Die Verrechnungsstempel des Vertrags von 1858

    • Offizieller Beitrag

    Mit dem Postvertrag vom 1.7.1858 wurde zwischen Frankreich und Preußen die Verwendung von Verrechnungsstempeln bei transitierenden Portobriefen vereinbart.
    Hier zunächst die in Preußen verwendeten P.xx-Stempel in den 3 Verrechnungsperioden. NB: nicht alle Nummern sind auf Brief belegt.

    1. Periode 1.7.1858-31.12.1861
    durch Preußen nach Frankreich
    P 34 aus Hannover
    P 35 aus Russland und Polen
    P 36 aus Schweden
    aus Preußen im Transit durch Frankreich nach Drittländern
    P 37 aus der preuß. Rheinprovinz
    P 38 aus Preußen (excl. Rheinprovinz)
    durch Preußen und Frankreich transistierend
    P 39 aus Sachsen und Mecklenburg
    P 40 aus Hannover
    P 41 aus Russland und Polen
    P 42 aus Schweden

    2. Periode 1.1.1862-31.12.1865
    durch Preußen nach Frankreich
    P 32 aus Hannover und Sachsen
    P 33 aus Russland und Polen
    P 34 aus Schweden
    aus Preußen im Transit durch Frankreich nach Drittländern
    P 35 aus der preuß. Rheinprovinz
    P 36 aus Preußen (excl. Rheinprovinz)
    durch Preußen und Frankreich transistierend
    P 37 aus Hannover und Mecklenburg
    P 38 aus Russland und Polen
    P 39 aus Schweden

    3. Periode ab 1.1.1866
    durch Preußen nach Frankreich
    P 37 aus Hannover und Sachsen
    P 38 aus Russland und Polen
    P 39 aus Dänemark
    P 40 aus Schweden
    P 41 aus Norwegen
    aus Preußen im Transit durch Frankreich nach Drittländern
    P 42 aus der preuß. Rheinprovinz
    P 43 aus Preußen (excl. Rheinprovinz)
    durch Preußen und Frankreich transistierend
    P 44 aus Hannover und Sachsen
    P 45 aus Russland und Polen
    P 46 aus Dänemark
    P 47 aus Schweden
    P 48 aus Norwegen

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für diese umfassende Auflistung dieser Stempel - ich denke, das ist fast schon eine Sisyphos - Aufgabe, die alle auch nur einmal belegen zu wollen, oder?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Michael,

    das ist eine wirklich interessante und wichtige Aufstellung - besten Dank. Ich habe dazu eine Frage: Zählte die preußische Provinz Westfalen hier mit zur Rheinprovinz oder zum restlichen Preußen?

    Für mich ist natürlich eine Auflistung der entsprechenden französischen Stempel (aus Italien durch Frankreich nach Deutschland) besonders interessant. Kannst Du damit auch dienen?

    Beste Grüße
    Jürgen

  • P.S. Kurze Nachfrage: Portobriefe ist klar - galt die Stempelungspflicht auch bei unterfrankierten Briefen, oder wie wurden die abgerechnet?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Michael,

    auch von mir vielen Dank für diese hilfreiche Liste!

    Eine Nachfrage hätte ich ebenfalls: die Zuständigkeit für die Vermittlung von Briefen aus Dänemark wechselte dann anscheinend am 1.1.1866 von Thurn&Taxis auf Preußen - während es bei Briefen aus Schleswig-Holstein (nach dem Deutsch-Dänischen Krieg nicht mehr dänisches Postgebiet) bei der thurn&taxischen Beförderung blieb.
    Ist das so richtig und gibt es Hintergrundinformationen dafür?

    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    Zitat

    vielen Dank für diese umfassende Auflistung dieser Stempel - ich denke, das ist fast schon eine Sisyphos - Aufgabe, die alle auch nur einmal belegen zu wollen, oder?


    In der Tat, insbesondere wenn man die unten folgenden französischen Stempel mit einbezieht.

    Zitat

    P.S. Kurze Nachfrage: Portobriefe ist klar - galt die Stempelungspflicht auch bei unterfrankierten Briefen, oder wie wurden die abgerechnet?


    Was ich bisher gesehen habe, wurden unterfrankierte Briefe nicht mit dem P-Stempel versehen.
    Es gibt aber auch einen interessanten Fall mit Grenzfranko, den ich noch in einem anderen Kontext zeigen werde.

    Zitat

    Zählte die preußische Provinz Westfalen hier mit zur Rheinprovinz oder zum restlichen Preußen?


    Nein, Westfalen war in preußischer Zeit immer eine eigene Provinz.

    Zitat

    Eine Nachfrage hätte ich ebenfalls: die Zuständigkeit für die Vermittlung von Briefen aus Dänemark wechselte dann anscheinend am 1.1.1866 von Thurn&Taxis auf Preußen - während es bei Briefen aus Schleswig-Holstein (nach dem Deutsch-Dänischen Krieg nicht mehr dänisches Postgebiet) bei der thurn&taxischen Beförderung blieb.
    Ist das so richtig und gibt es Hintergrundinformationen dafür?


    Ein interessantes Thema. Deine Frage kann ich allerdings im Moment nicht beantworten. Werde mal suchen, ob ich entsprechende Unterlagen finde.

    Die französischen Stempel folgen nachher.

    Vielen Dank für das Interesse
    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für deine wie immer instruktive Antwort (hatte es mir fast gedacht, aber hatte es nicht gewußt).

    Schön, wenn noch mehr kommt von dieser interessanten PO - Periode. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Nun die französischen Verrechnungsstempel:

    1. Periode 1.7.1858-31.12.1861
    durch Preußen in Drittländer
    F 31 nach Sachsen und Mecklenburg
    F 32 nach Hannover
    F 33 nach Russland, Polen und Schweden
    durch Frankreich nach Preußen
    F 34 aus der Schweiz
    F 35 aus Großbritannien und Sardinien
    F 36 aus Spanien, Portugal und Gibraltar
    F 37 aus Italien, Griechenland und Malta
    F 38 aus den USA und französischen Kolonien
    F 39 aus anderen Überseeländern

    2. Periode 1.1.1862-31.12.1865
    durch Preußen in Drittländer
    F 32 nach Hannover, Sachsen, Oldenburg und Mecklenburg
    F 33 nach Russland, Polen und Schweden
    durch Frankreich nach Preußen
    F 34 aus der Schweiz
    F 35 aus Großbritannien und Sardinien
    F 36 aus Spanien und Portugal
    F 37 aus Italien und Griechenland
    F 38 aus den französischen Kolonien
    F 39 aus anderen Überseeländern

    3. Periode ab 1.1.1866
    durch Preußen in Drittländer
    F 41 nach Hannover, Sachsen, Oldenburg und Mecklenburg
    F 42 nach Russland, Polen, Schweden und Norwegen
    durch Frankreich nach Preußen
    F 43 aus der Levante und Tunesien
    F 44 aus der Schweiz
    F 45 aus Großbritannien und Italien (ohne österreichische Gebiete und Kirchenstaat)
    F 46 aus Spanien und Portugal
    F 47 aus Griechenland und dem Kirchenstaat
    F 48 aus Brasilien, den USA und französischen Kolonien, Shanghai, Yokohama und allen anderen Überseeländern

    Quelle: James van der Linden - Prussian French Accountancy Markings

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    kann es sein, dass man selbst die Hälfte kaum in einem Menschen- ääh Sammlerleben zusammen bekommt?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    Nein, Westfalen war in preußischer Zeit immer eine eigene Provinz.

    Das ist mir schon klar. Ich habe meine Frage missverständlich fomuliert. Vielleicht wird es jetzt klar: Wurde auf Briefen aus der Provinz Westfalen der Verrechnungsstempe, den Du für die Rheinprovinz angibst, abgeschlagen oder der für das sonstige Preußen? Hintergrund der Frage ist, dass der preußische Gebührenanteil für Briefe aus der Rheinprovinz 1 Sgr. war, aus der Provinz Westfalen 2 Sgr. und aus dem übrigen Preußen 3 Sgr. Eigentlich müsste es doch für die Provinz Westfalen einen eigenen Verrechungsstempel geben!

    Zu diesem Thema fehlen hier noch einige Briefbeispiele. Ich besitze nur 4 Briefe aus Italien nach Deutschland mit derartigen Stempeln. Ich kann sie in den nächsten Tagen gern hier zeigen.

    Beste Grüße
    Jürgen

  • Liebe Freunde,

    wie angekündigt heute der erste Brief.
    Es handelt sich um einen unfrankierten Brief vom vom 03. Januar 1862 aus Turin - der damaligen Hauptstadt des Königreichs Italien - an eine bekannte Adresse in Krefeld in der preußischen Rheinprovinz.Auf der Anschriftseite befindet sich neben dem Aufgabestempel ein französischer Grenzübergangsstemple von LANSLEBOURG ein Verrechnungsstempel "F / 35" aus der 2. Periode. Vom Empfänger wurden 4 1/2 Sgr. eingehoben, die mit Blaustift angeschrieben sind. auf der Siegelseite befindet sichein Grenzübergangsstempel von Aachen in rot.

    Beste Grüße
    Jürgen

  • Liebe Freunde,

    ein weiterer Brief an die gleiche Anschrift wie der vorherige, am 12.07.1865 in Margno (Provinz Como) abgesandt. Allerdings ist auf ihm der Verrechnungsstempel "F. / 33" abgedruckt, der laut Aufstellung von Michael für Briefe durch Preußen nach Russland, Polen und Schweden vorgesehen war. Hat hier ein Postbeamter zum falschen Stempel gegriffen?

    Beste Grüße
    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Jürgen,


    ... Wurde auf Briefen aus der Provinz Westfalen der Verrechnungsstempe, den Du für die Rheinprovinz angibst, abgeschlagen oder der für das sonstige Preußen? Hintergrund der Frage ist, dass der preußische Gebührenanteil für Briefe aus der Rheinprovinz 1 Sgr. war, aus der Provinz Westfalen 2 Sgr. und aus dem übrigen Preußen 3 Sgr. Eigentlich müsste es doch für die Provinz Westfalen einen eigenen Verrechungsstempel geben!

    Eine gute Frage, die ich im Moment nicht beantworten kann. Vor einigen Jahren hatte ich mal angefangen, diese Verrechnungsstempel zusammenzutragen. Ich muss mal suchen, ob da ein Brief aus Westfalen bei war.

    Mit deinem Brief in Posting #12 schneidest Du ein interessantes Feld an!
    Laut Auflistung hätte dieser Brief den Stempel F.37 tragen müssen. Solche Unstimmigkeiten gibt es auf mehreren Briefen.
    Vorneweg: Während die P.xx-Stempel alle eine einheitliche Rechteckform haben, unterscheiden sich die F.xx-Stempel alle durch die Geometrie des Rahmens. Eine bildliche Darstellung findet sich im van der Linden-Postvertragsstempel-Katalog und auch in einer weiteren Arbeit von ihm ("Der preussisch-französische Postvertrag von 1858" von 1988 ). In der zweiten genannten Arbeit sieht es so aus, dass die einzelen F.xx-Stempel über die beiden Vertragsperioden (die 3. hatte dann höhere Nummern) hinweg ihre spezifische Form behielten. Der auf deinem Brief abgeschlagene F.33 sah also in seiner gesamten Verwendungszeit so aus.
    Hier ein Beispiel für die korrekte Verwendung (lt. vdL-Liste) des Stempels auf einem Brief aus Frankreich nach Russland im Juli 1862.

    Von diesen Briefen gibt es einige, so dass die Zuordnung des F.33 plausibel erscheint.
    So habe ich auch noch diesen Brief vom Oktober 1865, also kurz vor Ende der 2. Vertragsperiode.

    Der Stempel ist leider sehr undeutlich abgeschlagen, man erkennt aber die charakteristische Geometrie des F.33
    Zunächst dachte ich, hier eine "5" zu sehen, erst in der Vergrößerung erkennt man sicher, dass es tatsächlich eine "3" ist.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    besten Dank für Deine interessanten Erläuterungen. Der F.33 hat also auf meinem Brief aus Italien eigentlich nichts zu suchen!

    Liebe Freunde,

    heute ein weiterer unfrankierter Brief aus Italien mit dem richtigen Verrechnungsstempel F.35. Dazu muss ich vorausschicken, dass das Köngreich Sachsen (wie auch einige weitere altdeutsche Staaten) dem zwischen Frankreich und Preußen abgechlossenen Postvertrag von 1858 beigetreten war. Mein Brief wurde am 06.09.1862 in Neapel nach Leipzig aufgegeben. Die Beförderung erfolgte zunächst mit einem französischen Postschiff nach Marseille (Leitvermek am oberen Rand des Briefes), dann mit der Eisenbahn über Paris und Aachen nach Leipzig. Der französische Grenzübergangsstempel ist kaum zu erkennen, der Verrechnungsstempel ist schön deutlich. Der Brief wurde mit Blaustift zunächst mit 6 1/2 Silbergroschen taxiert, der Fehler wurde aber bemerkt und die Taxierung in 6 5/10 Neugroschen geändert - der preußische Silbergroschen war in 12 Pfennig unterteilt, der gleichwertige sächsische Neugroschen in 10 Pfennig.

    Hallo Laurent,
    kannst Du mir mitteilen, mit welchem Schiff der Brief befördert wurde?

    Beste Grüße
    Jürgen

  • Liebe Freunde,

    ein kurzer Gedanke zur Problematik F33 und F35: Vlt. war es so, dass der Beamte bzw. die Beamten, wie sie es wohl überall sollten, morgens beim Dienstantritt die Stempel probeabschlugen und weil der F33 schon sehr nach dem F35 aussah, diesen dann in die falsche Reihenfolge legten und als F35 ansahen? Bei dem heutigen Dienstgebaren könnte ich mir das gut vorstellen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    die Überlegung von @bk ist sicherlich plausibel. Derartige Stempelirrtümer kennt man bei der französischen Post ja auch bei den Eingangsstempeln (PRUSSE PAR ...)

    Da von Italienfreund Briefe aus Italien gezeigt wurden, hier einmal die Gegenrichtung.

    1860 aus dem südrussischen Taganrog über Preußen-Frankreich nach Genua mit P.41. (1. Verrechnungsperiode)

    1866 gleiche Korrespondenz, gleicher Laufweg mit P.45. (3. Verrechnungsperiode)

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    2 kleine Schönheiten - wenn ich wählen dürfte, wäre es aber doch klar der 1., der alles hat, was es braucht für einen Traumbrief. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute will auch ich einen Brief mit einem französischen Verrechnungsstempel aus der 3. Periode zeigen. Und er gibt eine Antwort auf eine Frage, die Ralph im Beitrag Nr. 4 gestellt hat! Es handelt sich nämlich um einen unzureichend frankierten Brief.

    Er wurde am 27. Juli 1868 in Turin aufgegeben und lief nach Ronsdorf bei Elberfeld (gehört heute zu Wuppertal) in der preußischen Rheinprovinz. Frankiert ist er mit je einer Marke zu 20 und zu 40 Cent. entsprechend der Gebühr für einen einfachen Brief. Offensichtlich wog er über 7,5 g. Der ursprünglich angebrachte "P.D."-Stempel wurde gestrichen und der Rahmenstempel FRANCBOLLO / INSUFFICIENTE (Briefmarke unzureichend) angebracht. Der Brief lief über Lanslebourg nach Paris und dann nach Aachen, wo er mit dem Fehlbetrag von 4 1/2 Sgr. für die zweite Gewichtsstufe taxiert wurde. In Frankreich erhielt er den Verrechnungsstempel "F.45" Beste Grüße
    Jürgen