• Lieber Andreas,

    vielen Dank!

    Der Untersuchungsarrestant Oberkanonier Georg Böckler ist am künftigem Montag den 15ten l(aufenden) M(ona)ts Vormittags 10 Uhr durch den Regiments - Profossen in der k. Bezirksgericht München links der Isar, Bureau Nr. 4/I behufs Verhandlung einer Streitgerichtssache vorzuführen und nach dem ............. wieder in Untersuchungsarrest zurückzuführen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    frühe Expressbriefe, also noch mit Quadratmarken, sind nicht häufig. Heute kann ich einen vorstellen aus einer Korrespondenz, die mir schon einen mit einer 4I zugetragen hat - jetzt mit einer blauen, was das Sammlerherz sehr erfreut, denn das wird sicher eine Bombenseite werden! Aber der Reihe nach.

    Aufgegeben in Regensburg am 18.3.1853 lautete seine Anschrift wie folgt: Seiner Wohlgeboren Herrn Simon Mögginger, k. bay. Landgerichts Assessor u. Gutsbesitzer in Brun bei Fischbach, k. Ldg. Nittenau -
    Marke durch eigenen Boten frei".

    Von Regensburg nach Nittenau (Brunn gehörte zur Postexpedition Nittenau) waren es weniger als 12 Meilen, der Brief wog unter 1 Loth, daher waren 3 Kr. korrekt.

    Ein Expressbrief musste nicht eingeschrieben sein, wie manche meinen, das war erst später Vorschrift. Jedoch war jeder Expressbrief mit einem Rückschein (einer Retour - Recepisse) zu versehen, auf der der Empfänger den Erhalt des Expressbriefes zu bescheinigen hatte. Dieser lag auch die Expressgebühr bei, da der dortige Bote von Nittenau im voraus bezahlt sein wollte. Diesen Betrag kannte der Absender offenbar, weil man sich öfters schrieb. Der Rückschein ist natürlich heute nicht mehr vorhanden, aber die beiden Siegelteile, mit denen der Bindfaden, der ihn einst umschlungen hatte, sind heute noch bei geöffnetem Brief gut zu erkennen (wie auch aus dem Attest vom Stegmüller Franz hervor geht).

  • Liebe Freunde,

    auch wenn Dienstexpressbriefe recommandirt versendet werden sollten, glaube ich nicht, dass die meisten diesen Postsonderdienst genossen haben.

    Hier einen aus Mellrichstadt vom dortigen Bezirksamt, der an den funktionierenden Gemeindevorsteher Küchler in Filke gerichtet war. Die Absenderbehörde notierte R.S. dringend. Am 15.11.1866 abgeschickt, kam er am selben Tag im nahe gelegenen Fladungen (15 km) an. Filke lag ca. 6 km östlich von Fladungen, daher dürfte ein Expressbote dorthin gelaufen sein, was kostenpflichtig war.

    Liest man den Inhalt, wird einem klar, warum man per Express verschickte: Die Blattern hatten Einzug in Filke gehalten und es waren mehrere Häuser dort betroffen. Man bekam zu Ohren, dass es einen Horrortourismus nach dahin gab, indem Leute zu diesen Häusern aufbrachen, um zu sehen, wie Menschen mit dieser Krankheit aussahen.

    Es war also massiv wichtig, dort durch den Herrn Gemeindevorsteher Schilder vor diesen Häusern anbringen zu lassen, die das Betreten strickt verboten.

    Ob der Krieg von 1866 etwas mit dieser Krankheit dort zu tun haben könnte, wage ich nicht schreiben, aber völlig auszuschließen ist es nicht, nachdem mir Kenner der Szene schilderten, dass es wohl mehr Tote durch Krankheiten 1866 gegeben haben soll, als Tote auf dem Felde der Ehre. Gerne lese ich Meinungen dazu.

  • Lieber Franz,

    vielen Dank für deinen netten Kommentar - wo sonst bekommt man solche Briefe zum Preis einer dünn belegten Pizza mit dieser "Sophy"? Unser Sammelgebiet ist einzigartig. :love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    Tolle Story! Sollte es Dir noch gelingen, tatsächlich einen Zusammenhang zu den kriegerischen Auseinandersetzungen herzustellen, was ich mir gut vorstellen kann, dann wäre er sophymäßig natürlich noch bombiger.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    untalentiert, wie ich beim Finden dieser Zusammenhänge bin, habe ich nur heraus gefunden, dass der 66er Krieg dort einige Spuren hinterlassen hat - leider ist von Blattern (Pocken) nicht die Rede. Ich will hier auch nichts konstruieren, oder krampfhaft hinein interpretieren, aber ich dachte halt an den Krieg mit seinen schrecklichen Auswirkungen und von daher würde ich es nicht ausschließen wollen.

    Vlt. kann mikrokern hier weiter helfen, der 66er Experte ist.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo kreuzer,

    ja, sehr interessant - eigentlich sollten die beiden Expressbriefe vereinigt werden. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ob der Krieg von 1866 etwas mit dieser Krankheit dort zu tun haben könnte, wage ich nicht schreiben, aber völlig auszuschließen ist es nicht, nachdem mir Kenner der Szene schilderten, dass es wohl mehr Tote durch Krankheiten 1866 gegeben haben soll, als Tote auf dem Felde der Ehre. Gerne lese ich Meinungen dazu.

    Lieber Ralph,
    meiner Meinung nach dürfte es leider sehr schwer werden, Deinen Brief in die Nähe des 66er Krieges bzw. seine direkten Folgen zu rücken. Dieser war im November seit Monaten vorbei, selbst eine von durchziehenden Soldaten oder preußischen Besatzern eingeschleppte Pockeninfektion wäre - bei einer Inkubationszeit von ca. zwei Wochen - längst zur Epidemie geworden, sodass ein derartiger Briefinhalt im November nicht dazu passen würde.
    Hier ist ein guter Artikel zu Pockenepidemien im 19. Jhdt, zu finden: http://www.zeit.de/1996/46/Das_gr…inter_der_Front
    Zitat (Seite 4) "...Nach 1840 klangen sie in Deutschland wieder etwas ab aber um die Jahrhundertmitte gab es immer wieder vereinzelte Pockenfälle, die sich auch zu Epidemien verdichteten. Sie begannen sich dann ab 1866 zu häufen. Im Königreich Bayern zählte man schon im Jahr vor dem deutsch-deutschen Bruderkrieg, also 1865/66, 577 Fälle, im Jahr darauf (1866/67) mehr als doppelt so viele, 1210. Und danach waren die Pocken erneut auf dem Vormarsch."
    Ich denke, die Dir bekannte Aussage der höheren Anzahl an Todesfällen durch Krankheit als durch Gefechtseinwirkung bezieht sich auf die Cholera, die gerade von mit Preußen verbündeten Truppen (Hamburg, Oldenburg) im Juli und August eingeschleppt wurde (K. Müller: 1866 - Bismarcks deutscher Bruderkrieg, S. 250/51), und der sehr viele Soldaten wie auch Zivilisten zum Opfer fielen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    ich danke dir für die schonungslose Aufklärung - ich hatte es mir fast schon gedacht und behalte einen Brief mit expresser Versendung in ein kleines Dörfchen, ohne 1866er Bezug.

    Danke für den Link - hoch interessant für mich und hätte ich auch so nicht gedacht. Man wird umdenken müssen, wenn man die Märchen von den bösen Kriegen und harmlosen Krankheiten dieses Jahrhunderts hört.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Es war also massiv wichtig, dort durch den Herrn Gemeindevorsteher Schilder vor diesen Häusern anbringen zu lassen, die das Betreten strickt verboten.

    Ob der Krieg von 1866 etwas mit dieser Krankheit dort zu tun haben könnte, wage ich nicht schreiben

    Lieber bayern klassisch,

    zum ersten Absatz dies und auch gleich zum zweiten eine "Brücke" (bekanntlich wütete eine andere Epedemie, die Cholera und evtl. hat man an diese früher VO auch vor dem 1866er-Krieg erinnert, was ich leider jetzt nicht recherchieren kann):

    Wenn im Bezirke Blatternerkrankungen vorkommen, sind unverzüglich die geeigneten Anordnungen zu treffen, daß der Weiterverbreitung der Blattern durch außerordentliche Impfungen (§ 15 der Allerhöchsten Verordnung vom 4. März 1864 Kr.-A.-Bl. p.415) durch Isolierung der kranken und Anheftung einer Warnungstafel vor der Wohnung der Kranken durch Desinfektion der Räumlichkeiten und der Utensilien der Kranken möglichst vorgebeugt werden.

    Aus Allerh. Verord. Vom 13. Juli 1862, K.-A.-Bl. 1862 pag.1445

    Wurde im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Krieg 1870 „Vorsorgliche Maßnahmen für den bevorstehenden Ausbruch des Krieges, hier Fürsorge gegen ansteckende Krankheiten betr.“im K.-A.-Blatt von Unterfranken und Aschaffenburg veröffentlicht!

    Was mich allerdings wundert und leider habe ich keine Zeit die Zeitungen durchzulesen, auf das Suchwort Blattern gibt es wenige Treffer zum November 1866, das war wohl damals normal, dass es Blattern-Erkrankungen gab. Es wurde aber bereits geimpft, wobei allerdings auch damals heftig über Sinn und Risiko disutiert wurde.

    Das verwundert nicht, wenn man liest

    Die Blattern, diese Pest früherer Jahrhunderte, sind keine gefährliche Krankheit mehr.
    Unsere Bevölkerung ist von dem großen Nutzen der gesetzlichen Schutzpockenimpfung
    vollkommen überzeugt. Die Jmpftage sind Festtage für unsere Frauen, und von
    Zwangsmitteln ist keine Rede. Trotz zweier Blatternepidemien starben in vier
    Jahren im Landgerichte Würzburg nur 8 Personen und zwar ungeimpfte Kinder. Das
    sollte doch die größten Widersacher des Impfzwangs bekehren.

    Bavaria – Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern - München 1866

    Hier auf die Schnelle die Funde zum Thema Blattern:

    1865/66 In diesem Jahre gewannen die Blattern eine viel größere Verbreitung als in den vorhergehenden Jahren und blieb fast kein Verwaltungsdistrikt ganz verschont. ...In Unterfranken waren sie nur vereinzelt.

    1866/67 In diesem Jahre nahmen die Blattern die ärztliche Thätigkeit noch mehr in Anspruch als im vorhergegangen.
    Nicht weniger als 1.210 Personen sind dieser Krankheit zum Opfer gefallen, die höchst bisher in Bayern beobachtete Zahl, seidem die Impfung gesetzlich eingeführt ist. ...

    In Unterfranken überzog die Blattern-Epidemie allmählig den ganzen Regierungsbezirk. Erkrankte gesamt 1.394 – verstorben gesamt 143. (Veröffentlichung des Kgl. Bayerischen Statistischen Bureau –1872

    Beste Grüße von Luitpold

    Mal erlaubt eine Frage außerhalb des Themas: ich bräuchte die Verordnungsblätter von der bayerischen Post von 1901 bezüglich der Postverordung zur Ostasiatischen Expedition (sprachgebräuchlich Boxeraufstand). Suche die VO zum Ende des Feldpostdienstes. Die Daten habe ich soweit, aber halt nicht den Originaltext.

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    ganz herzlichen Dank für diese wertvollen Informationen - hier lernt man immer wieder etwas dazu und wie gerne wäre ich so ein begnadeter Googler wie du es bist.

    Zu deiner Frage unten - leider wäre ich da der falsche Adressat.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Luitpold,

    ist es diese VO ?


    Beste Grüße von VorphilaBayern

    Huch, ging das schnell und ja, das ist die VO. Ganz lieben, herzlichen Dank. :thumbup:

    Jetzt muss ich nur noch herausfinden, warum auf dieser Ansichtskarte der Vermerk "Feldpost" radiert und mit 10 Pf. frankiert wurde (abgesendet in Wü 21. Dez. 1900 an einen Stabsarzt in "Cina" :!: nur mit hschr. Vermerk 22. II.01. Und da galt doch noch die "Feldpostverordnung"?

    Beste Grüße von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Hatte Syburg eine Poststelle, oder war in diesem Fall der EIlboten vom Empfänger zu bezahlen?
    Und wer war den der Empfänger genau?

  • Hallo Ulrich,

    Syburg hatte damals keine Post.

    Die Anschrift lautet: An die Freyherrlich von Geyersche Rentenverwaltung in Syburg.

    Schöner Brief!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • oder war in diesem Fall der EIlboten vom Empfänger zu bezahlen?

    Vielen Dank Bayern Klassisch,

    leider fehlt mir immer noch so ein bisschen das Verständnis für die Sache mit der Bezahlung der Gebühren!
    Briefgebühren sind klar - portofrei, in diesem Falle inklusive Reco.
    Aber warum gibt es keinerlei Vermerke über die zu bezahlende Eilbotengebühr, wenn kein eigenes Postamt am ort war?

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig