Liebe Freunde,
heute zeige ich einen simplen Brief, wie er simpler kaum sein könnte, wenn man ihn von außen sieht. Aber so simpel sind wir ja nicht ...
Die Adresse lautet: "Herren Langheinrich & Hagen Hof franco". Die Postaufgabe erfolgte in Nürnberg am 26.4.1822. In typischem Nürnberger Blau wurde siegelseitig notiert 18 Kreuzer.
Misst man die Entfernung von Nürnberg nach Hof, kommt man auf 105 km bzw. damals 14,1 Meile. Einfache Briefe bis 1/2 Loth (8,75g) kosteten zwischen 12 und 18 Meilen 6 Kr., wonach dieser Brief hier 9 Kr. bis 1 Loth, 12 Kr. bis 1,5 Loth, 15 Kr. bis 2 Loth - ja, 18 Kr. über 2 bis 2,5 Loth gewogen haben musste.
Heute wiegt er 4g, also unter einem Viertel Loth - was also war geschehen?
Die Rückseite verrät uns: "Regensburg 25. April 1822 (in Klammer setze ich, was der Empfänger schrieb, nämlich "empfangen 30 dito) Gebrüder Bernard".
Aha, man hatte also den Brief in Regensburg geschrieben, aber in Nürnberg erst zur Post gebracht, was bei der ursprünglichen Strecke von 140 km bzw. damals 18,8 Meilen eine Ersparnis von 6 Kr. total ausmachte, immerhin.
Aber erst wenn man den Inhalt bzw. das Handgeschriebene liest, erschließt sich einem das Gewicht und die Beförderungsart:
"Wir bitten um gefällige Besorgung der Einlange, und uns daß Porto per Hirschberg zu belasten". Daher wehte also der Wind - man kündigte den Reisenden Michelli an, der sicher diesen Brief in Regensburg in die Tasche gesteckt bekam mit der Weisung, ihn in Nürnberg aufzugeben und wies darin den Empfänger in Hof an, die Einlagen günstig in Hof bis Hirschberg frankieren zu wollen, wofür man später aufkommen wollte.
Gemeint war wohl Hirschberg an der Saale, 16 km von Hof an der Saale entfernt, oder Hirschberg in Schlesien, 285 km von Hof entfernt, jedoch beide in Preußen liegend. Das bayerische Grenzpostamt Hof (und nur dieses in ganz Bayern) war aber ein Gemeinschaftspostamt Bayerns, Preußens und Sachsens, so dass bei der postalischen Aufgabe dort überhaupt kein bayerisches Porto anfiel, wie es immer zwischen Regensburg oder Nürnberg und einer preußischen Stadt angefallen wäre.
Ersparnis(se): Brief mit Einlagen 6 Kr. durch Postaufgabe in Nürnberg.
Mehrere Briefe (Einlagen) in Hof nach Preußen mindestens 3 Kr. plus X durch Aufgabe in dem preußischen Postamt Hof, da nichts für Bayern und weniger für Preußen, da Inlandstarife galten.
Auf den nächsten vergleichbaren Brief freue ich mich schon jetzt.
P.S. Wer nicht glauben kann oder mag, dass das junge Bayern zum 1.12.1810 so generös war und offizielle Einlagen in Briefen gestattete, für den habe ich aus den Originalakten den Passus kopiert (unten rechts, vorletzter Absatz), in dem diese Thematik, die die Postverwaltungen ja hassten wie die Pest, expressis verbis toleriert wurde; der Staat war halt noch jung, die Staatspost auch und man wollte wohl großzügig sein und weniger ärarisch vorgehen, als alle anderen Staatsposten.