• Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    interessantes Vergleichsmaterial kommt hier zusammen - danke schön fürs zeigen. :)

    Lieber bayern klassisch,

    dein Brief aus Langenberg ist sicherlich nach Frankfurt forwarded worden.
    Das Textilunternehmen Colsmann war zu dieser Zeit recht erfolgreich und hatte in verschiedenen Städten eigene Niederlassungen bzw. Agenten sitzen.
    (NB: Der letzte Standort von Conze & Colsmann hier im Raum ist erst vor wenigen Jahren geschlossen worden - eine recht lange Erfolgsgeschichte)
    Auch stimmt die Taxierung mit meinem Brief aus 1813 (eine Seite vorher zu sehen) überein, der bis Frankfurt franco lief und danach ebenfalls porto nach Kempten. Deiner Interpretation der Taxen kann ich nur zustimmen.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für die Bestätigung durch die bergsche Koryphäe hier im Forum. :)

    Vlt. kommt bald ein weiterer Brief dazu, der sich jetzt noch in der Bucht tümmelt. ^^

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    folgenden Brief konnte ich dank freundlicher Zurückhaltung @bayern klassischs in der Bucht einfangen.

    In Hamburg am 8. September 1807 bei dem Großherzoglich Bergischen Postamt aufgegeben, lief er frei Gränze nach Nürnberg.
    Der Aufgabestempel HAMBOURG R.4. / B. G. D. 8 SEPT 1807 zeigt die eigentlich nur für Briefe nach Frankreich relevante Rayonangabe. Als Verwendungszeit gilt April 1807 bis Januar 1808.
    Grundlage für Taxierung und Leitung bildete der provisorische Vertrag zwischen Berg und Taxis vom Juli 1807.
    Demnach wurden geschlossene Briefpakete zwischen Hamburg und Nürnberg ausgetauscht, wobei ein Frankierungszwang für die Bergische Post bis Eisenach bestand.
    Demzufolge würden die rückseitigen 7 Schillinge diesem Frankoanteil entsprechen und die vorderseitigen 8 Kreuzer dem Porto für Taxis.
    Die Laufzeit für diesen Brief betrug 6 Tage.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    Glückwunsch zu dieser Seltenheit - wenn noch einer kommt, bekomme ich ihn dann. ^^

    8x für die Strecke Eisenach - Nürnberg scheint mir eine mögliche Portorate zu sein, wenngleich ich eher eine höhere Rate angedacht hätte. Da in Bayern bzw. dem erst 1806 bayerische gewordenen Nürnberg gerne mit Rötel gearbeitet wurde, glaube ich, dass man erst in Nürnberg die "8" notiert hat.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Nils,

    Eisenach hatte keine Kreuzer - daher halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass man in Nürnberg die 8 Kreuzer notierte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr beiden,

    wenn man sich an den frisch geschlossenen Vertrag hielt, konnten die 8 Kreuzer nur in Nürnberg angeschrieben werden, da zwischen Hamburg und Nürnberg ein direkter Paketschluß bestand. Eisenach war nur Übergabe- und Taxierungspunkt für die (geschlossenen) Briefbeutel.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    gibt es eine Primärunterlage, was bei der TT - Post zu veranlassen war, wenn Postpakete gewechselt wurden? Nach meinem Besuch beim lieben Achim musste ich feststellen, dass bei dieser Postverwaltung Leitungen und Öffnungen der Briefpakete häufiger als anzunehmen vorkamen, so dass ich mir in diesem konkreten Fall zwar recht sicher bin, aber eine Öffnung der Pakete und evtl. Taxierung dort auch vorstellen könnte. Dann aber durch eine andere Hand, andere Stifte und eventueller Reduktion auf dem Brief.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    Taxis-interne Unterlagen habe ich nicht.
    Im provisorischen Vertrag von 1807 (aus dem Taxis-Archiv) steht u.a. folgendes

    §2
    Die Großherzogl. Bureaus zu Hamburg, Bremen und Lübeck schließen für ihre Korrespondenz nach den Posten des Fürsten von Taxis allein nachfolgenden Bureaus Pakete, nämlich nach
    Eisenach ...
    Gießen ...
    Frankfurt ...
    Nürnberg: werden eingeschlossen alle Briefe für Oberfranken, die Länder Ansbach, Eichstädt, Regensburg, Passau, Ulm, der Teil von Schwaben bis Augsburg, Bayern und die Erbstaaten und namentlich Salzburg.
    Augsburg ...
    Die Bureaus zu Eisenach, Gießen, Frankfurt, Nürnberg und Augsburg werden nur allein an die Großherzogl. Bureaus zu Hamburg, Bremen und Lübeck Pakete machen.

    §3
    Kein anderes, geschlossenes Paket als jene oben angezeigten können wechselseitig durch die Bureaus der beiderseitigen Posten spediert und angenommen werden.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Nils,

    ich lese das so, dass keine andere Postverwaltung geschlossene Pakete über diese Ämter versenden durften.

    Lieber Michael,

    die taxische Postverwaltung war ein System, welches in dieser (und davor und danach) Zeit die Briefe der Korrespondenten en masse öffnete und die politisch interessanten Inhalte über die sog. schwarzen Kabinette kopieren ließ.

    Da ich diesbezüglich nicht auf dem neuesten Forschungsstand bin, kann ich nicht sicher sagen, wo dies alles passierte, aber Nürnberg war sicher ein Ort dieser Briefspionage und Eisenach würde ich auch nicht ausschließen. Wenn aber, wie vermutet, auch in Eisenach diesem "Geschäft" nach gegangen wurde, wäre die Unterstellung des Durchroutens geschlossener Briefpakete natürlich sehr gewagt. Oft hat TT nach außen hin Verträge geschlossen und Zusicherungen gemacht, die nur Show waren und mit dem Alltag nichts zu tun hatten. Daher sind diese alten Quellen zwar aufschlußreich in der ein oder anderen Beziehung, aber oft auch Teil einer Politik, die heute nicht in den Geschichtesbüchern steht.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nils,

    ich würde den Paragraphen noch etwas enger verstehen: Es durften auch keine anderen Taxis-Postbureaus verschlossene Briefpakete versenden.


    Lieber bayern klassisch,

    die umfassende Tätigkeit der schwarzen Kabinette ist sicherlich zu berücksichtigen und T&T wird darauf geachtet haben, dass man alles im Griff hatte - vielleicht ist auch §3 des Vertrages in diesem Licht zu sehen: Wenn man festlegte, dass nur bestimmte, festgelegte Postbureaus Briefpakete verschliessen/öffnen durften und man gleichzeitig dafür sorgte, dass in diesen Orten auch schwarze Kabinette eingerichtet waren, konnte (theoretisch) nichts ungesehen durchschlüpfen.

    Es ist vermutlich auch müßig zu spekulieren, wo im Fall der Hamburg-Nürnberger-Pakete kontrolliert wurde. Ob in Nürnberg, wo die Pakete sowieso aufgeschnürt werden mussten, oder in Eisenach, wo sie nach der Kontrolle wieder verschnürt hätten werden müssen.
    Für uns "normale Postgeschichtler" ist dies auch nicht mehr belegbar und es bleibt wohl nichts anderes, als auf Basis der Vertragstexte die Leitwege und Taxen nachzuvollziehen. Auch die Kabinetts-Mitarbeiter mussten dies berücksichtigen, um den postalischen Ablauf nicht durcheinanderzubringen.

    Spekulativ interessant wäre mal zu prüfen, ob man unterschiedliche Laufzeiten bei gleichen Leitwegen findet. Von "interessanten" oder "verdächtigen" Briefen wurden ja auch Kopien angefertigt und da mag es Verzögerungen gegeben haben, die es bei "unverdächtigen" Briefen nicht gab.
    Aber wer hat genügend Material, um dies zu leisten ...

    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Michael

    Noch ein Abgrenzung lässt sich lesen :) Und wenn ich deine dazuhörende Erklärung lese, stimme ich diese zu.

    Interessant wäre es natürlich ein grösserene Vergleichsmaterial zu sammeln. Wohl nur so kann man deine Hypothese unterstürtzen. Leider aber niemals beweisen. Aber hier ist auch eine 80 % Sicherheit mehr als man erwarten kann. Wer nicht versucht will auf jeden Fall nichts herausfinden.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo ihr Zwei,

    das ist alles richtig - aber allein bei den Briefbeförderungszeiten wird das Projekt schon scheitern, weil es diese nicht oder nur seltenst auf den Briefen dokumentiert gibt. Auch ohne Briefspionage kamen Briefe mal in 5, mal in 8 Tagen an. Die Reichspost bzw. TT hatte zwar ihre zeitlichen Vorgaben, aber daran gehalten hat man sich nur, wenn es eben ging.

    Die Akten in München (Hauptstaatsarchiv) zu den Metternichschen Kabinetten sind zahl- und umfangreich - man machte wohl jede Woche mehrere Tausend Abschriften von Briefen, um genau zu wissen, wer was dachte, schrieb oder vor hatte. Siegel zu brechen, ohne dass man ihren Wiederverschluss später erkennen konnte, war eine Sache von Geschick und gutem Handwerk. Und wer über die bekannten Drehkreuze nur seine eigenen Briefpakete zuließ, konnte sich sicher sein, dass ihm auch - von den Schmuggelbriefen abgesehen - alles in die Hände fiel. Ein perfektes, perfides System in dem das höchste Gut, das Briefgeheimnis, mit Füßen getreten wurde.

    An Material gäbe es genug - nur der Aufdeckung müssten man auch mit ihm in der Sammlung lange harren.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    aber allein bei den Briefbeförderungszeiten wird das Projekt schon scheitern, weil es diese nicht oder nur seltenst auf den Briefen dokumentiert gibt

    Hallo die Runde

    Ja, stimmt meistens. Aber Haburg hat zu dieser Zeit (1807) Stempel mit Datum. Und klar kommt nur die Briefe mit Datumstempel in Frage.

    Nachdem ich viel Zeit im Archiven gebraucht habe, und Geschichte mein Fach war (Uni), weiss ich auch dass die Quellen nicht immer (manchmal oft nicht) zu trauen sind. Macht es nicht einfacher es alles zu klären.

    Viele Grüsse
    Nils