• Offizieller Beitrag

    Hallo Kevin,

    Wenn man Bayern als Vergleich nimmt, aber auch gerne die Schweiz, dann sind überfrankierte Briefe ja kleine Seltenheiten, ist dies bei Russland also nicht der Fall?

    Überfrankaturen aus Russland sind selten.
    Mit der Ausnahme, dass in der NDP-Zeit (1868-1871) Briefe nach Italien und der Schweiz (evtl. auch noch anderen, entfernteren Ländern?) etwas häufiger vorkommen, wie man z.B. hier im Forum sieht.

    Wenn man sich die Gültigkeit früherer Postverträge zwischen Preußen und Russland vor Augen führt - Postverträge wurden abgeschlossen 1821, 1843 (mit Tarifänderung 1845), 1852 und 1866 - rechnete man vielleicht auf Korrespondentenseite nicht so schnell mit erneuten Änderungen.
    Diese Vermutung ist jetzt etwas spekulativ, aber ich habe sonst noch keinen Grund gefunden, warum ausgerechnet in diesen Jahren verstärkt Überfrankaturen auftreten. So wurde z.B. die Tarifsenkung des 1866er Vertrags für Frankosendungen sehr wohl vom Publikum zur Kenntnis genommen. Für die Jahre 1866/67 habe ich keine solche Überfrankatur in meiner Sammlung.

    Davon abgesehen, macht die Überfrankatur deinen Brief nicht schlechter. Schließlich wollte auch damals wohl niemand freiwillig der Post 8 Kopeken (das waren ca. 2 2/3 Silbergroschen) schenken.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    ohne an deinen Wissensstand zu Russland auch nur annähernd heran zu reichen, muss ich hier einmal eine Lanze für die überfrankierten Briefe brechen.

    Der Odem des zweitklassigen bis sammelunwürdigen Materials hängt diesen Briefen seit geraumer Zeit an. Der Grund wird sein, so vermute ich, dass die ach so marktbestimmenden, populären Bund- und Berlin - Frankaturen früher allgegenwärtig waren und dort immer nur eines zählte - portogerecht mussten sie sein.

    Alles, was nicht portogerecht war, war Schrott und Müll.

    Mag es angehen, dass bei diesen Sammelgebieten diese Ansicht begründet ist, bei Belegen der Klassik ist diese Verallgemeinerung unsinnig und spricht stark für eine sektionale Sicht der Dinge.

    Wenn man bedenkt, dass gerade bei klassischen Briefen unterfrankierte Exemplare oft ein mehr- bis vielfaches des Preises für portogerechte Standardware bringen, stets beliebt waren und sind, dies auch zu Recht, denn man kann mit ihnen ja etwas dokumentieren, schweben überfrankierte Briefe immer noch im Dornröschenschlaf.

    Dabei sind diese m. E. genau so interessant, wie die äußerst beliebten Unterfrankaturen. Wie du richtig ausgeführt hast, war das Publikum über Jahrzehnte gewohnt, die gleichen Frankaturen zu bezahlen bzw. zu frankieren. Änderungen gab es kaum, aufpassen musste man da nicht wie ein Schießhund. Außerdem war in der Vormarkenzeit bzw. der Zeit, als man nur am Schalter frankieren konnte, immer das Auge des Postlers auf die richtige Höhe der Frankatur gerichtet, so dass vormarkenzeitliche Überfrankaturen denkbar größte Seltenheiten darstellen und die Masse selbst großer und größter Sammler nie einen solchen Brief auch nur gesehen haben.

    Erst als die Marken aufkamen und mit ihnen auch Auslandsbriefe frankiert werden durften, gab es eine Verlagerung der Verantwortlichkeit hinsichtlich der treffenden Franaktur weg vom Postlokal hin zum Postkunden, der hin und wieder damit überfordert war, wie wir an diesem tollen Thread schon oft erleben durften.

    Routinemässig klebte man seine Marken und da es keine Reklamationen gab, fuhr man so fort. Die Gebührenänderungen der 1860er und 1870er Jahre gingen ja immer in dieselbe Richtung - nach unten. Alles wurde günstiger ("wohlfeiler") und ein Brief, der gestern noch 26 Kopeken gekostet hatte, kostete morgen keine 28 oder 32, sondern halt deutlich weniger.

    Aber auch diese Facette der Postgeschichte will erst einmal gefunden und gezeigt werden. Gibt es dann noch Plausibilitäten, wie von Michael genannt, ist jeder überfrankierte Brief etwas Besonderes, denn er weicht von der Norm ab und bekanntlich ist alles, was von der Norm abweicht, begehrenswert und gesucht. Oder sollte es zumindest sein ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Kevin,

    Überfrankaturen aus Russland sind selten.
    Mit der Ausnahme, dass in der NDP-Zeit (1868-1871) Briefe nach Italien und der Schweiz (evtl. auch noch anderen, entfernteren Ländern?) etwas häufiger vorkommen, wie man z.B. hier im Forum sieht.

    Wenn man sich die Gültigkeit früherer Postverträge zwischen Preußen und Russland vor Augen führt - Postverträge wurden abgeschlossen 1821, 1843 (mit Tarifänderung 1845), 1852 und 1866 - rechnete man vielleicht auf Korrespondentenseite nicht so schnell mit erneuten Änderungen.
    Diese Vermutung ist jetzt etwas spekulativ, aber ich habe sonst noch keinen Grund gefunden, warum ausgerechnet in diesen Jahren verstärkt Überfrankaturen auftreten. So wurde z.B. die Tarifsenkung des 1866er Vertrags für Frankosendungen sehr wohl vom Publikum zur Kenntnis genommen. Für die Jahre 1866/67 habe ich keine solche Überfrankatur in meiner Sammlung.

    Davon abgesehen, macht die Überfrankatur deinen Brief nicht schlechter. Schließlich wollte auch damals wohl niemand freiwillig der Post 8 Kopeken (das waren ca. 2 2/3 Silbergroschen) schenken.

    Gruß
    Michael

    Hallo Michael,

    nochmals vielen Dank  :) !


    LG


    Kevin

  • Hallo Ralph,

    zu deinem Beispiel mit Bund und Berlin möchte ich noch ergänzend anführen, dass zur damaligen Zeit, als diese Gebiete noch einen Wert hatten, alle überfrankierten Briefe gleichermaßen als philatelistische Mache beurteilt wurden (bestes Beispiel Saztfrankaturen). Allem Anschein nach wurde dieser Irrglaube auch auf die Klassik übertragen, was absoluter Blödsinn ist, da, wie Michael schon schrieb, die damalige Bevölkerung nicht immer auf dem neuesten Stand war (liegt auch u.a. daran, dass es kein Internet oder sonstige Medienquellen gab, außer Zeitungen) und diese auch kein Geld zu verschenken hatten, nur um einen schönen Brief zu "erzeugen".
    Warum sich gerade Unterfrankaturen, im Vergleich zu Überfrankaturen, solch einer Beliebtheit unterziehen kann ich auch nicht Recht verstehen, denn ist nicht bei beiden ein Fehler des Postbeamten/-kunden unterlaufen?^^

    Ich werde den Brief auch gleichermaßen behandeln wie ich auch einen portogerechten Brief behandelt hätte und er wird auch eine schönen Platz in meinem Album finden  :D !


    Liebe Grüße


    Kevin

  • Liebe Freunde,

    heute stelle ich einen optisch eher mäßigen Brief vor, ohne dessen Inhalt er der Wert einer bissfesten Currywurst entspräche. Mit dem Inhalt entspricht er aber eher dem Wert von 2 bissfesten Currywürsten. :D

    Der Brief selbst, entgegen seiner Vorstellung im Russland - Thread, wurde am 26.5.1852 in Berlin geschrieben und war, wie so viele, an die Strohwarenfabrik Isler in Wohlen (Aargau) in der Schweiz gerichtet.

    Nach seiner äußeren Beschaffenheit wog er unter 1 Loth im Postverein bis zur Grenze Baden - Schweiz und über 1/2 - 1 Loth für die Eidgenossenschaft, weswegen ihn Preußen mit 9 Kr. für sich und Basel mit 50 Rappen Gesamtporto (30 Rappen für Preußen und 20 Rappen für die Schweiz) taxierte, ein reiner Portobrief also. Preußen hatte ihn noch siegelseitig mit 3 Groschen taxiert, weil man die später von Baden zu beanspruchen hatte.

    Die Leitung von Berlin per Bahn über Leipzig - Hof - Tauberbischofsheim - Karlsruhe und Efringen gen Süden ist eh klar.

    Öffnet man den Brief, erfreut sich der Kenner und der Laie wundert sich: 2 kleine Wachssiegel zeigen an, dass es kein Standardbrief war, von denen es doch so viele gab und gibt.

    Die Erklärung findet sich im Text, den ich hier wiedergebe: " Im Auftrag des Herrn David Cohn in Warschau , überreiche ich Ihnen für dessen Rechnung inliegend:

    Frcs (Franken) 600 auf Bischoffsheim Goldschmit & Co per 25ten Juli per Paris, die sie gefälligst genanntem Freunde unter umgehender Empfangsanzeige creditiren wollen, auch empfehle mich Ihnen hochachtungsvoll und ergebenst Christian Neufeld".

    Aha - der schlaue David Cohn aus Warschau hat also einen Wechsel über 600 Franken (1 Franken = 30 Kreuzer, somit 300 Gulden!), statt ihn per Wertbrief von Warschau aus direkt in die Schweiz zu schicken, diesen wohl einem anderen Schreiben nach Berlin an Chr. Neufeld beigefügt, der ihn dann - weiterer Text ist nicht vorhanden - weiterleitete an Isler in Wohlen, was der einzige Zweck dieses Briefes war.

    Findet man hin und wieder Inhalte, in denen steht, dass man diesem Brief noch ein oder zwei andere beifügte, was schon ein Ausnahmetatbestand des Postbetrugs und der heutigen PO darstellt, so ist ein solcher Brief, vor allem weil er aus Polen (zu Russland) stammt, m. E. von besonderer Bedeutung.

    Phantastisch wäre es, wenn mir jemand sagen könnte, was ein Wertbrief mit 300 Gulden Wert (bzw. dem Äquivalent in Rubel) von Warschau aus direkt in die Schweiz gekostet hätte, um mir die Ersparnis vorzustellen (von Warschau nach Berlin m. E. 6 Groschen = 20 Kopeken), dazu 5 Sgr. = 15 Kreuzer = 50 Rappen für diesen Brief.

  • Hallo bayern klassisch,

    ich wage mal die Behauptung, dass dieser Brief Bayern nie gesehen hat.
    Wenn er ausschließlich mit der Bahnpost gelaufen ist, dann lief er über Leipzig, Halle, Erfurt, Frankfurt und Heidelberg in die Schweiz. Der Bahnpoststempel Halle-Eisenach lässt für mich keinen anderen Schluss zu.

    Grüsse von liball

  • Hallo liball,

    ich glaube, du hast Recht - ich hatte bei den ieg-maps das falsche Jahr angeklickt, daher der Irrtum. Danke für deine Aufmerksamkeit. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    meinen Glückwunsch zu dem phantastischen Brief!

    Hier die dir fehlende Portoberechnung eines Wertbriefes für den polnischen Bereich:
    Die 300 Gulden entsprachen 159 Rubel 46 Kopeken.
    Dafür fiel eine Assekuranzgebühr von 1 Rubel 60 Kopeken an.
    Dazu kam dann das Briefporto bei einer 1. Gewichtsstufe von 10 Kopeken.
    Ein Grenzporto fiel nicht an.
    Gesamtporto in Polen also 1 Rubel 70 Kopeken, dies entsprach 1 Taler 24 Sgr. 10 Pfg.

    Dazu kommen dann noch Porto + Assekuranzgebühr für die Strecke Preussen-Schweiz.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    der Brief wird ein Geschenk an dich sein, wenn wir uns wieder sehen werden. Wann das sein wird, entscheidest du ... :)

    Vielen Dank für diese Infos - man hat sich also viel, sehr viel Geld gespart.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    vergleichbar zu #20, dem schönen Brief von Michael, möchte ich hier diesen zeigen.

    Geschrieben wurde er am 9.9.1866 im polnischen Warschau und erhielt dort auch (trotz des julianischen Kalenders der Oberherrschaft Russlands?) das Stempeldatum des gregorianischen Kalenders.

    Gerichtet war er an die bekannte Adresse Jacob Isler in Wohlen (Aargau - Schweiz), eine große Strohwarenfabrik.

    Die Aufgabepost in Warschau taxierte ihn nicht, weil es dessen nicht bedurfte (10 Silberkopeken bekam man von Preußen eh vergütet, die 3 Silbergroschen = 10,5 Kreuzern entsprachen). Preußen notierte 20 Kreuzer (!), die sich aus den eben genannten und aufgerundeten 11 Kr. für Polen und dem Inlandsanteil von 9 Kr. (Briefe bis 1 Loth über 20 Meilen) zusammen setzten.

    Lustig ist die Siegelseite mit dem roten Stempel Preußens als Aufgabestempel des Postvereins und dem badischen Bahnpoststempel Heidelberg - Basel des 23. Zuges, zu dem später noch etwas zu sagen und zeigen sein wird, vom 11.9.1866.

    In Basel wurde er gleich von der badischen Bahn auf die Schweizerische Bahn verladen (Basel - Olten vom 12.9.1866 mit Zug Nr. 5) und gleich mit 80 Rappen = 24 Kreuzern taxiert, die der Empfänger zu zahlen hatte.

    Wie wir alle wissen, trug sich ein paar Wochen zuvor der Deutsche Krieg zu, in welchem Preußen die Südstaaten besiegte. Beigefügt zeige ich den Fahrplan des Zuges 23 von Nord nach Süd (Heidelberg - Basel) unter besonderem Augenmerk auf die Zeit Juni - Oktober 1866. Die dort genannte Abkürzung FSp bedeutet Fahrpostspeditionsbüro, jedoch ist der Brief keiner der Fahrpost, sondern ein einfacher der Briefpost, aber vlt. ist das den Wirren der Zeit geschuldet.

  • Lieber Michael,

    aus einem sehr seltenen Buch:

    ARGE Bahnpost e. V. im BDPh e. V. - Schriftenreihe Bahnpost, 2007 Heft Nr. 4, Bahnpostwesen in Baden.

    Der Erwerb wäre für jeden PO - Interessierten kein Fehler.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Brief aus Riga nach Chur im Kanton Graubünden.

    Aufgegeben wurde der bis zum Zielort voll frankierte Brief am 1. März 1851 (greg. Kalender), lief über Berlin und die Bahnstrecken Berlin-Leipzig, Magdeburg-Leipzig und Hof-Nürnberg durch Preußen und Bayern und wurde schließlich am 9. März 1851 zugestellt.
    Für russische Briefe nach Graubünden war Bayern als Transitland vorgesehen.

    Zwischen Russland und Preußen galt noch der Postvertrag von 1843 mit der Portoreduktion von 1845. Preußen und Bayern verband mittlerweile der DÖPV.

    Das Gewicht des Briefes wurde mit 2 1/2 Loth notiert.
    Damit fiel das 2,5-fache des normalen Weiterfrankos von 13 Sgr. an. Zunächst wurde fälschlicherweise nur das doppelte Wfr. von 26 Sgr. notiert, dies aber dann in 32 1/2 Sgr. korrigiert.

    In den §§ 3 und 4 der Verordnung zum Vollzug des bayerisch-preussischen Postvertrages (28. Juni 1850) wird ausgeführt
    ...
    Demgemäss sind die bisherigen Tax- und Transitzuschläge für die Korrespondenz aus und nach .... Russland et v.v. aufgehoben ....
    ...
    Für die über Bayern transitierende Korrespondenz aus Preussen nach der Schweiz et v.v. tritt nach vorstehender Bestimmung Lindau in das Verhältnis eines Ab- und Aufgabeamtes in der Art, dass für die Briefe aus Preussen nach der Schweiz der königl. preuss. Postanstalt der Portobezug bis Lindau ... zukommt.

    Dem entnehme ich, dass Bayern für diesen Brief nur noch das interne Transitporto nach den DÖPV-Bestimmungen erhielt.

    Bezüglich des schweizer Anteils wurden anscheinend vorderseitig 2 1/4 Sgr. Wfr. notiert, die rückseitig in 8 Kr. reduziert wurden.
    Wie waren hier die Grundlagen?

    Sollte ich mich hier im PO-Gestrüpp verheddert haben, bitte ich um entsprechende Korrektur/Ergänzung. :)

    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,

    herrlicher Brief über Bayern in die Schweiz, würde mir auch in meiner Sammlung gefallen. ^^

    Wie ich, so hoffe ich mal, von bayern klassisch gelernt habe, hat Bayern für den riesigen Weg von Hof nach Lindau die Maximalgebühr von 7 Silberpfennigen für den Transit von Preußen erhalten. Das entsprach gerade mal 2 Kreuzer.

    Zum Porto der Schweiz kann ich leider nichts sagen, aber 8x könnten hinkommen.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Dem entnehme ich, dass Bayern für diesen Brief nur noch das interne Transitporto nach den DÖPV-Bestimmungen erhielt.

    Lieber Michael,

    erst einmal Glückwunsch zu dieser Granate, die ich auch sofort an Land gezogen hätte.

    Wenn eine Postverwaltung (Bayern) einer anderen Postverwaltung (Preußen) ein Amt als Vereinsabgabepost (hier: Lindau) benannte, waren die Leitungen aller Poststücke durch dieses 1. Land (Bayern) kostenlos. Im umgekehrten Fall (Sendung aus der CH über Bayern und Preußen nach Russland) träte die ehemalige Vereinsabgabepost Lindau aber in die Position einer Vereinsaufgabepost und hätte damit für den DÖPV das alleinige Porto oder Franko zu erhalten, hier 9 Kr. je Loth Briefe.

    Daher erhielt Bayern bei deinem Brief gar nichts.

    Die CH war zum Zeitpunkt der Ankunft des Briefes intern in 3 Rayons geteilt - nur bei Auslandsbriefen wie hier galt eine Einteilung in 4 Rayons.

    2 Kr. bis 10 Wegstunden, 4 Kr. über 10 bis 25 Wegstunden, 6 Kr. über 25 bis 40 Wegstunden und 8 Kr. als Maximum über 40 Wegstunden bei einem Gewicht eines halben Lothes.

    Hätte der Brief folglich 2,5 Loth gewogen, wäre er in der 5. CH - Gewichtsstufe gelandet.

    Eine Wegstunde betrug 4,8 km oder 16.000 Fuß, je nach Schuhgröße. :D

    Zu berechnen ist die direkte Entfernung von Lindau (erst ab dem 15.10.1852 berechnete die CH nach Grenztaxpunkten gegenüber Bayern die Entfernungen) nach Chur = 80 km. Damit fiel Chur von Lindau aus in den 2. ausländischen Rayon über 10 bis 25 Wegstunden.

    In der CH progressierte die Taxe mit 50% über dem einfachen Satz, so dass bis 1/2 Loth = 4 Kr., bis 1 Loth 6 Kr. und bis 1 1/2 Loth 8 Kr. richtig gewesen wären.

    Hätte die CH jedoch nach Lothen gerechnet, wären es 4 Kr. bis 1 Loth (15g), 6 Kr. bis 2 Loth (30g) und 8 Kr. bis 3 Loth (45g).

    Ich werde noch heraus finden, ob im Februar 1851 in Halblothschritten, oder in Lothschritten bei Auslandsbriefen gerechnet wurde. Ich müsste mich aber sehr täuschen, wenn es nicht Halblothschritte waren.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Adriana,

    mit dem Namen Dalp hast du aber gut an @liballs Sammlung aufgepasst, schließlich hat der Name eine bayerische Relevanz.

    Lieber Michael,

    meine Quelle schickt die 3 Anhänge und ist sich auch sicher, dass in der CH das halbe Loth galt. Aber ich werde eine weitere anzapfen, also bitte etwas Geduld.

  • Hallo Michael,

    hier ein Portobrief in der Gegenrichtung vom 25.7.1851.
    Die Taxierungen deute ich wie folgt:
    Bayern erstattet an die Schweiz 5 Kr., entspricht 1 1/2 Sgr. An Preußen wurde von Bayern der Postvereinsanteil von 3 Sgr. belastet.
    Preußen verrechnete für Briefe aus der Schweiz weiterhin 13 Sgr. an Russland. Zuzüglich des russischen Inlandportos ergab dies für den Empfänger ein Gesamtporto von 52 1/4 Kopeken.
    Zu den 5 1/2 auf der Rückseite ist mir noch nichts vernünftiges eingefallen.
    Über Lindau, Hof, Leipzig, Berlin und Stettin gelangte der Brief auf die Ostbahn (28.7.), wo der 1. Streckenabschnitt Kreuz-Schneidemühl-Bromberg einen Tag zuvor, nämlich am 27.7.1851, eröffnet wurde.
    Beide Briefe zusammen ergäben eine nette Seite.

    Grüsse von liball