Bayern-Lombardei bis 1859

  • Hallo zusammen,

    habe soeben den richtigen Thread gesucht und keinen gefunden, wundert mich ein wenig, da diese Destination nicht so selten war.

    Nun, dann eröffne ich einen neuen Thread.

    Heute bei mir eingetroffen, Brief aus Augsburg 23.10.1854 nach Mailand/Lombardei das bis 1859 zu Österreich gehörte.

    Frankiert ist er mit einen Paar der Mi.4, 9 Kreuzer PV-Gebühr und 3 Kreuzer für den Transit durch die Schweiz.

    zum Laufweg:
    mit der Bahn von Augsburg über Kempten nach Lindau(rückseitig schlecht erkennbar). Von dort weiter über Chur und den Splügen-Pass nach Chiavenna und angekommen in Mailand am 26.10.1854. Nur 3 Tage unterwegs, da kann man nicht meckern. ;)

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    Danke fürs zeigen dieses Beleges :)

    Es ist der "kleine Schweiz Transit", der für 12Kr durch die Frankatur gewählt wurde, damit die Beförderung so schnell geht.

    Nach Mailand gibt es zur gleichen Zeit auch 9Kr Frankaturen, diese liefen über Österreich und waren dann 2-3Tage länger unterwegs.
    Jetzt kannst Du, wenn du magst diesen 9Kr Beleg noch finden und beide auf einer Seite zeigen und schon hast Du ein spannendes PO Thema :):)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • ... wobei die 9x Briefe deutlich seltener sind, als die 12x Briefe, was man eigentlich so nicht meinen sollte, aber den Leuten waren die 3x mehr egal, wenn es nur 2 Tage schneller ging.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... ich könnte hier ja was einstellen ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    damit das Hufescharren ein Ende hat, hier ein paar meiner Briefe nach Mailand unter österreichischer Zeit. Die ein oder andere Besonderheit darf man bei den Stücken natürlich zurecht erwarten. ;)

    Augsburg, 12.2.1853, mit Anweisung für die Post "per Innsbruck" mit 9x treffend frankiert. Zuerst mit 6x CM nachtaxiert für die Leitung über die Schweiz, die gar nicht gewünscht war (3x CH Transit und 9x für über 20 Meilen = 12x, daher unterfrankiert und mit weiteren 3x Portozuschlag für Bayern versehen). Später korrigiert und, wie der Innsbrucker Stempel beweist, die richtige Route genommen.

    Augsburg, 17.7.1856, mit 12x das Standardfranko für die Leitung über die CH. Das sind die mit großem Abstand häufigsten Briefe, auch wenn sie viel höher angesetzt werden, als 9x Briefe in die Lombardei, aber nicht immer versteht jeder, was häufig ist und was Standard, von daher ist es gut für uns Wissenden, dass wir 9x Briefe nach dorthin bis Mai 1859 nicht verschmähen sollten.

    Augsburg, 1.10.1855, unter Chargé aufgeliefert für die Leitung mit 9x über Innsbruck frankiert. Trotz Aufgabe am Chargéschalter widerrechtlich über die CH geschickt (s. Lindau vom 2.10.) und daher als unterfrankiert angesehen und mit 6x CM nachtaxiert. Einzig mir bekanntes Stück dieser Kombination (da half das liegende Kreuz leider auch nichts mehr!).

    Und die Granate zum Schluss ... :P

    Drucksache der 2. Gewichtsstufe von Augsburg, 31.5.1859, mit der Zwangsleitung über Innsbruck, weil zuvor der Krieg ausgebrochen war und Bayern vorschrieb, dass Sendungen in die Lombardei nicht mehr den Schweizer Posten anzudienen, sondern über Österreich zu leiten waren. Der Grund ist klar: Beim Krieg wäre die arme CH zwischen den Fronten gesessen und hätte, da geschlossener Transit, die Pakete gar nicht öffnen dürfen - in Folge dessen auch nicht die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Instradierung zu nehmen bzw. die Pakete um- oder zurück zu leiten. Die Deutschen Staaten hätten ihre Post kübelweise der CH übermacht und die hätte im Tessin an der Front gestanden und nicht gewusst, wohin mit all den Poststücken. Daher war es richtig und logisch, dass man die CH nun aussparte und sich direkt mit dem Zielland Österreich (so lange es das noch war!) arrangierte, auch wenn dann die Post halt ein paar Tage später brauchte, bis sie zugestellt werden konnte.

    Die ist das letzte mir bekannte Poststück überhaupt, dass noch so lief - wegen der Besetzung Mailands ging dort erst einmal gar nichts mehr und wie die Post in diesen mörderischen Zeiten doch noch irgendwie funktionierte, grenzt nicht nur an ein Wunder, sondern es ist eines.

    Wenn man dann bedenkt, dass Drucksachen im Verhältnis 1 zu 1.000 zu Briefen stehen und Drucksachen der 2. Gewichtsstufe zu einfachen Drucksachen im Verhältnis 1 zu 50 anzusiedeln sind, ahnt man zumindest, was man da vor sich hat. Bis ich das Stück damals in Händen hielt, hätte ich an die Existenz einer solchen Bombe stark gezweifelt und das nicht nur für heutige Bestände, sondern schon für die damaligen.

  • Hallo Sammlerfreunde,

    nachdem b.k. hier die Granaten vorgestellt hat anbei noch zwei Briefe mit Stempel "VIA DI SVIZZERA" und ein weiterer, der mit 12 xr für den Transit frankiert, aber trotzdem über Innsbruck gelaufen war. Abschließend dann noch 9xr über Österreich.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    auch eine beeindruckende Strecke - danke fürs zeigen! :P

    Lieber Bayern Social,

    man tut, was man kann ... ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    8o 8o 8o da geht einem ja das Herz auf. Danke fürs Zeigen dieser Weltklassebelege an euch beide.

    Nachdem ich wieder ein wenig Luft bekomme und das Hirn mit Sauerstoff versorgt ist, eine Frage an Dich lieber bayern klassisch.

    Der 1859er Krieg beschäftigt mich ein wenig. Du hast mal geschrieben, dass zum Beispiel ein 12 Kreuzer Brief nach österreichisch Italien oder in die altitalienischen Staaten folgendermaßen abgerechnet wurde:
    9 Kr.für das Abgabepostamt z.B. Bayern, das an die Schweiz 1,5 Kr. gab und auch das Aufnahmepostamt z.b. italienisch Österreich 1,5 Kreuzer an die Schweiz weiterleitete. Warum wurde denn nicht weiter über die Schweiz geleitet, die Schweiz musste doch eigentlich nur Angst haben, dass sie von österreichisch Italien die 1,5Kr. wegen des Krieges nicht bekommt. Irgendwie verstehe ich das nicht, bitte um Nachsicht. ;)

    Viele Grüsse
    Christian

    Einmal editiert, zuletzt von Leitwege (21. März 2014 um 18:54)

  • Hallo Leitwege,

    beim Krieg von 59 ging es nicht um Transitvergütungen, sondern um die Sicherheit der Poststücke. Der schwächste in einer Kette von 3 Ländern ist und war immer der in der Mitte - also die Schweiz. Sie musste die Post von Bayern bzw. den anderen Südstaaten aufnehmen und musste sie, ohne Einblick zu haben, an Österreich weitergeben.

    Den großen Verdienst hatten Österreich und die Südstaaten - die CH bekam ja nur relativ wenig von dem Kuchen ab, hatte aber geologisch den problemhaftesten Abschnitt zu bewältigen (Alpen). Dazu waren die Kapazitäten nicht eben riesig und Alternativen gab es keine.

    Bei einem Krieg wurden die Verträge ja grundsätzlich außer Funktion gesetzt (höhere Gewalt). Die Post schützte sich u. a. dadurch, dass sie die Versicherungssumme von Einschreiben bei Verlust durch Kriegsfall nicht auszahlte. Auch Wertsendungen wurden oft gar nicht erst angenommen und mussten liegen bleiben, bis sich die Verhältnisse besserten.

    In diesem Umfeld dürfte es der Postverwaltung der CH ganz recht gewesen sein, wenn sie aus dem Krieg zumindest postalisch heraus gehalten wurde, hatte sie doch Postverträge mit Bayern, Österreich und Sardinien (später Italien). Wie immer sich die CH, wenn ihr diese Entscheidung überhaupt initiativ oblegen hätte, hätte entscheiden wollen, es wäre immer ein Affront gegen mindestens ein Land gewesen, mit dem sie einen Postvertrag abgeschlossen hatte.

    Die CH hatte also die Entscheidungen ihrer Vertragspartner im Mai 59 hinzunehmen, war aber auf der anderen Seite auch nicht abgeneigt, dieser folgen zu müssen. Sie war sich bewußt, dass sie vom Wohlwollen der bedeutenderen Länder und Postgebiete um sie herum abhing, da die Einnahmen aus der nationalen Post eher bescheiden waren und nur die Erlangung bzw. der Erhalt von internationalen Transitstrecken üppige Gewinne generieren konnte. Diese zu erhalten bedurfte es der absoluten Neutralität und einer geschickten Verhandlungsführung völlig zerstrittener Parteien.

    Da Österreich schon historisch ein Transitkonkurrent für die Nord - Süd - Korrespondenzen zur CH war, Österreich aber seit April 1859 als Kriegsbeteiligter ein unsicherer Kandidat wurde, ging die CH nach Beendigung des Krieges als kleiner Sieger hervor. Das Postgebiet des DÖPV, welches die CH großteilig umgab, war durch den sardisch - italienischen Sieg im Süden aufgebrochen worden und spielte so der CH in die Karten. Als Folge dessen konnte sie den offenen Transit großer Korrespondenzströme für sich durchsetzen bzw. gewinnen und erhielt so statt der etwas knapp kalkulierten 3x das doppelte je Loth Transitbriefe. Das war eine ganze Menge!

    Zwar musste die CH diese Briefe wegen des offenen Transits auch individuell behandeln, was arbeitsintensiv und personalaufwändig war, aber dafür konnte sie jetzt ihre eigenen Abrechnungen zwischen den Deutschen Staaten und dem Kgr. Italien zu machen und war von einem Handlanger der Großen zu einer gleichwertigen Partei "avencirt", die bis Dez. 1867 so nicht wegzudenken war.

    Erst ab 1868, als in Folge des Krieges von 1866 eine neue staatliche und damit einhergehend auch postalische Basis in Mitteleuropa geschaffen wurde, wurde die CH als Transitland entbehrlich, weil Österreich für den Norddeutschen Bund kein echter Konkurrent mehr war und sich die k. und k. Monarchie gleichzeitig mit dem Kgr. Italien ausgesöhnt hatte. Dazu kam die immer bessere Einbindung der Eisenbahnen über die Alpen (Brenner) schon vom Süden aus (Brindisi), die die einstigen Zeitvorteile bei der Leitung über die CH zunichte machte, ja übertraf.

    Auch die alte Kostenstruktur von 6x je Loth Transitbriefe für die CH war nicht mehr "up to date", kosteten doch die Briefe aus den Vertragsstaaten nach Italien et vice versa bei der Leitung über Österreich nur 12x total, später gar nur noch 10x mit weiter fallender Tendenz - da konnte die CH einfach nicht mithalten, da sowohl die Posten der Vertragsstaaten, als auch die des Kgr. Italien je 6x (später je 5x) an Franko kassierten und damit soviel, wie die CH für ihren kleinen Transit allein zu beanspruchen glaubte. Eine Anhebung um 50% der Postgebühren für eine nicht schnellere oder sicherere Leitung wäre dem Publikum aber nicht zu vermitteln gewesen und die CH war somit ein für alle mal "out".

    Sorry für die Länge und "off topic". ;(

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier noch ein weiteres Mitbringsel aus Würzburg.

    Augsburg - Mailand/Lombardei über die Schweiz vom 21.7.1857.

    Bisher hatte ich noch keinen Charge-Brief, der diese Route nahm.

    Wie in Würzburg schon bei einem Gespräch mit Sammlerfreunden erwähnt, hier zählt nicht die Erhaltung, sondern die Postgeschichte.

    Die Frankaturzusammenstellung ist nicht häufig und zudem befindet sich unter den beiden rechten Marken noch der Rest einer wieder abgerissenen grünen 9xr-Marke.

    Zum Charge-Versand noch die Frage in die Runde, ob diese Briefe ebenfalls einfach in den geschlossenen Paketen befördert wurden oder wie muss ich mir das vorstellen?

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    das mit der nicht verklebten 9x grün ist schon lustig.

    Einen Chargébrief habe ich in der BY - CH Slg., aber du hast recht, viele gibt es zumindest heute nicht mehr (von dort nach Bayern wäre noch weit seltener).

    Augsburg war Kartenschlussamt zu Mailand, daher fertigte Augsburg das Briefepaket über die Schweiz via Lindau. Die Briefe waren nach ihren Gattungen auszuscheiden, wobei ganz oben die königliche Korrespondenz zu liegen hatte (die man hier vergessen darf), dann kam zuorberst, wenn überhaupt dabei, das Bündel mit Expressbriefen, darunter die recommandirten Briefe separat und auch separat in der Briefkarte aufgeführt.

    Dann Franko-, Porto- und Dienstbriefe, dann Transitbriefe von Norden her, Retourbriefe, Drucksachen und Zeitungssachen usw. usw..

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde

    nachdem keiner den Brief wollte, habe ich mich ihm seiner erbarmt.

    München 12. APR. 1855 - Milano Österreich (Lombardei), befördert über die Schweiz, Ankunft 15.4.

    Franco-Marke 9 xr blaugrün, 5 b, geprüft

    Der Brief hätte für diesen Leitweg (Bayern - Schweiz - Österreich) ein Franko von 12 xr erfordert. Frankiert wurden aber nur 9 xr für einen Brief innerhalb des DÖPV. Vermutlich war vom Absender eine Beförderung über Innsbruck (also nur über Österreich) angedacht. Der Transit durch die Schweiz erforderte 3 xr, welche hier fehlten und beim Empfänger (ohne einen Portozuschlag) eingehoben wurden.

    Stempel:

    VIA DI SVIZZERA

    BOLLO INSUFFICIENTE

    und

    "3" in Rötel und mit schwarzer Tinte angeschrieben.

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    hübsch...also ich hätte mich schon erbarmt. ;)

    Noch eine Frage: Der Absender und der Empfänger konnten ja nichts dafür dass nicht der günstige Weg über Innsbruck genommen wurde, und der Empfänger musste trotzdem den Weg über die Schweiz nachbezahlen.

    Gab es da eine Verordnung?

    Viele Grüsse
    Christian

  • Liebe Freunde,

    der Laufweg des Briefes aus Augsburg vom 29.10.1851 nach Mailand ist mir nicht ganz klar. Hat jemand dazu eine Idee? Eingang in Mailand war am 3.11.1851. Sonst keine Stempel zu sehen außer dem kleinen Mailänder AK-Stempel.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (14. August 2016 um 10:09)