Der Deutsch-Dänische Krieg 1864

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,
    der deutsch-dänische Krieg währte weniger als ein Jahr vom 1.2. bis zum 30.10.1864. Gegner waren auf der einen Seite Dänemark und auf der anderen Preußen & Österreich.

    Der folgende Brief zeigt einen Leitweg, den ich mir nur mit den Einflüssen des o.g. Krieges erklären kann:

    Aufgegeben wurde er am 5.7.1864 im belgischen Gand (Gent) und war adressiert nach Frederikstad in Norwegen.
    Rückseitig findet sich ein Taxis-Stempel von Lübeck, ein Stempel des dänischen Postamts in Lübeck und ein norwegischer Stempel von Sandösund (meinen Informationen nach ein Schiffs-Kontorstempel für die ankommende Schiffspost).
    Demzufolge sah die Leitung anscheinend so aus: von Belgien mit der Taxis-Post im geschlossenen Transit durch Preußen nach Lübeck, dort Übergabe an das dänische Postamt und von dort nach Norwegen.

    An Notierungen sieht man :
    4 1/2 mit Blaustift - belgisches & taxissches Porto in Sgr.
    6 mit Rötel - ?? dänisches Porto ?
    29 mit Bleistift - Gesamtporto in Sk. ?

    Neben dieser handvoll Daten habe ich einige Fragen:

    - Der normale Leitweg belgischer Post nach Norwegen ging vermutlich mit Taxis-Post nach Hamburg mit Übergabe an das dortige dänische Postamt?

    - War das dänische Postamt in Hamburg während des Krieges geschlossen?

    - Der Literatur ("Schiffspost" von Frick) entnehme ich, dass es anscheinend für norwegisch-französische Post auch eine direkte Schiffsverbindung Sandösund-Ostende gab. War dem so? Wurde diese Verbindung dann nicht auch für belgische Post benutzt?

    - In einer Veröffentlichung zur Postgeschichte von Lübeck steht folgendes: "Nach dem Dänischen Krieg von 1864 ging das Königlich dänische Oberpostamt noch im gleichen Jahr auf das Stadtpostamt über und wurde 1868 endgültig aufgelöst."
    Was heißt "ging über"? Wurden die Stempel weiter benutzt? Ich habe mal einen Brief aus 1865 gesehen, der den Einkreiser des K.D.O.P.A. Lübecks trug.

    - Die Enträtselung der Tarife und Taxen würde mich natürlich auch interessieren.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    dann versuche ich mal die ersten Antworten zu geben:

    Im Juli 1864 war keine Leitung mehr über die übliche Schiffsverbindung über Kiel möglich, weil die dänische Flotte die holsteinischen Häfen blockierte.
    Da dieses zu erheblichen Problemen im Briefverkehr mit Dänemark (und damit auch Norwegen) führte, wurde eine Ersatzverbindung über Lübeck eingerichtet.

    Das dänische Postamt in Lübeck blieb erhalten, büßte aber in Folge des Krieges Zuständigkeiten ein.

    Das dänische Postamt in Hamburg, das auch für den Briefverkehr nach Norwegen zuständig war, wurde im Februar 1864 beschlagnahmt und dem Stadtpostamt untergeordnet.

    Die Taxen interpretiere ich so:
    "4 1/2" Sgr für Belgien und Postverein, umgerechnet in "6" Schilling. Hinzu kommen weitere 6 Sgr bzw. 8 Schilling für Dänemark, Seepost und Norwegen. Insgesamt 14 Schilling oder 28 Skilling Species, plus 1 Skilling Bestellgeld.

    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht,

    vielen Dank für deine Angaben und die Taxen-Aufschlüsselung. :)

    Zitat

    wurde eine Ersatzverbindung über Lübeck eingerichtet.

    Gibt es hierzu Unterlagen/Veröffentlichungen?

    Zitat

    Das dänische Postamt in Lübeck blieb erhalten, büßte aber in Folge des Krieges Zuständigkeiten ein.

    Welche Zuständigkeiten gingen da verloren? Und an wen wurden sie übertragen, Stadtpostamt?

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    da nich für.

    Ja, zur Verbindung über Lübeck gibt es dänische Cirkulare.
    Die wesentlichen hat unser dänischer Sammlerfreund DK 6100 hier gepostet:
    Schiffsverbindung über Lübeck nach Kopenhagen

    Ein anderes verwandtes Thema findest du auch hier im Forum:
    Briefverkehr im Deutsch-Dänischen Krieg

    Es gab auch Verbindungen über Schweden (Warnemünde - Ystad), die aber für den Zeitrahmen deines Briefes nicht mehr in Frage kommen.

    Für Lübeck bin ich kein Experte, aber zumindest die Zuständigkeit für den Briefverkehr mit Schleswig-Holstein wurde von den Bundeskommissaren im April 1864 auf das Stadtpostamt übertragen.

    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht,

    ich muß zugeben, die verlinkten Threads nur teilweise und dann quer gelesen zu haben. Interessante Diskussionen.
    Muß wohl doch regelmäßiger ins Forum schauen...

    Bliebe noch als offener Punkt eine evtl. Direktverbindung Norwegen-Belgien über Sandösund-Ostende.
    Vielleicht meldet sich diesbezüglich ja noch mal jemand. ;)

    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Michael

    Das Buch das ich gekauft habe war ganz falsch. Aber etwas kann ich wohl klar machen (glaube ich).

    Für mich sieht es so aus dass Briefe direkt aus Belgien/Niederlande (Rotterdam) nicht über Sandøsund Kartierungsamt gelaufen waren. Diese Linie ging über Kristiansand und Bergen, so dass man andere Stempel erwarten konnte.
    Diese Antwort ist aber ganz ohne Gewähr bis ich was besseres/sicherer herausfinden kann.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Moin,

    hier ein Feldpostbrief der sächsischen Truppen, die im Auftrag des Deutschen Bundes in Ostholstein stationiert waren.
    Der Absender hat - im wahrsten Sinne des Wortes - ein Bild der Lage in dem Brief verschickt.

    Grundsätzlich würde mich noch interessieren, wie bzw. in welchen Verordnungen es geregelt war, dass solche Post kostenlos zu befördern ist?
    Denn anscheinend spielte es dabei keine Rolle, ob der Brief tatsächlich über die Feldpost lief oder bei der örtlichen Post - wie in diesem Fall - abgegeben wurde.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,

    ein wunderbarer, seltener und mit der Darstellung im Inneren einzigartiger Brief. :P:P Er hat nur einen Fehler - er lief nicht nach Bayern. ;(

    Es war m. E. völlig egal, ob ein Feldpostbrief bei der Feld- oder Zivilpoststelle aufgegeben wurde. Wenn Feldpostbriefe beförderungskostenfrei waren, dann waren sie das ohne Einschränkung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    Bayern war m.W. zwar im ersten deutsch-dänischen Konflikt 1848 beteiligt, aber nicht in diesem zweiten.
    Also wird es wohl keinen Feldpostbrief nach Bayern geben. Aber wenn es einen geben sollte, dann wird er bestimmt Dir zuerst über den Weg laufen ;)

    War denn die Gebührenfreiheit von Feldpostbriefen in postalischen Verträgen geregelt oder - wie in diesem Fall - schon Bestandteil der Deutschen Bundesakte?

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,

    irgendwo war doch immer ein Bayer involviert .... ^^

    In Krisenzeiten gab es Verordnungen, in denen geregelt wurde, was zu tun war. Es gab ja auch zeitlich befristete Portofreiheiten. Spätestens dann, wenn die dislocierten Truppen wieder in Garnison lagen, war es bald vorbei mit der Portofreiheit.

    "By the way" - wenn ein Bewaffneter auf der Post auftauchte und wünschte die portofreie, baldige Beförderung seines Schreibens, war der Postbuchhalter gut beraten, so zu tun. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • "By the way" - wenn ein Bewaffneter auf der Post auftauchte und wünschte die portofreie, baldige Beförderung seines Schreibens, war der Postbuchhalter gut beraten, so zu tun.


    Ja, das ist sicherlich richtig - aber dieser Bewaffnete war nicht mehr zur Stelle als dieser Brief noch durch lübbsche, preußische und sächsische Hände ging ;)
    Diese hätten also noch ein Porto verlangen können (wenn es nicht staatenübergreifend geregelt gewesen wäre) ...

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,

    da schlug wieder der Postverein zu: Wenn die Aufgabepost eine Sendung portofrei beließ, galt dies auch in allen anderen Postgebieten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo in die Runde, hallo liball,

    ein tolles Stück, das Du da zeigst, Belege aus den dänischen Kriegen nach Bayern sind nun wirklich nicht häufig.

    Ist das Jahr gesichert, durch den Aufgabestempel in Flensburg?
    Zu dem General a.D. habe ich auf die schnelle nichts gefunden, aber mit etwas Zeit ist zu dem evtl auch noch etwas zu finden-interessant dass er a.D. ist, denn der Krieg war ja noch nicht ganz vorbei, oder?
    (der zweite Dänische Krieg dauerte vom vom 1. Februar bis 30. Oktober 1864)

    Schönes Stück, wie immer von Dir :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Guten Morgen,

    noch eine Ergänzung zum obigen Feldpostbrief nach Dresden, der bei der regulären Post aufgegeben wurde, und der folgenden Erklärung:

    da schlug wieder der Postverein zu: Wenn die Aufgabepost eine Sendung portofrei beließ, galt dies auch in allen anderen Postgebieten.


    Andererseits war aber Holstein nicht (mehr) Mitglied des Postvereins.

    Die entsprechende Grundlage für die Portofreiheit habe ich inzwischen gefunden:
    demnach waren die Truppen der Bundesexekution - gemäß dem Bundesheerverpflegungsreglement - von allen Abgaben befreit. Dazu gehörten Steuern, Wegegelder, ... und eben auch das Postporto (für Dienst- und Privatbriefe).
    Die holsteinische Landesregierung hat darüber entsprechend öffentlich informiert.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,

    die meisten im "Ausland" eingesetzten Soldaten schrieben ja in ihre deutsche Heimat zurück. Warum sollte man sie bzw. ihre Familien mit Porto bestrafen? Sie waren ja für die Heimat bzw. den Dt. Bund tätig und man war froh, sie zu haben.

    Schlimmstenfalls hätten sie im Ausland (Dänemark) Briefe zivil aufgegeben in Richtung ihrer Heimat (z. B. Süddeutschland). Dann hätte schlimmstenfalls Dänemark das Inlandsporto notiert und die Briefe wären ohne Portoansatz für die Strecke im DÖPV weiter geleitet worden. Dann hätten die Empfänger die 4 Kr. oder den Groschen halt zahlen müssen.

    Ich weiß auch nicht, ob es deutsche Kriegsgefangene gab, die in Dänemark interniert waren. Wenn es sie gab, müsste man mal sehen, ob sie nach Hause schreiben durften und wie diese Briefe taxiert wurden bzw. ob sie taxiert wurden. Das wäre höchst interessant.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber VorphilaBayern,

    ein wundervolles Stück - bin gerade nicht weit weg vom ursprünglichen Absenderort und kann kaum glauben, was ich da sehen. Phantastisch! :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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