• Liebe Freunde,

    immer wieder ist man überrascht, wenn einem Briefe in die Hände fallen, die an sich nichts besonderes sind. Alltäglich gewissermaßen. Erst bei näherer Untersuchung offenbaren sie ihre kleine Postgeschichte und stellen sich dann meist ein guter Kauf heraus.

    Briefe der Poschacher - Korrespondenz nach Tittmoning bzw. Tittmaning sind Massenware. Der hier wurde in Regensburg am 26.10.1827 akkurat abgestempelt und mit 12 Kr. siegelseitig als bezahlt quittiert. Von Regensburg nach Tittmoning waren es ca. 16 Meilen. Nach dem Tarif vom 1.12.1810 zahlte man für Briefe über 12 - 18 Meilen 6 Kr. bis 1/2 Loth. Bis 1 Loth waren es schon 9 Kr. und wie hier über 1 bis 1 1/2 Loth dann 12 Kr., ein etwas schwerer Brief also.

    Oben lesen wir auch den Grund für das Übergewicht: "Innl(iegend) Muster ohne Werth". Da inliegende Muster keine Gebührenmoderation erfuhren, schrieb man es nur auf den Brief, um ihn der Briefpost zugehörig sein zu lassen, denn Warenversendungen, die üblicherweise einen Handelswert repräsentierten, hätten mit der Fahrpost versandt werden müssen.
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    Erst wenn man ihn aufklappt, merkt man aber, was wirklich dahinter steckte. Geschrieben wurde er in Marktbreit, etwas südöstlich von Würzburg, am 21.10.1827, also 5 Tage vor der Postaufgabe in Regensburg. Die Strecke Marktbreit - Tittmoning war immerhin satte 40 Meilen lang, so dass der Absender folgende Ersparnis hatte:

    Über 36 - 42 Meilen kostete ein einfacher Brief 14 Kr., so dass dieser hier schon 28 Kr. gekostet hätte. Die Ersparnis betrug somit genau 16 Kr. oder 4 Mittagessen!

    Die bayer. Post ahnte davon nichts, denn er war verschlossen transportiert worden; ein Postbetrug mit MoW der besonderen Art.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch


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    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    ein sehr interessanter Brief.
    Möchte dazu einen Brief, ebenfalls aus Marktbreit,
    der zur Gebührenersparnis nach Passau gebracht -
    und dort aufgegeben wurde. "Anhängend Caffee -
    Muster ohne Wert" nach Linz. Der Briefaufgeber
    in Passau bezahlte 20 Kreuzer Franko. Abschlag
    des B.O.C. Stempels. Der Brief wurde in Marktbreit
    geschrieben am 8.11.1847 und in Passau aufgegeben
    am 12.11.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo Sammlerfreunde,

    glücklicherweise konnte ich einen Teil der Korrespondenz an den Tuchfabrikanten Jacob Marx in Lambrecht aus den Jahren 1842-44 erwerben.
    Dabei auch einige Belege Muster ohne Wert. Interessant finde ich die noch erhaltenen Stoffmuster.
    Zeigen möchte ich einen Brief aus dem Jahre 1843 von der Firma Gödel Karlsruhe nach Lambrecht, über Neustadt.

    viele Grüße von
    woodcraft

  • Hallo kreuzer,

    der Brief ist der Hammer - dank seines Inhalts! Solche feinen PO - Stücke muss man lagen suchen und glücklich ist, wer einen besitzt.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber VorphilaBayern,

    eine kleine eierlegende Wollmilchsau - und schön dazu. :P:P

    MoW - Briefe aus Österreich nach Bayern sind Seltenheiten und wer einen hat, gibt ihn selten her.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    vielen Dank.
    Möchte dazu einen weiteren Brief zeigen:
    Unfrankierter Brief aus Remscheid (Preußen) vom 5. März 1847
    nach Reuth bei Weiden in der Oberpfalz, Post Neustadt an der
    Waldnaab mit Vermerk "enthaltend Muster ohne Wert". Im roten
    Stempel WÜRZBURG AUSLAGE wurden 9 Kreuzer für Preußen ver-
    merkt. Dazu kamen in Bayern weitere 12 Kreuzer hinzu.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo liebe Freunde!

    Leider kann ich nicht feststellen, aus welchem Jahr dieser Beleg ist, vielleicht ist er hier im thread falsch !?

    Beleg über ein MoW - Cementmuster der Cement und Gips-Fabrik Leopoldsthal an die Wiener Bau Bank in Wien vom 30.01.18..

    ... fand ich optisch ganz nett - aber zu den Vermerken benötige ich Hilfe.
    Schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

    Bilder

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)

    Bayernfarbenvielfaltverrückt - warum nicht?

  • Hallo bayern-nerv,

    optisch sehr attraktives Stück, wie man es nicht oft finden wird. Magdeburger wird sicher mehr von der Fahrpost vertstehen, als wir beide. Ich lese:

    16 Pfund! Das war nicht eben wenig.

    Franco 196x, das sollten bayer. Kreuzer sein und keine Neukreuzer (ab 1.11.1858) - damals gingen 100 Neukreuzer auf den österreichischen Gulden. Die obere 20 könnte eine Manualnummer sein - unten rechts lese ich P 5 als 5. Entfernungsstufe? Unten steht noch 12 xr bezahlt Georg K.... - das kann nur der Empfänger in Wien notiert haben.

    Bei Fahrpostbriefen Bayerns sind die Aufgabestempel oft von mäßiger Qualität - hier ein perfekter Abschlag des späten Reichenhaller Stempels - klasse!

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk!

    Auch so ein Exemplar, was ich vielleicht gerne tauschen würde, aber mal sehen, vielleicht findet sich ja jemand zum Tausch.

    schöne Grüße
    Bayern-Nerv Volker

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)

    Bayernfarbenvielfaltverrückt - warum nicht?

  • Liebe Freunde,

    heute ein normaler Muster ohne Werth - Brief aus Hof vom 2.11.1840 nach Pegnitz an die bekannte Adresse Glenk. Irgend etwas hat man unter "franco" geschrieben, dieses aber dann mit "franco" überschrieben und "Inhalt Muster ohne Werth" hinzu gefügt.

    Der Absender zahlte 6x siegelseitig, die für die 9 Meilen (6-12 Meilenstufe) ausreichten, weil der Brief über 1/2 bis 1 Loth wog und 4x mal 1,5 = 6x ergaben.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Ich kann hier einen Muster-ohne-Wert-Brief aus Bayreuth nach Creußen vom 02.06.1846 zeigen. Der Empfänger, Herr Zemsch, musste für den Brief 6 xr zahlen.

    Leider habe ich keine Ahnung, wie sich die 6 xr berechnen. Kann hier jemand weiterhelfen?


    Viele Grüße

    kreuzer

  • Hallo kreuzer,

    Brief mit unmoderierter Musterversendung bis 6 Meilen = 3x bis 1/2 Loth. Bis 1 Loth 4x, bis 1,5 Loth 6x.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen Brief aus Bayreuth vom 3.1.1844 an Firma Pfeiffer in Erlangen, bei dem der Aufgabestempel mangelte. Aber man hat wenigstens richtig taxiert mit 6 Kreuzer nach dem Regulativ vom 1.1.1843. Der Brief zeigt den Zusatz "Nebst Muster ohne Werth" und hatte ein Getreidemuster in einem Beutelchen (heute sind nur noch Wachs und ein Teil des Bindfadens vorhanden) dabei, welches innen verpackt worden war, damit es etwas geschützt war und nicht anhängen konnte, sonst wäre es wohl beim Postenlauf beschädigt worden oder gleich abgefallen.

    Am Folgetag kam es an, wie der Erlanger Halbkreisstempel beweist.

  • Liebe Freunde,

    ich zeige einen Brief aus Redwitz (noch ohne eigene Post) mit Aufgabe in Wunsiedel am 5.12.1840 an Poschacher in Tittmoning. Ausweislich des Inhalts übermachte der Absender "Hosenzeuchproben" und bat um gefl. Beachtung derselben und Erteilung eines Auftrages an die Firma Schwarz.

    Da ich ja eine Mini - Sammlung von Wunsiedel mein Eigen nenne (eine Heimatsammlung ist es nicht, weil Wunsiedel halt leider nicht meine Heimat ist), passt er sowohl in diese, als auch in eine andere, kleine Sammlung über Muster (Proben) ohne Wert(h).

    Die Aufgabepost taxierte hier 17 Kreuzer. Die Entfernung von Auf- zur Abgabepost beträgt 227 km = 30 Meilen. Demnach kämen in Frage über 24 - 30 Meilen mit 10 Kreuzer einfach, oder 30 - 36 Meilen mit 12 Kreuzer einfach. Jeder routinierte Postgeschichtler erkennt damit auf den ersten Blick, dass weder von der Basis einer 10 Kreuzer Taxe, noch von einer 12 Kreuzer Taxe ein Betrag von 17 Kreuzern erreichbar ist, da je Gewichtsstufe immer 50% auf das einfache Porto aufgeschlagen wurden (also 10, 15, 20 usw. bzw. 12, 18, 24 usw.).

    Demnach müssen die Muster dem Brief angehängt worden sein, so dass eine Portomoderation zum tragen kam. Die Verordnung sagte aus, dass Drucksachen und Muster ohne Wert die Hälfte der Taxe des einfachen Briefes kosteten. Demnach hätten wir bei bis 30 Meilen 5, 7,5, 10, 12,5, 15, 17,5 Kreuzer vor uns. Dieser hier hätte also in der 6. Gewichtsstufe gelegen, wobei von 17,5 Kreuzern auf 17 Kreuzer abgerundet worden wäre.

    Ob ich so schnell einen zweiten Muster ohne Wert - Brief mit 17 Kreuzern Taxe finden werde? Vermutlich eher nicht und wenn überhaupt, dann sicher keinen mehr aus dem lieblichen Wunsiedel. :)

  • Hallo liebe Bayernfreunde,

    diese kleine Brieflein habe ich gerade in meinem "Wühlordner" entdeckt.

    Bei näherer Untersuchung habe ich den Schriftzug "mit Muster ohne Wert" entdeckt.

    Die Taxierung ist mir schleierhaft, ebenso was das für ein Muster war, weil ich den Text (noch) nicht entziffern kann.

    Aber wie ich euch kenne, wisst ihr alles.

    Mit besten Grüßen, Siegfried

  • Hallo Siegfried,

    leider geht auch aus dem Text nicht hervor, welche Art Muster beigelegt war, nur, dass der Absender nach dieser Art etwas bestellte.

    Das Briefchen wurde in Nürnberg mit 4 Kreuzern (für einen einfachen Brief der zweiten Entfernungsstufe bis 12 Meilen) taxiert (das Muster lag wohl im Brief), in Uffenheim kam noch ein Bestellkreuzer hinzu, der zusammen mit dem Porto die rote Fünf ergibt.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Vielen Dank,

    ist das Brieflein was Besonderes oder eher was Häufiges?

    Bei Rauhut & Kruschel wurde am 17. März 2021 ein frankiertes Helgoland-Couvert "Muster ohne Wert" versteigert: Zuschlag 1.050,--€ plus Aufgeld etc.

    Gruß, Siegfried

  • Hallo Dietmar,

    anbei genau aus dem Jahre 1840, was die Fa. Croninger in Uffenheim so im Portfolio hatte, das sollte zu einem MoW auch passen:

    https://books.google.de/books?id=IB5ZA…fenheim&f=false

    Siegfried Spiegel: Auch von hier aus zunächst willkommen im Forum. Wenn man das so sagen mag, dann sind MoW grundsätzlich "was Besonderes", denn sie sind wie hier ein - wenn auch nur bescheidener - Ausdruck der Expansion der Wirtschaftsbeziehungen noch weit vor Beginn der Gründerzeit. Dies z.T. über Staatgrenzen hinweg. Bayern war dabei im Vergleich zu anderen altdeutschen Staaten noch wenig industrialsiert, d.h. auch noch nach Beginn der Gründerzeit (ca. ab 1871). Von daher sind derart frühe MoW`s wie in post17 sicherlich eine schöne Besonderheit.

    Das Königreich Bayern, im Jahre 1875 von weit mehr als 5 Mio Seelen bewohnt, wies allerdings weitaus mehr potenziell MoW-Gewerbetreibende auf, als der kleine Nordseefelsen Helgoland. Die Insel bewohnten um das Jahr 1875 weit weniger als 2.000 Menschen, der Anteil Gewerbetreibender dürfte dort seinerzeit verschwindent gering gewesen sein. Von daher kann man den zitierten Zuschlag für die MoW-Briefvorderseite aus Helgoland zwar sehr gut nachvollziehen, allerdings nicht als generellen "Preismaßstab" für MoW`s aus den altdeutschen Staaten setzen.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    2 Mal editiert, zuletzt von Pälzer (31. März 2021 um 21:35)