Zwei verschiedene Aufgabestempel eines Ortes auf Brief

  • Lieber VorphilaBayern,

    tatsächlich ist nur einer von den beiden ein postalischer Stempel, der kleine Stempelsondertyp im Oval.

    Der Einzeiler ist ein interner Dienststempel des K[öniglichen] L[andgerichts] ERDING.
    Er wurde auch als Besitzerzeichen in Gesetzessammlungen abgeschlagen, die sich in Erding in einer Bibliothek erhalten haben. Darauf wäre ich auch nie gekommen, wenn mich ein Freund nicht darauf aufmerksam gemacht hätte.
    Er kommt ausschließlich auf Briefen aus dem Landgericht vor.

    Das macht den Stempel allerdings nicht schlechter, und die Kombination der beiden ist immer sehr hübsch und auch - gemessen am Auftreten der beiden Stempeltypen als Einzelabschlag - nicht so häufig.

    Viele Grüße aus Erding!

  • Lieber VorphilaBayern,,

    Dann stimmen die Angaben im "Winkler" und "Feuser" nicht.


    Woher sollten sie es auch wissen? :) Der Stempel "K.L. ERDING" kommt auf Briefen vor, also ist es naheliegend, einen postalischen Sinn anzunehmen.
    Dein Beitrag hat mich auf jeden Fall dazu animiert, endlich einmal eine Aufstellung anzugehen, die ich schon lange machen wollte.

    Bisher habe ich 84 Briefe aus der Zeit 1811–1842 aus Erding registriert, die ich durch ein Bild oder eine saubere Beschreibung identifizieren konnte.
    Einige weitere habe ich schon in Sammlungen gesehen bzw. in der Hand gehabt.

    Neun Briefe tragen beide Stempel, davon sind fünf datierbar. Daraus ergibt sich bisher ein Zeitfenster von 1820 bis 1824 für diese Doppelstempelung, wobei nur ein Brief aus 1820 stammt, der Rest von 1822 bis 1824.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Bayernfreunde,

    der folgenden Brief mit dem Einzeiler " K. L. ERDING " datiert vom 25.11.1828 und lief als Dienstbrief von Erding nach München.

    Unser lieber "Erdinger" spricht im Beitrag 2 davon, dass es sich bei diesem Stempel nicht um einen postalischen Stempel, sondern um einen internen Dienststempel des Landgerichtes Erding gehandelt hat.

    Ich meine, dass man bei diesem Stempel wohl von einem Poststempel sprechen kann.

    Erding hatte 1828 eine Briefsammlung (und bekam erst am 1.7.1843 eine Postexpedition). Die Briefsammlung führte von 1811 bis 1842 zwei Stempel:
    - Feuser 888.1 - "Erding" im rechteckigen Rahmen mit stark abgerundeten Ecken und
    - Feuser 888.3 - "Erding" im ovalen Rahmen.
    Daneben führte das Königliche Landgericht ab 1815 den Einzeiler " K.(önigliches) L.(andgericht) ERDING " als Aufgabestempel auf ausschließlich seiner abgehenden Post. Das wird sicherlich im Einvernehmen mit der zuständigen Briefsammlung geschehen sein.
    Neben seiner Funktion als Poststempel wurde der Stempel dann auch als interner Dienststempel im Landgericht gebraucht. (Interessant wäre zu erfahren, ob er auch als Ankunftsstempel zum Einsatz kann. Hier weiß unser "Erdinger" vielleicht mehr.)

    Ob es in der VMZ vergleichbare Stempel von anderen Orten gab, ist mir nicht bekannt.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer †,

    urlaubsbedingt kann ich erst jetzt eine Antwort auf diesen Beitrag schreiben.

    Für mich ist ein Poststempel ein Stempel, der bei der Post verwendet wurde - und nicht mehr :) .

    Vielleicht könnten wir uns auf den Begriff "Franchisestempel" einigen? Auch das, fürchte ich, steht aber auf schwachen Füßen.
    Dass der Stempel "K.L. ERDING" als Aufgabestempel im "Einvernehmen" mit der Briefsammlung abgeschlagen wurde, wird jedenfalls schwer zu beweisen sein.

    Ich wünschte, ich könnte zur postalischen Situation meiner Heimatstadt zwischen 1808 und 1843 Konkreteres liefern als ein paar dunkle Andeutungen, aber das gibt das Material bisher nicht her. Sehen wir uns in Aschaffenburg? Dann könnten wir einmal über einer von mir erstellten Statistik brüten, die einige Auffälligkeiten bei der Verwendung der Erdinger Stempel zeigt. Man muss nämlich auch Freising, dass die für die Briefsammlung Erding zuständige Expedition war, in die Betrachtung einbeziehen.

    Als Ankunftsstempel ist "K.L. ERDING" (zumindest mir) übrigens bisher völlig unbekannt, aber aus dieser Zeit dürften Ankunftsstempel ohnehin zu den Großraritäten zählen.

    Zur Frage, ob die Erdinger Situation Parallelen hat: Es gibt einen Ort, der in der Vormarkenzeit mit einer nicht recht erklärlichen Stempelvielfalt glänzt, die wohl im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu seiner postalischen Bedeutung steht. Jedenfalls sind die meisten dieser Stempel sehr bis überaus selten. Die Rede ist von Königshofen, übrigens auch Sitz einer Briefsammlung.

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo zusammen,

    ich möchte gerne den wohl spektakulärsten Brief für diesen Thread zeigen. Leider handelt es sich nur um eine Abbildung aus einem Auktionkatalog, denn der Brief befindet sich nicht in der Sammlung, in die er eigentlich gehört. Dem Vernehmen nach lagert er unbeachtet in einem Tresor einer Ranch im mittleren Westen der USA. Schade.

    Schöne Grüße

    HOS

  • Lieber HOS,

    wenn du den auch noch hättest, wäre deine ZW - Heimatsammlung für immer und ewig perfekt und beendet.

    Zitat

    Dem Vernehmen nach lagert er unbeachtet in einem Tresor einer Ranch im mittleren Westen der USA. Schade.

    Es ist zu fürchten, dass er dort auch noch sehr, sehr lange bleiben wird, obwohl angeblich 2 große, deutsche Auktionshäuser dran sein sollen. Wenn das Material dort auf den Markt kommen sollte, darf die Geschichte von AD neu geschrieben werden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber HOS,

    nach der Betrachtung dieses Briefes braucht man in der Tat schweres Gerät, um den heruntergefallenen Unterkiefer wieder auf sein ursprüngliches Niveau zu hieven!
    Der Brief entpuppte sich wohl beim Nachwiegen als doppelt schwer?

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber HOS,

    Da bleibt man nur noch sprachlos zurück. Man wünscht niemandem etwas Schlechtes, aber die Differenz zwischen der Zahl der Lebensjahre des jetzigen Besitzers und der der Deinigen lässt die Hoffnung doch noch leben!

    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Erdinger,

    mit 15g in der 2. Gewichtsstufe (Gew.-stufen waren je 10g), daher vermerkt "noch 12x" und dann nachgeklebt. Schön, dass man zwei verschiedene Stempeltypen zur Hand hatte, sonst wäre das eher etwas langweilig. Aber es zeigt uns, dass es einen stempelmässigen Parallelbetrieb gab und das nicht nur in München, Augsburg oder Nürnberg.

    Lieber maunzerle,

    mathematisch hast du natürlich recht - ich hoffe es ja selbst, aber so recht daran glauben kann ich nicht ... 8|

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.