Brief von Augsburg 1784 nach Barchfeld

  • Hallo zusammen.

    Ich bräuchte mal etwas Hilfe bezüglich folgenden Porto-Briefes.

    Der Brief lief von Augsburg nach Barchfeld(Thüringen). Datierung im Brief 12.05.1784.

    Als Anschrift lese ich:

    A Son
    Alteshe Sernishime
    Monseigneur le Landgrave Adolph
    de Heshe Philpsthal

    a
    Barchfeld
    bey Yach(?)

    Könnte mir jemand sagen, wie es mit der Taxierung aussieht?

    Ich sehe eine rote 8 (darüber eine 10?, oder nur ein Schnörkel?) und nochmals eine rote 5 mit einen weiteren roten Vermerk.
    Auch die Notiz auf der Rückseite gibt mir Rätsel auf.

    Würde mich freuen, wenn jemand einen Idee hat.

    Der Empfänger war übrigens Adolf von Hessen-Philippsthal-Barchfeld (http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_%28Hessen-Philippsthal-Barchfeld%29)

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

  • Lieber Kreuzerjäger,

    ein sehr schöner Brief - Klasse!

    Zur Adresse: Berchfeld bei Vach(a) sollte es eigentlich heißen, aber man hat damals gerne französisiert.

    Zu den Taxen: Bei der Reichspost gab es ja das Absatzfranko/porto. 8x von Augsburg bis Nürnberg halte ich für eine gangbare Gebühr. Dazu 10x bis ? - keine Ahnung. Das hat man dann in 5 Batzen "aus" (Auslage) zusammen gefasst (etwas großzügig, denn ein Batzen entsprach 4x).

    Siegelseitig lese ich 26xr, was belegt, dass man vom letzten Taxpunkt weitere 6 bzw. 8 Kr. addiert hatte, denn wenn er bis Vacha mit 5 Batzen taxiert worden war, dann brachte ihn einer für eben diesen Betrag zum Empfänger.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch.

    Vielen Dank für diese Information.

    Vacha passt hervorragend. In der Nähe ist das Philipsthal.
    Danke auch für die Taxierungshilfen.

    Der Brief hat mich jetzt 2 Tage beschäftigt. Vor allem der Inhalt.
    Ein hoch interessanter Inhalt muss ich sagen. 4 Seiten militärisches. Es tauchen auch viele Namen von Obristen ect. auf, zu denen man einiges finden kann.

    Mit dem Absender tue ich mich noch ein wenig schwer. Die Unterschrift ist Rühle von Lilienstern. Leider habe ich noch nicht herausgefunden, um welchen Rühle von Lilienstern es sich dabei handelt.

    Danke nochmals.

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Lieber Kreuzerjäger,

    zeig doch mal die Unterschrift - vlt. interpretierst du einen Buchstaben anders und wäre daher ein Finden im Internet schwierig?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Bayernkreuzer,

    ich fürchte, die Auffindung der Personalia ist schon gelöst:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Se…von_Lilienstern

    Man unterschrieb sehr devotional mit "Euer Durchlaucht ganz untertänigster Knecht Rühle von Lilienstern".

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch.

    Den hatte ich auch erst auf den Zettel. Allerdings nach Studium des Inhalts, sind mir Zweifel gekommen.

    Ausschliessen kann man es aber wohl nicht.

    Danke.

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Lieber Kreuzerjäger,

    die Herren von Stand waren damals ein recht wandelndes Volk. Wer in Afrika sein Leben aushauchte, konnte in demselben auch mal nach bayerische Schwaben (bzw. damals noch die freie Reichsstadt Augsburg) gelangt sein. Bei dieser Namenskonstellation würde ich Verwechselungen glatt ausschließen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo.

    Nun auf einem Bein kann man ja schlecht stehen.

    Hier ist noch einmal ein Brief vom gleichem Absender an den gleichen Empänger. Auch in Augsburg aufgegeben. Innen ist der Brief mit dem 28.04.1785 datiert.
    Die Taxierung gestaltet sich jedoch etwas anders. Diesmal ist siegelseitig eine 6 und 8 Kr.(andere Gewichtsstufe) notiert.
    Auf der Vorderseite erkenne ich noch eine 2 (Batzen) in Rötel. Auch erkenne ich ein frc. für franco.

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

  • Lieber Kreuzerjäger,

    hier zahlte der Absender 6x bis Nürnberg (vorn: "fco Nbg"), wodurch sich meine Angabe bei deinem vorherigen Brief offensichtlich bestätigt.

    Ab da lief er porto bis Vacha, wofür 2 Batzen taxiert wurden. Diese entsprachen 8 Kr., die der Empfänger siegelseitig notierte.

    Es ist immer hoch interessant, wenn man Briefe aus einer Korrespondenz zeigen kann, die völlig unterschieldich hinsichtlich ihrer Versendungsweise und damit der Gebühren waren.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Es ist immer hoch interessant, wenn man Briefe aus einer Korrespondenz zeigen kann, die völlig unterschieldich hinsichtlich ihrer Versendungsweise und damit der Gebühren waren.

    Hallo Kreuzerjäger

    Ich stimme bayern klassisch völlig zu :)

    Spass macht es auch ;)

    Viele Grüsse
    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo ihr zwei.

    Ja Nils, da gebe ich dir recht.

    bayern klassisch.
    Danke für deine Erklärungen.

    Mehr Briefe habe ich jetzt nicht mehr aus dieser Korrespondenz.
    Eigentlich habe ich diese Briefe nicht bewußt gekauft. Es gab ein Angebot von drei Briefen als Paket. Ich wollte natürlich den anderen und nicht diese beiden.
    Umso überraschter war ich allerdings, als ich mich mit den beiden obigen Briefen beschäftigt habe. Zumal die Kosten für je 3€ pro Brief
    wirklich überschaubar waren. ;)
    Da muss ich wirklich sagen, dass es schon mal Spaß macht, die Post von anderen zu lesen. :D

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Lieber Kreuzerjäger,

    verzehnfache den Preis, mache eine passable Beschreibung und gib die Briefe in den Altbriefkreislauf - lange werden sie da nicht bleiben. ;)

    So günstig kaufte ich auch gerne ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen.

    Da man mit gebeten hatte auch den Text zu den beiden Briefen hier einzustellen, kommen ich diesem nun nach.
    Wie ich finde, ist der Inhalt sehr interessant. Auch die darin vorkommenden Namen der Obristen, Generäle ect.
    kann man in den meisten Fällen zuordnen. Sehr viele Dinge findet man schon im Internet.

    Nun also der erste Text.

    A Son Alteshe Sernishime
    Monseigneur le Landgrave Adolph
    de Heshe Philipsthal

    a
    Barchfeld
    bey Vach


    Durchlauchtigster Fürst,
    Gnädigster Fürst, und Herr!

    Nichts angenehmeres in der Welt hätte mir überraschen können Eurer Durchlaucht an
    mich erlaßenes höchst gracieuses Schreiben vom 8ten april a.c. welches über Mewe erst gestern bey
    mir eingelaufen ist, und wodurch ich eines theils von dem höchsten Wohlergehn Eurer Durchlaucht
    so wohl als höchst Dero Durchlauchtigsten Frau Gemahlin die so lange sehnlichst gewünschte
    Nachricht erhalten habe; andren theils aber von der noch fortdaurenden höchsten Gnade von Eurer
    Durchlaucht gegen mich so gerührt, als dieser auserordentlich gnädige, und für mich unschätzbare Brief, da ich be-
    reits alle Hoffnung aufgegeben hatte bey Eurer Durchlaucht an noch in gnädigem Andenken
    zu stehen; fahren Eure Durchlaucht wenn ich gantz untertänigst bitten darf dahero fort,
    mich mit höchst dero Gnade fernerhin zu beglücken, und mir auch dieselbe von Höchst dero
    Durchlauchtigsten Fürstin, Höchstwelcher ich mich in tiefster Devotion zu Füßen legen,
    zu erwerben.
    In Preußen sind seit einiger Zeit verschiedene Veränderungen vorgefallen: Die Inspection
    des General Lieutenants v. Bülow ist geteilt worden zwischen Ihm und den Obristen v. Ro-
    senbruck , Commandeur des Regimentes v. Finckenstein ; ersterer hat die Regimenter v.
    Pasadowsky , Platen , Bork , Hohenstock und Bosniaquen behalten; die Regimenter
    v. Finkenstein, Pomeiske , Usedom und Hutenowen(?) aber; sind dem Obristen v. Rosen-
    bruck zu Theil geworden.
    Der General Rohr hat die Dimission genommen, und die Inspection ist dem General
    Eglowstein übertragen; dieser Herr ist überall als Menschfreund und von vorzüg-
    lichen Kentnißen bekandt, ich glaube, daß wir aus diesen Gründen also bey dieser Ver-
    änderung wenig verlieren werden; Rohr hat schon seit eingen Jahren um seine Dim-
    ission nachgesucht, der König hat Ihm aber allemahl gantz freundschaftlich geant-
    wortet, daß es nicht seyn könne; die eigentliche Ursache war niemand anders als der
    Gouverneur v. Anhalt , dieser konte den General Rohr, aus welchen Absichten ist mir
    unbekandt, nicht beide, chicanirte Ihm also so lange, bis Rohr es müde wurde, und
    auf seinen Abschied bestunde.
    Zur diesjährigen Revue bey Mockerau kommen blos die beiden Inspectionen v. Eglowstein
    und
    und v. Rosenbruck.
    Der Obrist v. Lengefeld hat eine Person und die Anwartschaft auf das erste vacante
    Garnison Regiment bekommen. Der Obrist v. Hager hat das Anhaltische Regiment in
    Frankenstein, der Obrist v. Koentiz das Regiment v. Moellendorf in Koenigsberg, der
    Obrist Graf Schwerin das Regiment v. Hinterfeld in Stettin, und der Obrist v. Klitzing
    das Regiment v. Rohr erhalten; das Bernburgische Regiment ist, soviel ich weis,
    noch nicht vergeben, der Obrist v. Koschenbahr hat also noch vor sich die Obristen von
    Leipziger , Below Aeaumonte , Scheelen und de Grange .
    Dieser Obrist v. Koschenbahr hat mir nebst seiner Frau Gemahlin gantz vorzüglich
    bey meinem Obristen vom Regiment gebeten, gelegentlich Eure Durchlaucht seiner
    unveränderliche Devotion, und Treue zu versichern, wie auch alle denjenigen alten
    officiers, welche noch unter Eure Durchlaucht zu dienen die Gnade gehabt ohne Ausnahme,
    ein jeder wünscht sich von diesen jene glückliche Zeiten zurück.
    Unseren jetzigen Chef kennen Eure Durchlaucht; Er hat zuverläßig keinen einzigen
    freund im Regiment, welches Er auch selbst eingesteht, denn Er ist gar keiner freund-
    schaft fähig; sein Geitz und Grobheiten sind ohne Gränzen, und nichts hat uns allen
    mehr gefreut, als das Er in seinem Raisonnement von Eure Durchlaucht vor zwey
    Jahren so gedemüthiget wurde, indem der König Ihm vor dem ganzen Regiment diese Worte
    zurief: Herr. Ich finde gar keine Spur mehr im Regiment von allen dem was der
    Printz Philipsthal mit so vieler Mühe hineingebracht hat, u.s.w. Seit dieser Zeit zieht
    Er gantz andere Sayten auf, Er sucht uns nicht mehr zu überreden, wie ehedem, daß der
    König alles Philipsthalische aus dem Regiment verbannt wißen wolle, sondern
    seit dieser Demütigung für Ihn, oder vielmehr Satisfaction für uns, haben wir öfters von
    Ihm die Worte gehört: Ich habe Seiner Durchlaucht würdlich bisher verkannt, und finde
    daß ich ein gantz unrechte Denkungsart von diesem Herrn bisher gehabt habe.
    Wir lachten aber ins Fäustgen, und freuten uns hoch über die veränderte Scene .
    Wegen denen Regiments Listen, und allen was mir Eure Durchlaucht gnädigst
    aufzufragen geruhet, werde ich sogleich nach Mewe an den Lieut: v. Moeller schreiben.
    Der

    Der Obrist Lieut. v. Srescow hat vor etlichen Monaten an den Inspecteur geschrieben
    es sey Ihm unmöglich eine revue mehr mitzumachen weder zu fuß noch weniger aber zu Pferd
    und Er bäte um weiter nichts, als um seine Dimission; es ist also zu vermuthen, daß Er diese
    revue abgehen werde, weil Ihm ohnedem der König bey der vorigen revue eine Versorgung versprochen.
    Der Lieut. v. Preen Sen: ist auch seit vielen Monaten gantz wieder verrückt, und der Chef
    hat Ihm bereits an den Inspecteur gemeldet, und gebeten, Ihm dem König zum Abschied
    vorzuschlagen, der Inspecteur so aber menschlicher denkt, antwortete: Vor der Hand könne Er
    solches noch nicht thun, sondern man solte dem Preen nur Zeit laßen, Er würde schon wieder
    zurecht kommen.
    Damals, wie das Regiment zur bloquade vor Dantzig gebraucht wurde, sind die Beur-
    laubten nicht eingezogen worden, jeder officier bekam von denen Dantzigern eine Ration in
    Geld, und das gantze Regiment freye Rast, mit dem Unterschied, daß der Wirth, wobey man lag
    selbst etwas hatte, sonst fiel es weg, indeßen hat dieser Vorgang besonders denen Gemeinen sehr
    gut gehaget, und es sind wärend der gantzen Zeit ihres dortigen Aufenthalts nicht mehr als
    zwey Mann desertirt; der Chef nebst denen zwey Grnadier Compagnien sind in der Garnison ge-
    blieben, und fast komme ich auf den Gedanken, daß damals die Briefe von Eure Durchlaucht an
    den Obristen v. Favrat und Lieut. v. Schlieben von meinem Chef sind unterschlagen worden, denn
    aus ähnlichen Beyspielen wärend meiner Anwesenheit im Regiment glaube ich berechtiget zu
    seyn, dergleichen Folgerungen zu machen, und von diesem beyden läßt sichs gar nicht denken, daß
    Sie Eure Durchlaucht eine Antwort könnten schuldig bleiben.
    Der Lieut. v. Moeller und Sandoz schreiben mir sehr öfters, und ich antworte auch fleißig, wiewohl
    gantz verstohlen, und unter einer fremden Hand und Wagen, weil der Gouverneur v. Anhalt
    seit mehr als anderthalb Jahren aufs schärfeste verboten hat, daß sich kein officier so auf Wer-
    bung steht, unterstehen soll mit dem Regiment , und das Regiment mit ihm zu correspondieren
    und damit solches gantz coupirt würde, so sollen die Regimenter sogar das tractement an dem
    die Werbung dirigierenden Major einschicken, welcher es als denn denen officiers zuschicken soll.
    Der Lieut. v. Sandoz ist dieses Jahr nach Koenigsberg commandirt worden, um das Pulver zur
    revue von dar abzuholen, im vorigen Jahr war der Lieut. v. Möller daselbst.
    Im

    Im Monat October vorigen Jahres geschahe eine Abänderung in der Werbung der-
    gestalt: daß, anstatt sonst per Regiment zwey officiers jeder mit 5 Unterofficiers im
    Reich waren, einer davon nebst vier Unterofficers gantz und gar abgegangen ist, und also
    nun mehr nur ein Officier per Regiment mit 6 Unterofficiers auf der Werbung geblieben sind;
    bey dieser Veränderung ist auch der Lieut. v. Sandoz mit 4 Unterofficiers abgegangen,
    und ich bin mit 6 Commandirten stehen geblieben; in eben diesem Monat hat auch die
    augumentation zu 20 Mann per Compagnie jetzt fertig waren, ob nur die fernern aug-
    mentation gänzlich eingestellt wird, oder ob der König noch einige Zeit abwarten will, ist
    nicht bekandt; bey den damaligen Abänderung gieng auch der Major v. Behmen zum Re-
    giment ab, und sämtliche officiers von Ost-und West-Preußen stehen seit dieser Zeit
    unter Direction des Majors v. Seemen ; alle auf Werbung stehenden officiers erhielten auch
    damals die order keinen Mann mehr unter 5 zoll anzunehmen.
    Der Lieut. v. Sandoz nahm sich aus Weissenburg am Sande , woselbst Er auf Werbung
    stunde, eine Pfarrers tochter bey seiner Abreise zum Regiment als Haushalterin mit,
    mit welcher Er, wie Er mir schreibt, recht vergnügt lebt.
    Der alte rechtschaffene Capt. Heger wird gantz invalide, seine Augen und Beine wollen
    nicht mehr die gehörigen Dienste leisten, dieser Mann schreibt niemals von Eure Durch-
    laucht, ohne daß Ihm die Augen für Rührung übergingen; klagte mir auch mehrmals
    mit diesen Worten: Er diene gewiß lange, aber nie wiße Er sich zu besinnen, so belei-
    digend behandelt worden zu seyn, wie von unsern jetzigen Chef.
    Zufolge Eure Durchlaucht mir gnädigst erteilten Erlaubniß, hätte ich zwar auch die
    freyheit meiner Geschichte mit einzurücken, weil aber dermalen der Raum zu klein ist, so
    muß ich solche auf den folgenden Brief verschieben, mit der kurtzen Nachricht, daß es mir
    wohl gehe, und daß ich im Monat November 1782 daheim den Lieut v. Moeller abgelöset habe.
    Von jemaliger Erstattung eines Theils aller Gnade, so ich von Eure Durchlaucht genoßen, nur zu reden,
    würde zwar schon thörigste Verwegenheit seyn, dem höchstderenselben bin ich mein ganzes Glück
    schuldig, aber dies einzige erlauben mir Eure Durchlaucht, daß es mir wehe thut, daß ich die
    letzen großmutigen Posten noch nicht erstatten können.
    Schließlich ersterbe(?) in tiefster Devotion.

    Eure Durchlaucht
    gantz unterthänigster Knecht
    Rühle von Lilienstern

    Augsburg den 12ten May 1784.


    Dies waren vier eng beschriebene, aber recht gut lesbare Seiten.

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Nun noch der Text zu dem zweiten Brief.
    Diesmal nicht ganz so viel Text.


    A Son Alteshe Serenisfine
    Monseigneur le Landgrave
    Adolph de Heshe-Philipsthal

    a
    Barthfeld
    bey Vach


    Durchlauchtigster Fürst,
    Gnädigster Fürst und Herr!


    Eure Durchlaucht höchst gracieuse Zuschrift vom 8 ten haben
    richtig zu erhalten die Gnade gehabt; für die darinnen an
    mich erlaßenen gnädigsten Gesinnungen und Theilnahme
    an meinem Schicksal aber, bin ich nicht im Stande mein
    dankbares Gefühl genug zu beschreiben; und eben so
    unschätzbar war mir das gnädige Andenken Höchstdero
    Durchlauchtigsten Frau Gemahlin , meiner gnädigsten
    Fürstin, Höchstwelcher ich mich untertänigst zu Füßen
    lege, und zur ferneren höchsten Gnade gantz untertä-
    nigst empfele.
    Daß Brüning das Zitzewitzische , Romberg das Schottische,
    Raumer das Schwerinische, Wolframsdorf das Kellerische,
    Lengefeld das Saldernsche, Schwerin das Lengefeldische,
    und Keller das Haacksche Regiment bekommen haben,
    wird Euer Durchlaucht vermutlich bereits bekannt seyn,
    und nun hat der Obrist Fayrat noch drey vor sich, nemlich
    Beville , Prindy Hohenlohe und Arnauld .
    Von dem Mayor Prindy Hohenlohe vom Regiment Schlieben
    habe ich einem Sohn, der den Namen Gersten führt, und ein
    schöner Junge von 16 Jahren ist, engagirt; solcher steht bei
    der Compagnie v. Manteufel , der Printz correspondirt mit Ihm,
    hat Ihm auf 2 Reichsthaler monatlich Zulagen zwar versprochen, allein
    die schlimmen finanz Umstände dieses Herrn sind schuld, daß es blos
    beym versprechen bleibt.
    Zwey Briefe desgleichen die kupferstiche bin ich so frey gantz
    untertänigst auszuschliessen, mich zur fernern höchsten Gnade
    gantz untertänigst zu empfelen, und in tiefster Devotion zu
    ersterben.

    Eure Durchlaucht
    Augsburg den 28 april 1785 gantz untertänigster Knecht
    Rühle von Lilienstern


    So, das waren beide Texte.

    Viele Grüße
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Lieber Kreuzerjäger,

    sehr informative Inhalte zum Leben und Wirken in der preußischen Armee gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Von den dimissionirten abgesehen standen sie wohl alle gegen Napoleon im Felde.

    Danke für die hervorragende Transkription - so machen Inhalte Spaß. :P

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.