Contravention bei einem Avis-Brief Bayern-Österreich !?

  • Liebe Administratoren,

    Da haben wir jetzt leider schon wieder eine dieser ellenlangen, aus dem Ruder laufenden Diskussionen, die mit dem eigentlichen Thema des Threads nichts mehr zu tun haben. Wenn Ihr mit mir dieser Meinung seid, dann bitte versetzen und umwidmen.

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Administratoren,

    Da haben wir jetzt leider schon wieder eine dieser ellenlangen, aus dem Ruder laufenden Diskussionen, die mit dem eigentlichen Thema des Threads nichts mehr zu tun haben. Wenn Ihr mit mir dieser Meinung seid, dann bitte versetzen und umwidmen.

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:


    HIER läuft "nichts aus dem Ruder", sondern in der Diskussion ergibt sich ein anderes Thema. Verschieben dann unter Fahrpost :thumbup:

    Zitat von bk: "Hier hat die Firma Spengelin einem Dritten den Brief versiegelt mitgegeben, ..."

    Inzwischen müsste man davon ausgehen, dass dieser Brief einem Paktet beilag und so nichts mit der Entfernungsstufe 20 Meilen zu tun hat.

    Wie wird bayern klassisch diesen Fahrpostbeleg in seiner Sammlung
    Königreich Bayern - Contraventionen bei der Post 1849-1875 unterbringen?

    LG luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    da Spengelin den Brief nicht selbst nach Wien gebracht hat und der Empfänger ihn sicher nicht in Lindau abgeholt haben dürfte, habe ich von einem Dritten geschrieben, den wir nicht kennen und der ihn in der Rocktasche, auf einer Kutsche, in einem Bahnabteil, in einer Postkiste oder mit anderen Briefen in einem Paket hätte abspediert haben können. Das spielt meiner Meinung nach aber keine Rolle - nach der Vorschrift war es eine Contravention und in die von dir verlinkte Sammlung wird er wandern, jede Wette.

    Von mir aus kann alles umgehängt werden - wohin auch immer (hat mit Fahrpost eigentlich eher weniger zu tun, als mit Contraventionen oder Defraudationen), aber auch bei der Fahrpost kann man ein solches Thema belassen, ganz wie es beliebt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    Filigrana hatte ja schon auf evtl. neuere Regelungen hingedeutet, ich konnte im www keine finden, aber Luitpold. Zunächst durch königl. VO von 1823, dann wie nachstehend von 1858. Ich halte dies dann schon für den vorliegenden Fall als beurteilungserheblich:

    1858 wurde erneut die Verordnung veröffentlicht:

    Begleitadressen müssen jeder Fahrpostsendung beigegeben werden welche nicht in Brief- oder ähnlicher Form verpackt ist oder überhaupt mehr als 15 Loth Zollgewicht wiegt; dieselben müssen wenigstens aus einem Viertelbogen können aber auch aus unbeschwerten verschlossenen Briefen bestehen.

    Dieselben haben außer der vollständigen Adresse auch die äußere Beschaffenheit des Stückes z. B. Wachstuch etc. zu enthalten und müssen mit einem Abdruck des zum Verschlusse der Sendung verwendeten Siegels versehen sein. Ebenso ist der auf der Sendung angegebene Wert und die allfällige Signatur einzusetzen.

    Zu einer Begleitadresse können mehrere Stücke gehören jedoch nicht zugleich Stücke mit und Stücke ohne Werts Deklaration und muss bei ersteren der Wert von jedem einzelnen Stücke auf der Begleitadresse angegeben sein. Bis zu 1 Loth sind selbe taxfrei; schwerere sind zurückzuweisen.Aktensendungen im Inneren Verkehr sind von vorstehenden Bestimmungen befreit.

    1858 S. 119.

    + Gruß

    vom Pälzer...auch dafür die Sache gesondert umzuhängen, durchaus lehrreich

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    wunschgemäß umgehangen.
    Falls doch lieber woanders hin oder mit anderem Titel --> bitte Bescheid sagen

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,

    alles perfekt - vielen Dank von uns allen. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • (hat mit Fahrpost eigentlich eher weniger zu tun, als mit Contraventionen oder Defraudationen), aber auch bei der Fahrpost kann man ein solches Thema belassen, ganz wie es beliebt.

    Lieber bayern klassisch und Leser,

    das ist die Frage!

    Bayern klassisch geht davon aus, dass diese Schreiben "in der Rocktasche, auf einer Kutsche, in einem Bahnabteil, in einer Postkiste oder mit anderen Briefen in einem Paket hätte abspediert" worden ist.
    Gibt es dafür aber einen Nachweis?

    Lest doch bitte, wenn ich mir schon die Arbeit mache, nochmals:

    Die vielfachen Wahrnehmungen, daß die durch die allerhöchste Verordnung teils gar nicht beobachtet, teils nach Gutdünken gedeutet und angewendet wird, veranlassen,durch folgende Bestimmungen jede willkürliche Deutung auszuschließen und der erwähnten allerhöchsten Vorschrift vollständigen Vollzug zu sichern. ...

    Das Schreiben ist vom 6. Jan. 1853. Deshalb ist die Verordnung von 1808 noch gültig und der Absatz:

    Bei den Sendungen nach dem Auslande sind bezüglich der Beigabe von Adressen oder Frachtbriefen jene Vorschriften zu beobachten, welche in dieser Beziehung bei den auswärtigen Postanstalten bestehen ...

    4. Österreich resp. nach allen dem österreichischen Kaiserstaate einverleibten und darüber hinausliegenden Ländern und Provinzen genügt die Beigabe einer besonderen Adresse oder Frachtbriefes in den ad b für das Inland aufgeführten Fällen, jedoch darf auch hier der Frachtbrief nicht versiegelt, und muß inwendig der Name und Wohnort des Absenders angeführt sein;

    Für mich ist dieses Schreiben eine Versandanzeige.
    Komplett erhaltene Rechnungsschreiben sind Doppelbogen (4 Seiten)
    davon
    1. Blatt = Versandanzeige / 2. Blatt eigentliche Rechnung
    Hier ist es nur 1 Blatt, die Versandanzeige.
    Ganz unten auf dem Blatt ist explizit aufgeführt: 1 Kiste gefärbte baumwolltücher mittelfein
    No. 1 ...?... 323

    Wenn diese Versandanzeige im Paktet/Kiste beilag und versiegelt war, dann wäre das "zugeklebte Schreiben" ein Verstoß gegen die Postvorschrift!

    Also könnte es sich doch - siehe auch #16 Beispiele von bayernjäger - um der Waare beigelegte Schreiben handeln. - Auch hierfür gibt es keinen Nachweis.

    Es bleibt hier also festzuhalten, je nach welchen Aspekt das Schreiben betrachtet wird, kann es so oder so interpretiert werden.

    Wenn wie von bayern klassisch angenommen "eine private Zustellung" vorlag, dann könnte der Übringer auch gleich der Spediteur gewesen sein:

    Herr Blattner - oder ein Mitarbeiter - der die Kiste nach Wien befördert haben könnte:

    Grossfuhrleute und Commercial-Güterbeförderer: Blattner Johann - Spedition nach allen Gegendenden, besonders nach Steiermark, Kärnten, Illyrien, Italien, Ober-Österreich, Tirol, baier, Frankreich und der Schweiz. Verladungs-Magazin: Wieden Hauptstr. 450, im Gasthause zur grünen Weintraube (Die Wieden ist der 4. Wiener Gemeindebezirk ). Schreibstube: Stadt, Landskorgasse, 546, im Bellegardehof.
    Handels- und Gewerbs-Schematismus von Wien und dessen nächster Umgebung - 1847

    Wie bereits erwähnt habe ich einen Brief, der nachweislich einem Paket beilag, da der Absender innen dies so schreibt. Das besondere daran ist, dass es eigentlich ein "Muster ohne Wert-Brief" ist. Da die Seidenstoffmuster aber so groß/schwer waren, dass sie nicht in Briefform sondern in Paketform versendet werden mussten, kam diese Mustersendung zur Fahrpost, der Begleitbrief innen rein und es gab eine "Ausenadresse" (die leider nicht erhalten ist). Nur deshalb beschäftigt mich dieses Thema.

    Der von bayern klassisch vorgestellte Brief lässt also beide Versionen möglich erscheinen, da der entscheidende Hinweis auf den Beförderungsweg fehlt.
    So wird er als Umgehung der vorgeschriebenen Briefpostbeförderung gezeigt werden und die liebe Fahrpost hat ihre Ruh'.

    Na dann, gute Nacht liebes Thema
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    wie du richtig ausgeführt hast, war die Mitgabe verschlossener Brief illegal. Mein Brief ist gesiegelt gewesen, war also logischerweise verschlossen. Damit ist die Faktenlage klar - danke dafür und für die Aufzählung der anzuwendenden Vorschriften.

    Oft habe ich gelesen, dass sog, Avisbriefe unterwegs waren, die den Empfängern (Bestellern) bestätigten, dass ihre Aufträge gut angekommen waren und sich in Bälde die bestellte Ware bei ihnen einfinden würde.

    Diese Briefe wurden oft frankiert (per Briefpost), aber auch gerne mal einem Reisenden mitgegeben (eigenes Handels- und Speditionshaus, oder auch ein "befreundetes Haus").

    Der vorderseitige Vermerk "franco" kann zweierlei bedeuten: 1. man wollte den Brief mit 9 Kr. frankieren, bekam dann aber eine günstigere Gelegenheit, oder 2. man gab den Brief einem gütlich mit, dem man etwas Geld für seinen Dienst mitgegeben hatte, so dass bei der Aushändigung des Briefes der Empfänger wusste, dass er dem Überbringer nichts mehr zu geben hatte.

    Welche Version es hier war, wird sich wohl nicht mehr feststellen lassen - ich finde alle derartigen Briefe interessant und sammelnswert, auch wenn ihnen Marken und Stempeln mangeln.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.



  • Welche Version es hier war, wird sich wohl nicht mehr feststellen lassen - ich finde alle derartigen Briefe interessant und sammelnswert, auch wenn ihnen Marken und Stempeln mangeln.

    Lieber bayern klassisch,

    ich darf mich deiner hochgeschätzten Meinung anschließen was das Beachten unfrankierter Briefe oder Schriftstücke betrifft.

    Einen Punkt aber habe ich noch gefunden, nach dem alten Spruch "lass uns das mal ausdiskutieren":

    Nach der bayerischen Post-Transportordnung "Bestimmungen für den Briefpostverkehr" steht unter §1:

    Die Beförderung aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach andern Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise als durch die Post ist verboten.

    Was aber, wenn keine Bezahlung erfolgte? Das betrifft z.B. Privatbriefe (also Onkel aus Würzburg schreibt an Mayer in München und gibt es seinem Neffen, der Student in München ist nach einem Besuch mit).

    Also der Student ist in München angekommen und wirft den Brief in den Postkasten, frankiert mit 1 Kr. Wir kennen viele Briefe die so aufgegeben wurden und bei vielen fehlt ein Vermerk wie "gegen Güte".

    2. Punkt:
    Unverschlossene Briefe welche in versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten befördert werden sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Paketen welche auf andere Weise als durch die Post befördert werden solche unverschlossene Briefe, Fakturen, Preiscourante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen welche den Inhalt des Packets betreffen.

    Die Kiste aus deinem Brief ist nicht mit der Post befördert worden und so bleibt also nur der Verschluss als Verstoß gegen diese Vorschrift.

    Nachdem der Kiste ein Frachtbrief beigegen werden musste (auch wegen dem Zoll) macht es keinen Sinn den Brief (für mich Versandanzeige) der Kiste beizulegen. Also bleibt die Frage, wer hat ihn nach Wien gebracht, wozu ich oben ja schon "was gekritzelt" habe.

    Die Entwicklung der Paketbegleitbriefe zur Postpaketadresse/Paketkarte ist auch ein interessantes Thema, auch wenn man es nicht als Sammlungsthema im Fokus hat. Deshalb, "es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut", wie Kaiser Franz-Joseph sich zu verabschieden pflegte.

    Lg Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    weil ich es zu erwähnen vergessen hatte: Warum sollte jemand einen Brief versiegeln, wenn er ihn dem Paket des Empfängers beilegte? Die Mühe hätte er sich nicht machen müssen.
    Es ist also eher anzunehmen, dass der Brief nicht in einem Paket lag und auf andere Weise nach Österreich geschickt wurde.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,


    alles perfekt - vielen Dank von uns allen. :)

    Diesem Dank schließe ich mich gerne an, denn diese fundierte und umfangreiche Diskussion hat doch nun wirklich einen eigenen Thread verdient. :thumbup:

    Das meint auf jeden Fall der maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Luitpold,

    weil ich es zu erwähnen vergessen hatte: Warum sollte jemand einen Brief versiegeln, wenn er ihn dem Paket des Empfängers beilegte? Die Mühe hätte er sich nicht machen müssen.
    Es ist also eher anzunehmen, dass der Brief nicht in einem Paket lag und auf andere Weise nach Österreich geschickt wurde.


    Lieber bayern klassisch,

    ganz einfach, weil es erlaubt, ja vorgeschrieben war!

    Ich erinnerte mich an das schöne Büchlein "Post und Eisenbahn - Die Post" - von Karl Freiherrn von Gumppenberg 1861. Denn darin erklärt er volkstümlich die Postaufgabe der jeweiligen Sendungen. Darin geht er auch auf die "Begleitadresse für Paketsendungen" ein.

    Bitte entschuldige also meine Verirrungen, da "saß ich auf der Leitung" :(

    Also hier die Verordnung im Auszug (du hast ja diese vorliegen):
    Verordnungs- und Anzeige-Blatt der Königl. Bayerischen Verkehrs-Anstalten -26. April 1858 – Nr. 18 – Nr. 7623 (1. Seite
    ff)

    Jeder Fahrpostsendung, welche nicht in Brief- oder ähnlicher Form verpackt ist, oder in solcher Verpackung mehr als 16 Loth Zollgewicht wiegt, muss sowohl im inneren Verkehre von Bayern als auch im Verkehre mit den zum deutschen Postvereine gehören Ländern eine besondere Begleitadresse beigegeben werden.

    2. Die Begleitadresse soll mindestens aus einem zusammengelegten Viertelbogen Papier bestehen.

    Es steht dem Aufgeber übrigens frei, statt der bloßen Begleitadresse auch einen verschlossenen Brief als solche zu benützen; der letztere darf jedoch mit Geld oder anderen Gegenständen von angegebenem Werte nicht beschwert sein, und soll in der Regel das Gewicht eines einfachen Briefes d. i. ein Loth Zollgewicht nicht übersteigen.

    3. Die Begleitadresse oder der Begleitbrief muss unter allen Umständen s) die vollständige Adresse des Empfängers, den Bestimmungsort und die äußere Beschaffenheit des Stückes, z. B. Packet in Wachstuch, Kiste etc. genau angeben und mit einem Abdrucke des Petschafts, mit welchem die Sendung selbst verschlossen ist, versehen sein.

    Ist für die Sendung ein Werth deklariert, so muss die Wertangabe auf der Begleitadresse oder dem Begleitbriefe ebenso wie auf dem Stücke selbst vorgemerkt sein.

    Ist die Sendung nur mit einer Signatur (Zeichen oder Buchstaben) versehen, so hat die Begleitadresse neben der Bezeichnung der äußeren Beschaffenheit der Sendung auch sämtliche Buchstaben und Zeichen zu enthalten, welche auf der Emballage der Sendung selbst angebracht sind.
    usw.
    Bereits in der Verordnung von 1858 galt das, wurde nur wegen dem Postverein angepasst.

    Und nun ?(

    Lg Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    mein Brief war aber kein klassischer Paketbegleitbrief - der hätte eine Nummer im Fahrpostmanual erhalten und einen Aufgabestempel.

    Was 1858 galt, galt auch schon vorher, DÖPV eben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Zitat

    Lieber Luitpold,

    mein
    Brief war aber kein klassischer Paketbegleitbrief - der hätte eine
    Nummer im Fahrpostmanual erhalten und einen Aufgabestempel.

    Lieber bayern klassisch,

    der mir vorliegende Brief trägt weder Nr. noch Stempel noch sonst einen Postvermerk. Er war ganz sicher dem Paket beigelegen, was ja der Absender im Brief auch schreibt.

    Wenn also der Begleitbrief wie Gumppebberg schreibt "Der Brief wird eigens von der Post eingeschrieben ..."? dann wäre mein Brief nicht den
    Vorschriften nach behandelt worden?
    Leider habe ich nur Adressausschnitte mit Taxquadratzettel wo nicht ganz klar ist, ob diese auf der eigentlichen Sendung angebracht oder sonst wie mitgegeben wurden. Deshalb kann ich keinen weiteren Brief-Vergleich anstellen.

    Es ist aber auffällig, dass es doch viele Briefe gab (siehe #16 von bayernjäger) die - wie auch immer - überbracht wurden, aber ich bisher nur den
    einen "Paket-innenliegenden-Brief" gefunden habe. Oder wer hat noch solche?

    Damit schließe ich für mich das Thema, bis ich vielleicht einmal neue Belege dazu finden werde.

    Lg Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    10 Mal editiert, zuletzt von Luitpold (24. November 2016 um 12:55)

  • Hallo zusammen,

    Es ist aber auffällig, dass es doch viele Briefe gab (siehe #16 von bayernjäger) die - wie auch immer - überbracht wurden, aber ich bisher nur den einen "Paket-innenliegenden-Brief" gefunden habe.

    ich denke langsam aber sicher auch, dass man aufgrund der von Luitpold ermittelten VO´s spätestens ab 1843 von einer besonderen, unter den schon aus der VO hervorgehenden Voraussetzungern gebührenfrei-zulässigen Variante der Begleitadresse der Fahrpost ausgehen kann > Paket-Begleitbrief, siehe hier:

    https://books.google.de/books?id=2B2gB…0Bayern&f=false

    In dieser Quelle...

    http://stampswiki.de/index.php?titl…1820&oldid=4919

    ...steht dann etwas weiter unten unter Fahrpost:

    Auf Verlangen wird ein Aufgabeschein für den Begleitbrief, gleich
    wieviel Stücke darauf vermerkt sind, erteilt, für den eine Gebühr von 3
    kr. zu zahlen sind. Gleichzeitig kann, im Inland, eine
    Retour-Recepisse, ein Post-Lieferschein, verlangt werden. Die Gebühr
    dafür 6 kr.

    Dazu kann man sich auch einen Post-Aufgabestempel und einen Eintrag in ein Manual vorstellen.

    Hier noch ein weitere Beispiel eines Paket-Begleitbriefes, ohne Aufgabestempel o.ä.


    http://oldthing.de/Bayern-Paket-B…scan-0025655130

    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    2 Mal editiert, zuletzt von Pälzer (23. November 2016 um 22:41)

  • Nur noch "ein" Nachsatz: :D

    Es ist erstaunlich, dass sich weder in der Posttransportordnung noch in den Bestimmungen über die Fahrpost im Postvereins-Auslande kein Verbot für das Einlegen von Briefen in einer Paketsendung findet.

    Nur in Bezug auf Fahrpostsendungen nach Belgien und Frankreich finden sich Verordnungs- und Anzeige-Blatt Verbote für das Einlegen von Briefe in Paketen nach Frankreich.

    Denn in Frankreich war die Briefbeförderung Sache der Staatspost (Briefposten, keine Fahrpost). An den Grenzpostämtern, welche mit der Visitation der nach Frankreich eingehenden Fahrpostsendungen gestzmäßig betraut waren, wurdenwegen derartiger Postdefraudationen mehrere Protokolle errichtet, welche nach dem Gesetze von diesen an die Staatsanwaltschaft übergeben wurden und die unabweislich Verurteilung in die bedeutenden hierfür festgesetzen Geldstrafen von 150 - 300 Francs bei der erstmaligen Übertretung ... nach sich zogen. (VO Nr. 47 - 1863 - S. 288 ).

    Bezogen auf den Brief von bayern klassisch ziehe ich als Fazit: es kann eine Umgehung der Postvorschrift vorgelegen haben, wenn der Brief tatsächlich kostenpflichtig von einer Privatperson befördert wurde.

    Falls der Brief in einer Kiste lag, die von der Post (Fahrpost) befördert wurde ist der Nachweis einer verbotenen Handlung zwar anzunehmen, aber die Vorschrift dazu fehlt (bisher). Es gibt nur die oben erwähnten Verbote in Bezug auf Frankreich, Belgien.

    Weil ich per PIN informiert wurde, dass der Brief nichts mit der Fahrpost zu tun hätte wäre zu klären, welche Funktion dieses Schreiben hatte.
    Wenn die Annahme es handle sich um eine Versandanzeige/Rechnung zutrifft, dann hätte er nichts mit der eigentlichen Versendung der Ware zu tun, sondern wäre ein einfacher Postvereinsbrief gewesen. Das Wort "franco" war übrigens auch auf den eigenlichen Paketbegleitbriefen anzugeben, damit die Post wußte, ob die Postgebühren vom Absender oder Empfänger (Porto) bezahlt werden.

    Was mich an die Fahrpost denken lies, war einfach die Möglichkeit, dieses Schreiben der Ware mitzugeben. Inzwischen ist mir klar, dass Fahrpoststücke wie Briefe am Empfangsort ausgeliefert wurden. Der Empfänger benötigte deshalb eigentlich keine Information über die Absendung der Ware.
    Hier bleibt noch die Nachforschung über die damalige kaufmännische Korrespondenz und deren Gepflogenheiten.

    Es bleibt aber die Frage, ob der Spediteur den Brief mitgenommen hat und dann wäre es die verbotene Mitnahme eines Briefes (gegen Bezahlung).
    Eigentlich ist die Suche nach Beweisen für 2 Defraudationen noch nicht erfolgreich gewesen:
    1. Umgehung der Briefpost / 2. Unerlaubte Einlage in Paket

    Beides kann nicht nachgewiesen werden, aber beides war eben möglich. Ich möchte mit diesem langen Beitrag auch aufzeigen, dass die Auseinandersetzung mit fremden Briefen oftmals interessante Informationen für die eigene Sammlung bringen.

    So habe ich mich endlich mit dem eigenen bereits erwähnten "Inliegenden Begleitbrief" (ist ein einfach gefalteter aus blaugrauen Briefpapier bestehendes, ehemals versiegeltes Schreiben) beschäftigt, der nach den neuesten Erkenntnissen einer "Muster ohne Wert"-Sendung beigelegt war und nach der Postverordnung mit im Gesamtgewicht gewogen und bezahlt war und so mit der Fahrpost (über 16 Loth) befördert wurde. Es muss sich um ein in ein mit Wachstuch verpacktes Seidenstoffmuster gehandelt haben, auf dem die Adresse auf ein aufgeklebtes Papierstück geschrieben war. Sonst hätte man das mir vorliegnde inliegende Schreiben als Postadresse genutzt (anhängen ging ja auch nicht, bei der Größe des Pakets bzw. Gewicht und Versendung durch die Fahrpost*).

    Viele Grüße
    Luitpold

    * Für Warenproben und Mustersendungen, welche in einer Art verpackt aufgegeben werden, daß die Beschränkung des Inhaltes auf diese Gegenstände leicht ersichtlich ist, wird im inneren Verkehre von Bayern, sowie bei dem Verkehre nach dem Postvereinsgebiete für je 2 Loth die einfache Brieftaxe nach der Entfernung erhoben. Diesen Sendungen darf nur ein einfacher Brief beigefügt oder angehängt sein, welcher bei der Antaxierung mit der Warenprobe oder dem Muster zusammengewogen wird. Ist der Brief schwerer oder sind die Warenproben oder Muster in den Brief gelegt, so wird die Sendung, d, h. Brief und Probe zusammen als gewöhnlicher Brief taxiert. Die Taxermäßigung kommt sowohl den frankierten als auch den unfrankierten Sendungen zu, und findet daher auch bei Berechnung des Ergänzungsporto für ungenügend frankierte Sendungen gleichmäßige Anwendung. Warenproben über 16 Loth können nur mit der Fahrpost Beförderung erhalten.

    PS Solch ein richtig verwendetes Begleitschreiben findet zwar nicht die Aufmerksamkeit von bayern klassisch - er sucht die "gegen die Vorschrift verwendeten" Stücke, aber auch so etwas muss erst mal entdeckt werden! Bisher ist mir nur dieses eine Stück (aus Würzburg) bekannt!


    In der Hauptverordnung über die Land- und Wasserboten vom 16.11.1822 steht ausdrücklich, dass "den Fracht- und Fuhrleuten durchaus keine Briefbestllung (die der Frachtbriefe ausgenommen) und keine Ladung, welche nicht 15 Pfund übersteigt, gestattet werde".
    Deshalb wäre auch eine Briefmitnahme durch einen Spediteur unstatthaft und wenn die Kiste über 15 Pfund wog, dann müsste die Lieferung mittels Fahrpost erfolgt sein.
    "Den berechtigten Boten ... steht nur zu: hinsichtlich der Briefe und der Schriftenpakete auch unter einem halben Pfunde von Orten, wo keine Briefposten bestehen, welche jedoch der Bote, insoferne derselbe zur weitern Besorgung eine besonder Erlaubnis durch die kgl. General-Postadministration nicht schon erhalten hat, oder nicht noch erhalten wird, jederzeit in dem nächsten Orte auf seiner Route, in welchen eine Briefpost besteht, abzulegen hat."
    Von Lindau nach Wien durfte also kein privater Bote Privat-/Geschäfts-Briefe bestellen, selbst wenn er eine Boten-Erlaubnis gehabt hätte.
    § 11 "Allen zum Botengewerbe nicht berechtigten Personen bleibt es unter Vermeidung polizeilich zu erkennender Bestrafung untersagt, Briefe, Pakete, Waaren, Gerlder, oder andere Versendungen, zum Abbruch der kgl. Posten und der berechtigten Boten zu übernehmen und zu bestellen."
    Es bleibt also die Vermutung, dass man diese Vorschriften einfach missachtete und eventuelle Beanstandungen seitens der Post in Kauf nahm.

    https://books.google.de/books?pg=PA154…0bayern&f=false

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    2 Mal editiert, zuletzt von Luitpold (25. November 2016 um 12:08)

  • Hallo zusammen
    Ich liebe es wen ein Brief so eine Diskussion auslöst....es sind so tolle Überlegungen und Vergleiche hier! :)
    Paar weitere:

    In Inhalt diesenen Avis Briefes lesen wir folgendes
    1 Kiste gefärbte Baumwolltücher mittelfeine Nu 1 Ba Zoll Pfund 323
    1, Diese Brief könnte nie ein Fahrpost Begleitbrief werden – Grund Gewicht

    D Herren Banmann & Co in St Gallen..
    2, Diese Brief war nie in die Kiste, Spendgelin übernahm sie in Lindau und war nie befugt sie aufzumachen. Es war Recht nur von Ämter.

    Durch Hern Joh. Blattner franco gegen f 15; 56
    Von Lindau bis Wien haben wir noch nicht das komplette Bahnverbindung in J1853. Blattner (seine Angestellte) waren mit Beförderung von Spengelin beauftragt. Ware würde Franco versendet, auf dem Brief lesen wir auch Franco. Brief hat Spengelin Blattner mitgegeben.
    Es ist doch nicht auszuschließen das ein Speditionsgeschäft ein besondere Erlaubnis hatte derartige Avis Briefe mitzunehmen und sicherlich nicht Meldung und Kostenfrei.

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    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt