Grenzpostämter

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    neben den allgemein bekannten Grenzpostämtern, über die die großen Transitverbindungen liefen, gab es in Preußen auch diverse kleine Kartenschlüße mit nur lokaler Bedeutung.
    So gab es z.B. zwischen Polen und Preußen erstaunlich viele dieser Kartenschluß-Verbindungen.

    Per 30. April 1864 wurde folgendes bekannt gemacht:
    Zwischen Mierunsken und dem Polnischen Orte Filipowo ist auf gemeinschaftlich Preußisch-Polnische Rechnung eine tägliche Personenpost in Gang gesetzt worden. Dieselbe läßt sich mit Vortheil zur Beförderung von Brief= und Fahrpost=Sendungen nach und aus folgenden Polnischen Post=Anstalten benutzen:
    Augustowo, Filipowo, Kalwarya, Kopciowo, Lipsk, Loździeji, Seiny, Sereje, Suwałki, Szypliszki und Sopockinie.
    Für die auf der neuen Route zu befördernden Fahrpost=Sendungen nach und aus Polen ist das Preußische Porto nach der Taxe von Mierunsken, das Polnische Porto dagegen nach der Taxe von Filipowo, welche mit der Taxe von Grajewo übereinstimmt, zu erheben.
    Die Post=Anstalten haben sich bei der Spedition und Taxirung der fraglichen Sendungen hiernach zu achten.

    Der folgende Brief lief 1865 über diese Austauschämter.

    Voll frankiert mit 20 Kopeken, davon 3 Sgr. als Weiterfranko notiert.
    Vorderseitig ein Aufgabestempel von Suwalki, rückseitig dann der Durchgangsstempel des polnischen Grenzortes Filipowo, wo vermutlich auch der polnische Franko-Stempel abgeschlagen wurde. In Mierunsken erfolgte dann die weitere Stempelung mit dem Eingangsstempel rückseitig und vorderseitig mit dem Herkunfts- und einem preußischen Franko-Stempel zur Bestätigung. Wieder rückseitig dann der Berliner Ausgabestempel vom 1. Bestellgang.

    Wenn man nun Mierunsken sucht, läuft man bei vielen Karten ins Leere. Der folgende Ausschnitt der Großen Post-Karte, Herausgeber immerhin das Cours-Bureau des General-Post-Amtes, Berlin 1829, zeigt nur Leere. Ebensowenig findet man den Ort auf einer Reise- und Post-Karte von 1863.

    Den polnischen Aufgabeort Suwalki habe ich mit einem Pfeil markiert. Filipowo und Mierunsken lagen fast genau westlich davon.
    Erst auf Topographischen Karten kann man die Orte finden. Mierunsken (später Merunen genannt), gehörte zum Landbezirk Oletzko (später Treuburg genannt) und zum übergeordneten Postamt Lyck. In Mierunsken wurde erst 1850 eine Post-Expedition II. Klasse eröffnet. Mierunsken kam nie über die Größe eines Dorfes hinaus.
    Dennoch führte diese Post-Expedition anscheinend den Grenzeingangsstempel Aus Polen. und auch den Ra1 Franco.-Stempel.
    Von anderen Nebenpostämter mit Grenzpostamtfunktion Richtung Polen, wie Ostrokollen oder Napierken, kennt man diesen Grenzeingangsstempel nicht.

    NB: Sammler von Stempel-Verwendungszeiten können den Eintrag 292 in ihrem van der Linden-Katalog jetzt aktualisieren.

    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    ein anderes kleines Grenzpostamt zu Polen, das nur wenige Jahre Bestand hatte, war Podgurz in der Nähe von Thorn.

    Die Stadt Thorn lag am westlichen Weichselufer und hatte am linken Ufer noch einen sogenannten Brückenkopf. Auf der linken Uferseite entstand dann später auch der Thorner Bahnhof der Linie Bromberg-Thorn. Die Verbindung zwischen dem Brückenkopf und der eigentlichen Stadt Thorn bestand nur in einer kleinen Holzbrücke, die in verschiedenen Wintern durch Eisgang / Hochwasser beschädigt wurde und dann nicht passierbar war.
    Eine halbe Meile entfernt, ebenfalls auf dem linken Weichselufer lag der Ort Podgurz (später Podgorz geschrieben), der ab 1. November 1856 eine Postexpedition II.Klasse erhielt und ebenfalls als Grenzpostamt galt. Hierdurch bestand die Möglichkeit, ankommende polnische Post direkt auf dem linken Weichselufer zu bearbeiten und weiterzuleiten.
    Mit Fertigstellung der Bahnlinie Bromberg-Thorn wurde die Podgurzer Postexpedition am 31.12.1861 wieder aufgelöst.

    Ein Portobrief aus Sluzewo (polnisches Grenzpostamt) nach Gut Szarley par Inwraclaw (Hohensalza) vom 3.9.1860.
    Für diesen Brief galt ein ermäßigter Tarif für Orte im beiderseitigen Grenzstreifen, 1 Sgr. polnisches und 1 Sgr. preußisches Porto. In Summe also 2 Sgr.. Der Brief war zunächst mit 4 Sgr. fehltaxiert worden, was aber noch korrigiert wurde.

    Sluzewo ist der direkt an der Grenze liegende Ort in Polen. Podgurz lag gegenüber Thorn auf der anderen Weichselseite.
    Inowraclaw lag 5 Meilen südwestlich und das Gut Szarley wiederum hiervon südöstlich am Ostufer des Sees, kurz vor der polnischen Grenze.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    zuerst einmal Gratulation zu diesem sicher nicht leicht zu findenden Brief.

    Der Stempel "AUS POLEN" dürfte in Ermangelung anderer Alternativen beim preußischen Grenzpostamt abgeschlagen worden sein. Führte man dort auch P.D. und P.P. - Stempel?

    Waren das rein lokale Paketschlüsse, oder konnte auch ein Brief aus Moskau in den obigen Zielort so geleitet werden?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    danke. :)

    Zitat

    Der Stempel "AUS POLEN" dürfte in Ermangelung anderer Alternativen beim
    preußischen Grenzpostamt abgeschlagen worden sein. Führte man dort auch
    P.D. und P.P. - Stempel?

    Die P.D.- und P.P.-Stempel kamen erst bei den westlichen Austauschpostämtern drauf, in Aachen, Saarbrücken usw.

    Zitat

    Waren das rein lokale Paketschlüsse, oder konnte auch ein Brief aus Moskau in den obigen Zielort so geleitet werden?

    Ja, sie hatten rein lokale Bedeutung. Nur die größeren wie Posen hatte auch einen Kartenschluß mit Warschau, so dass hier zumindest theoretisch eine solche Möglichkeit bestand. Gesehen habe ich eine solche Leitung allerdings noch nicht.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für deine weiterführenden Antworten - allmählich entwickle ich mich zum wohlinformierten Preußen - Transitbeobachter ... nicht das schlechteste, was einem passieren kann. :)

    Ich denke, dass diese Nahbereichsbriefe, noch dazu, wenn sie mit Postsonderdiensten verbunden waren, zum seltensten gehören, was die beiderseitigen Postverhältnisse zu bieten hatten.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    ja, einen Brief mit Sonderdienst in diesem Bereich suche ich noch ... :)
    Da aber damals wohl auch nicht viele davon in diesen Orten aufgegeben wurden, ist hier Geduld angesagt.
    Wenn es aber sogar mit dem schwarzen Bayern Einser frankierte Forwarded-Drucksachen aus der Schweiz gibt, gebe ich auch an dieser Stelle die Hoffnung nicht auf. :D

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    in der PO gibt es immer noch Wunder - siehe Schweiz-Bayern als Drucksache. Irgendwann kommt auch mal solch eine Bombe auf dich zu - womöglich dann, wenn du es am wenigsten erwartest. ^^

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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