• Ui - da muss man erst mal drauf kommen! Hätte ich jetzt nicht gedacht, dass diese Technik schon damals verinnerlicht wurde.

    Danke fürs zeigen!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    bei dem nachstehend abgebildeten Beleg darf man sicherlich behaupten: Aussergewöhnlich ! Kommen wir zunächst zum historischen Hintergrund:

    Nach dem Waffenstillstand von Compiègne vom 11.11.1918 wurde ab 01.12.1918 das linke Rheinufer mit drei Brückenköpfen bei Köln, Koblenz und Mainz von französischen, belgischen, britischen und amerikanischen Truppen an besetzt. Das Hauptquartier der französisch besetzten Gebiete unter dem Oberkommandierendenden der französischen Armee General Charles Marie Emmanuel Mangin (1866-1925) lag in Mainz. Mangin war u.a. Kommandeur der französischen 10. Armee.


    Die in der Pfalz einmarschierte französische 8. Armee stand unter dem Kommando von General Augustin Grégoire Arthur Gérard (1857-1926), der sein Hauptquartier am 04.12.1918 in Landau aufschlug. Am 12.11.1918 erhielt der französische Politiker und hohe Verwaltungsbeamte Paul Tirard (1879-1945) im Stab des alliierten Oberbefehlshabers Marschall Ferdinand Foch (1851-1929) die Leitung der alliierten Besatzungsverwaltung im Rheinland (Le Contrôl Generale de l'administration des Territoires Rhénans).

    Von Luxemburg aus kontrollierte er die deutschen Behörden im linksrheinischen Gebiet, errichtete einen Verwaltungsapparat zur Aufsicht der militärischen Besetzung des Rheinlands und verfolgte dabei insgesamt die Ziele der französischen Rheinlandpolitik. Nach Inkrafttreten des Rheinlandabkommens und Gründung der Rheinlandkommission (Haute Commission Interalliée des Territoires Rhénans) übte Tirard diese Aufgaben ab Januar 1920 von Koblenz als Präsident der Kommission und Oberkommissaraus.

    Bei dem in Mainz gebührenfrei aufgegebene Beleg mit Adressierung an die Filzfabrik Melchior Hess Speyer handelte es sich offenbar um einen Dienstbrief der französichen Militärverwaltung. Der Aufgabeabschlag Mainz von 12.05.1919 zeigt jedenfalls das Siegel des Command en Chef des Armeès Allies - Contrôl Generale de l'Administration des Territoires Rhénans. Das müsste das Hauptquartier von General Mangin in Mainz gewesen sein. Nun sieht man schemenhaft links einen Abgangsstempel SORTIE No. 2890 DATE 19. MAI 1919 und unter dem s/c (? "über" ?) de la Section Economique de 8me Armée den Zusatz "par Luxembourg".

    Das müsste die zu diesem Zeitpunkt noch dort ansässige Leitung der alliierten Besatzungsverwaltung unter Paul Tirad gewesen sein, die dann die Weiterleitung nach Ludwigshafen veranlasste. Dort lag die überrheinische Zensurstelle der französischen 8. Armee, die den Brief mit dem für die Pfalz bekannten 5-zackigen Stern-Ringstempel nach Speyer weiter geleitet hat. Ganz sicher bin ich mir noch nicht, aber hier wird von der französischen 10. Armee in Mainz aus mit Genehmigung alliierten Besatzungsverwaltung in Luxembourg Material von der Filzfabrik Hess in Speyer angefordert worden sein.

    Wer eine andere Erklärung hat, möge es mich sehr gerne wissen lassen.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    ich hatte an anderer Stelle (Luxembourg-thread) daletzt die Beobachtung mitgeteilt, dass zenierte Post aus der Zeit des 1.WK zunehmend gegen Ende des Konflikts kaum noch Ankunftsstempel aufweist.

    Als Begründung hatte ich die zensurbedingte Verzögerung der Zustellungen angeführt, für welche die Abgabeposten evtl. nicht auch noch mit dem AK-Stempel verantwortlich zeichnen wollten. @bk hat demgegenüber eine recht einfache Erklärung angeführt: Kriegsbedingt zunehmend fehlendes Personal.

    Nach Sifi und dem dortigen Durchwühlen von zich Händlerkisten muss ich meine Theorie vollumfänglich zurück nehmen und @bk Recht geben: Die Mini-Statistik meines kleinen Zensurpostbreviers ist definitiv nicht verallgemeinerungsfähig.

    Daran ändert auch nichts der nachstehende Auslandsbrief nach Belgien, der nur einen Distributionsstempel vermutl. von Antwerpen, aber rückseitig keinen AK-Abschlag zeigt. So oder so ein ansehliches Stück.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • ...dürfte dann auch das nachstehende sein, eine kleine Perle, die in Sifi gehoben werden konnte. Unschwer läßt sich daran erkennen, dass in den Anfangszeiten der Rheinlandbesetzung die Zensur auch keine Nachgiebigkeit der Sammlerwelt gegenüber zu erkennen ließ. Denn bei der mit demonstativem Kastenstempel untersagten Ein- und Ausfuhr der Streifbandzeitung "Die Post" handelte es sich um eine Fachschrift incl. Universal-Anzeiger für Briefmarkensammler (Verlagssitz im elsässischen Bischweiler).

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    anbei nichts von großer Zensur-Besonderheit, nur wieder einmal "ein Zettelchen mehr belegt" mit dem bekannten Vermittlungssprüchlein: Par l´intermédiaire du Service des Communications d´outre-Rhin à Ludwigshafen. Die Brief-Rückseite ist ohne postalische Behandlung. In Bälde folgt dann wieder einmal weitaus interessanteres... ;)

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Sammlerfreunde,

    Dr. W. Niedermeier schreibt in seinem Beitrag Französische Postzensur in der Pfalz aus dem Jahre 1974*, dass Ludwigshafen als Sitz des "Überrheinischen Verkehrsamtes" wohl mehrere Kontrollstempel besessen hat. Einige sind ja hier schon gezeigt worden. Dr. Niedermeier bemerkt nun: ...weiter kommt auch im Oktober 1918 (also nicht in der Anfangszeit !) ein Stern-Stempel ohne Text vor.

    Das sollte dann auch auf den nachstehenden Beleg zutreffen. Der darauf in schwarzer Frabe abgeschlagene Sternstempel ist deutlich größer als der schon gezeigte, im Kreis eingefasste, rote Fünfzack-Sternstempel. Die verklebten 60 Pf für das in die Schweiz gerichtete Einschreiben teilen sich in der Gebührenperiode 01.10.1919 - 06.05.1920 auf in 30 Pf (Brief bis 20 gr) und 30 Pf für die Einschreibegebühr.


    + Gruß

    vom Pälzer

    *in: Bezirksgruppe Neustadt der Gesellschaft für deutsche Postgeschichte (Hrsg), Pfälzische Postgeschichte - Postgeschichtliche Blätter Nr. 40, Kaiserslautern 1974, S. 171

  • Hallo zusammen,

    anbei einmal ein incoming-mail-Doppelzensurbrief gelaufen von Wien nach Speyer (Gebührenaufteilung der 50 Heller je hälftig für Brief und Reco-Gebühr). Verständlich ist der Zensurstempel der franz. Militärbehörden in der besetzten Pfalz. Warum der Brief jedoch die Schleife über Dresden und dort noch die Postüberwachung des Deutschen Reiches durchlaufen musste, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

    Während des Krieges und (vielleicht) noch der Phase des Waffenstillstandes von Compiègne vom 11.11.1918 bis zum Friedenssschluss von Versailles am 28.06.1919 ist einem das ja so einigermaßen "verständlich", da die deutsch-österreichische Zensur pazifistische Bestrebungen aufzudecken suchte. Nach dem Friedensschluss wird es allerdings deutlich schwierger das zu verstehen. Hat jemand eine Erklärung ?

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Bernd,

    ah ja, geht gut zu lesen, kein Problem. Eine gute Zusammenfassung, die man noch ein bischen vertiefen kann. Am 12.11.1918, ein Tag nach dem Waffenstillstand erfolgt also jener der Aufruf des Rates der Volksbeauftragten an das deutsche Volk, u.a.

    Ziff. 3: Eine Zensur findet nicht statt. Die Theaterzensur wird aufgehoben.
    Ziff. 4: Meinungsäußerung in Wort und Schrift ist frei.


    Wenige Tage später präzisierte man das mit der

    Verordnung über die Post- und Telegrammüberwachung im Verkehr mit dem Ausland.

    Vom 15.11.1918.

    § 1

    Die Post- und Telegrammüberwachung im Verkehr mit dem
    Ausland wird bis auf weiteres aufrechterhalten, soweit sie im Steuerinteresse oder
    aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Auf militärische oder
    politische Angelegenheiten darf die Überwachung nicht erstreckt werden.

    § 2

    Die bisherigen Überwachungs- und Überprüfungsstellen
    bleiben zu dem im § 1 Satz 1 bezeichneten Zwecke bestehen
    und werden dem Reichsschatzamt unterstellt.


    Damit handelt es sich von Dresden aus um eine rein fiskalische Überwachung, während die Franzosen in der Pfalz noch aus anderen Gründen zensierten, nettes "cross-over". ^^

    Vielen Dank Dir + Gruß !

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo zusammen,

    weiter geht`s erneut mit einem IM-Zensurbeleg, diesmal aus der Schweiz. Es ist mir bislang nicht gelungen einen durch die Prüfstelle des II-Armeekorps in Ludwigshafen eröffenten und mit deren Zensurbanderole wieder verschlossenes Poststück zu belegen; jetzt isses passiert. Wir haben im vorliegenden Fall einen Auslandsdoppelbrief zu 40 Rappen (1. Gewichtsstufe bis 20 gr 25 Rappen, jede weitere 15 gr weitere 15 Rappen).

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar, auf den zweiten eine bayernseits vorbezahlte Antwortpostkarte aus Warschau mit K1-Gepr.-Zensurstempel der Post-Überwachungsstelle Posen ...schon ein nettes kleines Ding ...auch wenn`s wohl einen philatelistischen Hintergrund hatte.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • ...na, sowas goldig`s war doch klar, dass das ratz-fatz durch die Zensur - hier der militärischen Post-Überwachungsstelle Antwerpen während dem 1.WK - gegangen ist.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    warum schlug im nachstehend abgebildeten Fall der franz. Zensor wohl - ausgerechnet - über dem Konterfei des seit der Freistaatproklamation vom 07.11.1918 abgesetzten Ludwig III. König von Bayern ab, um damit obendrein auch noch ungünstigerweise den Nachnamen der Adressatin zu treffen ? Ein Schelm wer dabei politisch denkt.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    ist zwar nicht mein Sammelgebiet, aber den kann man nicht einfach so liegen lassen. Gebührenperionde 01.10.1919 - 06.05.1920 mit 30 Pf für den Auslands-Normalbrief bis 20 gr und weitere 30 Pf für`s Einschreiben. Hier der Devisenkontrolle unterzogen und immerhin innerhalb von 5 Tagen in Frankreich zugestellt.

    Interessant der noch aus der Gewohnheit heraus angebrachte Francovermerk und auch das, worauf man angesichts des Briefkopfs als geschäftlichen Austausch zwischen der Hofgarten-Parfümerie München und dem Empfänger - ich lese - Valsamaky, Vikélas & Co - 34 rue d`Hauteville - Paris (???) schließen kann.

    Leider ist der Adressat für mich nicht ergoogelbar. Wenn`s um Parfümartikel gegangen sein sollte, dann kommt das kurz nach dem Krieg schon ein bischen eigenartig daher...aber man stand gerade am Anfang der "Golden Twenties", jener Zeit in der man das bekanntlich alles mit Spaß und Unterhaltung zu vergessen suchte. Dazu bedurfte es natürlich auch der feinen Düfte.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • 34 rue d`Hauteville


    Hallo Pälzer,

    "Rue de Hautevolle" lese ich - passt doch zu luxeriösem Parfum, n´est pas?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    eine solche Straße findet man leider nicht in Paris, die rue d`Hauteville ist auch sehr zentral und nahe am Gare du Nord und Gare de l`Est gelegen. In der Nr.34 findet sich lt. street-view heute ein Deko-Laden. Kannst Du Dir etwas zu den Zeichen in der Klammer hinter Paris vorstellen ?

    Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... schade, hatte ich ursprünglich anders gelesen ... ;(

    X E lese ich - vlt. ein Postfach oder eine Chiffre? Leider habe ich da wenig Ahnung und das ist noch übertrieben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.