• Lieber Michael,

    du verwöhnst uns mit deinen Rußlandbriefen so sehr, dass ich nicht mehr lange hintanstehen wollte und mir diesen per Sofortkauf geschnappt habe, dessen Interpretation ich somit versuche:

    Moskau 6. / 18. August 1847 porto nach Wohlen in der Schweiz (Aargau).

    Siegelseitig nur ein mäßiger Berlin - Zweizeiler ("AUS RUSSLAND") und eine violette 12, sonst nichts.

    Hinter dem Porto - Stempel (von wem wo abgeschlagen in rot?) lese ich 10 Silberkopeken, den russischen Anteil. Diese werteten damals noch 3 1/4 Sgr., wenn ich recht aufgepasst habe. Preußen addierte seinen Anteil von 6 Sgr. dazu, so dass sich über Bayern nach Baden ein Anteil von 9 1/4 Sgr. = 33x ergab. Durch Bayern lief er geschlossen nach Heidelberg, wo der grüne O.P. für Oestliches Preußen abgeschlagen wurde.

    Baden setzte für seinen Transit wie üblich 12x an, nachdem es die preußische Forderung in 33x reduziert hatte. Somit hatten wir eine Gesamtforderung von 45x an der badischen Grenze zu Basel. Da die CH noch bis 31.12.1851 in Schweizer Kreuzern rechnete, ergibt sich eine Differenz von 13x zu den vom Empfänger verlangten 58x. Diese Differenz kann ich nicht unter den beiden Kantonen Basel und Aargau aufteilen. Waren es vlt. 12x und der Aargau hat wieder aufgerundet, damit man eine gerade Zahl kassieren konnte?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    vielen Dank - wieder etwas gelernt!

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Wie in meiner Vorstellung angekündigt, zeige ich mal ein paar Briefe. Anfang macht dieser 10-Kopeken-Ganzsachenumschlag aus SMELA (Ukraine) vom 16. Dez. 1867 über Preussen. Zufrankiert wurden 15 Kopeken, womit der Brief um eine Kopeke überfrankiert sein müsste. Die 10 Kopeken des Umschlages wurden dann wohl übersehen, weshalb die Rahmenstempel "НЕДОСТАТОЧНО ФРАНКИРОВАНО" und "Unzureichend frankirt" abgeschlagen wurden. Zu dem sind fünf Taxvermerke hinzu gekommen, welche teils wieder gestrichen wurden. Unterhalb der Marken hat ein Postbeamter sogar die Umrechnung vorgenommen.
    Vielleicht kann mir jemand die ganzen Taxvermerke erklären und vielleicht ist daraus dann auch der Leitweg abzulesen.

  • Hallo Schlacki,

    zu den Taxen und dem Laufweg am Anfang kann ich leider nichts sagen.

    Im Süden dürfte er über Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg nach Basel gelaufen sein, dann nach Olten (rückseitig Bahnpoststempel Basel-Olten) und dann weiter nach Bern.

    Schöner und interessanter Brief, Glückwunsch :thumbup:

    Viele Grüsse
    Christian

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schlacki,

    Du fängst ja mit einem spannenden Brief an ... :)

    Dein Brief ist nicht über-, sondern um 1 Kopeke unterfrankiert. Frankobriefe in den 2. schweizer Rayon kosteten 26 Kopeken.
    Mit dem russisch-preußischen PV von 1866 war vereinbart worden, dass bei Unterfrankaturen die Briefe wie Portobriefe taxiert, die verklebte Frankatur aber angerechnet werden sollte.
    Die rückseitigen 10 Kop. wurden offensichtlich mit berücksichtigt und galten das russsiche Inlandsporto ab.
    (NB: War die Verwendung von Ganzsachenumschlägen für Auslandspost zu dieser Zeit eigentlich schon erlaubt?)
    Verblieben die vorderseitig verklebten 15 Kopeken, die von einem Postler akribisch in 4 1/2 Sgr. umgerechnet und Preußen gutgeschrieben wurden. Hiervon behielt Preußen (NDP-Post) 3 Sgr. für sich (bei einem Frankobrief wären es nur 2 Sgr. gewesen). Damit war das Porto für das Postvereinsgebiet abgegolten. Die restlichen 1 1/2 Sgr. wurden als Weiterfrankoanteil für die Schweiz notiert. In Baden wurden diese dann in 5 Kreuzer reduziert und mit der Schweiz verrechnet. Die schweizer Post kassierte nun aber trotzdem den vollen Portosatz von 20 Rappen vom Empfänger.

    Viele Grüße
    Michael

  • Liebe Sammlerfreunde,

    wenn ich die Daten der Stempel betrachte, soweit ich sie von der Zeit her lesen kann, sollte der Brief doch erst im Januar 1868 deutsches Territorium tangiert haben. Demnach war Baden aus der Geschichte raus, weil es geschlossene Transite des Norddeutschen Bundes über badisches Gebiet gab und die 5 somit ein anderer geschrieben hat (evtl. die Bahnpost Frankfurt am Main - Heppenheim), aber das wird schwer zu beweisen sein.

    Es ist die Frage, ob die CH diese 5 Kr. überhaupt in der Briefkarte gesehen hat und darum (für sie korrekt) ihre 20 Rappen notiert hat. Alles ein bißchen kompliziert ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    mit der Anmerkung in Post #3, dass die 5 Kreuzer-Notierung vermutlich nicht aus Baden stammt, hast Du sicherlich recht.

    Die Taxe des Briefes aus Riga mit 18 Kop. verstehe ich nicht.
    Die NDP-Zeit ist nicht mein Gebiet, aber laut Kupec, Postgeschichet Russlands, Bd. III, Seite 58ff., war die Taxe für Briefe in den 2. schweizer Rayon unverändert 26 Kop. für frankierte und 28 Kop. für unfrankierte Briefe.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich hoffe, wir sprechen nicht aneinander vorbei - aber der aus Riga von 1869 hat nur 18 Kopeken gekostet und das sollte lt. meiner CH - Quelle korrekt frankiert sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,

    die Postbücher der CH sagen das - ab 1.9.1868 gab es ja keine Rayons mehr in der CH, von daher ist das wohl nicht ganz richtig.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    danke für die Info.
    Dann korrigiere ich mal die Angaben in dem Kupec-Band. Dort werden 18 Kop. erst ab 1870 aufgeführt.
    Kupec hat dort die Angaben aus den Jahrbüchern für die russischen Postkunden aufgeführt. Entweder war das von 1869 veraltet oder es hat sich ein Kopierfehler eingeschlichen ...

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich würde über die Russen damals und heute nichts schlechtes denken, aber so manche Postverwaltung hat Gebührensenkungen nicht umgehend publiziert, weil jeder einzelne Brief wieder ein paar Kopeken (oder Kreuzer, oder Soldi, oder Neukreuzer usw.) in der Staatskasse klingeln ließ - von daher wäre diese Variante auch möglich gewesen.

    Denkbar wäre auch, dass die Verbilligung der dt. Vertragsstaaten mit der CH ab dem 1.9.1868 nicht an die russischen Postbehörden weiter gegeben wurden, um dort noch für Briefe in den 2. Rayon Geld zu kassieren, das die CH gar nicht mehr fordern konnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Erst einmal danke für die ersten Antworten. Jedoch bleiben noch einige fRagen offen und ich habe zudem einige Anmerkungen.
    1.) Laut Hans Kupec muß man, um das korrekte Porto zu ermitteln, immer in die Tabelle des darauf folgenden Jahres schauen. Dieses ist für jemanden, der es nicht weiß, schon etwas verwirrend. Somit ist der von bayern klassisch gezeigte Brief korrekt frankiert.
    2.) Michael hat natürlich Recht. Der Brief hätte 26 Kopeken gekostet. An statt nachzusehen habe ich es so gemacht und etwas anderes im Kopf. Aber wurden die 10 Kopeken der Ganzsache tatsächlich mit berechnet? Die 15 Kopeken vorderseitig wurden exakt umgerechnet und addiert. Warum wurden dann nicht die 10 Kopeken gleich hinzu gerechnet?
    3.) Wieviele Rappen entsprachen denn 10 Kopeken?
    4.) Ob die Verwendung der Ganzsachenumschläge für die Auslandskorrespondenz schon erlaubt waren, weiß ich nicht. Mir sind drei 10- und ein 20-Kopeken-Umschlag dieser Serie mit Zusatzfrankaturen bekannt, welche dann ins Ausland liefen. Angaben des Datums kann ich zwar nicht machen, sie dürften aber in etwa in die gleiche Zeit fallen.

  • Hallo Schlacki,

    Zitat

    3.) Wieviele Rappen entsprachen denn 10 Kopeken?

    10 Kop. = 3 Sgr. = postalisch 9 Kr. = 30 Rappen.

    Aber: 10 Kop. = 3 Sgr. = paritätisch 10,5 Kr. = 35 Rappen.

    Im Auslandsverkehr galten die Währungen immer paritätisch, außer ein Postvertrag fixierte die Kurse.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hier habe ich zwei weitere Briefe in die Schweiz. Der erste vom April 1875 über Preussen kostete 14 Kopeken. Dieses ist mir auch schlüssig.
    Der zweite Brief vom 4. Januar 1872 hingegen gibt mir wieder Rätsel auf. Laut Handbuch Kupec hätte der Brief über Preussen 14 und über Österreich 17 Kopeken gekostet. Als Recogebühr wären 7 Kopeken fällig. Wäre diese Kombination + 1 Kopeke fürs Ausstellen der Quittung richtig? Einen Reco-Vermerk kann ich hier allerdings nicht erkennen.

  • Laut Handbuch Kupec kostete der einfache Brief 14 Kopeken. Nichts desto trotz sind die 22 Kopeken, die verklebt wurden, zu viel. Deshalb wermutete ich einen Reco-Brief. Aber vielleicht hat jemand noch eine andere Erklärung?!