• Liebe Kollegen,
    heute kam ein hochinteressantes Stück ins Haus geflattert. Es handelt sich zwar "nur" um eine Vorderseite, bei der aber auch
    der Rücken entzücken kann, denn es ist ein doppelt verwendeter Brief gewesen.
    Die Rückseite ist unspektakulär, aber für die Erklärung der Vorderseite musste ich ein wenig knobeln.
    Der Brief mit Nr. 37c wurde am 19. Oktober in Straubing aufgegeben. Der Absender hatte als Adresse gerade das Wort
    "Radel" angefangen - daraus sollte wohl Radeldorf oder, wie es offiziell heißt, Radldorf werden, eine kleine Gemeinde
    2 km westlich von Straubing und zu dessen Landbestellbezirk gehörend, daher das Ortsporto.
    Dann hat er sich aber anders entschieden, "Radel" durchgestrichen und nach Perkam adressiert. Er hatte aber bei der
    Auflieferung nicht bedacht, dass Perkam, genauso weit weg von Straubing wie Radldorf im Südwesten liegend, nicht
    mehr zum LZB Straubing gehört, sondern zu Geiselhöring, womit 10 Pfg. Fernporto fällig waren. Die Post notierte
    "noch 8 Pfg." (wobei ich das davor nur vermuten kann: Da 900 M(eter)??). Am folgenden Tag wurde dann nachfrankiert.
    Dabei sind noch zwei Dinge bemerkenswert: Der Postbeamte war sich der Tatsache bewusst, dass die erforderlichen 7 Pfg.
    Nachfrankatur nicht darstellbar waren - es gab ja nur 3- und 5-Pfg.-Marken - und der "Nachfrankierer" musste einen
    weiteren Pfennig verschwenden, da er offenbar keine 5-Pfg.-Marke hatte.
    Ein unscheinbares Stück, das viel erzählen kann.
    [Blockierte Grafik: http://www2.pic-upload.de/img/31431979/Straubing1.jpg
    [Blockierte Grafik: http://www2.pic-upload.de/img/31432087/Straubing2.jpg
    Schönen Tag wünscht die

    weite Welle

  • Hallo Franz,

    na wenn das kein Traum ist, dann weiß ich es auch nicht mehr. DAS ist doch Postgeschichte vom feinsten. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk und Bayern social,
    danke für Euren Zuspruch. Solche Belege können gut erklären, warum man so eine große Freude an der Philatelie haben kann.
    Ich hab noch einen mit fast gleichem Ablauf, da wurden allerdings schon 3 Pfg. verschossen. Offenbar war man sich in dieser
    Gegend öfter mal unsicher über den eigenen Landzustellbezirk.
    [Blockierte Grafik: http://www2.pic-upload.de/img/31434741/BYBV54Nachfrankierungen1.jpg
    Schönen Abend wünscht

    weite Welle

  • Hallo Franz,

    ich repetiere es ungern, aber als Aussteller und/oder Liebhaber, der gerne seine Schätze aufzieht, würde ich mir mal überlegen, diese beiden Schmankerln, verbunden mit einer schönen, alten Karte, auf eine A3 - Seite aufzuziehen. Du wirst sehen, darauf verwette ich eine meiner Sammlungen, dass du dann eine ganz tolle Seite hat, die sich JEDER anschaut, auch wenn er sonst nur Bund und Berlin sammelt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,
    .

    eine andere Form der Nachfrankierung anbei.

    .

    Am Kurhaus Johanniskreuz im - tiefsten - Pfälzerwald, gab man wohl als Angehöriger einer kleinen Reisegruppe zum 17.06.1900 eine Grußpostkarte an in Dresden letztendlich nicht ermittelbare Adresse auf. Dort wurde die Sendung mit dem entsprechenden Hinweiszettel des Kaiserlichen Postamts Marienstraße / Altstadt versehen und am 19.06.1900 retoure geschickt.

    .

    In Johanniskreuz war die Karte dann am 21.06.1900 wieder angekommen, der Absender dort aber nicht mehr anzutreffen, so dass es offenbar weiter ins ca. 7 km nordwestlich liegende Trippstadt ging. Eine andere Erklärung für das Stempelfragment "ADT" oben mittig finde ich jedenfalls nicht. Am 23.06.1900 wurde die Karte dann im davon wiederum 13 km weiter nördlich liegenden Kaiserlautern neu frankiert und neu adressiert nach Edenkoben.

    .

    Dabei wurde offenbar der nicht mehr nötige violette Hinweiszettel mit dem größten Teil des Ankunfstabschlags von Trippstadt abgerissen, die ursprüngliche Adressierung Dresden war sehr wahrscheinlich zuvor schon von der Post "ausgebläut" worden. Dort kam die Karte dann am 24.06.1900 an.

    ..
    Viele Grüße

  • Liebe Freunde,

    Nachfrankaturen sind bekanntlich nicht häufig - noch weniger häufig sind sie aber, wenn es um Dienst- und Freimarken ging. Wenn dann noch der Status des Poststücks mit der Nachfrankatur wechselte, wird es aber schon ganz, ganz eng mit dem vorzeigbaren Material ...

    Eine Dienstdrucksache aus ??? (ich kann weder das Dienstsiegel links, noch den Stempel rechts lesen) vom ?? 1919 war an das Protestantische Pfarramt in Lauben im Günztal gesandt worden, wo sie keinen Ankunftsstempel erhielt - leider!

    Danach strich man die alte Adresse durch und notierte jetzt, blau unterstrichen: Volksbund zum Schutz der deutschen Kriegs- u. Zivilgefangenen Berlin S W 68 Zimmerstr. 72 - 74".

    Nun ein Fernbrief, der verschlossen wurde, frankierte man mit 15 Pfg. in Lauben am 14.3.1919 den Brief, der auch bei seiner Ankunft in Berlin keinen Stempel erhielt.

    Es wäre schön, wenn man herausfinden könnte, von wo die Drucksache stammte ...

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    schwer zu entziffern. Ich lese beim Dienstsiegel: K.B? Pfarramt Enser Feebuch?

    Unten im Dienstsiegel kann ich noch ...mingen lesen, genauso wie im Poststempel.

    Mein Tipp ist Memmingen, ist auch nicht so weit entfernt vom Ort Lauben, wenn ich richtig geschaut habe.

    Ich kann es allerdings auch nicht 100 % entziffern.

    Grüße

    Christoph

  • Hallo Christoph,

    ja, Memmingen könnte es heißen - klasse! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Nachfrankaturen sind bekanntlich nicht häufig - noch weniger häufig sind sie aber, wenn es um Wappen und Luitpold geht.

    Brief mit Inlandsporto gelaufen von München nach Garmisch.

    Der Herr Ingenieur war aber abgereist nach Davos.

    Also hat man in Garmisch eine 10 Pfennig Wappen daneben geklebt, und somit das Auslandsporto erreicht.

    Die 10 Pfennig Luitpold war zu diesem Zeitpunkt noch keine 3 Wochen am Schalter!

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo Sammlerfreunde,

    das anbei ist schon eine sehr nette Geschichte, die man sich geradezu bilderbuchmäßig aus der Zeit zurück dazudenken kann. Zunächst aber eine kleine Vorgeschichte zum Absender Georg Böhm / Wachenheim: Vielleicht ist ja jemanden beim Genuss von Sektprodukten schon einmal der Name "Schloss Wachenheim" geläufig geworden. Errichtet wurde es im südlichen Teil der Ortslage Wachenheim, auf einem im Jahre 1725 von Freiherr Johann Georg von Sussmann erworbenen Gelände. Der Hofgerichtsrat des Kurfürsten von Mannheim ließ dort ein Schloss im ländlichen Barockstil sowie einen Wirtschaftstrakt errichten, denn zu dem Anwesen gehörten auch Weinberge und Äcker.

    Im Laufe des 19. Jahrhunderts wechselte der „Sussmann’sche Hof“ mehrmals den Eigentümer - bis der Weinhändler Georg Böhm das Anwesen in den 1880er Jahren kaufte, um eine Schaumweinfabrik zu errichten, die im Jahre 1888 gegründete „Deutsche Schaumwein AG, Wachenheim". Der von dem Unternehmer Böhm anbei in die Schweiz adressierte Brief wurde versehentlich oder vielleicht von einem Mitarbeiter "mehr als schlitzohrig" - wir wissen es nicht - mit nur 10 Pf freigemacht und wahrscheinlich auch so in den Briefkasten geworfen.

    Auf dem Postamt bemerkte man natürlich die Unterfrankatur und schlug schon den Taxstempel ab, kam dann aber vor der Entwertung wahrscheinlich zu der Überlegung, dass es bei dem Adressaten, evtl. ein Kunde Böhm`s, ja gar nicht so gut ankommen würde, wenn er dafür ein Strafporto zu entrichten hätte. Andererseits würde es wiederum recht gut ankommen, wenn man den selbigen vor evtl. Ärger mit seinem Kunden bewahrt. Also wird ihn das Postamt wohl in geeigneter Weise auf eine Nachfrankatur aufmerksam gemacht und den Brief dann am Nachmittag noch des gleichen Tages auf den Weg bekommen haben.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Lieber Tim,

    ein Superbeleg, den man nur finden und nicht suchen kann. Deine Geschichte dahinter: alle Achtung, aber nur so kann, muss es gewesen sein.


    Liebe Grüße aus Frankfurt

    Heribert

    P.S. Ich hoffe das Büchlein ist zu Deiner Zufriedenheit.

  • Hallo Heribert,

    merci, merci und auch Deine kleinen Pfalzgeschichten sind hier - natürlich - sehr gut aufgeschlagen.

    LG

    Tim ;)

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    eine Nachfrankatur, wie ich sie nur selten sah:Postkarte des Forstamts in Tschirn mit Dienstsiegel oben rechts und unten links dem Stempel "Frei durch Ablösung", aber mit Marke zu 15 Pfg. Volksstaat Bayern überklebt und den "Frei durch Ablösung" - Stempel mit Blaustift annulliert. Was war passiert? Forstämter waren doch in aller Regel portobefreit und als Empfänger noch das Postamt in Kronach?

    Nun, um herauszufinden, warum man hier so vorging, müssen wir die Rückseite lesen:

    "Meine Telephonleitung wurde heute Nacht durch Sturm mehrfach gestört (in der Nähe von Tschirn). Ich ersuche dringend um baldige Ausbesserung. Tschirn, 12.1.20 Der Forstamtsassessor Gebhardt".

    Eine spätere Hand fügte hinzu: "Erledigt 16.1.20 nach Schaden. Gez. Unterschrift".

    Für mich interessant ist, dass die Beschädigung einer amtlichen Telefonleitung (eine private wird es ja nicht gewesen sein) für unseren Forstamtsassessor wohl keine Portofreiheit bei der Meldung an die Poststelle rechtfertigte, sondern er die Karte über Dienstmarken abrechnen musste.

    Viele Telefone dürfte es in Tschirn 1906 eh nicht gegeben haben - und von Privaten schweigen wir da eher (in meiner Familie gab es das erste Telefon um 1970 und den ersten Farbfernseher 1972 zum Anlaß der Olympischen Spiele).

  • Morschen Ralph,

    es gab 1920 generell längst keine Portofreiheit der Staatsbehörden mehr. Dafür gab es bis zur Einführung der Dienstmarken zunächst pauschale Abschlagszahlungen, woraus sich das "Frei durch Ablösung" ergab. Dieses Prinzip wurde für die Eisenbahnbehörden schon am 1.1.1908 mit den E-Lochungs-Dienstwerten und für die sonstigen Behörden mit den Staatswappen-Dienstwerten zum 1.8.1916 aufgehoben.

    Der Forstamtsassessor hat "nur" eine Dienstkarte aus der Zeit verwendet, wo man A) den ebenfalls längst nicht mehr gültigen Ablösevermerk mit einem Stempel und B) seinen Behördenstatus mit dem Dienstsiegel angebracht hatte. Man sieht das auch sehr häufig, dass der "Frei durch Ablösung" auf (längst) veralteten, aber weiterhin verwenden Dienstkuverts gedruckt und nach Einführung der Dienstmarken durchgestrichen wurde, als die Ablöseverträge zwischen Post und anderen Behörden aufgehoben waren (siehe Beispiel anbei).

    Der Übergang zur Dienstmarke erfolgte auch in Bayern aufgrund des Umstandes, dass die Post bei allgemein steigendem Verkehrsaufkommen meinte, bei den pauschal vereinbarten Abschlagszahlungen der Behörden benachteiligt worden zu sein.

    Im Deutschen Reich erwies sich das für die Reichspost als Bumerang, da anhand der Zählung mit den für Zählzwecke extra herausgegebenen Zählwerten "Frei durch Ablösung" im Germania Hintergrund genau das Gegenteil eintrat, da die damit erwiesenen Einnahmen deutlich unter den der Ablösesummen lagen.

    Trotz alledem sind solche Stücke m.E. besonders sammelwürdig, da sie den Hergang der Dinge wie hier auch optisch sehr schön geraten abbilden.

    LG

    Tim

  • Morsche Tim,

    danke für den Exkurs in mir kaum bekannte Welten der späten bayer. Postgeschichte. Der Kaufgrund war eigentlich auch nur der Tatsache geschuldet, dass es eine Dienstkarte an ein Postamt mit Schilderung von Telefonproblemen war (es gibt ja auch Telefonkarten in Bayern, da wäre solch ein Stück eine nette Beimischung). Zum Preis eines BP$ dürfte ich da auch nichts verkehrt gemacht haben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.