Liebe Freunde,
manchmal hat man Glück, manchmal hat man Pech. In der Bucht wurde ein vorderseitig toller Brief angeboten, der mir nach meinem Dafürhalten günstig zugeschlagen wurde. Die Siegelseite war nicht abgebildet und bei einem Brief von GB über F nach Bayern bedarf es eigentlich derselben nicht weiters, weil der Laufweg über Paris - Forbach oder Paris - Strasbourg üblich und zigfach belegt ist, so das ich über die Zusendung derselben keinen Gedanken verschwendete.
Heute kam das gute Stück hier an - und ich musste lange auf die Siegelseite blicken, bis ich glauben konnte, was dort zu sehen ist ...
Aber der Reihe nach: Am 25.10.1860 schrieb man in Liverpool durch die Firma Krange & Mayer einen Brief an die Mechanische B(aum)wollspinn- & Weberei in Bamberg, ein Empfänger, wie wir ihn vielhundertfach als Incoming - Mail - Sammler Bayerns kennen und schätzen gelernt haben.
Der Absender frankierte mit 2 Marken zu 6d, wodurch sich bei der Leitung über Ostende, wie gewünscht, der Laufweg London - Ostende - Aachen - Bamberg hätte ergeben sollen. Dem war jedoch nicht so.
Zwar zeigt uns die Siegelseite den Stempel von London (27.10.), doch dann sehen wir nicht sehr gut lesbar den Stempel von Paris (wohl 28.10. oder 29.10.), so dass unterstellt werden darf, dass der Brief der 2. Gewichtsstufe (oben links "2") nicht für die Route über Frankreich frankiert war, galt doch bei der Leitung über Belgien als Gewichtsstufe das volle Loth, über Frankreich aber nur 7.5g, so dass ein Brief über 1 bis 2 Loth via Belgien über Frankreich eigentlich immer in der 3. oder gar 4. Gewichtsstufe liegen musste.
Da der Brief keinen PD - Stempel erhalten hatte, war man wohl in Liverpool und London davon ausgegangen, dass er eh nicht korrekt frankiert worden war - jedoch über die günstige belgische Route! Demnach hätte er ja über die teurere französische Route ja noch viel unterfrankierter sein müssen.
Doch auf der Siegelseite prangt ein - Gott-sei-Dank - gut abgeschlagener Eingangsstempel von "Bombay 26. NOVEMBER 1860", wodurch belegt ist, dass man - wo auch immer - nicht "Bamberg", sondern "Bombay" gelesen hatte und ihn nach dorthin verbrachte.
Meine 1. Frage: Trugen voll frankierte Briefe von GB nach Indien P.D. - Stempel?
Der Brief hat einen Quervermerk "Manual fol(io) 77. F. B. F. 27". Wer kann diese Abkürzungen deuten? F = Foreign? B = Bureau? F = French?
Wie kam er dann aber nach Bamberg zurück? Ich kann nur einen Bamberger Ankunftsstempel vom 21.12.1860 erkennen, mehr nicht.
Die Baumwollspinnerei musste in jedem Fall 42 Kreuzer für ihn bezahlen, was ja recht günstig war, denn ein regulärer Brief via Indien wäre vielfach teurer gewesen. Die Frage ist aber: Wie kam wer auf 42 Kreuzer?
Ich hoffe auf Mithilfe und weitere Hinweise (Schiffe, Linien, Stationen etc.).