Bayerische Postablagen

  • Hallo Jens,

    ein seltenes Stück - dazu noch kopfstehend beschriftet, muss man auch erst mal hinbekommen. Glückwunsch zu diesem Schmankerl. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier ein bei einer Postablage aufgegebener Chargé-Brief:

    Jettingen - Blindheim b. Höchstädt vom 30.10.1861

    Chargé in roter Tinte vermerkt. Offensichtlich gab es dort keinen Chargé-Stempel.

    Mit Ortsaufgabestempel der im Bahnhof untergebrachten übergeordneten Postexpedition Iettingen.

    In der Literatur wird das Eröffnungsdatum der Postablage Jettingen mit 1.1.1862 angegeben. Dieser Brief zeigt jedoch, dass die PA Jettingen schon vorher ihren Betrieb aufnahm.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    kann es sein, daß Eröffnungen in Bayern erst Monate später veröffentlicht wurden? In Preußen gab es das mitunter.
    Die Bahnstation EMPEL an der Bahnstrecke Oberhausen - Emmerich ist laut Literatur im Frühjahr 1857 eröffnet worden. Ich besitze jedoch einen Brief vom 30.12.1856 . Damit konnte nachgewiesen werden, daß diese Dienststelle mehrere Monate vor dem bisher bekannten Datum in Betrieb war.

    beste Grüße

    Dieter

  • Hallo Klesammler,

    bei Postanstalten dieser Größe nahm man das nicht so genau, sie waren ohnehin einer Expedition zugeteilt und fast ausschließlich für die Einheimischen von Bedeutung. Die "Eröffnungsdaten" in der Literatur sind meist nur die Veröffentlichungsdaten in den Verordnungsblättern, wie fast jeder von uns leidvoll (als Forscher) oder freudvoll (als Besitzer von Stücken mit Frühdaten) feststellen kann.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Die "Eröffnungsdaten" in der Literatur sind meist nur die
    Veröffentlichungsdaten in den Verordnungsblättern, wie fast jeder von
    uns leidvoll (als Forscher) oder freudvoll (als Besitzer von Stücken mit
    Frühdaten) feststellen kann.Viele Grüße aus Erding!

    Also in der fraglichen VO von 1861 (habe ich gelesen, aber gerade nicht vorliegend) wurden außer Jettingen noch über 30 weitere Postablagen genannt, mit dem Bemerken, dass diese eröffnet wurden oder noch zum 1.1.62 eröffnet werden. Aus der VO geht also nicht hervor, ob bereits vor oder nach dem 1. Januar ... Wie der Brief zeigt, war das also schon vor 1862 der Fall. Man hat offenbar das greifbare Datum genommen. Wie oftmals wird es aber in der Literatur bleiben und nie berichtigt werden ;(

    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kleesammler,

    Erdinger hat hier recht. Zu dem Thema habe ich auch mal was geschrieben, veröffentlicht im Rundbrief 61 der ARGE Bayern klassisch. In aller Regel handelt es sich bei den Daten, die als Frühdaten angegeben sind. In manchen Fällen lassen sich aus Quellen dann die tatsächlichen Einrichtungs- oder Eröffnungsdaten ablesen, welche dann meist vor der Veröffentlichung in den Anzeigenblättern liegen.

    Meist wurde hier auch der Auftrag erteilt, am Ort XY bis zum ... eine Postablage einzurichten. Wie sich aus zwei mir vorliegenden Originalprotokollen zur Einrichtung von Postablagen ergibt, wurden diese teilweise eingerichtet, ohne das die notwendigen Utensilien bereits vorhanden waren (bspw. Stempel). Somit dürfte ein Nachweis des tatsächlichen Ersttages einer Postablage schwierig zu erbringen sein, wenn nicht andere Dokumente vorliegen.

    Viele Grüße

    kreuzer

  • Hallo Sammlerfreunde,

    nachfolgende Portomarke mit Postablagestempel EICHENBÜHL ist zurzeit im Angebot.

    https://www.ebay.de/itm/Bayern-Por…353.m1438.l2649

    Sem schreibt dazu:
    In der Kreuzerzeit nicht verwendet. Auf Belegen bisher immer falsch!

    Die PA Eichenbühl wurde erst am 1.3.1880 eröffnet.

    Was haltet ihr von diesem Stück?

    Gruß
    bayernjäger

    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayernjäger,

    ich halte den Stempel ebenfalls für falsch. Eröffnungsdatum war wie von Dir genannt zwar vor dem 01.03.1880, das bedeutet aber nicht, dass etliche Jahre vorher eröffnet wurde. Zudem handelt es sich um einen Stempel in einer späten Type, von denen die allerersten vereinzelt gegen Ende der Kreuzerzeit aufkamen.

    Also eher unwahrscheinlich, dass die Ablage Jahre vor dem bislang angenommenen Datum eröffnet und eine liegengebliebene geschnittene Portomarke abgestempelt hat.

    Viele Grüße

    kreuzer

  • Hallo bayernjäger,

    eigentlich kann er nur falsch sein. Ich sage bewußt "eigentlich", denn zwei Dinge machen mich stutzig:
    es wurde eine nicht sehr ansehnliche Marke verwendet (schmuddelig, unten leicht angefressen), auch der
    Stempel ist alles andere als Luxus. Würde ein Fälscher ein so wenig einladend wirkendes Stück anfertigen ?
    Eichenbühl war ein damals sicher sehr kleiner Ort zwischen Spessart und Odenwald, also in einer Gegend, die
    in den 80er Jahren des 19.Jh. sicher noch als "hinterwäldlerisch" bezeichnet werden konnte. Könnte es sein, dass
    der Landbriefträger Xaver Wrdlwrmpft aus Ermangelung von Portomarken in seinem Kaff (Verzeihung an die
    heutigen Eichenbühler) eine alte aufgeklebt hat, die er halt noch hatte und die schon seit 10 Jahren in seiner
    Postmappe schlummerte (so sieht sie auch aus!). Insofern ist die Annahme von kreuzer mit der liegen gebliebenen
    Marke durchaus plausibel, nur dass die Postablage sicher nicht schon zur Kreuzerzeit eröffnet wurde.
    Und da ist dann noch die Rückseite des Briefstückes: mehrere Falze und diverse Besitzerzeichen, offensichtlich
    aus alter Zeit, dazu noch eine alte Preisangabe 12.- (Mark). Also das müsste schon ein sehr cleverer Fälscher
    gewesen sein.
    Ich gebe zu, dass ich vor Weihnachten immer etwas skurrile Träume habe, also vergeßt das Ganze am Besten gleich wieder.......

    Schönen Heiligen Abend mit einer vielleicht nicht erwarteten philatelistischen Bescherung wünscht die

    weite Welle

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Leider habe ich keinen brauchbaren Stempelabschlag zur Verfügung. Die einzige Referenz, die ich auf die Schnelle finden konnte, ist auf einer Karte, die der Schorsch Kemser bei eBay im Angebot hat, allerdings aus der Pfennigzeit. Ich habe leider aktuell das technische Equipment über die Feiertage nicht zur Verfügung, aber evtl. kann ja jemand mal die Stempel mittels eines Bildbearbeitungsprogrammes übereinanderlegen. Dann würde man zumindest sehen, ob hier gravierende Abweichungen vorhanden sind.

    Viele Grüße

    kreuzer

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Zum Thema Eichenbühl wird es jetzt kurios. Ein lieber Sammlerfreund, der hier auch immer fleißig mitliest, hat mich darauf hingewiesen, dass bei der 5. Sem-Auktion am 24.10.1992 unter Los-Nr. 698 ein Streifband aus der Kreuzerzeit mit dem PA-Stempel angeboten und auch verkauft wurde.

    Die Beschreibung: "Eichenbühl, zart, auf 1 Kr.-Streifband auf bläulichweisem Papier. Bisher einziges Belegstück aus der Kr.-Zeit, möglicherweise in der Pfennigzeit durchgeschlüpft?? Zweifache Seltenheit: Stempel und gebrauchtes Kr.-Streifband!"

    Ich habe die Abbildung zum Los angehängt, leider im Katalog nur s/w. Für mich ergibt sich hier jedoch eine ganz andere Schlussfolgerung: Bei dem Stempel auf der Portomarke und der Karte vom Schorsch handelt es sich um eine späte Stempeltype. Der Abschlag auf dem Streifband ist aber eigentlich eine frühe Type aus der Kreuzerzeit. Diese war mir von Eichenbühl noch nicht bekannt.

    Dies würde jedoch im Umkehrschluss bedeuten, dass die Postablage wohl deutlich vor dem bislang angenommenen 01.03.1880 eröffnet worden sein sollte. Andererseits müsste dann wohl auch auf der Portomarke die frühe Stempeltype abgeschlagen worden sein.

    Gibt es sonst noch Meinungen hierzu?

    Viele Grüße

    kreuzer

  • Hallo Kreuzer,

    in keiner Literatur ist eine Poststelle Eichenbühl vor dem 1.3.1880 erwähnt. Das 1-Kr-Streifband weist eine eindeutig andere
    Stempeltype auf als die bekannten Abschläge aus der Pfennigzeit. Also kann es nur eine logische Schlußfolgerung geben:
    Der Abschlag auf diesem Streifband ist falsch, die Frage ist nur, wie es das Stück dann in eine Sem-Auktion schaffen konnte.
    Und eine zweite Frage beschäftigt mich: woher hat Bayernjäger die Sem-Bemerkung, dass der Stempel in der Kreuzerzeit
    nicht verwendet wurde und auf Belegen immer falsch ist. Im letzten Pfennig-Katalog von 1988 ist davon nicht die Rede.
    Wenn sie tatsächlich wo steht (die neueren Kreuzerkataloge liegen mir leider nicht vor), ist die Versteigerung bei Sem
    umso merkwürdiger. Der ja nur sehr rudimentär abgeschlagene Stempel weist einige Merkwürdigkeiten auf, die nach m.M.
    auch auf eine Fälschung hinweisen: Die Buchstabenverteilung im Wort POSTABLAGE ist sehr ungleichmäßig, so ist z.B.
    zwischen T und A ein großer Abstand, so als wäre noch ein "=" dazwischen, das Schluß-E ist viel größer als die anderen
    Buchstaben. Das Ganze sieht mir sehr nach einer selbstgebastelten Type aus. Und die Versuchung aus einem ungebraucht
    immer wieder vorkommenden Streifband ein gebraucht sehr, sehr seltenes zu machen, noch dazu mit einem PA-Stempel,
    liegt doch nahe. Es wäre natürlich sehr hilfreich, wenn man das ganze Streifband sehen könnte. Ich wette, es wäre kein
    Aufgabestempel des zugehörigen PA Miltenberg darauf.

    weite Welle

  • Lieber kreuzer,

    Ja, eine Meinung habe ich und selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt unbeliebt mache, tue ich die hiermit auch Kund:
    Die diskutierten Stücke sind es nicht wert, dass man sich den Kopf darüber zerbricht, so falsch sind sie (auch das Streifband). Diese Meinung gründet sich nicht auf Vergleichsmaterial, sondern nur auf der Tatsache, dass diesen Stücken alle Eigenschaften echter Stempelabdrucke fehlen. Ihr braucht jetzt nicht nach einer objektiven Begründung zu fragen. Das sagt mir einfach mein Gefühl.
    Und unabhängig davon: Will man Abdrucke von solcher "Qualität" wirklich in der Sammlung haben?

    Ist halt meine Meinung!

    Beste Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Habe jetzt noch ergänzende Informationen zu dem bei Sem angebotenen Streifband erhalten. Dies stammte offenbar aus der Sammlung Dr. Deutsch, welche bei der Auktion von Peter Sem (damals wohl noch nicht Prüfer) aufgelöst worden ist. Im Vorwort heißt es auch, dass das Material nunmehr nach fast 30 Jahren wieder auf den Markt gekommen sei.

    Es war dann wohl auch so, dass das Stück nach der Auktion J.U. Schmitt zur Prüfung vorgelegt wurde mit dem Ergebnis "Stempel falsch". Seitdem ist das Stück nicht mehr aufgetaucht, evtl. nunmehr in einer Vergleichssammlung.

    Viele Grüße

    kreuzer

    • Offizieller Beitrag

    Die Suche nach dem Eichenbühler Stempel hatte jedenfalls auch einen Vorteil. Habe nämlich eine Postkarte mit einer netten kleinen Besonderheit wiederentdeckt, die ich hier noch gar nicht gezeigt hatte.

    Es handelt sich um eine Postkarte von Marktleuthen nach Harburg. Das der Wertstempel nicht wie dort üblich mit dem Postablagestempel sondern dem Halbkreis der PE entwertet wurde und diese ihren Stempel neben dem Postablagestempel abschlug, ist an sich schon ganz nett.

    Die eigentliche Besonderheit ist allerdings links unten zu finden. Dort findet sich als Prägung in der Karte Ernst Köppel Markt Leuthen. Es könnte sich hier um eine Parallele bzw. einen Perfin-Vorläufer handeln. Durch die Prägung im Voraus könnte hier versucht worden sein, den Griff Angestellter in die "Portokasse" zu verhindern.

    Viele Grüße

    kreuzer