• Liebe Freunde,

    Wer das Neue Jahr mit einer kleinen Knobelei beginnen will, wird hier bedient, indem er (oder sie) versucht, die Laufwege dieses Prachtstücks nachzuvollziehen. Ich bin einigermaßen weit vorgedrungen, will hier aber jetzt zunächst noch nichts weitergeben.

    Viele Spaß und viele Grüße von maunzerle:thumbup:

  • Guten Morgen,

    offensichtlich konnte das voranstehende Rätsel niemand aufklären.

    Daher möchte ich als Threaderhaltungsbeitrag zwei einfachere Irrläufer zeigen.

    Es handelt sich jeweils um 2 PZUs, die als Dokumentation der ordnungsgemäß

    erfolgten Zustellung von Neustadt Haardt unfrei mit 30 Pf zu Lasten des

    Empfängers taxiert (20 Pf Insinuationsgebühr, 10 Pf Rücksendung) ans Pfandgericht Neunkirchen geschickt werden sollten.

    Das erste Schreiben wurde in Neustadt am 24. Nov. 1883 um 12 Uhr vormittags abgefertigt und traf am gleichen Tag zwischen 6-7 Uhr nachmittags in Neunkirchen Regierungsbezirk Trier ein.

    Leider handelte es sich um das falsche Neunkirchen (aktuell gibt es 9 selbstständige Gemeinden dieses Namens in Deutschland) und man sandte das Dokument am 27.11. 10-11 Uhr vormittags nach Neustadt zurück, wo es um 4 Uhr nachmittags eintraf.

    In Neustadt startete man nunmehr den 2. Versuch nach Neunkrichen Baden, der laut Ankunftsstempel vom 28.11. 11-12 nachmittags letztendlich erfogreich verlief.


    Das 2. Schreiben ist gewissermaßen der Zwillingsbruder des ersten,

    ebenfalls am 24. Nov. 1883 von Neustadt Haardt nach Neunkirchen

    expediert allerdings erst um 4 Uhr nachmittags, also erst mit dem nächsten

    oder übernächsten Zug.

    Eintreffend am gleichen Tag um "a 12 N" in Neunkrichen R. B. Trier erfolgte

    im Gegensatz zum Vorgänger diesmal keine Rücksendung nach Neustadt.

    Stattdessen notierte man auf der Vorderseite "welches Neunkirchen" ergänzte

    "bei Aglasterhaus(en)" und "Baden" und schickte offensichtlich direket an die korrekte Adresse, wo der Eingang am 26.11. um 10-11 Uhr vormittags vermerkt ist.

    Bleibt die Frage, warum ist man mit dem ersten Brief nicht genauso verfahren,

    sondern hat ihn am 27.11 zunächst nach Neustadt zurückgeschickt ???

    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

    2 Mal editiert, zuletzt von oisch (14. März 2020 um 11:41)

  • Hallo Klaus,

    na das gibt ja dann mal eine NW-Präsentationsseite vom Allerfeinsten ! :P Glückwunsch zu diesem kuriosen Paar. In Neunkirchen / Saar Ankunft des Direktumgeleiteten um 12 nachmittags ist klar, bei dem Ankunftsabschlag der Retoure 6-7 nachmittags in Neunkirchen / Saar gehen ich von 18-19 Uhr aus. Ergo ist der Direktumgeleitete früher in Neunkirchen / Saar eingetroffen als die Retoure. Klar stellt sich so die Frage: Wenn man nach dem Direktumgeleiteten im Prinzip schon wußte, wo die Retoure eigentlich hingehört, warum hat man dann diese dann überhaupt vollzogen ? Meine 2 cents dazu: Vielleicht um dem Absender in bischen zu "schulmeistern", dass das jetzt nicht noch öfters passiert ? Das beim Retourebeleg später aufgeklebte Adress-Etikettchen zeigt auch, dass er beim Absender wieder aufgeschlagen sein muss, denn die Post darf derartiges ja nun nicht anbringen ? ;)

    Lieben Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    danke für die Antwort.

    Die Direktumleitung ging laut Stempel allerdings am 24.11. erst um 4 Uhr Nm., also 16 Uhr in NW ab.

    D.h. Ankunft in Neunkirchen war somit am 24.11. nicht um 12 Uhr (nach)mittags sondern nachts (also 0.00 Uhr ... steht dafür eventuell das "a 12 N." im AK-Stempel ???). Die Retoure kam dagegen laut AK-Stempel vom gleichen Tag schon um 18-19 Uhr in Neunkirchen an.

    Für Deine "Denkzettelerklärung" sollte das aber keine Rolle spielen, denn am gleichen Tag wurde sicherlich kein Zustellversuch mehr unternommen. Der erfolgte meines Erachtens erst am 25.11. und erst bei dieser Gelegenheit konnte die Fehlleitung beim Pfandgericht festgestellt werden (bei der Post war dies ja nicht möglich). Also gingen beide zurück zur Post in Neunkirchen zurück und dort wurde verfahren, wie von Dir beschrieben.

    Die beurkundeten Briefe gingen übrigens an die Neustadter Kaufleute Abraham Runkel (Retoure) bzw. seinen Bruder Louis Runkel (Direktumleitung), entgegen genommen hat sie jeweils Abraham Runkel und die Zustellung erfolgte durch den Postboten Mohrbacher.

    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    anbei ein Brief von 1864, der einen sehr ungewöhnlichen Weg genommen hat. Adressiert war der Brief par St. Petersburg nach Libourne (Gironde) in Frankreich.

    Der Brief wurde am 2.3.1864 (jul.) in Tiflis, Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements im Kauskasus, geschrieben. Da es dort noch keine Eisenbahnverbindung gab, erklärt sich die lange Laufzeit auf russischem Territorium, denn der Brief erreichte erst nach 15 Tagen bei Eydtkuhnen preußisches Gebiet. Hier sieht man schon die ersten Eigentümlichkeiten. Der Brief ist mit hoher Sicherheit über Kiew oder Moskau gelaufen und mit der dortigen Post nach Preußen geleitet worden. Auf diesem Weg hat er nicht St. Petersburg berührt, da er ansonsten die übliche Behandlung durch die preußische Bahnpost erfahren hätte und keinen Stempel des Postamts Eydtkuhnen aufweisen würde. Ebenfalls ungewöhnlich ist der Stempel AUS POLEN für diesen Brief, passend hingegen der Verrechnungsstempel P.33. für Portobriefe nach Frankreich. Nun wird der Leitweg aber abenteuerlich:

    29.3. Eydtkuhnen (Preußen)
    31.3. Ludwigshafen (Bayern)
    31.3. Badische Bahnpost (2x) (Baden)
    31.3. Bahnpost BINGERBRÜCK-SAARBRÜCKEN (Preußen)

    1.4. PRUSSE FORBACH (vorderseitig, Frankreich)

    1.4. STRASBOURG A PARIS

    2.4. PARIS sowie PARIS A BORDEAUX

    3.4 Ankunft Libourne

    Zwischendurch hat Baden noch 20 Kr. Portobelastung notiert, die wieder gestrichen wurden.
    Die rot notierte und unterstrichene Bemerkung Direct (?) erschliesst sich mir nicht.
    Die französische Post taxierte wie üblich 11 Dec.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    Glückwunsch zu diesem "schäppen Hund" - ich gucke mir mal morgen die Bahnpostverbindungen an, die wichtig sind, um ihn erklären zu können (auf deutscher Seite). :love::love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    ausweislich meiner Bahnpostunterlagen Badens steht der Zug 6 Stempel vom 31.3.1864 für die Strecke Offenburg (nächst Strasbourg) Abfahrt 08.50 Uhr nach Heidelberg Ankunft 12.32 Uhr.

    Der Zug 15 Stempel steht für Heidelberg Abfahrt 09.10 Uhr nach Karlsruhe, Ankunft 10.25 Uhr.

    Der Stempel von Ludwigshafen kam nur im Einzeltransit auf Briefe von Baden nach Frankreich, die über die Pfälzer Bahn nach Saarbrücken (=Forbach) liefen.

    Der Stempel Bingerbrück-Saarbrücken auch vom 31.3. hat noch eine III, wenn ich das richtig lese, aber ich kann diesen tageszeitlich nicht genau einordnen.

    "Direct" war ein Terminus der Badener, wenn sie einen Brief unter Umgehung von üblichen Leitungen "direct" einer anderen, ausländischen Poststelle zuleiteten, als der, die postvertraglich vorgesehen war.

    So, jetzt bist du dran. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Michael,

    was für eine Bombe, Gratulation dazu, schöner geht das nicht mehr !

    Viele Grüße :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... passt eigentlich wegen der vielen badischen und bayerischen Stempel eher in die Contra - Sammlung eines in Südhessen wohnenden, ex-Ludwigshafeners ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    danke.

    Lieber Ralph,

    vielen Dank für das Raussuchen der Züge. :thumbup:

    Meine Interpretation sähe dann so aus:

    Für die eigentliche Fehlleitung in Preußen gibt es 2 Möglichkeiten
    - ein schlichter Sortierfehler

    - man übersah den Hinweis France links oben und las statt Libourne das italienische Livorno und spedierte den Brief über Baden Richtung Schweiz.

    Im Zug Heidelberg-Karlsruhe wurde das Briefpaket geöffnet und man begann mit der Bearbeitung. Notierte 20 Kr. und bemerkte dann den Fehler. Da der badisch-französische Postaustausch nicht für russische Briefe vorgesehen war, wurde der Brief mit der Notiz Direct dann dem entgegenkommenden Zug Offenburg-Heidelberg zur Rückleitung übergeben. Von Heidelberg ging es nach Mannheim und dort über den Rhein nach Ludwigshafen. Von hier via Mainz nach Bingerbrück. Dort mit dem Zug nach Saarbrücken und dann nach Forbach/Frankreich. Dort wurde der Brief einem Zug Strasbourg-Paris übergeben und alles weitere war dann wieder normal.

    Sollte hier eine Unplausibilität drin stecken, bitte ich um Korrektur.

    ... passt eigentlich wegen der vielen badischen und bayerischen Stempel eher in die Contra - Sammlung eines in Südhessen wohnenden, ex-Ludwigshafeners ... :D

    Kann ich (fast) nachvollziehen, aber der Fehler erfolgte doch schon in Preußen. :/

    Allerdings dürfte es nicht viele russisch-französische Briefe mit bayerischer Beteiligung geben. ^^

    Viele Grüße

    Michael

  • Lieber Michael,

    so könnte es gewesen sein - kannst du noch etwas zu dem Bingerbrück - Stempel (ist das hinten eine III und wenn ja, welche Bedeutung hätte das hier?) sagen?

    Ich habe außer diesem noch einen gesehen, der von Baden über Ludwigshafen über Forbach und Frankreich nach Spanien lief, sonst kenne ich diese Stempelfolge gar nicht, daher wäre der schon etwas für mich, aber sicher ist er bei dir bestens aufgehoben, gar keine Frage. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    die römische III bezeichnete den Zug des Tages in dieser Laufrichtung. Leider habe ich von den 60er Jahren noch keine Zugfahrpläne.

    Muss mich übrigens noch selber korrigieren: Ein Lesefehler Livorno ist unplausibel, da der Brief mit P.33. gestempelt wurde, was nur zu Briefen nach Frankreich passt. Also wohl ein schlichter Sortierfehler.

    Viele Grüße

    Michael

  • Lieber Michael,

    vlt. hat einer noch die Fahrpläne, das wäre hier wichtig.

    Die badische Post konnte mit dem Stempel P.33. nichts anfangen, weil dieser die preussisch-französischen Postverträge völlig unbekannt war. Es ist ja schon interessant, dass ein Brief AUS Russland noch die Anschrift auf kyrillisch zeigt - bisher kannte ich das nur bei Briefen NACH Russland.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    habe einen Fahrplan von 1865 (also dem Folgejahr) gefunden. Danach fuhr der 3. Zug um 7:05 abends aus Bingerbrück ab und kam um 10:45 nachts in Saarbrücken an.

    Es ist klar, dass die badische Post mit dem P.-Stempel nichts anfangen konnte. Aber die Verwendung auf preußischer Seite zeigt, dass man den Brief nach Frankreich schicken wollte. Von daher bleibt nur ein Versehen bei der Briefsortierung.

    Viele Grüße

    Michael

  • Lieber Michael,

    danke für die Interpretation der III - dann passt es ja. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    einen - wie ich finde - passenden "Irrläufer" kann ich zu diesem Thread beisteuern.

    Portobrief der ersten Gewichtsstufe aus dem Jahr 1852 von Manchester (24.07.) über London (26.07.), Ostende und Aachen (27.07.) nach Mühlhausen in Thüringen.

    In London werden mit schwarzer Tinte die dem Vereinigten Königreich gemäß Postvertrag Vereinigtes Königreich/Preußen von 1846 zustehenden Gebühren notiert: 6d für Preußen + 2d für Belgien. Das vom Empfänger zu zahlende Porto in Höhe von 10 Sgr. notiert Aachen mit blauer Tinte notiert (Zusammensetzung: 5 Sgr. (Vereinigtes Königreich) + 1⅔ Sgr. (Belgien) + 3⅓ Sgr. (Preußen)).

    Da der Brief in Mühlhausen in Thüringen nicht bestellt werden kann, wird vorderseitig mit schwarzer Tinte „Adressat existiert in Mühlhausen in Thüringen nicht/ Mühlhausen, den 30. Juli 1852/ Unterschrift“ vermerkt. Später wird in blauer Tinte „im Elsaß?“ ergänzt. Letztlich wird aber entschieden, den Brief zur weiteren Klärung in das Vereinigte Königreich zu retournieren (blaue Tinte). Anmerkung: Ich lese "zur direkten/ ???/ retour". Wer kann die ??? mit Leben füllen? Abschlag schwarzer Stempel „MAGISTRAT ZU MÜHLHAUSEN“. In London wieder angekommen, wird roter „RETURNED FROM“ abgeschlagen.

    Abgeschlagene Stempel auf der Rückseite:

    26.07. London

    27.07. Aachen

    28.07. Deutz/Minden

    28.07. Minden/Berlin

    29.07. Magdeburg/Leipzig

    29.07. Halle/Eisenach

    30.07. Mühlhausen

    31.07. Eisenach/Halle

    31.07. Halle/Eisenach

    01.08.Halle/Eisenach

    02.08. Paderborn/Hamm

    02.08. Hamm/Deutz

    03.08.Coeln/Verviers

    Dieser Portobrief ist mein Lieblingsportobrief des Postvertrages Vereinigtes Königreich/Preußen von 1846. Vielleicht sogar mein Lieblingsportobrief in meiner Sammlung insgesamt.

    Viele Grüße

    Martin