Telegramme und Telegraphenmarken

  • Beantwortet das Deine Fragen?

    Gerd

    Hallo isarexpress,

    ja, vielen Dank. Denn in den Verordnungs- und Anzeigeblättern der kgl. bayerischen Post findet sich dazu nichts. Auch in Publikationen für die Post- und Telegrapen-Kunden findet sich kein Hinweis dazu. Dort werden die Tarife so angegeben:

    Wie Du schreibst aus dem Pieper, war der "Standardtarif" 28 Kr.

    Vermutlich wurde im Rahmen des neuen Telegraphen-Staatsvertrags (bzw. Verträge, Deutsches Reich, Bayern, Württemberg, Luxemburg ... dann diese Sgr.-Marken eingeführt,

    evtl. um die Komma-Bruchteile besser verrechnen zu können:

    Eigentlich hätte es doch eine 3 1/2 Kr.-Marke auch getan (= 1 Sgr.). Natürlich kann es andere Gründe gegeben haben. Ein Hinweis könnte sein, dass es auch Wechselsteuermarken in Sgr. verausgabt wurden. Wie die Telegraphenmarken waren das nur zur Verrechnung dienende Marken.

    Es bleibt so unbelegt, warum Telegraphen-Freimarken in Talerwährung ausgegeben wurden (man sprach allerdings von Gulden- und Frankenwährung).

    Abschließend, warum diese schönen Marken bei den Briefmarken-Sammlern wenig beachtet wurden, ist wohl mit das Argument das ich bei Johann Brunner "Bayerns Postwertzeichen" auf S. 30 fand:

    "Die am 1. Januar 1870 eingeführten Telegraphenmarken, die reinen Verrechnungszwecken für den Telegrammverkehr dienten, waren keine Postwertzeichen und scheiden deshalb hier aus."

    Auch bedanke ich mich für Deine Präsentation der ansprechenden Telegrapen-Probedrucke. Von diesen Telegraphenmarken würde ich gerne mehr hier sehen. Ein Randthema zwar, aber Post- und Telegraphie (Telephonie) gehören doch zusammen zur Kommunikations-Geschichte.

    Luitpold


  • Zunächst, kann das Thema zusammengebracht werden?

    jpvde
    20. Oktober 2022 um 15:49

    Das in Sammlungen nebei interessante Informationen zu finden sind, ist mir gerade passiert:

    Da liegt eine Broschüre mit dem Titel "Anweisung ..."

    Der Telegraph, heisst es in der von dem ehemaligen k. b. Telegraphenamte erlassenen Anweisung für die Fassung amtlicher Telegramme, welcher ein beschleunigteres Beförderungsmittel für Nachrichten als die Post bietet, unterscheidet sich wesentlich von dieser durch den Umstand, dass letztere die Briefe nebeneinander, der Telegraph die Telegramme nacheinander, Wort für Wort, befördert. Der Telegraph ist ein mit den Schwingen des Blitzes ausgerüsteter Bote, aber er nimmt immer nur einen Brief mit.

    Hiemit ist auch die Grundbedingung für die Fassung der Telegraphen-Correspondenz ausgesprochen: Möglichst wenig Worte!

    OK - aber diesen Absatz finde ich einfach <3

    Als die einfache alte einfache Taxe die heilige Zahl von 20 Worten vorschrieb und jedes Wörtlein mehr gleich mit dem fast doppelten Tarife bestraft wurde, hielt es alle Welt mit dem biblischen:,,Deine Rede sei ja, ja, nein, nein, was darüber geht, ist Sünde !" So gewöhnte man sich, die deutsche Sprache in ihren wunderlichsten Verrenkungen zu produziren, um ja nicht aus dem amtlich festgespannten Rahmen herauszutreten.


    Als Beispiel wird genannt, Telegramm an den Sohn von einer zärtlichen Mutter (sie will zum Sohn reisen und spart das "Ich":

    Reise sofort ab.

    Der Sohn wird sich sich stundenlang zu fragen haben: Soll ich abreisen, oder will Mama zu mir

    kommen?

    Ich finde das amüsant zu lesen, ach was hatten die damals doch für Probleme :)

    Den vollständigen Text kann ich gerne hier noch einstellen.

    Luitpold

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold (27. November 2023 um 17:20)

  • ... konnten auch Satzzeichen ("reise sofort ab!") mittelegraphiert werden? Wenn ja, wäre es mit Ausrufezeichen eine Aufforderung an den Sohn gewesen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    vlt. gibt es irgendwo eine Übersicht, wo außerhalb Bayerns bayer. Telegraphenämter existierten? Gab es welche in Preußen, wäre die Währung klar.

    Die mir geläufigen in Mainz, Worms, Darmstadt, Frankfurt am Main usw. wären ja mit der Kreuzerwährung bedient gewesen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    vlt. gibt es irgendwo eine Übersicht, wo außerhalb Bayerns bayer. Telegraphenämter existierten? Gab es welche in Preußen, wäre die Währung klar.

    Die mir geläufigen in Mainz, Worms, Darmstadt, Frankfurt am Main usw. wären ja mit der Kreuzerwährung bedient gewesen ...

    Falls Deine Frage ist, ob die Silbergroschen-Währung für Telegramme an Orte außerhalb von Bayern bestimmt war: das war nicht der Fall. Für ein einfaches Telegramm (bis 20 Worte) innerhalb von Bayern brauchte man bereits eine 1 sgr Marke (plus eine 14 Kreuzer Marke) um den Tarif von 17,5kr darzustellen. Für ein Telegramm mit 21 bis 30 Worten (Tarif: 26 1/4 kr), dann auch die 1/2 sgr Marke (= 1,75 Kreuzer). Die 1/2 sgr brauchte man auch für Telegramme innerhalb von Bayern mit 41 bis 50 Worten (43 3/4kr) . Da die meisten Telegramme jedoch einfach waren, ist die 1/2 sgr Marke gestempelt relativ selten. Pieper (1966) kennt kein ganzes Telegrammformular mit einer 1/2 sgr Marke. Ich habe auch noch keines gesehen.

    In meiner Sammlung habe ich lediglich einen Telegrammausschnitt mit einer 1/2 sgr Marke:

    Die Kombination zwischen 1/2 sgr und 7kr entspricht keinem bekannten Tarif, sondern kann eigentlich nur zusammen mit anderen Wertstufen auf einem Telegramm vorkommen. Eine Möglichkeit ist ein Telegramm mit 21 bis 30 Worten, das zusätzlich mit einer 1sgr und einer 14kr Marke frankiert ist, wie hier:

    Diese beiden Marken haben den selben Stempel aus Regensburg wie die obigen, zeigen auch den gleichen schwarzen Fleck unterhalb der Mitte des Stempels, und es könnte gut sein, dass alle vier einmal gemeinsam auf dem gleichen Telegramm waren. Zusammen ergeben Sie den Tarif von 26 1/4kr für ein innenbayerisches Telegramm mit 21 bis 30 Worten.

    Als Basis des Tarifs von 1870 hatte man französische Franken genommen hat (wie rechts auf allen Marken angeben, außer bei den zwei schwarzen Ergänzungswerten). Ein einfaches Telegramm kostete 1 Franken, was der 28kr Marke entsprach. Die 14kr entsprach einem halben Franken, und so immer weiter die Hälfte mit allen kleineren Wertstufen bis zu 1/2 sgr.

    Warum wurden verschiedene Währungen auf einer Marke angezeigt? Ich denke, diese sollten die Internationalität und technologische Revolution der Telegraphie im Vergleich zur normalen Post darstellen. Angesichts der nahenden Reichsgründung unter Führung von Preußen haben sich die bayerischen Telegraphen-Behörden dann 1872 wohl doch für preussische Silbergroschen entschieden. Das ist eine plausible Hypothese, aber ich kenne keine Belege. Warum es auf den beiden schwarzen Ergänzungswerten keine doppelte Wertangabe gab, etwa Kreuzer und Silbergroschen, bleibt mir ein Rätsel.

    Alles Gute,

    Gerd