GB-Österreich ab 1840

  • Hallo zusammen,

    bei diesem Brief werden einige aufgrund der qualitativen Einschränkungen die Nase rümpfen und die Augen verdrehen. Ich persönlich liebe aber solche Briefe und nehme sie gerne in meine Sammlung auf, wenn es sie eben nur in dieser Qualität gibt.

    Dieser hier wurde am 27.06.1862 von Edinburgh über Ostende nach Carlsbad in Böhmen Poste Restante versendet, wo er am 01.07. angekommen ist. Da 6d. für einen einfachen Brief ausreichten, ist er um 2d. überfrankiert. Vielleicht liegt die Ursache der Überfrankatur darin, dass einfache Briefe über Frankreich zu dieser Zeit 8d. kosteten.

    Auf jeden Fall wurde der Brief, da der Empfänger abgereist war, nach Köln weitergeleitet. Dort kam er am 03.07. an. Schließlich wurde er, da nicht abgefordert, nach drei Monaten am 03.10. wieder in das Vereinigte Königreich retourniert.

    Unklar ist mir an diesem Brief, dass er - so zumindest meine Interpretation - von Carlsbad nach Köln als Portobrief mit 6 Sgr. taxiert versendet wurde. War aber die Gebühr für einfache Portobriefe über 20 Meilen im Postverein nicht 4 Sgr.? Was übersehe ich?

    Daneben kann ich nicht das auf der linken Seite mit blauer Tinte geschriebene Wort lesen, von dem ich vergrößert eine eigene Abbildung angehangen habe (wenn diese zu unscharf ist, bessere ich nach).

    Und letztlich: Wieso wurde die "6" ein zweites mal dick und fett angeschrieben?

    Viele Grüße,
    nitram

  • Lieber nitram,

    den blauen Vermerk vermag ich leider auch nicht zu lesen - vlt. kann es einer hier doch noch.

    Der Brief wurde kostenlos von Wien nach Köln spediert (s. X mittig in schwarz).

    In Köln wurde er nicht abgefordert - aber als poste restante - Brief galt er der Post als ausgeliefert, so dass er bei seiner Rücksendung nach GB als einfacher Portobrief mit 6 Sgr. taxiert wurde, denn er hatte ja nicht mehr den Charakter eines unzustellbaren Frankobriefes.

    Solche Briefe liebe ich auch und der sieht nach meinem Dafürhalten klasse aus. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    also, mit Deinen Anmerkungen komme ich nicht so recht klar:

    Oben links hat Köln am 03.10. einen Entlastungsstempel abgeschlagen. Dieser Stempel hatte den Sinn, sich von einer vorherigen Belastung wieder zu entlasten. Aus diesem Grund ist der Brief für mich von Carlsbad nach Köln mit einer Gebühr (6 Sgr.?) belastet versendet worden. Da Köln diese vom Empfänger nicht beitreiben kann, will man sich im dortigen Hauptpostamt eben von dieser wieder entlasten.

    Das schwarze Kreuz kann ja auch von dem Hinweg nach Carlsbad stammen.

    Einfache Portobriefe von Preußen in das Vereinigte Königreich wurden 1862 mit 7 Sgr. taxiert und umgekehrt mit 8d.; das mit den 6 Sgr. kann also nicht sein, mal abgesehen davon, dass es eigenartig wäre, einen Portobrief in das Vereinigte Königreich mit Silbergroschen zu taxieren.

    Viele Grüße,
    nitram


  • Lieber nitram,

    das X kam garantiert in Österreich auf den Brief - die anderen, involvierten Postverwaltungen kannten das schon gar nicht mehr.

    Es kann sein, dass Österreich ihn mit 3 Sgr. an Preußen verkaufen und Preußen selbst 3 Sgr. für die Rücksendung nach GB (Eigenanteil) wollte. Aber da man das nicht bekommen hätte, hat man die Briefkarte entlastet und die 6 Sgr. gestrichen, das wäre auch möglich.

    Österreich hat nicht mit blauer Tinte geschrieben, daher kann es keine Ö - Notation sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • das X kam garantiert in Österreich auf den Brief - die anderen, involvierten Postverwaltungen kannten das schon gar nicht mehr.


    Ja, ist schon klar. So meinte ich das auch und genau das war ja auch schon auf dem Hinweg möglich.

    Ansonsten habe ich jetzt das mit blauer Tinte geschriebene Wort noch einmal gescannt. Das vorher gemachte Foto war ja in der Tat von sehr schlechter Qualität. Vielleicht können es die Spezialisten ja noch einmal versuchen. Danke im Voraus!

    Viele Grüße,
    nitram

  • Lieber nitram,

    auf der Tour nach Öster. ein X anzubringen, würde mich sehr wundern. Der Brief hatte ja den P.D. - Stempel, da war das X wenig sinnvoll.

    Bei der Weiterleitung aber schon.

    "nachgesand" könnte das Wort heißen und würde, wäre es so, passen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    ja, nachgesand könnte dieses kryptische Wort bedeuten. Vielen Dank dafür! :)

    auf der Tour nach Öster. ein X anzubringen, würde mich sehr wundern. Der Brief hatte ja den P.D. - Stempel, da war das X wenig sinnvoll.

    Bei der Weiterleitung aber schon.


    Ich habe einen Brief von London nach Mailand aus dem Jahr 1856, demnach also nach Österreich, angehangen, bei dem ein Frankokreuz angebracht ist, das für mich österreichischen Ursprungs ist. Aber auch bei dem hier gezeigten Brief ist das so.

    Viele Grüße,
    nitram

  • Lieber nitram,

    der Brief GB über Frankreich zeigt das X, weil es ein Brief war, den eine ausländische Postverwaltung Österreich angedient hatte (hier: Frankreich). Da machte ein X noch eher Sinn.

    Bei dem hier besprochenen Brief kam der Brief aber von einer deutschen Postverwaltung, da machte es weniger Sinn.

    Der verlinkte war weiter gesandt worden - auch da unterstelle ich, dass es vor der Weiterleitung angebracht wurde, um der neuen Post zu zeigen, dass er als voll frankiert zu gelten hatte und für die Weiterleitung nichts zu taxieren war.

    Aber 100%ige Sicherheit gibt es in der PO des 19. Jahrhunderts nicht - nur Primärquellen und Erfahrung. Ersteres befasste sich nicht mit X - Notationen auf Briefen, letzteres zu erlangen ist auch nicht gerade leicht ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ich möchte den folgenden Brief vorstellen und bitte um Erklärung der Notationen:

    London M Q (??) 31.7.1866 "Einliegend Muster ohne Werth Herrn A. M. Pollack Wien" mit Vermerk 42 und Taxe 66 Neukreuzer, dazu Stempel "TOO-LATE G.P.O. (General Post Office von London). Es war also ein Brief "nach Abgang", wie wir in Süddeutschland sagen würden.

    In Wien kam er am 3.8.1866 an.

    Der Anbieter schrieb mir dazu: "In 1866 much mail from Great Britain to Austria was conveyed via Aachen but from 20th June to 3rd September this routing was suspended because fo the war between Prussia and Austria and consequently diverted via France. London, 31st July, 1866. Superscribed in the German Language (containing a sample of no value). Weighting 42 grams and charged 66 Austrian kreuzers".

    Wer kann dies verifizieren oder rektifizieren?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ralph

    Gram war natürlich nicht die Erklärung zu die "42". Ich nehme an dass es ein Auslage war, aber an welches Land?

    Die 66 Neukreuzer sind für dein doppelten Portobrief, wie zwischen Grossbritannien und Österreich vereinbart war. Ob den Muster hier berücksichtigt war weiss ich nicht. So wenn du herausfindet wer die 42 Neukreuzer bekommen hat, weiss du schon sehr viel mehr :)

    Viele grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    danke für deine Antwort - dann sind wir uns einig, dass 42 kein Grammgewicht waren, sondern die Auslage für GB und Frankreich. Wie diese aufzuteilen waren, wäre nett zu wissen.

    Das Muster hatte sicher keinen Einfluß auf die Taxe, weil es ja innen lag und mitgewogen wurde (Brief über 7,5 bis 15g Gewicht).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (27. November 2016 um 10:00)

  • Hallo zusammen,

    vielleicht noch eine Anmerkung: Dieser Portobrief der zweiten Gewichtsstufe (1/4 bis 1/2 Unze) ist einer nach dem Postvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und Österreich von 1865, gültig ab 01.01.1866. Und das bedeutet, dass der Brief auch in Friedenszeiten nicht über Belgien gelaufen wäre, solange nicht explizit der Laufweg "via Ostende" oder vergleichbares vermerkt gewesen wäre. Ansonsten ging alles im geschlossenen Transit durch Frankreich und die Briefpakete wurden nach London erst wieder in Wien oder Salzburg geöffnet.

    Welchen Anteil GB und Frankreich von den 42 Neukreuzern erhalten haben, ist mir nicht bekannt.

    Viele Grüße,
    nitram


    • Offizieller Beitrag

    Hallo die Runde

    Ach, mein Kopf ist nicht immer bei mir......
    nitram hat mich endlich wach gemacht, und natürlich hat er recht.

    Die 42 Neukreuzer waren ja natürlich für Grossbritannien. Grossbritannien hat Frankreich bezahlt und Österreich hat die Postvereinsländer bezahlt.

    Viele grüsse
    Nils

  • Lieber nitram,

    vielen Dank - dann halten wir mal geschlossenen Briefpakete ab dem 1.1.1866 fest für 33 Nkr. je Viertelunze. Vlt. findet sich noch eine Quelle, die die 42 Nkr. aufsplittet (wobei ich eher glaube, dass es Pauschalen gab, als individuelle Briefportoabrechnungen).

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Nils,

    danke für die Angabe - schon notiert. :)

    Galt das auch in Gegenrichtung wie hier?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ralph

    Ja, wie geschrieben galt das ob Porto oder Franko abgegeben.

    Österreichische Vergütung an GB war bei einfacher Brief 14 Nkr Franko aus Ö und 21 Nkr Porto aus GB.
    Von das Geld hat also GB an Frankreich 80 Centimes per Ounce vergütet. Frankreich war es egal ob es Porto- oder Frankobriefe die im Sack lag :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    das wollte ich wissen - muss mal auf österr. Briefe ab 1.1.1866 nach GB achten, ob ich da etwas porto / franko finde. Dann hätte ich eine schöne Seite A3 zusammen. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Ich habe ein kleines Problem. Aus der Menzkorrespondenz liegen 4 Briefe aus England vor (verschiedene Absender, verschiedene Absendeorte) die nach Bozen gerichtet waren. Absendedaten 7.2.; 8.2.; 9.2.; 11.2. 1800.
    Alle vier Briefe kommen mit demselben Paket am 2.4. in Bozen an. Normalerweise dauern die Briefe etwa 4 Wochen, hier aber 7 Wochen.
    Der zweite Koalitionskrieg begann in Bayern eigentlich erst Mitte April, kann also nicht ursächlich sein. Hat jemand eine Idee, was da passiert sein kann, dass "alle" Englandbriefe liegen blieben und stark verzögert wurden?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Achim

    Laut Forschungsbericht 184, 1985 Arge SHHL lief die Post zwischen Yarmouth und Cuxhaven nur zweimal die Woche. Ich denke dass die Erklärung sein kann, wohl nicht die einzige. In Februar war es wohl auch mal schlechtes Wetter oder auch viel Eis die Verspätungen verursachten.

    Viele grüsse
    Nils