Unzureichend frankierte Briefe aus dem Briefkasten

  • Nachfolgend zeige Ich einen Brief, der einige Fragen aufwirft. Er wurde am 4. Juli 1855 von Filehne nach Bromber gesandt. Die Entfernung beträgt 16 Meilen, was 2Sgr. erfordert hätte.
    Auf der Vorderseite ist eine schwarze 1(Sgr.) vermerkt und wieder gestrichen. Darunter in blauer Tinte: "Aus dem Briefkasten Unterschrift".
    Darunter mit Bleistift "von Auerbach". Links neben dem Stempel ist in Rot "Retour" vermerkt. Auf der Rückseite lese ich folgenden Text: "Absender ist zur Zahlung von Postporto unvermögend Filehne 4. Juli 1855, der ???????? Unterschrift.
    Ich deute das alles so:
    Der Brief wurde wohl unfrankiert in den Briefkasten von Filehne gelegt. Der Postbeamte vermerkte daraufhin den blauen Text. Die Empfängerin, die Regierung in Bromberg hat den Brief zurückgehen lassen, da sie das Porto nicht zahlen wollte.
    Jemand ?????? hat dann auf der Rückseite vermerkt, dass der Absender nicht zahlen kann.
    Woher stammt dann der 1Sgr.-Vermerk? Wer hat ihn gezahlt? Warum waren es nicht 2Sgr.? Wer hilft weiter?
    viele Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

  • liebe Sammlerkollegen,
    Ich zeige hier noch einen Brief, der vom Postbeamten bemängelt wurde: "reicht nicht Unterschrift" 1 Sgr. Nachgebühr.
    Allerdings wurde alles wieder gestrichen, also wohl keine Nachgebühr erhoben.
    Ich habe nun die Entfernung überprüft. Von Benrath nach Attendorn beträgt sie knapp über 10 Meilen, was eigentlich 2 Sgr. erfordert hätte. Warum wurde die Nachberechnung wieder gestrichen? Wer hat eine Idee?
    beste Grüße
    preussen_fan

  • Hallo Michael, danke für die schnelle Antwort. Allerdings habe ich auch mit den Taxquadraten gearbeitet und zwar mit dem Post- und Telegraphenhandbuch. Woraus entnimmst du denn die Taxquadrate?
    Beste Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • hallo Michael,
    meine Schusseligkeit. Ich habe auch gesehen, dass ich die Taxquadratdifferenzen gar nicht quadrieren muss, weil eh 10 Meilen herauskommt, wie du auch schon schreibst. Aber mein Fehler war, dass ich die erste Entfernungsstufe unter 10 Meilen und die zweite Stufe ab 10 Meilen dachte, was natürlich falsch ist.
    Anscheinend war der nachtaxierende Beamte der Meinung, dass die Meilen aufgerundet werden?
    beste Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo Jørgen

    der Beleg ist ab 1861 gesendet worden. Ab 01.05. gab es nur noch zwei Gewichtsstufen innerhalb Preussens. Die Ganzsache mit Inhalt wog also mindestens 1 Loth und dafür waren eben 6 Sgr. fällig.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde

    nachfolgender Beleg wurde höchstewahrscheinlich am 14.03.1865 in einem Briefkasten in Magdeburg eingeworfen und wurde an die Zuckerfabrik Hoyersdorf bei Schöningen addressiert.

    Der Beleg wurde mit einer Nr. 17 = 2 Sgr. frankiert - und dies reichte nicht mal, da noch 2 Sgr. Porto angeschrieben wurde. Die Entfernung ist deutlich unter 10 Meilen und so kann es sich nur um einen 3fach schweren Brief in der ersten Entfernungsstufe innerhalb des Postvereins handeln. Also die verklebten 2 Sgr. reichten bis zur 2. Gewichtsstufe und 1 Sgr. + 1 Sgr. Ergänzungsporto wurden schlußendlich für die 3. Gewichtsstufe als 'Porto angeschrieben.

    Interessant ist noch, dass der vorhandene Inhalt komplett gedruckt ist.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Magdeburger,

    ein wunderbarer und seltener Brief, bei dem alles passt. Wer hat schon einen "Kastenbrief" der 3. Gewichtsstufe? Dazu noch nach Braunschweig mit 1/2 Sgr. Landbestellgeld?

    Da wird man lange nach einem zweiten suchen müssen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    bei vielen unterfrankierten Briefen aus dem Briefkasten konnte die preußische Post nicht ausschließen, dass der Absender sich mit dem Franko geirrt hatte, weil er Entfernungs- oder Gewichtsstufe falsch eingeschätzt hatte.
    Bei dem folgenden Brief war sich der Absender seiner Unterfrankatur bewußt, denn er notierte 1 Sgr. Porto.
    Er warf also bewußt einen teilfrankierten Brief ein und notierte den Sachverhalt auch noch darauf. Gemäß den Vorschriften war eine solche nicht zulässig. Aber auch hier wurde der Brief wie üblich behandelt: Unten links wurde Briefkastenbrief notiert und der fehlende Portobetrag von 1 Sgr. mit Blaustift notiert (nachdem man sich zunächst vertan hatte und eine 2 erst notiert und dann durchgestrichen wurde) und dann vom Empfänger eingezogen.
    Die Alternative wäre umständlich gewesen: Da man den Absender nicht kannte und auch nicht an einer Absenderangabe oder Siegel erkennen konnte, hätte der Brief zur Öffnungsstelle (OPD Berlin) geschickt und, nachdem dort hoffentlich der Absender ermittelt wurde, diesem dann der Umschlag zur Nachfrankatur zurückgegeben werden können. Diesen erheblichen Mehraufwand vermied die preußische Post und akzeptierte die Teilfrankierung also genauso wie bei den anderen unterfrankierten Briefkastenbriefen.

    1864 von Berlin, Post-Expedition 18, ins schlesische Lorenzdorf bei Bunzlau. Die Entfernung lag > 20 Meilen. Die Zustellung erfolgte am Folgetag, obwohl der Aufgabestempel 8-9N (also spät abends) zeigt.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich lese unten "Briefkasten - Unterschrift".

    Ein ganz außergewöhnliches Stück, welches ich so noch nicht gesehen habe (nicht nur bei Preussen). Glückwunsch dazu und eine Unterfrankatur ist ja auch eine Contravention, wenn auch eine "bestrafte". ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    danke.
    Eine Contravention ist es natürlich. Mir gefällt hierdran besonders, dass auch bei einer bewußt herbeigeführten Contravention durch den Postkunden die preußische Post hier pragmatisch und eben nicht "preußisch korrekt" vorging; da wie oben geschildert, eine Verfolgung der Contravention nur zu einem erheblichen Mehraufwand auf Seiten der Post geführt hätte.
    Man sieht hier, dass der Umgang mit Vorschriften und Verstößen gegen diese mit einem Blick auf hohe Effizienz gestaltet wurden.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    so ist es. Als Aussteller kann man natürlich die verschiedenen Behandlungsweisen, wenn man im Besitz eines solchen Briefes ist, schön darstellen, wobei ich noch teils unterscheide zwischen Gewichtsmanko und zu geringer Entfernung (mal im Inland, mal im Postverein und mal im Ausland). Das geben dann ganz lustige Seiten ... :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ... da wird es wohl deswegen etwas dünn, weil der liebe Michael sie alle für seine Contraventions - Sammlung Preussen aufsammelt ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

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