Baden <-> Großbritannien

  • Hallo zusammen!

    Mein zur Zeit ältester Großbritannien-Beleg ging am 31. Mai 1830 von Heidelberg nach London. Wenn ich den siegelseitigen Ankunftstempel richtig lese, erreichte er sein Ziel am 7. Juni.

    Leider habe ich bei den postgeschichtlichen Aspekten der VMZ-Briefe nach wie vor erhebliche Defizite. Der vermutlich in Heidelberg abgeschlagene Stempel "PP" bedeutet wohl trotz "Frei"-Vermerk nur eine Teil-Freimachung; möglicherweise wurden 28 Kreuzer erhoben - 8 für den badischen Porto-Anteil und 20 für das Weiterfranko - eventuell bis Rotterdam :?:

    Ganz sicher weiß das jemand besser ....

    Im Voraus danke für die Aufklärung und liebe Grüße

    balf_de

  • Lieber balf_de,

    wie ich es lese: Der Absender musste wegen des Küstenfrankozwanges Großbritanniens die Frankatur bis dahin zu bewirken. Ergo zahlte er 8 Kr. für Baden und 20 Kr. (waren mal 5 gute Groschen preußisch) für Preußen und die NL. Ab da lief er mit britischen Schiffen über den Kanal nach London.

    Siegeleitig ist der F.P.O. - Stempel für das "Foreign Post Office" abgeschlagen. Diesen Stempel erhielten nur Auslandsbriefe.

    Der Empfänger zahlte 1 Shilling 8 Pence = 1 Gulden.

    P.D. - Stempel gab es damals noch nicht; das war eine Erfindung späterer Zeiten und Postverträge. Daher war die alte, französische Form in Baden (und Bayern!) noch gebräuchlich, die nichts mit Teilfranko zu tun hatte (auch wenn das hier so war), sondern nur Port Payé, also Gebühr bezahlt besagte. Da man nicht weiter, als bis zur Seeküste frankieren konnte, war die Stempelung völlig korrekt und vertragskonform.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch!

    Danke für Deine gewohnt präzise und vollständige Information. Vielleicht finde ich noch heraus, wo ich als Bedeutung für "PP" Teilfranko gelesen habe, aber wahrscheinlich war es einfach so, dass man in der Markenzeit den alten - französischen - Stempel für nicht alltägliche Vorgänge wie z.B. Teilfranko zweckentfremdet hat.

    Hallo zusammen!

    Schon komme ich in etwas sichereres Terrain. Der zeitlich nächste Brief, den ich hier vorstellen kann, stammt vom November 1855 und ging von Heidelberg nach Manchester.

    Nach dem badischen Tarif von 1855 waren 6 Kreuzer Postvereins-Porto zu frankieren - von Heidelberg zur französischen Grenze in Straßburg waren es mehr als 10, aber unter 20 Meilen - und 10 Kreuzer Weiterfranko für den Versand des maximal 1/2 Loth schweren Briefs über Frankreich.

    Die Frankatur von 16 Kreuzern war in Baden zwangsläufig bunt und attraktiv - in meinem Fall Nummer 4b, 5 und 7. Jetzt hoffe ich nur, ihr erwartet nicht mehr allzu viele Steigerungen bei den nächsten Belegen ... "Dramaturgisch" hätte der Brief eher an den Schluß gehört . :rolleyes: - aber chronologisch ist er an der Reihe.

    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    der P.P. - Stempel stand ab 1868 für Port Partielle, das ist schon richtig. Er war zwischenzeitlich von den P.D. - Stempeln abgelöst worden und kam dann eigentlich nur noch auf Briefen in den Kirchenstaat zum Einsatz bei der Leitung über Österreich und Italien.

    Dein Brief zeigt auch den modernen Vertragsstempel der 40er Jahre für Transite durch Frankreich, nämlich T. F. (Transit Francais).

    Wenn Baden hier 6 Kr. behielt, blieben 10 Kr. als Weiterfranko übrig - ist dir die Aufteilung zwischen F und GB hierzu bekannt?

    Dreifarbenfrankaturen sind immer ein optisches Highlight - zu dem hier kann man dich nur beglückwünschen. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bayern klassisch !

    Wieder einmal muss ich passen:

    ist dir die Aufteilung zwischen F und GB hierzu bekannt?

    Nein, dazu habe ich nichts gefunden. Davon ausgehend, dass vor 1857 ein 7,5-Gramm-Brief nach Frankreich aus Heidelberg 15 Kreuzer (6 KR für Baden, 9 KR für Frankreich) gekostet hat, bleibt eigentlich nur noch ein Kreuzer übrig. Aber das kann ich mir nicht denken, zumal noch ein Dampfer-Transport erforderlich war. Leider muss ich die Frage weitergeben (bzw. an Dich zurückgeben ?( )

    Hallo zusammen!

    Optisch ganz ähnlich, aber doch ganz anders ist mein nächster Brief: nein, da ist keine 1-Kreuzer-Marke abgefallen, sondern das Briefchen ist ein paar Jahre jünger: am 10. Juli 1859 ging es von Heidelberg nach Liverpool, wo es schon am 13. Juli ankam. Der Leitweg führte wie bei meinem ersten Brief über Frankreich (Straßburg -> Paris -> Calais)

    Seit 1857 gab es einen neuen Tarif A IV: der badische Portoanteil reduzierte sich für alle badischen Absenderorte auf 3 Kreuzer, das Weiterfranko nach Großbritannien erhöhte sich für 9/20-Loth-Briefe auf 12 Kreuzer. Die 15-Kreuzer-Frankatur wird mit einer Nummer 4b und 7 dargestellt.

    Für Briefe nach Frankreich in der ersten Gewichtsprogression betrug der französische Portoanteil seit 1857 nur noch 6 Kreuzer; hieraus ergäbe sich ein Rest-Anteil für die britische Post von ebenfalls 6 Kreuzer - das scheint mir ganz sinnvoll. Aber kann man das so rechnen?

    Viele Grüße von balf_de

  • Hallo zusammen! 

    Heute möchte ich einen Brief vorstellen, der nach dem gleichen Tarif A IV von 1857 freigemacht wurde wie der zuletzt gezeigte 15-Kreuzer-Brief. 

    Allerdings wog er mehr als 7,5 Gramm, befand sich also in der zweiten französischen Gewichtsstufe. Da er die badische Gewichtsgrenze für einfache Briefe von 1 Loth nicht überstieg, betrug die Postvereinstaxe 3 Kr., während das Weiterfranko 2 x 12 = 24 Kr. ausmachte. Etwas schwach, aber noch gut lesbar, ist dies auch entsprechend ausgewiesen. 

    Dargestellt wurde das Porto von 27 Kr. durch einen waagerechten Dreierstreifen Nummer 15a. Stegmüller kommentiert dies folgendermaßen: „ Bei der Vorlage handelt es sich um eine sehr seltene Mehrfachfrankatur. Ex Sammlung Romanow“ 

    Interessant ist noch etwas: Im England-Abschnitt in Rainer Bracks Auslandshandbuch habe ich einen Passus „Postgeschichtliche Bemerkungen“ mit diesem Text gefunden: 
    „ ... Zwei Leitwege existierten. Bis 1863 war der normale Transitweg über Frankreich mit dem einfachen Briefgewicht von 7,5 g. Ab 1863 schlossen Preußen und Großbritannien einen günstigeren Postvertrag für den Leitweg über Preußen, Köln, Ostende (via Ostende) nach England. Das Porto ermäßigte sich deutlich, das einfache Briefgewicht rechnete man mit 1 Loth = 18 Kr. Für leichtere Sendungen bis 7,5 g. war allerdings der Leitweg über Frankreich immer noch günstiger = 15 Kr. ....“

    Es geht zwar aus dem Text nicht explizit hervor, ob die Neuregelung schon Anfang 1863 in Kraft war – der Absender hätte dann immerhin 9 Kreuzer Porto sparen können -; jedenfalls war man noch an den „normalen“ Transitweg über Frankreich gewohnt, der gewählt wurde, wenn der Absender nicht explizit etwas anderes vorgab.

    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    dein 15 Kr. Brieffranko sollte sich in 3 - 6 - 6 Kr. aufteilen. Schönes Stück!

    Bei dem 27 Kr. Brief hat man tatsächlich Geld in den Sand gesetzt, weil ja selbst die 3. französische Gewichtsstufe mit 15,5g schon erreicht war, während es immer noch die 1. Gewichtsstufe im Postverein war! Hier wäre der Weg über Preußen und Belgien günstiger gewesen, aber vermutlich hat man aus alter Gewohnheit prinzipiell über Frankreich versandt oder der Kunde wollte es so.

    Es wäre spannend zu sehen, wie sich das Briefaufkommen Badens nach dem neuen Postvertrag Preußens mit GB entwickelt hat - wieder über Frankreich oder ab und zu über Preußen?

    Da wird aber nur der Blick über den Heidelberger Tellerrand etwas bringen, denn so viele Briefe von dort nach GB wird es (leider!) auch nicht geben, als dass man diese Forschung nur auf Briefe aus HD reduziert.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bayern klassisch! 

    Bei dem 27 Kr. Brief hat man tatsächlich Geld in den Sand gesetzt, weil ja selbst die 3. französische Gewichtsstufe mit 15,5g schon erreicht war, während es immer noch die 1. Gewichtsstufe im Postverein war!

    Eigentlich bin ich nicht wirklich unglücklich darüber, dass der Absender hier zuviel bezahlt hat – ein Paar der 15a wäre zwar auch nicht schlecht, aber so gefällt mir der Brief noch besser! 

    Es wäre spannend zu sehen, wie sich das Briefaufkommen Badens nach dem neuen Postvertrag Preußens mit GB entwickelt hat - wieder über Frankreich oder ab und zu über Preußen?

    Da wird aber nur der Blick über den Heidelberger Tellerrand etwas bringen

    Der etwas einengende Tellerrand macht manches etwas schwieriger – schon die philatelistische Vorstellung der 25 plus 3 badischen Freimarken auf Belegen macht unerwartete Probleme (Du weißt, wovon ich spreche). Erschwerend kommt gerade bei meiner Stadt hinzu, dass es einige sehr aktive und gut informierte Heidelberg-Sammler gibt – Schnäppchen sind eher selten zu machen ....

    Und natürlich muss ich ein Deinen Vorstellungen entsprechendes Projekt – so reizvoll es auch wäre – besser anderen Baden-Sammlern überlassen. Ich habe mich aus sicher nachvollziehbaren Gründen entschlossen, es mit Goethe zu halten: „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“[1]

    Aber auch mit meinen „begrenzten“ Mitteln kann ich zu dem Thema noch etwas beisteuern - wenn es auch mehr Fragen sind als Antworten ...

    Hallo zusammen!

    Heute möchte ich aus einer Korrespondenz nach Taunton in der Grafschaft Somerset zwei Briefe aus dem Jahr 1868 zeigen.

    Der erste Brief ging am 15. November nach Taunton, wo er zwei Tage später ankam (Die Siegelseite zeigt lediglich den Ankunftstempel vom 17.11.). Frankiert ist er mit einer Nummer 19aa und 20a, also mit 15 Kr. Die Leitwegsangabe „Via Belgium“ wurde wohl ignoriert – so die Ansicht einiger von mir befragter Experten -, der Brief aufgrund des für den Leitweg unzureichenden Portos über Frankreich spediert. Hierfür war das Porto richtig (falls das Gewicht von 7,5 g nicht überschritten war). Leider kann ich den Weiterfranko-Vermerk nicht deuten (ich lese „1“ ?), aber aufgrund des Fehlens jeglichen französischen Durchgangsstempels halte ich es eigentlich für wahrscheinlicher, dass er – obwohl unterfrankiert – im geschlossenen Transit durch Preußen spediert wurde. Vielleicht kann mir hier jemand helfen!

    Der zweite Brief an die gleiche Adresse ging wenig später, am 27. Dezember 1868 an die gleiche Adresse. Auch er war in zwei Tagen am Ziel (Siegelseite: siehe oben). Auch hier habe ich ein Problem mit dem Weiterfranko-Vermerk – ganz sicher ist es anders (2 ¾ ...?)

    Frankiert wurde mit einem Paar der Nummer 20a. 18 Kreuzer war das korrekte Porto für einen maximal 1 Loth schweren Brief auf dem gewünschten Leitweg.

    Viele Grüße von balf_de

    [1] J.W. von Goethe: Römische Elegien

  • Lieber balf_de,

    Briefe nach GB über Preußen und Belgien waren mit 18 Kr. zu frankieren, wovon 8 Kr. Baden verblieben und 10 Kr. an Weiterfranko den preußischen Posten zu vergüten war. Diese 10 Kr. waren in 2 3/4 Sgr. zu reduzieren, wie hier richtig notiert.

    Zu deinem 1. Brief (noch kein abschließendes Statement): Der Brief lief sicher nicht über Frankreich. Warum? Du schriebst es schon: Keine franz. Stempel (vorn und hinten) und ein Weiterfranko von 1 (vermutlich Silbergroschen) hätte man in Strasbourg oder Paris nicht verstanden. Über den Rest muss ich noch nachdenken.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch, für die Vorstellung dieses Briefpaares dankend ... :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch !

    Danke für Deine Hilfe - insbesondere für die Entschlüsselung des Weiterfranco-Vermerks beim "richtig" frankierten. Der "unterfrankierte" zeigt wirklich einige Merkwürdigkeiten: PD nur nur handschriftlich, kein Stempel; Beförderungsdauer nur zwei Tage - auch das spricht für Preussen-Belgien, das dauerte über Frankreich in der Regel länger ... Ich denke, er ist einfach unterfrankiert durchgeschlüpft. Aber es bleibt die seltsame Weiterfranco-Notiz ...

    Hallo zusammen!

    Ebenfalls über Preussen und Belgien lief mein Brief vom 5. Dezember 1868 aus dem Heidelberger Stadtpostamt nach Lancaster. Hier stimmt das Porto - ein Paar der 20a - mit dem Leitweg überein. Auch Weiterfranco-Vermerk 2 3/4 Silbergroschen und PD-Stempel sind vorhanden (bei manchem Händler würde die Marke als "Doppelentwertung" aufgewertet).
    Um nochmals auf @bayern klassischs Frage nach den Anteilen der über Frankreich oder über Preussen beförderten badischen Post zurückzukommen: nach meinem "begrenzten Horizont" wird der Leitweg Frankreich in den späten 1860er Jahren immer seltener.
    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    der mit nur 15 statt 18 Kr. frankierte Brief aus HD nach England wurde von der Aufgabepost völlig falsch behandelt.

    Bei Briefen, deren Frankatur nicht einmal die Postvereinstaxe von 8 Kr. abdeckte, war dieser mit 3 Sgr. als gewöhnlicher Portobrief zu taxieren. Das haben wir hier nicht vor uns.

    Bei Briefen, deren Frankatur die Postvereinstaxe von 8 Kr. abdeckte, war der Brief ohne Weiterfranko bzw. Taxe zu belassen und an Preußen auszuliefern (natürlich ohne den P.D. - Stempel).

    Jetzt kommts: Bei Briefen, deren Frankatur höher als die der Postvereinstaxe war, aber geringer als das notwendige Gesamtfranko, war der fehlende Teil der Frankatur vom gedachten Weiterfranko von 2 3/4 Sgr. (= 10 Kr.) abzuziehen. Hier hatte man von den geklebten 15 Kr. also 8 Kr. für den Postverein abzuziehen, so dass nur noch 7 Kr. als Weiterfranko für Belgien und GB übrig blieben. Daher wären hier nur 2 Sgr. an Weiterfranko zu vergüten gewesen. Die Behandlung des Briefes war also definitiv falsch.

    Die Notation von nur 1 Sgr. Weiterfranko bedeutet also, dass 1 3/4 Sgr. zuwenig notiert wurden. Diese entsprachen 6 Kr..

    Mein Gedanke hierzu: Portobriefe nach GB wurden mit 8d = 24 Kr. angerechnet, Frankobriefe mit 6d = 18 Kr.. Die Differenz betrug also auch 6 Kr..

    Vielleicht dachte unser Postler in Heidelberg, dass er mit der geringeren Vergütung die die Differenz zwischen Franko und Porto so rückrechnen konnte. Aber das ist nur die Denke eines Sammlers aus dem 21. Jahrhundert. Eine bessere Erklärung ist mir leider auch nicht eingefallen, ohne dass ich mich hätte vollkommen von den Vorschriften lösen müssen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch!

    Danke für Deine Mühe mit meinem offensichtlich unterfrankierten Brief. Deine Vermutung zu den Überlegungen des Heidelberger Postbeamten halte ich für mutig, aber durchaus nicht abwegig. Klar ist, dass er den Fehler registirierte, aber offenbar vermeiden wollte, den Brief den ungeliebten Franzosen zu überlassen. Also bestätigte er das vom Absender handschriftlich notierte "P.D." durch seinen Stempel, der das Ganze irgendwie legalisierte ....

    Hallo zusammen!

    Heute möchte ich einen Brief aus dem Jahr 1864 zeigen, bei dem es garantiert keine Fragen zu Leitweg und Porto geben wird. Er ging am 22. März 1864 von Heidelberg nach Dewsbury. Frankiert ist der 9-Kr-Briefumschlag U11 und einer Nr. 15b - zusammen 18 Kr. Der "preußische" Leitweg wird siegelseitig am Bahnpoststempel Mainz-Köln deutlich. Bereits nach zwei Tagen erreichte er sein Ziel im Norden von England.

    Viele Grüße von balf_de

  • Hallo zusammen!

    Wie aus den letzten Beiträgen ersichtlich war der Leitweg über Frankreich auch in den späten 1860er Jahren noch interessant, wenn die Briefe mehr als ein halbes Loth wogen. das änderte sich im Jahr 1871 grundlegend: Nicht nur, weil kriegsbedingt die französischen Routen zeitweise nicht mehr zur Verfügung standen, sondern auch aufgrund einer deutlichen Portoreduzierung für den Leitweg über Preußen. Nur noch 9 statt 18 Kr. waren für den Leitweg A V. zu frankieren.

    Mein Brief aus Heidelberg nach Leeds wurde am 24. Juli 1871 im Stadtpostamt aufgeliefert. Sein Ziel erreichte er am 26. Juli.

    Beigefügt habe ich einen Auszug aus Reiner Bracks Dokumentensammlung "CD Auslandshandbuch Baden", der diesen neuen Tarif beschreibt.

    Viele Grüße von balf_de

  • Hallo zusammen!

    Einen habe ich noch: etwa um die gleiche Zeit wie der Brief nach Leeds wurde mein Brief nach London aufgeliefert:

    Am 6. Juli 1871 beim Heidelberger Hauptpostamt, wo er mit einer "fahlbraunen" 9-Kr-_Marke (Nummer 20 ba) frankiert wurde. Im Gegensatz zum Brief nach Leeds muss man hier schon Bescheid wissen, dass der rote Taxvermerk die Zahl "1 1/2" bedeutet. Dies steht für 1 1/2 Silbergroschen Weiterfranko.

    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    der untere Brief ist sehr hübsch, den oberen kann man aber auch nehmen. :)

    Baden hat 9 Kr. kassiert und 1 1/2 Sgr. abgetreten, was nach einem ganz gutes Geschäft aussah, denn 1 1/2 Sgr. waren pritätisch nur 5,25 Kr., so dass man noch einen Dreiviertelkreuzer durch Währungsgewinn behielt. Tatsächlich dürfte es aber insgesamt nicht so positiv gewesen sein, denn bei Briefen aus GB über das Territorium des norddeutschen Bundes nach Baden bekam man von GB und Preußen nun gar nichts mehr. Der Wegfall der gemeinsamen Grenze zu Frankreich dürfte für Baden postalisch eine mittlere Katastrophe gewesen sein. Dazu kamen noch die weggefallenen Transite aus Württemberg, Bayern, Österreich, Taxis mit Hohenzollern und Ungarn.

    Was blieb war noch die Grenze zu der Schweiz. Aber die hat man später auch ausgebremst, in dem der Norddeutsche Bund die Eingangspost nach Deutschland auf die Bahnpost von Baden nach Heppenheim verlegte, wodurch auch diese Gebühren für Baden final wegfielen - "pauper badenia".

    So hatte man mit 2 Briefen, einer hin, einer her, 3,75 Kr. "verdient", was nicht eben wirklich viel war. Aber wir befanden uns auch in einer Zeit, in der fast alles günstiger wurde.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen!

    Nicht ganz unabsichtlich habe ich diesen Thread nicht "Baden -> Grossbritannien" genannt sondern "Baden <-> Großbritannien" - was noch fehlt, sind "vice versa"-Belege, also incoming mail.

    Auch hier gab es in der Postvereinszeit zwei alternative Transitwege: via Calais durch Frankreich oder via Belgien und Preussen nach Baden.

    Zwei Briefe kann ich zeigen: der erste ging im Mai 1860 aus London nach Heidelberg. Frankiert ist er mit zeimal Nr. 13 = 8 Pence. Der gewünschte Leitweg "via Belgium" wurde eingehalten; der leider nicht sehr deutliche Transitstempel "(Aus England per Aachen) Franco" zeigt den Weg durch Preussen. Auch der Heidelberger Ankunftstempel ist ausgesprochen schlampig abgeschlagen - ich denke, er ist am 24. Mai, also nach zwei Tagen angekommen.

    Der zweite Brief ging rund drei Jahre später, am 7. Mai 1863 aus London (?) nach Heidelberg. Durchgangsstempel aus Calais, Paris und Strassburg belegen den Leitweg des Trauerbriefs über Frankreich. Frankiert wurden diesmal nur 6 Pence (Nr. 20)

    Seltsam: die "Poste Restante"-Adresse wurde korrigiert, der Brief offensichtlich an die Adresse Am Schlossberg ausgeliefert. Ebenfalls merkwürdig: normalerweise war der preussische Leitweg günstiger als der französische; ohne genaue Kenntnis der Gebühren für incoming mail aus Großbritannien kann ich nur vermuten, dass ein Gewichtsunterschied bestand - dass demnach der Trauerbrief in die erste französiche Gewichtsprogression passte, was der Absender des ersten Briefs trotz seiner Bemühungen, auch das Couvert zu nutzen, wahrscheinlich nicht schaffte.

    Viele Grüße von balf_de

  • Hallo zusammen!

    Heute ist ein Brief bei mir eingetroffen, den ich in mehreren hier begonnenen Threads zeigen könnte: z.B. auch im "Baden Nummer 4"-Thread. Aber die reichlich ramponierte Frankatur des Briefs steht hier weniger im Mittelpunkt:

    Am 2. Mai 1859 ging er aus Heidelberg nach Mansfield in Nottinghamshire auf dem damals üblichen Transitweg über Strassburg - Paris - Calais und London, das er am 4. Mai passierte.

    Da er zwischen 9/20. und einem Loth wog, wurde er nach der ersten badischen und zweiten (oder dritten?) französischen Progressionsstufe taxiert: 3 Kr. für den badischen Transport nach Strassburg plus 24 Kr. Transitgebühr für Frankreich und England.

    In einem anderen Forum unseligen Angedenkens hätte sich bestimmt ein "Kenner" gefunden, der die angeschnittenen Marken als nicht sammelwürdige Knochen qualifiziert hätte; schön, dass Herr Unverfehrt schon zu seiner Zeit, als der postgeschichtliche Aspekt weit weniger im Vordergrund stand als heute, das nicht so sah - er hat die Marken einzeln relativ tief (1 mm erhöht) signiert.

    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    ein sehr schöner Brief - eine andere Kommentierung bedarf keiner weitern Beachtung. ;)

    1. Gewichtsstufe in Baden und 2. in Frankreich (je 12 Kr. für F und GB) macht 27 Kr., wie frankiert. Wer hat schon eine Mehrfachfrankatur mit 7 schönen vorderseitigen Stempeln? Da müssen wohl die meisten passen. ;(

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen! 
    Einem guten Freund aus diesem Forum habe ich es zu danken, dass ich heute einen neuen Heidelberger Brief nach London hier vorstellen kann.
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    Viel ist es nicht, was ich dazu sagen kann: der Brief ging am 10. September 1867 aus Heidelberg nach London, wo er (laut etwas aufgeklappter Siegelseite) am 12. September ankam. Frankiert ist er mit 15 Kr. – einer MiNr. 19a + 20a. 

    Eine Leitwegsvorgabe (Preußen oder Frankreich) kann ich nicht erkennen; das Gewicht beträgt ca. 10 Gramm, wobei dem Inhalt zu entnehmen ist, dass der Brief eine zusätzliche Einlage enthielt.
    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/19a20aHDGBunterfrankiertInhaltbe2f5abdjpg.jpg

    Von daher wäre aufgrund des Gewichts von mehr als 8,5 Gramm eine Beförderung über Frankreich nicht sinnvoll gewesen. Auch das Fehlen jeglicher Transitstempel lässt den Schluss zu, dass er über Preußen und Belgien befördert wurde.

    Aber anders als bei dem zuvor gezeigten 15-Kreuzer-Brief mit fast identischer Frankatur ist dieser in London offensichtlich nicht „durchgeschlüpft“: „Insufficiently prepaid“- und „More to pay“-Stempel schmücken den Brief. Ob auch der “British Foreign”-Stempel mit der Unterfrankierung in Zusammenhang steht, kann ich leider nicht sagen. Ebenso wenig kann ich mehrere teils farbige handschriftliche Taxierungen deuten. Aber diesbezüglich bin ich sehr zuversichtlich, hier Unterstützung zu finden. Wenn nicht hier, wo sonst!

    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,

    ein vortrefflicher Brief, um den dich jeder Badensammler beneidet - und das bei einem Preis, der im tiefgrünen Bereich angesiedelt war - phantastisch!

    Ehe ich mich morgen den Feinheiten der Taxierung widmen werde, möchte ich noch hinzu fügen, dass der Absender einen Wechsel über 30 britische Pfund (ein kleines Vermögen) diesem Brief beigefügt hatte. Ein Wechsel um diese Zeit, ich kenne mehrere davon bzw. habe welche als Briefeinlage, wog ca. 3g. Wenn du diese addieren möchtest, kommst du auf das damalige Originalgewicht.

    Nur der Vollständigkeit halber: 1 Pfund = 20 Schillinge = 240 Pence. 1 Penny war knapp 3 Kreuzer wert, so dass 30 Pfund = 7.200 Pence = 21.600 Kreuzer = 360 Gulden.

    Die Versendung von Wechseln oblag der Fahrpost, weil es eine "Valore" war und Valoren konnten bei der Briefpost keine Versicherung erhalten. Eine sehr seltene Contravention bei Baden auf trotzdem unterfrankierten Brief. Vlt. kann der liebe Magdeburger, was ich nicht könnte, ausrechnen, was ein Brief aus Baden bis 1 Loth mit 360 Gulden Wert nach GB gekostet hätte - ich fände das hochinteressant, weil ich die Differenz auf mehr als einen Gulden schätze.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (1. Mai 2012 um 08:11)