• Hallo zusammen,
    Schön, dass bei den sonst so beschaulich ruhigen Baden-Themen in letzter Zeit so viel los ist! Mit einem kleinen Briefchen aus der Nach-DÖPV-Zeit kann ich sogar einen neuen Thread beginnen.

    Wie so oft ist es auch bei diesem kleinen Brief anhand der Frankatur kaum möglich, das Verwendungsjahr zu bestimmen. Schon ab Juni 1867 reduzierte sich das Porto für badische Post nach Belgien gemäß Tarif AV (Belgien, Dänemark, England, Niederlande, Norwegen, Russland und Schweden über Preußen bzw. Taxis) von bisher 12 auf 7 Kr. (wovon 1 Sgr. als Weiterfranko zu vergüten war) Quelle: Reiner Backs "Tarifhandbuch Großherzogtum Baden mit dem Ausland 1851-1871" von 2013. Und die Michelnr. 25 a. gab es auch schon seit September 1868.

    Interessant ist der für einen Auslandsbrief ungewöhnliche Beginn des Laufwegs: eingeliefert wurde der Brief am 16. März 18?? beim Heidelberger Karlstor-Bahnof, wo eine Postablage installiert war. Per Bahnlinie Würzburg-Ludwigshafen wurde er ein kurzes Stück bis zum Heidelberger (Haupt-) Bahnhof befördert. Den schwachen Abdruck des Bahnpoststempels kann man auch als Entwerter erkennen - da hatte man wohl zunächst die Absicht, den Brief ohne Zwischenstopp bei der Heidelberger Postexpedition weiter zu befördern. Aber vermutlich waren sich die Beamten im Postwagen wegen der ungewohnten Destination Belgien nicht sicher über den richtigen Laufweg und luden den Brief im Heidelberger Bahnhof wieder aus - die "Hauptpost" lag bis 1955 direkt gegenüber dem (alten) Bahnhof. Dort schlug die Heidelberger Postexpedition ihren Stempel deutlich lesbar ab.

    Siegelseitig ist neben einem kleinen (preußischen ?) Durchgangsstempel ein Ankunftstempel aus Brüssel vom 18. März abgeschlagen, auf dem leider nicht ganz deutlich - aber immerhin sehr wahrscheinlich - das Jahr 1871 lesbar ist.

    Viele Grüße
    Alfred (balf_de)

  • Lieber Alfred,

    was für ein schöner Brief! :P:P Da verwöhnst du uns aber wirklich.

    Er ist von 1871, das kann ich sicher aus dem AK - Stempel lesen. Der kleine Einkreisstempel ist der des Briefträgers von Brüssel.

    Was ich mir vorstellen könnte hinsichtlich des genauen Laufwegs: Auslandsbriefe waren mit dem P.D. - Stempel in rot zu bedrucken, aber ob die kleinen Poststellen (Filialen, Postablagen usw.) diesen hatten, halte ich für sehr fraglich (weil damit viel Wichtiges zusammenhing, gerade was das liebe Geld anging). Daher kann ich mir gut vorstellen, dass man den Brief in Heidelberg absichtlich ausgeladen hat, um ihn korrekt fürs Ausland zu behandeln = abzustempeln.

    Ein ganz reizvolles Stück, an dem man sich kaum satt sehen kann. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,
    nach dem oben gezeigten Frankobrief kann ich seit gestern auch einen Portobrief aus Heidelberg nach Belgien zeigen:
    einige Jahre früher, am 26. Juli 1852 wurde von Heidelberg aus nach Ninove geschickt, wo er sei Tage später eintraf. Der Beförderungsweg über Preussen ist durch den siegelseitigen Zugstempel Coeln-Vervier vom 27. Juli dokumentiert. von einem weiteren - grünen - Stempel kann ich das Wort "Allemagne" entziffern; es handelt sich vermutlich um einen Grenzübergangsstempel. Ein zarter roter Ankunftstempel aus Ninove zeigt das Datum 28. Juli.
    Zum Porto habe ich in Bracks Auslands-Handbuch nachgelesen: nach dem Tarif A V betrug ab April 1852 der Postvereinsanteil (den Baden kassierte) für Briefe bis 1 Loth 9 Kreuzer, der Anteil Belgiens nach Ninove (im 2. Entfernungsrayon) 7 Kreuzer. Ein Frankobrief hätte also 16 Kreuzer gekostet. Ebenfalls im Brack-Handbuch findet sich eine Reduktionstabelle Centimes - Kreuzer. Da werden z.B.14 Kreuzer zu 50 Centimes reduziert. Von daher habe ich ein Problem mit dem Taxvermerk, den ich als "36" lese - 56 Kreuzer wären da wahrscheinlicher. Oder habe ich mich verrechnet?

    Interessant ist auch der vorderseitige Stempel, der in der Belegbeschreibung wie folgt beschrieben ist:

    Beschreibung
    "HEIDELBERG" Ra.2 klar und seltener
    L1 "U.P.A.3er R" in schwarz, klar (Union Postale Allemand), kpl.
    Prachtbrief 1852 nach Ninove in Belgien, rs. 2 belgische Stpl.

    O.k. - wenn das ein "klarer Stempel" ist, möchte ich lieber keinen unklaren sehen …
    Nach Bracks Handbuch gab es beim Tarif von 1852 nur zwei Rayons in Belgien; vielleicht heißt es ja "2è R.". Ansonsten habe ich nichts über diesen Stempel gefunden. Kennt ihn hier jemand? Ich habe ihn anliegend vergrößert gescannt

  • Lieber Alfred,

    ein nettes Stück, das man viel besser - und vor allem viel früher - kaum von Heidelberg finden wird.

    Was du als "36" liest, ist in Wirklichkeit eine "3" für 3 Silbergroschen, die Baden aus dem 3. vereinsländischen Rayon zu Aachen (Preussens Vereinsausgangspost zu Belgien) zustanden und die postalisch 9 Kreuzern entsprachen.

    Belgien hat diese 3 Sgr. Vortaxierung Badens nicht gestrichen, sondern gleich sein Endporto für den Empfänger in Ninove von 6 Decimes angeschrieben.

    Als der Monat bzw. das Quartal herum war, galt es zu rechnen, wer die höheren Transite hatte: Baden, oder Preussen. Hatte Baden mehr preussische Korrespondenz nach Frankreich, der Schweiz, Italien usw. von Preussen erhalten, als Preussen badische Briefe über Preussen hinaus, bei dem keine preussische Poststelle, wie hier, als Vereinsausgangspost fungierte, dann wurde in badischer Währung von Preussen Ersatz geleistet.

    War es umgekeht, dann musste Baden an Preussen in preussischen Silbergroschen die Transitkostendifferenz entrichten.

    Was es von Bayern 1 oder 2 mal geben soll, waren Briefe über Frankreich nach Belgien, nicht, wie es die Regel war, über Preussen. Wohl dem, der als Badener beides zeigen kann (im Idealfall jeweils hin und her, franko und porto!).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Balf_de

    ich versuche einmal mein Glück . Der Empfänger zahlte gesamt : 60 centimes (6) welche sich wi folgt zusammen setzen:

    20 centimes Inlandtarif ( 2 rayon) + 40 centimes für den Auslandsanteil
    die 40c entsprachen laut belgisch-preussischem Postvertrag von 17.1.1852 3 Silber Groschen für den dritten preussischen Rayon

    Hier ein Auszug auf meinem belgischen Portobuch mit Reduzierung in SG, leider auf französisch

    Quelle : E.&M. Deneumostier Tasrifs postaux internationaux 1849-1875


    P. S BK war etwas schneller

    Phila-Gruß

    Lulu

  • Hallo Freunde,

    ganz herzlichen Dank für Euere Hilfe!

    Bei der Gelegenheit wird mir wieder einmal klar, wie wichtig die Literatur ist - und was mir alles fehlt …

    ...ist auf jedenfall der U.P.A.3eR., nach van der Linden Nr.2892.

    Quelle : E.&M. Deneumostier Tasrifs postaux internationaux 1849-1875

    … aber wozu hat man Freunde, die immer wieder dabei helfen, die Lücken zu schließen!

    Als der Monat bzw. das Quartal herum war, galt es zu rechnen, wer die höheren Transite hatte: Baden, oder Preussen. Hatte Baden mehr preussische Korrespondenz nach Frankreich, der Schweiz, Italien usw. von Preussen erhalten, als Preussen badische Briefe über Preussen hinaus, bei dem keine preussische Poststelle, wie hier, als Vereinsausgangspost fungierte, dann wurde in badischer Währung von Preussen Ersatz geleistet.

    Da habe ich wieder einmal etwas durcheinander gebracht: bei Briefen aus dem Ausland kassierte das erste (Transit-) Land im Postverein das gesamte Porto. Vielen Dank für die Korrektur!

    Was es von Bayern 1 oder 2 mal geben soll, waren Briefe über Frankreich nach Belgien, nicht, wie es die Regel war, über Preussen. Wohl dem, der als Badener beides zeigen kann (im Idealfall jeweils hin und her, franko und porto!).

    Na ja, träumen kann man ja davon, so etwas zu zeigen. Aber - wie Du weißt, lieber Ralph, mit der Begrenzung auf "Heidelberg" ist man diesbezüglich doch etwas gehandicapt ..

    Nochmals: vielen Dank und herzliche Grüße
    Alfred (blaf_de)

  • Liebes Forum,

    ich zeige hier einen Brief vom April 1817 von Heidelberg über Köln und Aachen nach Brüssel.

    Ich kenne mich mit Taxierungen überhaupt nicht aus, vermute aber, dass er bis Köln 8 Kreuzer (?) gekostet hat. Korrekt?

    Auf der Rückseite erkenne ich schwach den Grenzübergangsstempel "Duitsch-Grensk: te Henri-Chapelle" (van der Linden 998).

    Wie kommen die 14 und die anderen Vermerke zustanden?

    Danke für Eure Hilfe.

    Liebe Grüße

    Jens

    Einmal editiert, zuletzt von uie4 (4. Dezember 2023 um 11:04)

  • Hallo Jens,

    der Absender bezahlte in Heidelberg 8 Kreuzer (siegelseitig) für Baden bis zur Postgrenze Thurn und Taxis.

    Vorne hatte der Absender "franco Cologne" notiert, also Franko bis Köln, aber das war offensichtlich falsch und 8 Kreuzer reichten bis dahin nicht.

    Für den Transit über Hessen fielen wohl 2 Gebühren an, die ich nicht sicher lesen kann (auch Rötel) und dieselbe Hand strich "Cologne" und ersetzte es durch "Gränze". Die beiden Rötel könnten als jeweils 1 1/2 gelesen werden, aber das wäre in Kreuzern zu wenig und bei Batzen hätte Frankfurt am Main nicht die Halben so geschrieben.

    Preußen notierte sicher in typisch preussischem Weinrot mit Tinte 8 Gutegroschen, was viel Geld war, aber der Brief wog auch, siehe oben links, 1 Loth.

    Ob der Empfänger 14 Stuiver bezahlte, halte ich für wahrscheinlich.

    Aber unsere Preussen bzw. Karl, der alles über preussische Transite weiß, werden hierzu sicher mehr sagen können, als ich es kann.

    Der Adressat klingt auch nicht so schlecht, da könnte man im Internet sicher einiges dazu finden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Jens,

    der Brief war mit 8 Kr. bis zur badisch-taxisschen Grenze bezahlt (Tarif 1812, 3. Gewichtsstufe, 2 1/4-Meilen bis 6 Meilen).

    Die Rötel-Taxierungen müssten der taxissche Transit sein. Hierzu habe ich jedoch keine Unterlagen.

    Sicher ist, dass Preußen seinen Transit sowie den taxisschen Transit mit 8 Ggr. an die Niederlande belastet hat (die belgischen Gebiete gehörten zu dieser Zeit zu den Niederlanden). 8 Ggr. entsprachen 12 Stuiver. Das niederländische Porto bis Brüssel betrug 4 Stuiver, ergäben zusammen 16 Stuiver. Warum nur 14 Stuiver angeschrieben wurden, kann ich leider nicht sagen.

    Grüße

    Karl

  • Lieber Ralph,

    danke für die Hinweise.

    Adressat und besonders der Absender sind sehr interessant, auch der Inhalt. Ich halte noch ein wenig die Spannung aufrecht und werde dann auch hier berichten.

    Gruß

    Jens

    Der Adressat klingt auch nicht so schlecht, da könnte man im Internet sicher einiges dazu finden ...

    Einmal editiert, zuletzt von uie4 (5. Dezember 2023 um 20:20)

  • Hallo Karl,

    danke für Deine Hinweise. Kann es nicht sein, dass das niederländische Porto für die Regierung/das Innenministerium reduziert ist?

    Gruß

    Jens

    Das niederländische Porto bis Brüssel betrug 4 Stuiver, ergäben zusammen 16 Stuiver. Warum nur 14 Stuiver angeschrieben wurden, kann ich leider nicht sagen.

    Grüße

    Karl