Alles anzeigenLiebe Freunde,
auf einer aktuellen Auktion eines süddeutschen Auktionshauses sieht man diesen Brief zu sehr moderatem Preis angeboten.
Er datiert vom 25.2.1862 aus München und war gerichtet nach Montpellier, also Frankreich. Er weist eine 18x gelb (Nr. 7) auf, die mit einem zeitgenössischen offenen Mühlradstempel 325 leicht übergehend entwertet wurde, wozu auch der Ortsaufgabestempel passt.
Über der Marke sehen wir den für einfache unfrankierte Briefe aus Bayern nach Frankreich in Strasbourg abgeschlagenen Tax-Stempel 6 Decimes Gesamtporto.
Demnach hätte der Absender 18x frankiert, die Aufgabepost dies nicht bemängelt und Frankreich 6 Dec. taxiert, so, als wäre nie eine Marke auf dem Brief gewesen.
Der PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1858 sah aber nur 12x Franko je 10g Briefgewicht vor, keine 18.
6 Decimes entsprechen 18x. Der Brief kann also nicht korrekt frankiert sein.
Im Falle einer Überfrankatur um 6x hätte Bayern aber - wie bei normalen, korrekt frankierten Briefen, den P.D. - Stempel abschlagen müssen, um Frankreich zu zeigen, dass hier alles in Ordnung war. Aber diesen Stempel gibt es nicht ...
Der Absender hätte "franco" notierten müssen - aber diese Notiz gibt es nicht und wurde auch - entgegen der Vorschrift - hin und wieder vergessen.
Frankobriefe, die in Bayern keinen P.D.-Stempel bekommen hatten (selten!), wurden mit P.D. in Strasbourg nachgestempelt, um klar zu machen, dass alles seine Richtigkeit hatte. Wäre er also frankiert, oder überfrankiert gewesen, hätte er mindestens einen P.D.-Stempel, egal von woher. Hat er aber nicht.
Wäre er unterfrankiert gewesen, müsste bei einer 18x Marke das 2. Gewicht (über 10-20g) zu unterstellen sein, dann hätte er 24x gekostet (2 mal 12x = 24x). In diesem Fall war der Abschlag eines P.D.-Stempels nicht vorgesehen, statt dessen in der linken oberen Ecke das ermittelte Briefgewicht mit der Anzahl zu notieren, als keine Gramm-Angaben, sondern eine 2 für doppeltes Gewicht, einer 3 für dreifaches Gewicht usw.. Das fehlt hier.
Als unterfrankierter Brief der 2. Gewichtsstufe wäre der Brief als unfrankiert anzunehmen gewesen. Unfrankierte Briefe kosteten 6 Decimes je 10g. Hier also bei einer 2. Gewichtsstufe 12 Decimes (auch dafür gab es Stempel in Frankreich!). Jedoch war der Wert der verwendeten Marken von diesem Gesamtporto abzuziehen, also 12 Decimes minus 18x (die 6 Decimes entsprachen) = 6 Decimes Nachporto. Von daher würde der 6 Decimes-Stempel von Strasbourg passen.
Aber Bayern sollte "Affranchissement insuffisant" auf den Briefen notieren, was hier nicht zu sehen ist. Im Vergessensfall hätte das Frankreich schreiben oder stempeln sollen (auch solche Stempel hatte Strasbourg natürlich). Aber davon ist auch nichts zu sehen.
Wie sehen die Kenner hier den Brief? Krummer Hund? Alles echt und einwandfrei? Marke gehört nicht authentisch zum Brief? Vieles schief gelaufen? Alle haben alles richtig gemacht (entgegen meiner Argumentationskette)?
Zuschlag 600,00 €