nicht. Hinter Ideen wie Gebührenmoderation gab es ja ein Wünsch den Handel durch Moderationen einen Vorteil zu geben. Mein Eindruck war dass es so nicht war. Es fehlt mir gute Quellen.
    Und Einschlüsse gab es sicher in Mengen...

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo zusammen, ich weiß, es ist schon lange her: in europäische Postgeschichte Heft 2 Seite 20 steht eine vergleichende Taxtabelle der wichtigsten bayerischen Postorte vor der Reform 1810 und danach. Darin sind auch diejenigen Gebühren markiert, die im Hin und Herweg unterschiedlich ausfielen.

    Zu der Frage der Progression hier nur kurz ein Beispiel. Bei der Gebührenreform in Tirol 1808 verordnete Bayern folgende Progression für einen Brief mit 4 kr für den einfachen Satz:
    1/2 L = 4; 1 L = 6; 1 1/2 L 8; 2 L. 10. Bei der Reichspost sind die drei Preise üblich: einfach, doppelt, Unze und meist so moderat, wie in euren Beispielen angegeben. 8, 10, 12;
    Hier muss man auch immer bedenken, dass die Reichspost mit den jeweiligen Lehensherren die Preise absprechen musste und daher nicht beliebig erhöhen konnte.

  • Lieber Achim,

    die Postgeschichte müsste ich haben und schaue dort gerne mal nach. Weißt du aus dem Kopf, ob dort auch Muster ohne Wert abgehandelt sind?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Ralph,

    im RB 65 findet sich auch noch einmal eine ähnliche Tabelle, die in einer offiziös beeinflussten Schrift 1814 abgedruckt wurde. Allerdings fehlen hier im Vergleich zur Tabelle von johelbig die Orte in Tirol, im Innviertel und Salzburg.

    MoW kommen in beiden Tabellen nicht vor.

    Viele Grüße aus Erding!

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    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    auch dir vielen Dank - Katze auf Bauch, also muss ich die Nachsuche etwas verschieben ...

    Gibt es einen ausgewiesenen Kenner der Tarife bis 1810 eigentlich, oder ist mit Friedrich Pietz der letzte gegangen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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