Ausstellen – Sindelfingen und die Posthörner

  • Hallo zusammen, hallo Heinrich,

    wenn auch leicht überspitzt, hast Du durchaus treffend die derzeitige Lage geschildert. Die Frage ist nun, was sollte wie geändert, ergänzt oder neu erdacht werden, damit nicht aus "Postgeschichte live" eine "Postgeschichte light" wird.

    Trotz allem gehe ich immernoch gerne durch die Austellung, und bewundere die Exponate. Sie sind fast immer ihrem Titel entsprechen sehr gut bearbeitet und präsentieren die Belege und Beiwerke auf sehr hohem Niveau.

    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert

  • Nun die Aussteller kreuzen auf einer Stimmkarte ihre Zufriedenheit oder eben ihre Unzufriedenheit an, dann wird die Kiste geöffnet und öffentlich ausgezählt. Vermutlich sind nicht alle Aussteller anwesend, aber bei den hohen Beteiligungszahlen ergäbe dies immer noch eine aussagefähige Bewertung, in diesem Falle über die Jurorenzufriedenheit. Man könnte auch mit weiteren Fragen noch differenzieren, aber das wäre dann zu kompliziert. Es wäre immerhin ein Ansatz, damit zu experimentieren.

    Mich würde mal interessieren, wann manche der Juroren selbst das letzte mal im Wettbewerb ausgestellt haben. Von einigen ist dies bekannt, von dem größten Teil leider nicht.

    Und eine andere Möglichkeit wäre, die Juroren stellen in einer Juroren-Ausstellungsklasse ein Exponat aus – dann könnte man als Besucher auch einmal das sehen, was die Herren eigentlich meinen, wenn sie sagen zu viel Text oder zu wenig erklärt oder - oder . . .

    Gruß von Taxis107

    Mitglied im DASV

  • „Die Königs-Disziplin“

    Alljährlich beim Wettbewerb um die Posthörner in Sindelfingen beim Wettbewerb der „Postgeschichte live“ ist es immer wieder spannend zu beobachten wie die Posthorn-Aspiranten agieren, wenn es um die Verteilung der Bronzenen, Silbernen oder Goldenen Posthörner geht. In den vergangenen Jahren wurden die Wettbewerbsklassen stetig erweitert. So kam 2014 als jüngstes Kind die Klasse des Ein-Rahmen-Wettbewerbs hinzu. Auch die Literatur und die Klasse der Spezialisten mit den Historischen Sammlungen wurden erst vor einigen Jahren hinzugefügt.

    In der Gruppe 1 – Postgeschichtliche Sammlungen vor der Gründung des Weltpostvereins –starten im Wettbewerb Aussteller, denen das Material offenbar immer in unbegrenzter Fülle zur Verfügung steht – die einzelnen Teilnehmer versuchen ihr persönliches Konzept erfolgreich nach dem immer gleichen Muster umzusetzen. Dies erkennt man daran, wenn die gleichen Namen von Ausstellern immer wieder im Wettbewerb über mehrere Jahre vorkommen und die Optik der Ausstellungsblätter in einem einheitlichen Stil konzipiert ist. Man sieht etwas herab auf die Bewerber der anderen Ausstellungsklassen. Schließlich wird hier in der „First Class“ die „einzig wahre“ Postgeschichte präsentiert.

    In der Gruppe 2 – Postgeschichte nach der Gründung des Weltpostvereins (UPU) 1875 bis 1920 – starten die Teilnehmer mit dem etwas „modernen“ Material gegenüber der Gruppe 1.

    In der dritten Gruppe finden sich postgeschichtliche Sammlungen ab 1920 im friedlichen Wettstreit um die zu vergebenden Posthörner. Das dürfte – im Jargon der eingesetzten Juroren – das „wirklich moderne“ Material sein.

    Die vierte Gruppe ist den Stempelsammlern vorbehalten, um mit sorgfältig ausgewählten Belegen Stempelstudien zur Vorphilatelie und auch zur Markenzeit ihre speziellen Vorzüge des gewählten Themas zu darzustellen. Hier finden sich die Spezialisten ein, um ihre umfangreichen Devotionalien dem verehrten Publikum zu erläutern und die Starter sehen sich selbst als die „wahren“ Postgeschichtler, die explizit die Verwendungszeiten und –Verwendungsmöglichkeiten von Stempeln aller Art mit (manchmal auch kuriosen) Verwendungen nachzuweisen.

    In der fünften Gruppe treffen die Heimatsammler aufeinander. Von denen ist bekannt, daß sie bei Versteigerungen (den angeblich) „langen“ Arm haben und erst beim erfolgreichen Zuschlag die Hand wieder runterbekommen. Daher haben diese Teilnehmer meist im fortgeschrittenen Alter auch oft mit orthopädischen Gesundheitsproblem zu kämpfen – das kann auch die Ursache in den dicken Geldbündeln haben, welche die Herren oft bei der nie endenden Jagd auf Schnäppchen mit sich rumschleppen. In manchen Jahren starten in dieser Klasse nur wenige Teilnehmer. Wenn da einer aus irgendwelchen Gründen (Urlaub, Krankheit, Schwangerschaft der neuen Lebensgefärtin, etc.) ausfiel, haben die anderen angemeldeten Konkurrenten bereits im Geiste ihr „persönliches“ Posthorn vereinnahmt – wenn da nicht die leidigen Umgruppierungen dazwischenkommen – und schon ist der Traum von der „Post im Walde“ ausgeblasen.

    Eine feine Gruppe von Experten bilden die Starter bei den Historischen Sammlungen. Hier finden sich Spezialisten ein, die ihre Gebiete pflegen wie eine empfindliche Orchideen- oder Kolibri-Zucht. Neben der Militär- und Feldpost gehören auch die Sammlungen der Kriegsgefangenenpost sowie der KZ- und Lagerpost dazu, ebenso die Telegrafie- und auch die Zensurpost-Sammlungen finden hier ihren Unterschlupf. Es ist immer wieder erstaunlich, was die Experten da an kaum noch zu überbietender Materialvielfalt alles dem staunenden Publikum präsentieren. Besonders dann, wie schon zu beobachten war, wenn ein Aussteller mit Tafeln im Quadratmeter-Format zum Aufbau mit einem speziellen Holzkasten mit vergoldeten Messingbeschlägen kommen, um ihre Preziosen unter Hilfe von Kollegen in die Rahmen zu klemmen. Es soll einige Aussteller geben, die sich von den derzeit aktuellen Ausstellungsrahmen ein Exemplar zum Austesten in der heimatlichen Sammler-Klause aufgestellt haben.

    Die Gruppe 7 bildeten seit 2014 die „Ein-Rahmen-Sammlungen“. Eine Spielwiese für die Spezialisten und die Materialsammler, die sich kleine, aber sehr feine Gebiete aussuchen und dies durch seltenes Material in nur 12 Blättern dennoch sehr ausführlich erklärt darstellen können. Diese Klasse wird auch gerne von den Spezialisten der Klasse 1 bis 3 gerne angenommen, um aus ihrem umfangreichen „Material-Abfall“ einen Rahmen zu generieren und das nächste „Posthorn“ ist vereinnahmt.

    Schließlich gibt es noch die achte Gruppe mit der philatelistischen Literatur. Gerade die elektronischen Medien und ihre durchaus (un)möglichen Auswüchse können dort hinreichend angepriesen werden. Zu hoffen ist, daß die zu einer Bewertung erforderlichen Juroren auch mit den modernen Techniken umgehen können und nicht nur die analogen (alten) Druckwerke als die Königsklasse bei der Literatur ansehen. Abgesehen davon, gibt es Juroren der alten Schule, die sich gerne „alle(!)“ Seiten mit ihren Verlinkungen und sonst irgendwie auffindbaren Darstellungen eines Internet-Auftrittes (sitemap) gerne komplett ausgedruckt für ihr Zuhause in die analoge Bibliothek stellen . . . der Aussteller darf den umfangreichen als Buch gebundenen Ausdruck (ohne Kostenersatz!) gerne kostenfrei übersenden.

    Auch wäre noch die „Königsklasse der Juroren“ zu erwähnen, die sich alljährlich in Sindelfingen durch die von den Teilnehmern beigesteuerten Exponate durcharbeiten sollten. Dabei treffen oft hochdekorierte Juroren aus verschiedenen Ländern aufeinander – fast alles „Alpha-Tierchen“. Manch einer gar mit dem Anspruch der „Primus inter pares“ (Beste unter den Besten) zu sein – das kann nicht ohne Konflikte, in diesem Fall mit den anderen Juroren, ausgehen. Pech hat der Aussteller, der eine „komprimierte“ (aus einem Kompromiß gefundene) Bewertung erhält – dies beim Jurygespräch erkennt und daher sich gar nicht wagt, noch eine Frage an die Alpha-Tierchen zu stellen.

    Nicht alle startenden Exponate erfüllen die ge- und erwünschten Erfordernisse, um den Wettkampf um die edelmetallenen Posthörner positiv zu gestalten. Aber auch nicht alle Juroren haben genügend Kenntnisse, um die Exponate wenigstens ausreichend zu bewerten. Einige Beispiele aus Jurygesprächen: „Ihre Sammlung hat zu viel Text, der außerdem viel zu groß abgedruckt ist.“ Oder: „Sie haben einen Roman ausgestellt!“ und auch „Mit Ihnen mache ich kein Jury-Gespräch!“ Haben die Juroren nicht auch die Aufgabe dem verurteilten „Delinquenten“ wenigstens die verhängte „Strafe“ zu erklären, auch wenn es dabei eventuell um Fehler und Versäumnisse der „hin-„richtenden Juroren geht?

    Natürlich sollte man als Aussteller nicht den Fehler begehen, die Posthornerfolge in den einzelnen Klassen miteinander zu vergleichen. Jede Sammlungsklasse bildet für sich einen eigenständigen Wettbewerb. Auch Aussteller, die nach dem Motto: gewinne ich heute nicht – gehe ich nächstes Jahr mit einem anderen Thema (aber dem gleichen Material) an den Start – können oft leer ausgehen und sich nicht einmal bei den „Kandidaten“ – den Rängen nach dem dritten Platz wiederfinden.

    In den vergangenen Jahren fanden sich aus dem alten Kontinent Europa die internationalen Teilnehmer ein, um im friedlichen Wettstreit ihre liebevoll gepflegten Exponate dem wissenshungrigen Publikum vorzuführen. Damit wurde der Wettbewerb bunter und umfangreicher und die Besucher können sich mit interessanten und sehr spannenden Belegen befassen. Dies in einem Ambiente, welches bei den klassischen Wettbewerbsausstellungen oft nicht die Beachtung und Atmosphäre von Sindelfingen findet. Denn gerade in Sindelfingen sind oft diejenigen anwesend, die sich für die „Götter der Postgeschichte“ halten und den Anwesenden gerne detaillierte Auskünfte über die Schwägerin des Posthalters von X-Dorf, die dreimal verheiratet war, einen gebogenen Rücken vom Tragen des schweren Rucksackes hatte und dazu noch im Alter von über 90 Jahren täglich ihren selbst hergestellten Kräuterschnaps inhalierte, der wiederum die Grundlage für die heutige kleine Likördestille bildet, welche zum Erbe der eigenen Ehefrau gehört, heute noch für regelmäßige Pfründe sorgt und somit ein explizites Beispiel für „Social Philatelie“ in der eigenen Familiengeschichte herangezogen werden kann . . . etc., pp., usw.

    Zum Abschluß noch ein Vorschlag: Unbedingt noch eine neue Gruppe einrichten, in der die „verurteilten“ Aussteller eine Bewertung über die richtenden Juroren abgeben, deren Bewertung dann öffentlich nach der Vergabe der Posthörner verkündet wird. Damit würden die Fähigkeiten der angesprochenen Alpha-Tiere ebenfalls eine direkte (gerechte!) Bewertung bekommen. Vielleicht hätten wir danach die Situation, dass die Herren Juroren mit etwas mehr Respekt gegenüber den Ausstellern auftreten. Der Beste aus dem Kreis der Alpha-Tiere (in der Reihenfolge von hinten) bekommt die „Goldene Zitrone“. Dies sollte man in Sindelfingen mal ausprobieren und dann auch bei den Briefmarken-Wettbewerbs-Ausstellungen – national, wie international – einführen. Bei drei Zitronen erfolgt die Sperrung auf die als aktiver Juror tätigende Restbewertungs-Lebenszeit!

    In diesem Sinne – es ist an der Zeit für Sindelfingen etwas anzumelden!

    Ihr Taxis107

    Mitglied im DASV

  • Lieber Heinrich,

    vorzüglich geschrieben - herrlich! :P:P

    Bei dem "großen Posthorn" habe ich mich heuer mit 5 Rahmen angemeldet, die ein Extrakt meiner Bayern - Österreich - Spezialsammlung darstellen wird, wobei nur Post zwischen 1850 und 1867 gezeigt werden wird.

    Mal sehen, ob ich mit ihr zugelassen werde und wie sich meine mickrigen 5 Rähmchen dort schlagen werden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,
    Wer wie Du schon Posthörner in den diversen Schattierungen eingeheimst, sich dort verdientermaßen schon fest etabliert und eine derartige Sammlung in seinem Gepäck hat, der kann der ganzen Angelegenheit mehr als beruhigt entgegenblicken.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    so isses! Aber das Silberne fehlt mir noch in meiner Sammlung - darauf hoffe ich heuer.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten Morgen ins Forum,

    beim Stöbern in älteren Beiträgen bin ich hier auf die Posthörner gestoßen.

    Und.... ups! Ist es schon wieder an der Zeit ein aussichtsreiches Exponat noch schnell anzumelden ?
    (Grummel) .... letztes Jahr war ich ja nur(!!!) Kandidat !

    Seit Mitte der 80iger Jahre des letzten Jahrtausends (Menno, bin ich alt geworden!) habe ich Sindelfingen besucht und auch im Wettbewerb ausgestellt.
    Mal so - mal so.

    Nun kann man Sindelfingen ja aus verschiedenen Blickwinkeln sehen.
    Für mich war und ist es immer ein Erlebnis gewesen, die Vielfalt der gezeigten Themen zu "studieren". Mir Anregungen zu holen um diese dann auch auf meine Exponate zu übertragen. Klar, dass ich dabei auch verschiedenen Modeerscheinungen gefolgt bin. ... was sich nicht immer als "richtiger Weg" herausstellte.
    Ich (für mich) habe dabei aber gelernt .... gelernt,
    dass der Erfolg von ganz allein kommt,
    wenn man zur richtigen Zeit das richtige Thema hat
    wenn man "sein Thema" bestens kennt und präsentiert.
    Zur Präsentation gehört nicht nur die Aufmachung, nein, auch die richtigen Belege gehören dazu
    und genauso wichtig der Hinweis (auch Alpha- Tierchen kennen nicht alles) auf die eigene Forschung.

    .... und nachdem ich (hoffentlich) nicht nur mir Mut gemacht habe:

    Anmeldung ausfüllen und im Oktober sehen wir uns wieder !!!
    .... in Sindelfingen !!!!

    Rolf- Dieter