MiNr. 2 - 3 Kr. blau - Druck und Plattierung

  • Hallo kilke et al.,
    damit meine Anfrage vom Nachmittag nicht so theoretisch im Raum stehen bleibt, hier noch ein kleines Schmankerl aus der 2IIIa-Schublade, das ich im "alten Forum" schon mal vorgestellt hatte, das hier aber sehr gut reinpasst.
    Brief vom 21. Jan. 1859 von Gunzenhausen nach Kitzingen, frankiert mit einem Paar der - ja welcher Platte(n)?
    Die rechte Marke klare Platte 3 (Sem) bzw 2IIIa (Vogel), in der typischen dunkelblauen übersättigten Färbung der Druckperiode 1857/58, mit 4 vorbildlichen spitzen Ecken, was als eines der typischen Merkmale der 2IIIa gilt.
    Die linke Marke weist aber 4 runde bzw. abgeschrägte Ecken auf, keine einzige ist spitz!
    Also ein Austauschstöckel-Paar, mit Sem'scher Pl. 2 links und Pl. 3 rechts, entsprechend der Anmerkung im Handbuch Kreuzerausgaben auf S. 55 "Paar mit Merkmalen von Platte 2 neben Platte 3 bekannt (Austauschstöckel?)"? Zumindest hat das der Verkäufer so gesehen.
    Differenzierter betrachtet, komme ich zu einem anderen Schluss.
    Sieht man sich die Details der linken Marke an, so erkennt man den Ansatz der kleinen Raute (als Punkt) unter der linken unteren 3, ganz so wie bei der rechten Marke. Aufgrund der unten geschlossenen Schlinge der kleinen 3 im linken oberen Wertkästchen könnte es sich aber allenfalls um ein Stöckel der 2IIa (1851-53) handeln, die jedoch keinen Rautenansatz links unten aufweist (von den perfekten Druckbildern der ersten Auflagen mal abgesehen, die aber hier nicht in Betracht kommen).
    Ausserdem sind die 4 Ecken der 2IIa zumindest an-, meist jedoch abgefeilt, mit der Konsequenz, ordentliche Abrundungen zu erhalten. Bei der hier vorliegenden Marke erscheinen die beiden linken Ecken aber eher abgeschrägt und nicht rundgefeilt.
    Ich komme daher zum Schluss, dass es sich um ein mechanisch eingepasstes Einfügestöckel der 2IIIa - mit 4 schrägen/runden Ecken - handeln muss, ganz im Sinne der woanders diskutierten "9II".
    Plädiere deshalb für die Bezeichnung "2II3II" (Sem) bzw. "2IIIaII" (Vogel).. :D
    Übrigens: die Verwendung im Jan 1859 ist eher spät, zumindest nicht mehr die Regel für die 2IIIa.

    Daneben eine weitere, lose 2IIIa mit abgerundeten Ecken:
    Habe meinen beiden Exemplare (die linke Marke vom Gunzenhausen-Brief und die lose Marke mit oMR 356) verglichen und dabei mehrere Übereinstimmungen in Details gefunden:
    - die Art der Abschrägung/Abrundung der 4 Ecken ist identisch
    - die inneren weissen Einfassungslinien sind links und rechts unten nach innen verbogen/abgeschrägt
    - am ersten R von KREUZER besteht unten eine kleine weisse Verbindungslinie zwischen den "Füssen" des R

    Aufgrund dieser Übereinstimmungen in mehreren Details gehe ich vom selben Druckstöckel aus, sodass wir zur Zeit also nur einen Typ 2IIIa mit runden Ecken nachweisen können.
    Wer kann andere zeigen?

  • hallo mikrokern,

    Deine interessante Frage hat mich auf einen ganz anderen Gedanken gebracht.

    Weil von den 90 Söckel einer Platte nur ein oder zwei Stöckel mit einer Doppelraute vorkommen, kann der Prägestempel die Doppelraute nicht zeigen.

    Durch Nachprägung wurden Stöckel so beschädigt, dass im Druckbild links unten eine Doppelraute zu sehen ist (es war ein geringer Spielraum in der Vertiefung vorhanden, und bei der Nachprägung entstand die Doppelraute-das hört sich doch erst mal gut an). Die Doppelraute ist auf der Platte 2b und auf der Platte 2c zu finden, es handelt sich wahrscheinlich um die selben Stöckel! D.h. die Theorie, dass für die Platte 2c ganz neue Stöckel angefertigt wurden, kann nicht richtig sein.

    Die Stöckel der Platte 2b wurden bis zur Oberfläche abgeschliffen, Vertiefungen vom Markenbild waren noch vorhanden, dann wurde nachgeprägt.

    Nur so sind die spitzen Ecken bei der Platte 2c erklärbar. Für die Platte 2a bis zur Platte 2c wurde das selbe Stöckelmaterial verwendet. Das erklärt vieles.

    Es erklärt die mehr oder weniger spitzen Ecken bei der Platte 2c (denke an die diskutierte "116" aus Günzburg). Jede nachdem wie tief geschliffen wurde, wie plangeschliffen wurde, sahen später die Ecken der Platte 2c aus. Es war zwar aufwendig, aber neue Stöckel kosteten Geld. Ein Satz noch dazu aus Helbig/Vogel "Schwarzer Einser". "Die bis dahin grobporige Oberfläche der Druckstöckel wuren geglättet. Dadurch ergaben sich erheblich weniger farbfreie Stellen im Druckbild als früher, der Druck wirkte satter und dunkler!"

    Die Doppelraute kann ich auf einen wahren Brieftraum zeigen. Ein Brief aus Edenkoben, vom 10.7.1856, mit einem Paar der 2II, Platte 2c, beide Marken mit Doppelraute, die rechte Marke dazu noch mit verstümmelter "3".

    Gruss kilke

  • Hallo kilke,

    zunächst mal Glückwunsch zu dem Spitzenbeleg, Klasse!! :P
    Einige Anmerkungen: Du schreibst "Weil von den 90 Söckel einer Platte nur ein oder zwei Stöckel mit einer Doppelraute vorkommen..." - das glaube ich nicht! Zunächst mal zeigst Du hier gerade einen Brief mit zwei Marken, die beide die Doppelraute aufweisen. Das wäre schon ein toller Zufall, die beiden (einzigen?) Exemplare des Bogens auf dem Brief vereint zu haben.
    Habe mal meine 2IIc-Briefe gesichtet: besitze deren 14 - ok, nicht so viele... ;( -, aber davon weisen 4 die Doppelraute auf. Und habe sie mitnichten speziell wegen dieses "Plattenfehlers" erworben. Für mich spielen die Katalogbewertung und Plattenfehlerkult überhaupt keine Rolle, ich habe sie im Rahmen meiner Plattierungs"forschung" und der zeitlichen Einteilung/Belegung der 2IIc gekauft.
    Also - ist doch eher unwahrscheinlich, 30% doppelrautige zu haben?
    Und da wäre noch die Messingplättchenprägung: wenn wirklich nur die Stöckel der 2IIa neu hergestellt worden wären, d.h. entsprechende Messingplättchen geprägt wurden, wie hätte dann deren Abnutzung nach 2 Abschleifdurchgängen ausgesehen? Das Plättchen war sicherlich nur Bruchteile eines Millimeters dick (wurde laut Literatur ja dann mit Blei hintergossen, um als Druckstöckel zu fungieren). Zweimal abschleifen eines definitiv nicht vollständig planen Messingblättchens hätte die Substanz sicher zumindest stellenweise ruiniert, man wäre bis aufs Blei heruntergekommen, was in einen desolaten Druckstöckel resultiert hätte...
    Nein, das kann ich mir so nicht vorstellen (aber eben: nur meine Meinung!). Auch die Aussage "Die bis dahin grobporige Oberfläche der Druckstöckel wuren geglättet. Dadurch ergaben sich erheblich weniger farbfreie Stellen im Druckbild als früher, der Druck wirkte satter und dunkler" belegt nicht die "Abschleif"-These. Der Verlust der Körnigkeit/Grobporigkeit des Markenbildes mit zunehmender Drcukdauer ist m.E. eben auf den permanenten Pressdruck zurückzuführen, der aus etwas unebenen Klischess "verquetschte" machte, was ja auch in einen Verlust der Rautenschraffur, der vormals breiteren weissen Rahmenlinien und anderer Markenbilddetails resultierte.
    Denke immer noch, dass die Hypothese der Neuherstellung von Stöckeln jeweils für 2IIa, 2IIb und 2IIc schlüssig (technisch und ökonomisch - bedenke den Arbeitsaufwand einer "Feinstabschleifung" so vieler Klischees) ist, und dass die mangelhafte Qualität gerade der 2IIc-Erzeugnisse auf die abgenutzte Matrize zurückzuführen ist, was wiederum die Nachprägung speziell der 2IIc-Stöckel zur Folge hatte.
    Fürs Auge zeige ich hier noch einen Brief von Nürnberg nach Mittenwald vom 29. Aug. 1855, wobei die rechte Marke die Doppelraute und die linke Marke einen weissen Grat unter dem linken unteren Wertkästchen zeigt, der m.E. ebenfalls auf die Nachprägung zurückzuführen sein dürfte.

  • Hallo an alle Markenfreunde,

    warum beschäftigen wir uns in diesem thread mit den Platten der 3 Kreuzer blau, warum das ganze Plattendurcheinander??

    Vor 15 Jahren hat Herr Jürgen Vogel in einem Sonderdruck der Arbeitsgemeinschaft Bayern klassisch eine neue Platteneinteilung vorgelegt.

    Die Suche nach Plattenfehlern, und die dabei gewonnenen neuen Erkenntnisse, haben dazu geführt, dass eine neue Platteneinteilung vorgenommen wurde.

    Die altbekannte Platteneinteilung konnte nicht mehr überzeugen. Am Beispiel zweier Briefe will ich neue und altbekannte Plattenzuteilungen zeigen.

    Der erste Brief ist aus "554" Oberstdorf vom 27.4.1856. Die Marke wird von den Prüfern der Kreuzerausgaben der Platte 3 zugeteilt. Bei der Einteilung von Herrn Jürgen Vogel gehört die Marke zur Platte 2c. Der zweite Brief ist aus "68" Burgkundstadt vom 7.9.1858. Die Marke werden übereinstimmend der Platte 3 zugeteilt.

    In diesem thread werden die Plattenzuteilungen diskutiert. Der Sammler, der sich für die Marken interessiert und es genau wissen will, muss sich mit der neuen Platteneinteilung auseinandersetzen. Wer Postgeschichte sammelt, wer ausschliesslich Stempelabschläge sammelt, dem kann es egal sein, ob eine Marke einer Platte 2 oder einer Platte 3 zugeteilt ist. Die Marken sollten aber nicht ganz vergessen werden.

    Gruss kilke

  • Hallo kilke,

    und wieder mal zeigst Du wunderschöne "blaue 3er-Briefe"!
    Bei dem Beleg der 2IIIa mit PF "rechte untere Ecke stark abgeschrägt" (und verdickter oberer blauer Einfassungslinie), nach Vogel PF VII, kann ich sogar mithalten ;)
    Brief aus Lindau nach Romanshorn in der Schweiz vom 16. April 1858, frankiert mit 3 Kr. laut portobegünstigtem Nahbereichstarif zwischen Bayern und der Schweiz.

  • Hallo mikrokern,

    Dir entgeht kein Plattenfehler. Dein Brief ist auch nicht schlecht. Es ist immer wieder schön, einen Markendruck vom selben Stöckel mehrmals zu sehen.

    Kommen wir wieder zum letzten Thema. Du hast schon recht, die Doppelraute ist relativ häufig zu sehen. Wieviel verschiedene Stöckel es mit Doppelraute gab, da will ich mich nicht festlegen. Auf dem gezeigten 12-er Block der Platte 2c ist eine Marke mit Doppelraute. Bei dem gezeigten Paar auf Brief hat jede Marke eine Doppelraute. Wieviel es davon gab, ist erst mal auch nicht wichtig. Wichtig ist die Frage ob Stöckel mit Doppelraute der Platte 2b mit Stöckel der Platte 2c identisch sind. Bei neu angefertigten Stöckel sicher nicht. Wenn aber abgeschliffen und nachgeprägt wurde, und das vermute ich, dann sind die Stöckel mit Doppelraute von der Platte 2b zur Platte 2c "mitgewandert".

    Die Doppelraute entstand durch Nachprägung. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass bei neu angefertigten Stöckel für die Platte 2c, schon bei frühesten Markendrucken die Doppelraute zu sehen ist, also schon nachgeprägt wurde. Drucke von neuen Stöckel sehen anders aus.

    Gruss kilke

  • Hallo kilke,

    sehr schöne Zusammenstellung von frühen 2IIc mit der Doppelraute!
    Offensichtlich haben wir hier 2 verschiedene Hypothesen zu den 3 "Unterplatten" der 2II: meine der Stöckelneuprägung mittels einer sich immer weiter abnutzenden Matrize, und Deine eines einmalig vorhandenen Sets von Klischees (ursprünglich 2IIa), die mehrfach abgeschliffen und nachgeprägt wurden.
    Ein zwingender Beweis für eine der beiden Hypothesen ist nicht zu führen, wobe ich für meine Sicht der Dinge noch zu bedenken geben möchte, dass gerade aufgrund der stark abgenutzten Matrize bei der 2IIc-Herstellung durchaus direkt "doppelgeprägt" worden sein könnte, d.h. man hat den schlechten Prägezustand der Matrize erkannt, und statt einmal häufig eben zweimal direkt hintereinander die neuen Messingplättchen geprägt. Das würde auch die von Dir gezeigten Frühdrucke der 2IIc mit Doppelraute erklären. Ich betone aber, dass dies nur ein Erklärungsversuch von meiner Seite ist... ^^
    Sehr hilfreich bei der Beantwortung der Frage "sind die 2IIc-Klischees aus denen der 2IIb entstanden oder nicht?" wäre das Belegen von identischen Plattenfehlern, die dann aber - Deiner Hypothese folgend - wohl mit abgeschliffen worden wären, vorausgesetzt, sie waren nicht zu "tiefschürfend". Meiner Meinung nach kann es keine identischen PF geben, da es sich bei 2IIc eben um neu hergestellte Klischees handelte. Wir werden das vorerst wohl nicht klären können.
    Möchte, quasi als "Nachschlag" zue schon besprochenen 2IIIa, hier einen Brief aus der bekannten Ziegler-Korrespondenz zeigen, gesandt von Fürth am 26. Dez. 1860 nach Kreuzhütte b. Waldmünchen.
    M.E. handelt es sich um eine recht spät verwendete 2IIIa, die zu dieser Zeit bereits durch 2IV und 2IIIb (= Pl. 5 nach Sem) abgelöst war.
    Die Einschätzung beruht auf dem typischen Druckbild der 2IIIa der Jahre 1857/58 mit intensiver, übersättigter dunkelblauer Farbe. Was meinst Du?

  • Hallo zusammen,
    hallo kilkke,
    hallo mikrokern,

    mit großen Augen und großem Interesse habe ich bisher eure Beiträge über die blauen 3er gelesen. Als Ländersammler habe ich natürlich auch die unterschiedlichen Platten darstellen wollen. Hierbei habe ich versucht, so gut es ging, nach den Beschreibungen von Peter Sem und dem Faltblatt von Dr. Niedermeier die 5 Platten zu zeigen. Aufgegeben habe ich meine Bemühungen, tiefer in die Materie einzusteigen, als der leider schon verstorbene Herr Haus aus Hürth in den Rundbriefen der Arbeitsgemeinschaft Bayern von 7 möglichen Platten geschrieben hatte. Auch die Ausführungen von Jürgen Vogel haben mich eher verwirrt. Ich habe an die Experten einige Fragen und will zunächst einmal damit beginnen zu zeigen, was ich in meiner Sammlung an ungebrauchten Marken beschrieben habe. Ich hoffe, ich liege nicht allzu falsch. Auf eure Antwort bin ich gespannt.

    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert

  • Hallo hasselbert,

    sehr schöne ungebrauchte Marke, die die Details ihrer jeweiligen Platte gut erkennen lassen, zeigst Du da!! :P
    Deine Plattierung ist vollkommen korrekt, folgt man der "5-Platten-Philosophie" von Sem. Bezieht man sich auf Vogel und differenziert ein wenig mehr, würde man die zweite Marke als 2IIb und die dritte als 2IIc einstufen. Platte 4 ist bei beiden gleich. Die letzte Marke ist ein schwierigerer Fall...
    Aufgrund der detaillierten Zeichnung, der spitz nach aussen gezogenen Ecken und der gespaltenen Einfassungslinie unten könnte es nach Vogel eine (eher seltene) Platte 2V sein, die aber nicht mit der Sem'schen Pl. 5 identisch ist - diese wird dort als 2IIIb bezeichnet, da Vogel hier eine Weiterbearbeitung von bereits benutzten Klischees der 2IIIa postuliert (hier bin ich mir noch nicht schlüssig, ob das wirklich korrekt ist).
    Jedenfalls handelt es sich bei der Vogel'schen 2V um die letzte Auflage aus 1862, die lustigerweise ungebraucht gar nicht so häufig als Restbestand durch den Handel geistert wie die "typische" Sem'sche 2Vb, die man ungebraucht bei ebay häufig in guter Qualität kaufen kann.
    Doch auf die Problematik der Platte 5 möchte ich später noch eingehen...
    Die von Dir gezeigte letzte Marke zeigt andererseits aber auch schon Abnutzungen im Druckbild, und auch die kleinen Rauten in den Eckquadraten sind nicht "dominant" genug für eine Vogel'sche 2V, sodass ich auch in Richtung 2IIIb tendiere, womit wir wieder bei der Sem'schen Pl. 5 wären.
    Du siehst, schon bei der Plattierung von Marken auf datierbaren Briefen kanns schwer werden, umsomehr bei Einzelmarken...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo hasselbert,
    ja, genau, das Paar entstammt der vorher angedeuteten "Restbestandsauflage" der Vogel'schen 2IIIb (bzw. Sem 2Vb). Vergleiche mal dieses Paar mit Deiner vorher eingestellten "Platte 5". Da sind schon Unterschiede sichtbar!
    Und das Phänomen der mit der unteren Schlinge der linken oberen 3 verbundenen kleinen Raute im linken oberen Wertkästchen (bei Sem "Typ 2" genannt) möchte ich ja gerne am scan des 90er-Bogens untersuchen, auf den ich schon gespannt warte... :)

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    nachdem Plattierungsfreund kilke heute wohl incommunicado ist, muss ich nochmal ran:
    meine Terriermentalität hat sich wiederum durchgesetzt – ich kann nicht loslassen und muss nochmals auf die „Abschleif- und Nachprägehypothese“ bei der Herstellung der Klischees zu 2IIb und 2IIc zurückkommen.
    Mal angenommen, es wäre so gewesen, und man hätte die Druckstöckel der 2IIa auf ungefähr halbe Höhe zwischen tiefster (nichtdruckende, weisser) und höchster (druckender, blauer) Ebene plan- bzw. geradegeschliffen. Ein vollständiges Abschleifen wäre sinnlos gewesen, da man dann im Prinzip bei Null, also Neuanfertigung/Prägung „jungfräulicher“ Klischees begonnen hätte ( = meine Hypothese…;-))
    In diese „halb“ runtergeschliffenen Messingplättchen würde jetzt mithilfe der Arbeitsmatrize „nach“geprägt, um erneut ein deutliches Druckprofil mit erhabenen, druckenden und tiefer gelegenen, nicht druckenden Bereichen zu erzeugen. So wäre aufgrund geringer Toleranzen in der linken unteren Ecke - warum auch immer sich gerade dort ein Spielraum bei der Matrize befunden haben soll, aber das ist eine andere Baustelle - das Phänomen der Doppelraute erklärbar, wo jetzt die neu geprägte, minimal versetzte Raute neben der alten, noch von 2IIa stammenden und nicht komplett abgeschliffenen zu liegen kommt.
    Soweit, so gut.
    Aber: die ebenfalls nicht druckende (im Klischee tiefer liegende, weisse) untere Schlinge der linken oberen 3 müsste auch erhalten geblieben sein, da wir ja von einem nicht völligen Planschliff ausgehen! Sie müsste ungefähr auf der Höhe der „alten“ 2IIa-Raute links unten – dem „Zwilling“ der Doppelraute, liegen. Selbst wenn die Prägematrize bei der Herstellung (Nachprägung?) der 2IIb-Stöckel an dieser Stelle einen Schaden mit der Folge des Wegbruchs dieser 3er-Schlinge erleidet, müsste die immer noch partiell vorhandene eingeprägte Schlinge aus 2IIa-Zeite noch da sein. Wie wir aber wissen, sind die Marken der 2IIb und 2IIc charakterisiert durch eben diese fehlende weisse Schlinge, sodass man annehmen muss, dass es an dieser Stelle keine von einer früheren Prägung herrührende Vertiefung gegeben haben kann. Womit wir wieder bei meiner „Neuprägungshypothese“ wären…
    Klingt das – zusammen mit den anderen genannten Gründen wie Arbeitsaufwand des Abschleifens und Nachprägens an möglichst exakt der selben Stelle, und mit fortschreitender Plattenherstellung spitzer werdender Stöckelecken - plausibel?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mikrokern,

    wir diskutieren wieder, ob die Marken der Platte 2c von neu angefertigten Stöckel, oder von überarbeiteten Stöckel gedruckt wurden.

    Die Doppelraute ist ausschliesslich auf der Platte 2b und der Platte 2c zu sehen. Ein klarer Hinweis, dass es sich bei der späteren Platte 2c um eine überarbeitete Platte 2b handelt. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass schon bei Frühdrucken einer von neuen Stöckel angefertigten Platte, eine Doppelraute vorhanden war, also eine Nachprägung erfolgte. Ich weiss, ich wiederhole mich, aber dieses Argument ist einfach nicht zu toppen. Warum ausschliesslich in der linken unteren Ecke eine Doppelraute zu sehen ist, wie es in der linken unteren Ecke zu einem geringen Spielraum gekommen ist, das können wir heute, 160 Jahre nach dem Druck, nicht mehr nachvollziehen.

    Für den Sammler ist es wichtig zu erkennen, von welcher Platte eine Marke gedruckt wurde, und wann die übliche Verwendungszeit war. Ob von einer neuen Platte gedruckt, oder von einer überarbeiteten Platte, spielt doch erst mal keine Rolle. Sicher, wir wollen es möglichst genau wissen, aber manche Geheimnisse lassen sich den klassischen bayerischen Briefmarken nicht entlocken.

    Zu Deiner Frage zum senkrechten Paar auf Brief aus "145" Fürth vom Dez. 1860 kann ich nichts genaues sagen, sieht aber aus wie ein schon abgenutzter Druck (also 2IIIa).

    Zu den späteren Platten habe ich mehr Fragen als Antworten. Die Unterschiede im Markendruck sind schwer zu erkennen, eine sichere Platteneinteilung ist schwierig.

    Ich denke, es ist umfangreiches datierbares Briefmaterial notwendig, um die Markendrucke zeitlich einteilen zu können. Ich besitze nur wenige Briefe mit Marken von den späteren Platten.

    Als Einstieg will ich 3 Marken der Platte 3b (mit Deckweissbeimischung lt. Vogel ab Oktober 1860), mit dem Plattenfehler "zweites "R" von KREUZER beschädigt, zeigen.

    Wer kann Marken von der Platte 5 (lt.Vogel war die Verwendungszeit von Juli 1862 bis Ende 1862) zeigen?

    Wer kann eine Marke von dieser Platte mit einem Plattenfehler (lt.Vogel Handbuch Seite 83) zeigen?

    Wer kann Marken der 3 Kreuzer blau und der 3 Kreuzer rot mit identischen Plattenfehlern zeigen?

    Gruss kilke

  • Hallo kilke,
    Du schreibst "Die Doppelraute ist ausschliesslich auf der Platte 2b und der Platte 2c zu sehen. Ein klarer Hinweis, dass es sich bei der späteren Platte 2c um eine überarbeitete Platte 2b handelt. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass schon bei Frühdrucken einer von neuen Stöckel angefertigten Platte, eine Doppelraute vorhanden war, also eine Nachprägung erfolgte. Ich weiss, ich wiederhole mich, aber dieses Argument ist einfach nicht zu toppen..."
    Wenn die Doppelraute bei 2IIb aus Nachprägung von Klischees der 2IIa (mit noch erhaltenem Druckrelief!) entstanden wäre, dann müsste man auch schon "Dreifachrauten" bei 2IIc, die Deiner Meinung ja wiederum mittels Nachprägung der 2IIb-Druckstöckel erzeugt wurden, beobachten. Kenne aber keine solchen. Weiterhin wäre auch eine sehr frühe Nachprägung schlecht druckender Stöckel denkbar, z.B. nach der Beurteilung von Andruckproben, sodass eine derartige Doppelprägung nicht zwingend die Behandlung alter Druckstöckel voraussetzt. Und mein zuvor angeführtes Argument - und das ist eine Tatsache! - der fehlenden unteren Schlinge bei der kleinen 3 im linken oberen Wertkästchen spricht gerade gegen eine blosse Nachprägung, da man dann bei 2IIb und 2IIc noch Marken mit dieser erhaltenen (weissen) Schlinge beobachten müsste...
    Nein, sorry, ich finde meine Argumentation überzeugender, aber - und hier gebe ich Dir vollkommen recht - wichtig ist zunächst und vor allem die Tatsache, dass man bei der Plattierung der MiNr 2 die Platten 2IIa, 2IIb sowie 2IIc aufgrund ihrer Merkmale und Verwendungsdaten unterscheiden kann und sollte.
    Ich denke, soplange keine weiteren Argumente für die eine oder andere Hypothese dazukommen, kann man unsere Standpunkte und die zuletzt getroffene Aussage zur Existenz unterschiedlicher Platten mal so stehen lassen.

    Auf Deine 3 gezeigten Marken mit dem PF "beschädigtes R" gehe ich später noch ein. Bin mir bei der ersten Marke auch nicht sicher, ob es sich dabei nicht um eine 2IV handelt. Aber wie gesagt, muss da noch etwas Durchforstung meiner Bestände betreiben.
    Zur Vogel'schen 2V (nicht identisch mit Sem'scher Pl. 5!) kann ich 3 Briefe zeigen:
    Zunächst aus Bamberg nach Neumarkt vom 26. April 1862, und dann Brief aus Augsburg nach Ulm vom 17. Juni 1862. Der dritte Brief kommt separat.
    Interessanterweise gibt Vogel die Druckzeit der 2V ab Juli 1862 an, sodass man hier also bereits eine frühere Verwendung nachweisen kann.
    Die Merkmale dieser Platte werden beschrieben als "Ecken spitz und nach aussen gezogen", "äussere weisse Rahmenlinie kaum verdickt", "blaue Einfassungslinie ungleich stark, häufig aufgespalten", "Ornamentfelder mit exakter, präzisester Zeichnung". Bei der Farbe gibt Vogel "schwarz bis hellblau" an, wobei mich "schwarz" irritiert - die mir vorliegenden Exemplare weisen alle den typischen milchig-deckweissblauen Farbton der Jahre 1861/62 auf. Schwarzblau konnte ich noch nicht bestätigen.
    Häufig werden Marken dieser Platte auch als Spätverwendung oder Liegenbleiber der 2IV beschrieben, was man aber so nicht stehen lassen kann, da die Merkmale doch anders sind. Speziell die sehr spitzen und nach aussen gezogenen Ecken sind eher untypisch für 2IV, wo häufig wenigstens eine stumpfe/abgeschrägte Ecke zu beobachten ist (Vogel beschriebt die Ecken der 2IV auch mit "spitz aber nicht nach aussen"). Wichtig auch anzumerken, dass bei dieser Platte nur Marken in Typ 1 (also unten nicht mit der Raute verbundener kleinen 3 links oben) vorkommen können, ein weiteres Indiz für neu angefertigte Klischees
    Zur 2IV wollte ich mich - nach "Abarbeitung" der wohl zu Genüge besprochenen 2IIIa - eigentlich in den nächsten postings auslassen, wenn's gewünscht wird...

  • Hallo,
    möchte heute al etwas näher auf den von kilke gestern gezeigten PF "zweites R von KREUZER" beschädigt" eingehen.
    Kann dazu einen Brief beitragen, vom 29. April 1859 von München nach Rosenheim.
    Bei Vogel ist der Fehler als PF VI bei 2IIIa/b vorkommend aufgeführt.
    Betrachtet man sich einmal die erste (linke) Marke in kilke's posting, sowie die Marke meines Briefes, ist zunächst festzustellen, dass es sich nicht um eine 2IIIa handeln kann. Dies wäre aufgrund des völlig detaillierten Markenbildes mit allen Feinheiten der Zeichnung und Ornamente, ganz ohne Ausfall- oder Abnutzungserscheinungen, allenfalls für einen Frühdruck der 2IIIa aus dem Herbst 1856 möglich, wobei die Druckfarbe aber anders ist - die 2IIIa-Frühdrucke zeichnen sich durch ein intensives dunkelblau aus, ganz anders als die hier gezeigten Marken in mittleren bis hellen Blautönen.
    Folgt man also Vogel, so sollten die Marken der 2IIIb zuzuordnen sein, für die er als Druckzeitraum aber Herbst 1860 und später angibt. Ausserdem beschreibt er die 2IIIb als nachgearbeitete Platte 2IIIa, was auf die gezeigten Marken hier aufgrund ihrer detaillierten und präzisen Zeichnung nicht zutreffen kann.
    Gestern war mein erster Eindruck "2IV", als ich die linke Marke aus kilke's Dreierserie angesehen hatte. Auch meinen Brief hatte ich bislang so zugeordnet, da die Platte 4 ab Herbst 1858 (laut Vogel) in Verwendung war, und die derartig detailliert ausgeprägte Zeichnung sehr dafür spricht. Ungewöhnlich allenfalls die 4 spitzen Ecken, etwas, was bei 2IV nicht häufig ist.
    Was bleibt also? Bei Sem wird die Platte 5 als ab August 1858 vorkommend beschrieben.
    Jetzt wären folgende Möglichkeiten denkbar:
    1. Die Sem'sche Platte 5 ist korrekterweise eine neu angefertigte Platte (und nicht eine Überarbeitung der 2IIIa wie Vogel schreibt), die ab Herbst 1858 belegbar ist. Dann könnte der gezeigte PF dieser Platte zuzuordnen sein, und die Marke auf meinem Brief entstammt einem frühen Druck der Platte 5. Dafür würden auch die 4 spitzen Ecken sprechen. Und zumindest die zweite von kilke's Marken würde man wohl auch der Sem'schen Platte 5 zuordnen...
    2. Die Vogel'sche Zuordnung des PF zur 2IIIa/b ist falsch, und der PF gehört zur 2IV. Dann wäre meine bisherige Zuordnung des Briefes zur 2IV korrekt, wozu auch die Datierung ins Jahr 1859, für das ich die meisten 2IV belegen kann, passen würde.
    Die Konsequenz der 1. Variante wäre ein paralleles Auftreten von Platte 4 und 5 (i.e. Vogel'sche 2IIIb), ganz im Widerspruch zu Vogel, der für 2IIIb ja Druckzeit ab Okt. 1860 angibt. Warum aber sollten die Druckstöckel der 2IIIa, für die ab Herbst die 2IV als Ablösung erschien, aber 2 Jahre später, im Herbst 1860, nochmals überarbeitet und erneut eingesetzt worden sein? Das hätte man gleich in 1858 machen können, wenn man an Wert und Nutzen der "alten" Klischees geglaubt hätte. Dieser Teil der Vogel'schen Plattierung gibt mir bis heute Rätsel auf - so recht an die "2IIIb" glauben mag ich nicht.
    Ich habe auch noch keinen PF belegen können, der sowohl auf 2IIIa wie auf 2IIIb auftritt.
    Abschliessend ein zweiter Beleg vom Dez. 1858 (Briefvorderseite), der die Plattenzurodungsproblematik unterstreicht: 2IV (wegen der detaillierten Zeichnung und Datierung), oder frühe Sem'sche Pl. 5 (Farbe, Typ 2)? Eine Vogel'sche 2IIIb kanns wegen der Verwendung in 1858 nicht sein...
    Bitte um Kommentierung und weitere Meinungen zum Thema!!

  • Hallo hasselbert,
    wunderschöner Brief mit wunderschönem Dreierstreifen wunderschön entwertet!!
    Klassische und typische 2IIa aus 1852, einfach wunderschön!
    Sorry, dass ich mich wiederhole... ;)

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mikrokern,

    ganz grosse Klasse, dass Du so viele Briefe mit Marken von den späten Ausgaben zeigen kannst.

    Bei den späten Ausgaben überzeugt die Platteneinteilung von Herrn Vogel nicht. Wie du schon geschrieben hast, ist es nicht schlüssig, dass von einer Platte 3a bis zum September 1858 gedruckt wurde, anschliessend 2 Jahre lang von einer neuen Platte 4 und dann wieder von einer überarbeiteten Platte 3b vom Oktober 1860 bis Juni 1862. Aber auch die altbekannte Platteneinteilung kann nicht wirklich überzeugen. Im Sem-Katalog ist auf Seite 59 zu lesen: "Plattenfehler 6, "Kratzer durch die grosse "3", hat bisher auf Platte 4 und Platte 5 vorgelegen". Marken mit dem gleichen Plattenfehler werden 2 verschiedenen Platten zugeteilt.

    7 Marken mit diesem Plattenfehler will ich zeigen. Davon eine Marke auf Brief aus "314" Miesbach vom 15.1.1860. Obwohl unterschiedliche Druckbilder zu sehen sind, wurden alle Marken vom selben Stöckel gedruckt, und können deshalb nur einer Platte zugeordnet werden. Eventuell kann mit einer Unternummer noch eine nachgeprägte Platte unterschieden werden, das sehe ich hier aber nicht.

    Die Marken mit dem Plattenfehler "Zweites "R" von KREUZER beschädigt", u.a. von dir gezeigt auf Brief vom 29.April 1859, kann von einer nachgeprägten Platte 3 sein (diesmal ohne Doppelrauten). Die Farbe war neu angemischt. Die Marke könnte dann einer Platte 3b zugeteilt werden, wobei die Verwendungszeit nicht mit der von Herrn Vogel angegebenen Zeit übereinstimmt. Die Marke auf Brief vom Dezember 1858 könnte dann ein früher Druck einer Platte 4 sein (Druckbild identisch mit den hier gezeigten Marken mit Plattenfehler 6). Es ist ein erster Versuch einer Einteilung.

    Gruss kilke