Bayerische Postablagen

  • Lieber bayern klassisch,

    Ich habe mir die ganze Sache mit meinem Postablagebrief jetzt einmal eingehend zu Gemüte geführt und jetzt erst bemerkt, wie grob fahrlässig ich mit diesem Brief umgegangen bin. Ein kurzer Blick in den Sem hätte genügt und sogar ich hätte bemerken müssen, dass Lohr nicht die übergeordnete Expedition von Urspringen war. Aber ich bin einfach nicht davon ausgegangen, dass ein Postablagebrief auch einen anderen Expeditionsstempel tragen könnte.

    Ich versuche nun zusammenzufassen, was Du mir in dem gestrigen post sagen wolltest. Bitte verbessere mich, wenn das so nicht stimmt.

    Du bist also der Meinung, der Landbriefträger, der die PA Urspringen bediente, bediente sowohl Orte, die zu Lohr als auch solche die zu Rothenfels gehörten. (Gab es denn sowas überhaupt, dass ein Postbote 2 Expeditionen unterstand?). Und anstatt den Brief von Urspringen in Rothenfels abzugeben brachte er ihn nach Lohr. Vielleicht weil er durch Rothenfels an diesem Tag schon durch war, Lohr aber noch vor sich hatte? Auch wenn die Strecken der Landpostboten wahrlich nicht kurz waren, wäre das ein verdammt weiter Weg gewesen. Allein das Dreieck Lohr - Rothenfels - Urspringen schätze ich auf 25 km.

    Wenn ich mich jetzt auch in den Brief verbissen habe, weil ich jetzt schon wissen will, was da los war, so its es doch fast unglaublich, dass man so ein Stück besitzt ohne zu merken, was dahinter steckt. Da bin wohl immer noch viel zu blauäugig und schaue nur auf die Stempel.

    Vielleicht kann auch bayernjäger hier aufklärend tätig sein.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    ein LBT (Landbriefträger) konnte nicht zwei Herren dienen, aber es gab Orte, an denen sich Wege kreuzten (als Pfälzer kenne ich das sonst nur aus der Pfalz, aber es gab diesen modus auch offensichtlich anderswo). Vermutlich war der eine schon durch, da hat man bei der Postablage es halt dem anderen gegeben, damit der Brief zeitig fort kommt. Vlt. war auch eine Ablage zwischengeschaltet, so dass der Ort der Übergabe von A an B nicht mal Urspringen selbst sein muss.

    25 km Laufweg waren netto 5 Stunden Marsch, dazu kamen die Aufenthalte, Aufnahme und Abgabe der Briefschaften, so dass man immer einen 9 oder 10 Stundentag hatte (nebst der Zeit der Abrechnung, wenn der LBT wieder zurückgekehrt war).

    In jedem Fall eine Besonderheit, die man gerne in der Sammlung hat, wenn man so etwas überhaupt mal haben kann.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    Vielen Dank für die Aufklärung. Ich will da jetzt eine eigene Albenseite mit Kartenskizze für diesem Brief machen und hoffe noch auf bayernjäger, der vielleicht die genauen Routen der Landpostboten in dem Gebiet kennt.

    Ob man so ein Blatt dann auch ausstellen kann, ist fraglich. Habe auch bezüglich grenzüberschreitender Bahnpost in dieser Richtung etwas vor. Da kommt einfach der Geograph durch. Schaut so aus, als würde es in absehbarer Zeit zwei Fassungen meiner Sammlung geben, eine für den Wettbewerb und eine für's Herz.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    dann wirst du bald zwei ganz hervorragende Sammlungen dein eigen nennen können - welche mehr an mich geht, kannst du dir ja denken. :rolleyes:

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich muss präzisieren:

    Zwei Sammlungen werde ich nicht haben. Ich werde aber für manches Blatt der einen Sammlung zwei Fassungen haben. Die, die Du, und auch inzwischen ich, als die richtige ansehen, und die, die ich im Wettbewerb zeigen kann ohne dass sie mir Punkte abziehen.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    so hatte ich es mir gedacht - ich hätte mir aber das andere noch mehr gewünscht. :rolleyes:

    Wegen der Bewertungsrichtlinien hast du aber recht, es so zu machen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    es wird vermutlich nicht zu klären sein, warum der Stempel der PE Lohr auf diesen Brief vorzufinden ist.
    Weder Stadelhofen noch Urspringen gehörten ursprünglich zum Zustellbereich der PE Rothenfels, als diese zum 1.1.1852 eröffnet wurde. Stadelhofen gehörte höchstwahrscheinlich zum nur ca. 4 km entfernten Karlstadt. Urspringen liegt ca. 8 km von Karlstadt und ca. 5 km von Rothenfels. Leider habe ich in den VO-Blättern über den Wechsel nichts gefunden. Stadelhofen war laut Geographisches Handlexikon 1863 noch zu Karlstadt und laut Postlexikon 1868 zu Rothenfels gehörig.
    Nebenbei bemerkt: Sofern von einer PE keine Botenvorweise existieren, läßt sich der Botengang heute nicht mehr rekonstruieren. Von Lohr, Karlstadt oder Rothenfels sind mir keine Vorweise bekannt. Üblicherwiese ist davon auszugehen, dass der Landbriefträger die Post aus Urspringen nach Rothenfels beförderte und diese dort den Stempel aus Rothenfels erhielt. Nicht zum Landbestellbezirk einer PE gehörige Ortschaften wurden nicht aufgesucht. Sich "kreuzende" Laufwege sind mir aus dem rechtsrheinischen Bayern nicht bekannt. Das würde auch keinen Sinn machen, denn warum sollten die Postboten eine Stelle zweimal anlaufen. Ich habe meine Bestände gesichtet und festgestellt, dass bei fast allen Briefen Rothenfels gestempelt ist. Lediglich ein Brief trägt nur den Stempel PA Urspringen und war somit vermutlich nicht in Rothenfels.
    Zu dieser Zeit verkehrte zwischen Lohr und Rothenfels eine Carriolpost. Welche Route diese nahm, ist mir nicht bekannt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese den Weg über Urspringen machte und dort Poststücke mitnahm, die je nach Fahrtrichtung nach Rothenfels oder Lohr befördert wurden. Dies wäre evtl. auch eine Erklärung für den Stempel LOHR.
    Es steht aber fest, dass die Post aus Rothenfels über Lohr weiterbefördert wurde, da sie dort der Bahnpost übergeben wurde. Rothenfelser Poststücke haben also in der Regel immer einen Bezug zu Lohr. Ob dort sog. Durchgangstempel LOHR abgeschlagen wurden, kann ich nicht sagen, da ich darauf bisher nicht geachtet habe. Möglicherweise ist der Stempel LOHR auch bei dieser Gelegenheit auf den Brief gekommen.

    Abschließend ist festzustellen, dass die Landbriefträger für die Richtung der Weiterbeförderung ehr nicht in Frage kommen, da deren Wege streng vorgegeben waren und immer zur PE zurückführten. Entweder hat hier die Carriolpst die entscheidende Rolle gespielt oder es war Zufall, dass bei der Postübergabe in Lohr in Richtung Bahnpost der Stempel LOHR abgeschlagen wurde.

    Gruß
    bayernjäger

    PS: Nach viel Text noch zwei Briefchen

  • Hallo bayernjäger,
    Vielen herzlichen Dank für Deine erschöpfenden Auskünfte, auch wenn der Brief wohl weiterhin ein Mysterium bleibt.Ich studiere in den nächsten Tagen Deine Ausführungen anhand von Karten nochmals durch und schaue, was ich aus dieser Albenseite machen kann. Bestimmt werde ich Dich dann nochmals mit einer Frage belästigen müssen.

    Einstweilen nochmals vielen Dank und besze Grüße nach Unterfranken

    maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo bayernjäger,


    Ich habe jetzt anhand Deiner Angaben einmal versucht, den Weg des Briefes, der mir am wahrscheinlichsten erscheint, nachzuvollziehen.


    Von Urspringen nach Rothenfels mit Landbriefträger

    Von Rothenfels nach Lohr mit Carriolpost

    Von Lohr nach Veitshöchheim (oder Würzburg?) mit Bahnpost Frankfurt - Bamberg

    In Veitshöchheim (oder Würzburg?) aus dem Zug, nach Roßbrunn (Womit?)

    Von Roßbrunn nach Hettstadt mit dem Landbriefträger.

    Wenn das so stimmen würde, dann gibt es für mich nur einen Grund, warum der Lohrer Halbkreiser auf den Brief gekommen ist

    In Rothenfels wurde die Stempelung vergessen und der Lohrer Expeditor wollte den Fehler seines Kollegen wenigstens halbwegs korrigieren oder vertuschen.

    Gerne höre ich Deine und auch andere Meinungen dazu. Zur Verdeutlichung hänge ich eine Wegeskizze an.

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    Bilder

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo maunzerle,

    der Laufweg ist bis über die Bahnpost FFm-WÜ richtig! Es wird allerdings noch nötig sein, die VO-Blätter zu wälzen mit welcher Ausladestelle Roßbrunn im Kartenschluß stand. Dann könnten wir den Rest des Weges ebenfalls noch feststellen.

    Was den Stempel Lohr betrifft, gehe ich von einer Zufallsstempelung aus. Es gab keinen Grund für den Postler in Lohr diesen Brief zu stempeln, es sei denn, dort wurden Übernahmestempel in Richtung Bahnpost verwendet. Dann wäre der Stempel irrtümlich vorder- statt rückseitig angebracht.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    Ich danke Dir ganz herzlich für Deine Einschätzung, die sich eigentlich gänzlich mit meiner deckt. Das in Lohr ist sicher keine irgendwie vorgeschriebene Abstempelung, sondern aus der Laune des Expeditors heraus entstanden. Ich habe nur irgendwie versucht, mich in ihn hineinzudenken und zu ergründen, warum er gestempelt hat. Aber das ist und wird immer eine Spekulation bleiben.

    Falls Dir bezüglich der Ausladestelle für Rossbrunn eine Information unterkommen sollte oder Du mir einen Tipp geben könntest, wo da nachzusehen ist, wäre ich Dir sehr dankbar. Du weißt, ich bin nur Markophilist, kein POler.

    Viele Grüße

    maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    wenn das "eine kleine Wiederbelebung" ist, weiß ich nicht, wie eine große aussieht.

    2 Kleinigkeiten möchte ich dazu sagen:

    1. Die 20 Kr. Frankatur auf dem Briefstück war Teil eines Bayernbriefes nach Russland (9 Kr. für Bayern, 11 Kr. = 3 Silbergroschen für Russland).

    2. Bei deinem Brief stand das "1 P für "premier Port", also die 1. Gewichtsstufe. Das hat auch nicht jeder Brief und wer PO - orientiert ist, darf das ruhig als Zeichen der Gewissenhaftigkeit seiner Briefinterpretation benennen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    hallo bayern klassisch.

    1. Die 20 Kr. Frankatur auf dem Briefstück war Teil eines Bayernbriefes nach Russland (9 Kr. für Bayern, 11 Kr. = 3 Silbergroschen für Russland).

    .....oder Finnland, oder Ägypten, oder ... auf jeden fall: nicht schlecht, Herr Specht :thumbup:

    Grüße aus Frankfurt von
    hasselbert, dem Markensammler

    Einmal editiert, zuletzt von hasselbert (30. Juli 2011 um 23:11)

  • Hallo hasselbert und bayernjäger,
    Eure beiden Stempel sind deutlich seltener als die, die ich zeigen kann. Insbesondere von dem Neuendettelsauer kenne ich keine weitere 18 Kreuzer-Marke. Das ist schon ein besonderer Leckerbissen. Den gibt es übrigens ja auch auf 4I, was natürlich noch sensationeller ist und wohl in einem post weiter oben schon beschrieben ist.

    Lieber bayern klassisch,
    Deine Ergänzung nehme ich natürlich bei der nächsten Überarbeitung gerne auf. Deinen diesbezüglichen Artikel im Rundbrief habe ich auch eingehend studiert. Es könnte allerdings sein, dass dieser Brief auch alsbald weichen muss, weil er mir qualitativ doch nicht so zusagt. Allerdings adelt ihn der "1p"-Vermerk doch auch wieder und hebt ihn von den anderen Briefen dieser Korrespondenz zwischen Mauth und Paris ab. Mal sehen.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo hasselbert,

    von dieser Postablage kenne ich nur Briefe nach Russland, wobei postalisch Finnland auch Russland war. ;)

    Briefe von Postablagen nach Ägypten kenne ich nicht - aber es mag sie auch gegeben haben.

    Lieber maunzerle,

    so wichtig ist meine Bemerkung nicht, dass man die Seite ändert. Nur wenn du umstellst, und du bist ja umtriebig, weil du immer wieder Optimierungen findest, wäre es nicht schlecht, dieses phil. Wissen mit einfließen zu lassen, weil es halt auch Juroren gibt, die es gerne sehen, wenn die Beschreibung auch abseits von Sem und Michel Fachwissen zu dokumentieren weiß.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo weite Welle,

    2 Extremstücke - selten und sehr schön, was will man mehr?

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.