• Ooookay,

    dann zieht sich die Pfalz auch schon wieder auf ihr eigenes Terrain zurück und liefert nach den feinen Düften was vom Feinsten der Zensur. Der Pumpenhersteller KSB Frankenthal/Pfalz beantwortete mit der nachstehend abgebildeten Auslandspostkarte eine Offerte für den Rohstoff Zink.

    Man verwendete dabei eine 7 1/2 Pf Ludwig Mi-Nr. 113A aus der Portokontrollmaschine (mit Firmenlochung "AF") und, da anscheinend keine 2 1/2 Pf Marke zur Hand war noch eine 3 Pf Ludwig Mi-Nr. 94IIA. Die dabei verursachte Überfrankatur von einem halben Pfennig hat sich die Post dann redlich verdient.

    Adressiert wurde nach Belgien an eine Firma P.L. Klein Ingenieur / La Louviere in Belgien, wobei es zuvor durch die Zensur der hier zuständigen Überwachungsstelle Charleroi ging. Mit La Louviere lag man aber offenbar nicht ganz richtig, denn dort wurde noch am Ankunftstag den 30.05.1917 ins unmittelbar benachbart gelegene Haine Saint Pierre weiter geleitet.

    Ein Tag später dort angekommen wurde schließlich Brüssel als Zielort benannt. Dort musste auch erst einmal zensiert werden, bevor man dann am Distributionsabschlag "12" den hiesigen Zustellerfolg ablesen kann. Nicht ganz erklären kann ich mir allerdings den in schwarzer Tinte eingetragenen Vermerk Kriegsamt.

    Dieser wurde mit violettem Bleistift durchgestrichen und mit ?????? Kriegsamt ersetzt. Kann jemand das in violett geschriebene Wort vor Kriegssamt entziffern ? Ich dachte zunächst an nachsende, aber wozu wurde dann w.o. Kriegsamt ausgestrichen ? Das macht irgendwie keinen Sinn, es sei den es ist eine Korrektur bspw. dass nicht das Kriegsamt in Berlin gemeint war o.ä.

    Zur Hintergrundinformation: Das zum 01.11.1916 gegründete Kriegsamt war u.a. für die Beschaffung von Rohstoffen, Waffen und Munition zuständig und in Belgien bayerischerseits vertreten durch den Beauftragten des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums beim General-Gouvernement in Brüssel.

    + Gruß

    vom Pälzer


    verwendete Quelle:
    https://books.google.de/books?id=r50vo…%BCssel&f=false

  • Hallo zusammen,

    tja, was ist jetzt an dem nachstehenden Beleg wohl das Besondere ? Der Auslands-Zensurbeleg zu 50 Pf in die Schweiz (20 Pf Auslands-Normalbrief + 30 Pf für das Einschreiben) oder der dort seinerzeit in Luzern ansässige Adressat Béla Szekula, bei welchem es sich um einen sehr bekannten, allerdings nicht sonderlich rühmlich agierenden Briefmarkenhändler gehandelt hat. Den weiter unten aufgelisteten Quellen zu Folge kann man folgendes darüber zusammenfassen:

    Béla Szekula wurde am 09.02.1881 in Szeged, Ungarn, geboren. Im Dezember 1901 tauchte er in Genf auf und gab dort bis ins Jahr 1904 die philatelistische Zeitschrift Szekula-Briefmarken-Verkehr heraus, welcher er schon in Budapest vordergründig aus eigenem Geschäftsinteressen heraus aufgebaut hatte. Alle Ausgaben, die jeweils mit einem attraktiv-farbigen Umschlag herausgegeben wurden, waren gefüllt mit Reklame seines eigenen Geschäftes.

    Nach einer Reihe betrügerischer Angebote (hpts. falsch gestempelter Marken der commemorative-Ausgaben der Dominikanischen Republik sowie Nachdrucken und Fälschungen von Marken Guatemalas) und wegen einer Reihe unbezahlter Rechnungen floh er vorübergehend wieder in seine Heimat nach Budapest und produzierte dort weiterhin Fälschungen, hpts. von Marken südamerikanischer Staaten.

    Seine Zeitschrift benannte er in Ungarischer Briefmarken-Sammler um. 1913 zog er wieder in die Schweiz und eröffnet in Luzern die Briefmarkenhandlung Villa Philatelia. Die Zeitschriftenreihe trug ab da dann den Titel Schweizerischer Briefmarken-Sammler. Im Jahre 1915 veräußerte er ungebrauchte Marken aus Belgien, welche dort im 1. Weltkrieg während der Besatzungszeit von den deutschen Truppen konfisziert worden waren.

    Am 09.10.1916 heiratete er Berta Huguenin und am 29. November gleichen Jahres wurde er in Kriens unter dem Namen Béla Sekula eingebürgert. Er machte sich dann als Auktionator und Briefmarkenexperte einen international bekannten Namen. So listet bspw. die Köhler-Kartei den weltbekannten Altbayernbeleg aus Sulzbach mit einem 6er-Streifen der 1 Kr schwarz als erstmals bei der Szekula-Auktion am 05.03.1928 in Luzern angeboten.

    1928/29 war er verantwortlich für die Verauktionierung größerer Teile der Finnland-Sammlung des russischen Philatelisten Ludvig Lindberg (1873-1939). Doch von fragwürdigen Geschäftspraktiken konnte er offenbar weiterhin nicht lassen. Nachdem er Anfang der 1930er Jahre in Kontakt mit dem Eigentümer der Druckplatten der äthiopischen Tier- und Regentenausgaben getreten war, fertigte er hiervon Nachdrucke und bot jene als "garantiert echt" an.

    Der Verband der Schweizer Philatelisten-Vereine verurteilte dies und zwang ihn im Jahre 1938 seine Werbung dafür zurückzunehmen. Ein Jahr zuvor hatte bereits auf sein Bürgerrecht verzichtet und zog 1938 mit seiner Familie nach New York. 1949 ging er in den Ruhestand, seine Bestände wurde durch ein New Yorker Briefmarkenhandelshaus J.&H Stolow veräußert. Er starb im Jahre 1966.

    Jetzt gib`mir mal bitte jemand einen Tip, was das Königlich Bayerische Gouvernement der Festung Germersheim mit o.g. Person im Jahre 1915 per Großbrief-Einschreiben zu korrespondieren hatte !? Nebenbei zur Hintergrundinformation: Die Festung Germersheim war Heimatgarnison des Königlich Bayerischen 17. Infanterie-Regiments "Orff", welches zwischen Oktober 1914 und August 1915 in Flandern / Belgien eingesetzt war… :rolleyes:

    + Gruß

    vom Pälzer....der sich nebenbei doch recht sicher ist, hier einen echten Zensurbrief zu zeigen... ^^

  • Hallo Sammlerfreunde,

    anbei ein weiterer, mir bislang noch nicht bekannter Abschlag SECTION ÉCONOMIQUE FRANCAISE LUDWIGSHAFEN - S'SECTION DES FINANCES. Ganz klar daran ersichtlich die Zielrichtung: Devisenkontrolle. Die - mit 1 Tag recht schnell beförderte - Sendung war in der Gebührenperiode 01.08.1916 - 01.10.1918 mit 15 Pf für den Brief bis 20 gr im Fernverkehr und 20 Pf für das Einschreiben freizuzmachen. Erfreulichweise erkennt man an dem Beleg auch, dass der Ankunftsstempel damals nicht überall in Vergessenheit geraten ist.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Sammlerfreunde,

    bei dem nachstehend abgebildeten - offen aufgelieferten - Zensurbrief wäre es interessant gewesen zu erfahren, wie lange unter den damaligen Randbedingungen die gewünschte Eilbestellung benötigt hat. Leider ist dies aufgrund des fehlenden Ankunftsabschlags nicht möglich, hoffen wir also auf weitere Belege in dieser Richtung. Zu den verklebten 50 Pf: Portoperiode 01.10.1918 - 01.10.1919: Fernbrief bis 20 gr 15 Pf und Eilbotendienst im Ortszustellbereich 25 Pf.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Heute hatte ich den Brief an der Angel.
    Brief von Nürnberg nach Luzern vom 21.10.1914. Der Stempel gefiel mir sehr gut weil gut lesbar und sauber.
    Auf der Rückseite ist dieser Zensurstempel der Prüfungsstelle des III. Armeekorps Nürnberg.
    Der Brief wurde wohl offen vorgelegt, geprüft und dann verschlossen, da Teile des Absenders unter der Briefklappe erkennbar sind.

    Gruß Helmut

  • Hallo Helmut,

    sehr schöner Beleg mit 2 flammend-roten Friedensdrucken, die einem regelrecht ins Auge springen. Das kann man von den Marken des nachstehenden Belegs zwar nicht sagen, aber dafür kommt die Gesamtkomposition doch recht interessant rüber. Hier sieht man eine Doppelzensur, d.h. einmal durch die französischen Militärbehörden und dann noch einmal durch die Devisenkontrolle.

    Bei letzerer hat man die während des Krieges verwendeten Zensurbanderolen mit dem Aufdruck Unter Kriegsrecht geöffnet einfach mit den Verweis der Rechtsgrundlage der Devisenkontrolle umgestempelt. In der Gebührenperiode 01.10.1918 - 01.10.1919 waren es 20 Pf für den Auslandsnormalbrief bis 20 gr, für das Einschreiben weitere 20 Pf.

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    wie sich an der nachstehend verlinkten Übersichtskarte der Alliierten Rheinlandbesetzung unschwer ablesen läßt, war der britische Sektor im Großraum Köln einer in vergleichsweise geringerem Umfang. Insofern nimmt sich der dazu beigefügte Beleg aus dem linksrheinischen Bayern mit Adressierung in das diesem Sektor angehörige Solingen geradzu als Treffer ins Schwarze aus (Fernverkehr-Normaltarif von 15 Pf bis 20 gr in der Gebührenperiode 01.10.1918 - 01.10.1919). Zu dem roten "BRITISH CENSORSHIP 29" konnte ad hoc nichts im www gefunden werden, aber vielleicht hat ja jemand noch einen Tip.

    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quellen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Alliierte_Rheinlandbesetzung
    https://de.wikipedia.org/wiki/Alliierte…any_1923_de.png

  • Liebe Sammlerfreunde,

    Zensurbriefe bestechen in der Regel durch ihre Optik, was man bei dem nachstehenden sicherlich auch so bis zu einem gewissen Grad behaupten kann. Viel wichtiger erscheint allerdings der in diesem Fall - endlich einmal - dokumentierte Nachweis, wie schnell die französischen Zensurstellen in der Lage waren zu arbeiten.

    Es ist schon ein klein bischen ein Glücksfall, dass das mit der Zusatzleistung EXPRESS am 09.09.1920 zwischen 5-6 Uhr nachmittags aufgegebene Einschreiben einen Ankunftsstempel, hier des Zielorts Freiburg im Breisgau vom 11.09.1920 1-2 Uhr vormittags erhalten hat. Damit hat die Beförderung von der Aufgabe- bis zur Abgabepost insgesamt zwischen 43 bis 45 Stunden gedauert.

    Vor dem Hintergrund der seinerzeit dazwischen geschalteten Zensurkontrolle nicht wirklich beanstandbar. Die Gebührenaufteilung in der einschlägigen Gebührenperiode 01.10.1918 - 01.10.1919: 15 Pf für den Fernbrief bis 20 gr, 20 Pf für das Einschreiben und 50 Pf für die Expressbeförderung = die verklebten 85 Pf.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    schönes Stück und sicher nicht häufig.

    Es ist schon ein klein bischen ein Glücksfall, dass das mit der Zusatzleistung EXPRESS am 09.09.1920 zwischen 5-6 Uhr nachmittags aufgegebene Einschreiben einen Ankunftsstempel, hier des Zielorts Freiburg im Breisgau vom 11.09.1920 1-2 Uhr vormittags erhalten hat. Damit hat die Beförderung insgesamt zwischen 43 bis 45 Stunden gedauert.

    Der Postsonderdienst hatte aber nie etwas mit der Beförderungsdauer von Auf- zur Abgabepost zu tun, lediglich die Zustellung durch die Post am Zielort konnte damit beschleunigt werden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo VorphilaBayern,

    ein sehr schönes Stück mit netter Kombination zu 27 1/2 Pf ins Grenzgebiet Richtung Schweiz. Anbei eine in ein anderes Grenzgebiet gelaufene Standart-Poka zu 5 Pf, hier ins Fürstentum Birkenfeld. Jenes war bekanntlich als eine Folge des Wiener Kongresses am 17.04.1817 an Oldenburg gegangen, dessen Großherzog darüber anfangs allerdings alles andere als begeistert war. Das Gebiet wurde danach in die Ämter Birkenfeld, Nohfelden und Oberstein gegliedert. In Oberstein wurde wie man sieht während des 1.WK eine Zensurstelle eingerichtet.

    In der einschlägigen Primärliteratur von Karl-Heinz Riemer, den Postüberwachungsstellen 1914-18 findet man diese allerdings nicht. Nach Unterzeichnung des Waffenstillstandes zum Ende des 1.WK verzichtete Großherzog Friedrich August II. von Oldenburg (1852-1931) auf seine Krone und die Regierung über Oldenburg. Trotz seperatisitischer Unternehmungen in den Jahren 1919 und 1923 blieb die Enklave über die Zeit der Weimarer Republik hinaus bei Oldenburg. Erst im Jahre 1937 wurde der Oldenburger Landesteil Birkenfeld wieder preussisch, d.h. dann dem Regierungsbezirk Koblenz zugeordnet.

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    vielen Dank für die erhellenden Bermerkungen zum Fürstentum Birkenfeld - hätte nie gedacht, dass sich das bis 1937 hingezogen haben könnte. Schöne Karte, toller "background" - was will man mehr? ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    tolle Strecke, die hier gerade am laufen ist ! Der bulgarische Rollen-Zensurstempel ist ja auch schon ein richtig saftiger Hingugger ! :P Um dann auch mal wieder einen ins Ausland beizutragen, anbei ein Auslands-Normalbrief nach Schweden, zensiert an bekannter Stelle in Ludwigshafen am Rhein. Dunkelblaue Marke und lila Zensurstempel auf hellblauem Briefpapier ...da kann man wohl nicht meckern.

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    schöner kaum möglich und dann noch der schöne, tiefer Friedensdruck - ein Gedicht! :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (6. Mai 2016 um 21:35)

  • Jo, da wird`s einem nach so viel kalten Tagen doch endlich einmal wirklich warm ums Herz. ^^ Anbei noch ein weiterer Auslandsbrief, diesmal der Devisenkontrolle unterzogen und mit einer - zu dieser Zeit zulässigen - Mischfrankatur aus Bayern Abschiedwerten und einem Germania-Wert der Reichspost.

    Allerdings wohl ingesamt um 5 Pf überfrankiert, denn der Auslandsbrief bis 20 gr kostete in der Gebührenperiode 01.10.1918 - 01.10.1919 nur 30 Pf. Dass die eigentlich immer geflissentlich Ankunft abschlagenden Schweizer das hier mal nicht getan haben ist schon ein bischen bemerkenswert.

    Schönen Gruß !

    vom Pälzer