Gewichtsprogression in Post-Taxen

  • Liebe Freunde,

    im Zusammenhang mit einem 2 Loth schweren Brief nach Russland habe ich mal die Quellen herangezogen und bin auf erstaunliches gestoßen.

    Vorneweg:
    Ab dem 1.1.1850 trat lt. Verordnung Nr. 287 das Zoll-Loth (16,66 Gramm) an Stelle des preußischen Loths (14,606 Gramm), Angaben nach Bayer/Stautz.

    In der Verordnung Nr. 41 des General-Post-Amts vom 12.3.1852 findet sich in den Ausführungsbestimmungen zum Postvertrag Preußen-Russland folgendes

    Hier wird das preußische Loth verwendet und die Gewichtsprogression gilt bis inclusive dem vollen Loth.

    In dem Nachdruck der Briefporto-Taxe für die Post-Anstalten von 1853 findet sich zu Briefen nach Russland folgendes

    Hier wird nun das Zoll-Loth verwendet und die Gewichtsprogression galt exclusive dem vollen Lothgewicht.

    Etwas verwirrend, oder ?

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (1. März 2022 um 22:43)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Michael

    In Bayern Inland war es bis 1865 1 Loth inclusive, aber im Postverein war es dann Exklusive.

    So hier hat sich mehrere Köpfe gekratzt denke ich. Ob es eine Einwirkung hatte, weiss ich nicht.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Lieber Michael,

    an ein Zoll - Loth von 16,66g glaube ich zu dieser frühen Zeit noch nicht. Sollte im Postverein 15,625g sein (32 Loth auf das Zollpfund). Vlt. ein Fehler bei Stautz und Co..

    Man hat gerne "exclusive" geschrieben, wenn Postverwaltungen leichtere Lothgewichte bzw. 15g als Schritt annahmen. Dann war exclusive schon recht passend.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    laut meinen Unterlagen war in Preußen die Gewichtsunterteilung folgende:
    bis 1849: 1 Pfund = 467,404 Gramm = 32 preußische Loth, 1 Loth = 14,606 Gramm
    ab 1.1.1850: 1 Zoll-Pfund= 533,12 Gramm = 32 Zoll-Loth, 1 Loth = 16,66 Gramm
    ab 1.1.1861: 1 Zoll-Pfund= 500,00 Gramm = 30 Zoll-Loth, 1 Loth = 16,66 Gramm

    So gesehen kann es tatsächlich zu einem Wechsel von incl. zu excl. gekommen sein.
    Im PV wurde noch das preußische Loth mit 14,6 Gramm incl. zugrunde gelegt, in der Post-Taxe vor Ort dann das Zoll-Loth mit 16,7 Gramm excl.
    Die Umstellung hätte bei diesen Zahlen keine Schlechterstellung des Postkunden bedeutet.
    So ist es dann auch plausibel, dass der erwähnte Brief nach Russland eine 2 Loth-Notierung aufweist und in der 3. Gewichtsstufe taxiert wurde. Manchmal hilft schon eine so kurze Diskussion ... :)

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (1. März 2022 um 22:43)

  • Hier ein Nahbereichsbrief (heute wäre es ein Ortsbrief), bar frankiert für die 3. Gewichtsstufe.

    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (1. März 2022 um 22:32)

  • Lieber Michael,

    sicher nicht häufig, solch ein Brief. War es in Preussen auch so, dass unter Behörden an Mittelbehörden zu frankieren hatten, wie Mittelbehörden an Oberbehörden frankieren mussten, oder war das ad libitum?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    da dieser Punkt meines Wissens nicht in den Postvorschriften geregelt wurde und ich die diesbezüglichen Verwaltungsvorschriften nicht kenne, bleibt mir nur ein :/:?: als Antwort.

    Bei diesem Brief war der Absender allerdings ein Privatmann.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,

    da man damals einen Privaten unterhalb einer Behörde (selbst einer Unterbehörde) angesiedelt sah, war die Frankierung wohl vorgeschrieben. In Bayern sollten Behörden Briefe der Privaten, die mit Porto belastet ankamen, erst gar nicht annehmen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    in Preußen gab es sehr weitreichende Portofreiheiten, deren Listen immer wieder korrigiert wurden. Zur Portofreiheit mußte ein entsprechender Vermerk angebracht werden. Dazu passende Kürzel hast du hier ja selber schon eine Menge entziffert. Meist wurde die Berechtigung durch ein entsprechendes Siegel auf der Rückseite nachgewiesen. Dazu gab es zusätzlich in der vornapoleonischen Zeit eine ganze Menge von Behördenstempeln. Später gab es auch eine Menge von Beamtenstempeln, die auf den Briefen anzubringen waren. Manchmal gab es auch eine handschriftliche Angabe der berechtigten Person.

    Im Supplement der ersten Ausgabe von Feuser, Deutsche Vorphilatelie wird das Thema auf den Seiten 230 - 253 behandelt. Davon sind alleine 15 Seiten mit Bildern von Beamtenstempeln gefüllt.

    In Preußen wurden von Behörden grundsätzlich keine unfreien Briefe angenommen. Kam doch einer an der wichtig war, wurde der Inhalt entnommen und der Brief selber zwecks Einzug des zu zahlenden Betrages zurückgeschickt.

    Noch etwas: bei der Portofreiheit gab es keine Unterscheidung von Unter-, Mittel- oder Ober-Behörde.

    liebe Grüße

    Dieter

  • Lieber Dieter,

    vielen Dank für die tolle Recherche - aber um Portofreiheiten ging es gar nicht, nur um wer bei Briefen an wen zu frankieren hatte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Das hat im Vergleich miteinder zu tun. Man könnte kurz sagen: Nur Privatleute mußten bezahlen, sei es franco oder porto. Staatliche Stellen, Kirchen, viele Adlige und andere waren portobefreit. Im Gegensatz zu Bayern und anderen altdeutschen Staaten kostete das den preußischen Staat eine Menge Geld. Ich schätze, daß mindestens 60 % der preußischen Vorphilabriefe ohne Bezahlung befördert wurden.

    Erst mit der weitreichenden Aufhebung änderte sich das.

    Dieter

  • Lieber Dieter,

    sicher alles richtig - aber hier ging es um frankierte Briefe, keine Portobefreiten.

    Im übrigen waren sog. portofreie Dienstbriefe i. d. R. nicht wirklich portofrei, weil sie intern aufgelistet und später den entsprechenden Ministerien in Rechnung gestellt wurden. Jedenfalls war das in Bayern so ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    frankierte Briefe zwischen Behörden kenne ich aus der Erinnerung eigentlich nur, wenn das anfallende Porto einer Partei zugerechnet werden sollte. Dann mit der typischen Notiz Porto zu notieren.
    Ob sich daraus eine Regelung hinsichtlich Unterer / Oberer Behörde ableiten lässt, müsste man prüfen.

    Viele Grüße

    Michael

  • Lieber Michael,

    ich darf einen bekannten (nicht berühmten) Juroren zitieren: "Altdeutschland ist doch schon seit Jahrzehnten völlig ausgelutscht - was wollen Sie da Neues finden?". Das ist über 25 Jahre her, zeigt mir aber, dass selbst die, die wirklich Ahnung von ihrem AD-Land haben, längst nicht alles wissen - von daher vlt. ein Denkansatz, den es mal zu überprüfen gälte. Contraventionen aus dieser Ecke habe ich, aber sie sind sehr selten und daher um so lohneswerter. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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