• Hallo zusammen,

    wieder einmal ist es möglich eine postalische Sonderbehandlung in Reinkultur vorstellen zu dürfen. Hier ist einiges bemerkenswert verlaufen. Zunächst hielt die us-amerikanische Post den in Philadelphia mit 5 cents aufgegebenen Auslands-Normalbrief nach Bayern offenbar wegen einer nicht bezahlten 2. Gewichtsstufe für unterfrankiert. Dass er zweimal durch die Stempelmaschine gerollt ist wird wohl nicht der Grund gewesen sein. Wie auch immer, man vermerkte vorderseitig einen Fehlbetrag von 5 cents in der UPU-Währung 15 Centimes mit Taxstempel und Blaustift.

    Doch diese Rechnung hat die Abgabepost so nicht einfach mit sich machen lassen. Der Zweigstelle des Landauer Hauptpostamtes war wohl aufgefallen, dass der Brief gar nicht so schwer daherkommt und wog nach. Das Ergebnis finden wir in Rötel rückseitig: Brief hat nur 13 gr - Unterzeichner und fällt damit in die vom Absender voll bezahlte 1. Gewichtsstufe, welche dann der Vollständigkeit halber nochmals vorderseitig oben links unterstrichen vermerkt wurde.

    Insofern erlaubte sich die Portokontrollstelle nach Abschlag des dazugehörigen Portokontrollstempels ohne Nachportogebühr zustellen zu lassen. Was einem allerdings noch wie ein Rätsel vorkommt ist der in schwarzer Tinte oben links mehr als ein Jahr später angebrachte Vermerk Porto zurückvergütet 24.10.1907. Mit gleicher Tinte wurden dann auch noch der in Blau angeschriebene Fehlbetrag von 15 Centimens annulliert. Wer aber war das ein Jahr später nach Zustellung, hat jemand eine schlüssige Erklärung ?

    + Gruß

    vom Pälzert

  • Hallo Pälzer,

    tolles Stück - Glückwunsch zu dieser Seltenheit.

    Lange in der Kreuzerzeit und wohl auch noch in der Pfennigzeit konnte man Kuverts, auf denen Portoprobleme/Frankoprobleme der Postverwaltungen sichtbar waren, zurück geben.

    Diese Reklamationsgegenstände, i. d. R. Frankodefekte genannt, wurden dann gesammelt und die offensichtlich falsch tarifierende Aufgabepost erhielt hierüber Kenntnis zur Zurückrechnung der Nachporti.

    Im internationalen Wechselverkehr konnte das ein Jahr dauern, oder auch mehrere, bis alles geklärt und zurück gerechnet war. Nur sieht man kaum einmal einen solchen Frankodefekt und auch die Briefe/Belege, die einem solchen zugrunde lagen, sind alles andere als Massenware.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    vom Post-Verrechnungsprocedere her kann ich das zwar nachvollziehen, aber was hat den Empfänger dazu veranlasst, den Briefumschlag wieder zurückzugeben ? Er hat ja kein Nachporto entrichten müssen, in diesem Fall wären es nach der von der us-amerikanischen Post (falsch) festgestellten 2. Gewichtsstufe 2 x 15 Centimes = 30 Centimes = 20 Pfennig Nachportogebühr gewesen. Aber davor hat ihn ja Portokontrollstelle ja offensichtlich geschützt. Oder musste er das irgendwie im Hintergrund doch und hat den Reklamationsgegenstand und die 20 Pfennig erst nach Abschluss des Frankodefektverfahrens wieder zurück bekommen ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    um es einfach zu machen:

    US - Post will Geld von Deutscher Reichspost. Dt. Reichspost will Geld von Bayern. Bayern stellt fest, dass es kein Geld gibt, weil Fehler gemacht wurden und weigert sich, die Amtsrechnung aus den USA via Dt. Reich so zu akzeptieren.

    Um belegen zu können, worum es ging, brauchte man also das Kuvert des Empfängers als "corpus delicti" für die Unterlagen, also hat die bayer. Post das Kuvert vom Absender eingezogen, nachdem dieser seinen Briefinhalt entnommen hatte.

    Dann wurde zurück gerechnet, also Bayern reduzierte seine "Schulden" beim Reich, das Reich nach Anerkenntnis bei den USA und die USA hatten ihre Forderung abzustreichen als uneinbringlich, weil prinzipiell immer das Ergebnis als richtig galt bei einem Problemfall, was zuletzt festgestellt worden war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    also ist das dann sozusagen eine "fiktive Auslage" gewesen, die solange wie der Fall nicht mit dem DR und den USA geklärt war halt unvergütet im Raum gestanden hat.

    Alles klar + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Sammlerfreunde,

    auf den ersten Blick kommt der nachstehende Doppelbrief nicht sonderlich auffällig daher, auf den zweiten wird es dann aber schon interessant. Wir hatten an anderer Stelle u.a. gerade das Thema "Schiffspost" diskutiert was vorliegend allerdings erst bei genauerer Betrachtung der beiden leider nicht so gut leserlichern Killer-Abschläge deutlich wird: Es handelt sich um den U.S. GERMAN SEA P.O. (Killer No. 7), der auf der Fahrt von den USA nach Deutschland verwendet wurde.

    Auf der Fahrt von Deutschland nach den USA waren im Gegenzug deutsche Stempel wie bspw. DEUTSCH-AMERIKANISCHE SEEPOST HAMBURG - NEW YORK im Einsatz. Bei der Seepost ist an Bord eines Schiffes ein von einem Postbeamten geleitetes Postamt eingerichtet, in dem die Post unterwegs bearbeitet, sortiert und so am Bestimmungshafen übergeben wird. Die Post wird von einem Schiffsoffizier, in der Regel ist es der Zahlmeister, organisiert.

    An Bord führt er den Markenverkauf und die Bearbeitung der von Passagieren und Besatzungsmitgliedern auf hoher See eingelieferten Poststücke durch. Seine Aufgabe bestand aber auch aus der Übernahme, Verwahrung und Weitergabe der in geschlossenen Beuteln seinem Schiff übergebenen Briefpost und Paketsendungen. Letzteres war vorliegend offensichtlich der Fall.

    Bei dem Transportmittel handelte es sich ausweislich des handschriftlichen Vermerks der vom Absender American Express Co. / New York gewünschte St.(eamer) Augusta Victoria. Die 1888 fertiggestellte, nach der deutschen Kaiserin benannnte SS Augusta Victoria war ein Schnelldampfer im Dienst der HAPAG LLOYD, von 1888 bis 1889 das größte deutsche Schiff und das erste mit dem HAPAG-Generaldirektor Albert Ballin ( 1857 - 1918 ) Kreuzfahrten durchführen ließ.

    Seine Höchstgeschwindigleit betrug 19 kn (~35 km/h) so dass man mit den Schnelldampfern der britischen Reedereien konkurrieren konnte. Im Winter 1896/1897 wurde das Schiff von 144,80 m auf 163,10 m verlängert. Im Jahre 1904 wurde es von der russische Marine erworben und im Konflikt mit Japan als bewaffneten Hilfskreuzer und Handelsstörer eingesetzt. 1907 wurde es zum Abbruch verkauft und in Stettin zerlegt.


    + Gruß

    vom Pälzer


    verwendete Quellen:
    http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.…516&da=1&full=1
    https://de.wikipedia.org/wiki/Augusta_Victoria
    http://www.tpo-seapost.org.uk/tpo2/downloads…any_america.pdf
    http://www.seemotive.de/html/dstempel.htm
    https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Ballin

  • Hallo Pälzer,

    schöne Story und sehr gute Optik - alles richtig gemacht.

    Ich finde die Eindrucke oben links bei den amerikanischen Briefen immer sehr interessant - hier wollte man der Post vorschreiben, dass sie nach 5 Tagen (der versuchten, aber nicht erfolgreichen Zustellung) den Brief wieder an den Absender zu retournieren hatte.

    Abgesehen davon, dass in Bayern / der Pfalz damals kaum einer englisch verstand, hat die Post das damals eh nicht interessiert. Konnte nicht zugestellt werden, die Gründe sind ja bekannt vielschichtig, wurde die Post möglichst schnell zurück geschickt, sonst wären die Poststellen bald übergelaufen.

    Andere Briefe aus den Staaten reden von 3 Tagen, manche von einer Woche, frühe auch von 2 Wochen - bisher kenne ich diese Eindrucke nur von den USA und interessant sind sie allemal.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...stelle ich mir gerade bildlich vor:

    Abgesehen davon, dass in Bayern / der Pfalz damals kaum einer englisch verstand


    ...Briefträger Klaus zu Postmeister Kraus:

    Ei heär Scheff, was häääßt dann des do: Affdäh feive dais reddörn drescher-offiss amerigänn exbress unn Co ? ;(

    + Gruß

    vom Pälzer ^^

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • :D:D:D - was nicht Französisch oder Deutsch war, wurde geflissentlich ignoriert (nur die Telegraphenbeamten sollten schon ein wenig mehr Fremdsprachen beherrschen).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...genau, und so ergab sich dann auch die Antwort vom Postmeister Kraus an Briefträger Klaus:

    Nix, was Disch inneressiere müsst !

    + Gruß

    vom Pälzer :D

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    der folgende Brief hat leider keinen Inhalt, aber das soll mich nicht abhalten, ihn zu beschreiben.

    In Strausstown Pa (Pennsylvania) geschrieben, war er gerichtet war er an "Herrn Abraham Jonson Bürgermeister in Dirmstein Kanton Grünstadt Rheinkreis Bayern Deutschland" und versehen mit dem Vermerk "Paquetboot Newyork über Havre de Grace". Hier ein Link zu dieser Großstadt, die 2010 satte 342 Einwohner hatte!

    https://en.wikipedia.org/wiki/Strausstown,_Pennsylvania

    Man wünschte also die Versendung mit einer französischen Linie, was für die Pfalzbriefe aus den Staaten damals, wir reden hier vom 20. März 1846, üblich war. Oben rechts stehen die bezahlten 12 1/2 Cents (endlich habe ich mal einen Brief mit Bruch - Cents nach Bayern, es hat ja nur 25 Jahre gedauert!) und "Paid", weil bis zum Ausschiffungshafen in Frankreich frankiert wurde.

    Nach "Understanding Transatlantic Mail Vol. 1" von "Dick" Winter fiel er damit in die Periode 20.1.1846 bis 2.7.1848. Leider passt kein Schiff bzw. keine Linie, die mir bekannt ist, zu diesen Daten, denn er kam ausweislich des roten Stempels "OUTRE MER LE HAVRE" dort am 26.4.1846 an.

    Siegelseitig könnte es sich um einen schwachen Abschlag des blauen Paris - Stempels handeln, aber das ist unsicher. Die Schwarze Notierung kann ich aber aus Farbe, Form und Duktus eindeutig Homburg zuordnen. 1 f 6 = 1 Gulden 6 Kreuzer hatte man Frankreich gut geschrieben und 18 Kr. wollte man für Bayern von Forbach nach Grünstadt kassieren, zusammen also 1 Gulden 24 Kr..

    Wie man auf 18 Kr. kommt, ist mir schleierhaft, denn von Forbach bis Grünstadt waren es 100 km, also über 12 bis 18 Meilen, so dass ein einfacher Brief bis 8,75g für Bayern 6 Kr. gekostet hätte. Bis 1 Loth 9 Kr., bis 1,5 Loth 12 Kr., bis 2 Loth 15 Kr. und über 2 bis 1 1/2 Loth 18 Kr.. Aber wog der so viel?

    1 Gulden 6 Kr. für Frankreich entsprachen aber aus Le Havre, dem 4. Rayon, 22 Kr. je 7,5g - hier also über 15 bis 22,5g 66 Kr. = 1 Gulden 6 Kr.. In Anbetracht des Portos für die Pfalz lägen wir dann aber im Bereich von bis 1 Loth bzw. bis 1 1/2 Loth, also bei 9 Kr. oder 12 Kr.. Evtl. hat man hier pauschal 3 Kr. Transit für Preußen gerechnet pro halbes Loth, weil er ja von Forbach über Saarbrücken (Preußen) ins pfälzische Homburg lief. Dann wäre bei über 1 bis 1 1/2 Loth tatsächlich ein 18 Kr. Porto dabei heraus gekommen, aber das ist vorerst noch Spekulation (aber ich bin dran).

    Hochinteressant ist die Siegelseite mit 1 f 24 und 4 gleich 1 f 28 Kr., wodurch belegt wird, dass der Kantonsbote hier 4 Kr. für seinen Gang von Grünstadt nach Dirmstein bekommen hatte. Üblich waren 2 Kr., ohne Verdoppelung weges des Gewichts, aber wer weiß, wie man das dort ausgehandelt hatte ...

  • Hallo bk,

    in letzter Zeit trudelt im Forum irgendwie gehäuft Material ein, das mehr oder weniger viel Fragen und Forschungsbedarf hinterläßt. Auch bei noch so fleißigem googeln stößt man irgendwann an die Grenzen des (gegenwärtig) machbaren. Für jemand, der seinen Beleg beschreiben möchte natürlich eine unbefriedigende Situation, wenn man trotz Unterstützung nicht so richtig weiter kommt.

    Andererseits wäre es ohne neue Herausforderungen langweilig und man würde nichts mehr dazulernen. Was ich konkret zu der von Dir gezeigten Pfalzrosine ( :P ) ermitteln konnte ist auch nichts "direktes", aber auch nicht nichts. Zunächst meine ich auf der Rückseite auch einen blauen Rundstempel von Paris vorzufinden. In der nachstehenden Quelle findet man einen solchen exemplarisch auf den Seiten 25 und 26:

    http://siegelauctions.com/ph/pdf/059.pdf

    Ferner wird man bzgl. der Ermittlung der Schiffsverbindung sehr wahrscheinlich nicht umhin kommen, sich irgendwann einmal mit den Werk von Pierre Derolin, Les Paquebots du Havre à New York ( 1814 - 1848 ) beschäftigen zu müssen. Der Inhalt ist mir allerdings noch nicht ganz klar und ich kann nicht sagen, ob sich eine Anschaffung für unsereiner lohnt. Vielleicht weiss jemand mehr ?

    http://www.persee.fr/doc/ephe_0000-0001_1977_num_1_1_6496

    Bezüglich der Taxierung wirst Du es wie immer in Bälde knacken, da bin ich mir sicher. ^^

    Deutlich einfacher hatte ich es da mit dem nachstehenden pcm-Beleg von Saint Louis nach Dürkheim in der Pfalz vom März 1859. Arg gelitten aussehen tut er ja schon, aber es ist dennoch "alles dran was man so braucht". Was mich aber am meisten freut ist dieser entzückende, ellipsenförmige PAID 30, welcher die Barfreimachung durch den Absender Herrn Wilhelm Schuster belegt. Seine Zeilen an die Mutter in Dürkheim wie folgt:

    St. Louis den 1. Januar 1859

    Liebe Mutter !

    Seit drei Jahren habe ich nicht mehr an Dich geschrieben,

    warum wird Dir der Onkel Moritz die Tage schreiben.

    Ich habe erfahren, daß der Vater gestorben ist und heute drei Jahre ist, daß er begraben wurde.

    Ich habe damals noch immer bei Engel und Wolf gearbeitet, allein ich bin von dort nach dem Westen, zuerst
    nach Cleveland Cincinatti und von da nach St. Louis.

    Von St. Louis bin ich wieder nach Milwaukee und von dort bin ich rekommandirt worden nach Boonville
    in Missouri, woselbst ich wirklich noch bin und (es) mir sehr gut geht.
    Ich habe 500 Thaler = 1250 Fl pro Jahr es ist 200 Meilen von St. Louis.

    Ich hatte hier Hopfen und Gerste und sonst noch aller Hand Geschichten für meinen Herrn gekauft und
    will heute wieder retour, gerne würde ich mehr schreiben, allein es ist mir
    heute unmöglich weil ich heute Nachmittag wieder mit der Eisenbahn fort muss.

    Ich will auch mein Schreiben schließen für dießmal, allein mit nächstem will ich ausführlich
    schreiben. Nun setzen wir uns eben zum Mittagessen bei Onkel Moritz mit Onkel
    Louis, Georg, Onkel Moritz die Tante und ich.

    Wenn Ihr an mich schreibt
    adressiert den Brief an Onkel Moritz.
    Ich grüße Dich und alle meine Geschwister und Verwandten vielmals.

    Wilhelm Schuster

    Wenn man das Schreiben von seinen wesentlichen Inhalten her analytisch betrachtet, dann sollte man m.E. fünf z.T. sehr interessante Aspekte hervorheben:

    • Der Absender erwähnt als ehem. Arbeitgeber die Firma Engel & Wolf, eine Bierbrauerei in Fountain Green / Pennsylvania (heute Teil des Fairmont Parks in Philadelphia) > https://www.wdl.org/en/item/9490/
    • Bei dem neuen, leider nicht genannten Arbeitgeber, für den er in Boonville / Missouri Hopfen und Gerste besorgte könnte es sich um die dort im Jahre 1852 vom deutsch-Einwanderer Georg Schneider gegründete Bavarian Brewery handeln, die 1858 unter dem Namen Hammer und Urban umfirmierte. Nach finanziellen Schwierigkeiten wurde sie von dem Kerzenhersteller und Seifensieder Eberhard Anhäuser ( 1806-1880 ) übernommen. 1865 fusionierte die E. Anheuser & Company mit der John B. Busch Brewing Company. Das von Adolphus Busch ( 1839-1913 ) unter dem Namen Budweiser gebraute Leichtbier wurde später das meistverkaufte der Welt.
    • Als Jahresgehalt benennt der Absender die Summe von 1.250 Gulden = 75.000 Kreuzer. Dafür konnte man sich in seiner Herkunftsheimat Bayern ein schon besseres Haus bauen. Arbeiter, die ein solches bauten, verdienten jährlich zwischen 200 und 300 Gulden, Hilfsarbeiter kamen nur auf 50.
    • Interessant auch die offensichtlich werdende Stadt-Umland-Beziehung (Verbraucherzentrum - landwirtschaft. Urproduktionsraum) zwischen Saint Louis und dem im 150 Meilen weiter westlich am Missouri liegenden Boonville / Cooper County, einem später im Bürgerkrieg stategisch wichtigen Standort an der Missouri Pacific Railroad, welche nach Kansas City führt. Der Absender benutzte diese Strecke offensichtlich regelmäßig.
    • Bei dem c/o Adressat, der Dürkheimer Gutsbesitzer Eduard Eppelsheimer ( 1808 - 1866 ) handelt es sich um einen Mitglied des Frankfurter Vorparlaments sowie um einen Mitstreiter des Pfälzischen Aufstandes, welcher nach dem Scheitern der Revolution 1848/49 unter Hochverratsverdacht am bayerischen König angeklagt worden war > http://www.freinsheim.de/upload/amtsbla…20KW%201908.pdf

    Bezüglich des Schiffstransportes wird es die SS Fulton der New York & Havre Steam Navigation Company gewesen sein, die am 02.04.1859 nach Southampton auslief und dort am 15.04.1859 eintraf. Der kleine Faltbrief durchlief dann am 16.04.1859 das Austauschpostamt Aachen und wurde drei Tage später in Dürkeim zugestellt.

    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quellen:
    http://www.oldbreweries.com/breweries-by-s…rewery-mo-165a/
    https://de.wikipedia.org/wiki/Adolphus_Busch
    https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Anheuser
    http://images.google.de/imgres?imgurl=…ih=892&biw=1068

  • Hallo Pälzer,

    vielen Dank für deine Mühewaltung - kenne das Buch leider gar nicht und habe mit dem Lesen französischer Texte große Probleme. Zur Not geht es auch mal ohne Angabe des Schiffes oder der Linie, wenn die anderen, maßgeblichen Daten stimmen.

    Dein Brief sollte m. E. am 2.4.1859 entweder mit der Arago der Havre Line (in Southampton am 14.4.), dann am 16.4. in Aachen und am 18.4. in Dürkheim, oder mit der Weser des Norddeutschen Lloyds am 2.4.1859 ab New York, in Southampton am 13.4., dann am 16.4. in Aachen und wieder am 18.4. in Dürkheim geschippert worden sein.

    Von den Daten her halte ich beide für sehr gut möglich (der Datumseinsatz des Aachener Stempel steht bei der 6 kopf), einen Tick wahrscheinlicher ist die Arago, weil es oft 2 Tage von Southampton bis Aachen dauert und nicht deren 3.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    jo, Du hast Recht, da habe ich mich in der Zeile verguggt, es ist nicht die SS Fulton, sondern das Schwesternschiff, die SS Arago der Havre Line gewesen. Ich ändere das dann im post342 noch entsprechend ab. Anbei dann wieder einmal ein Beleg jüngeren Datums, hier aus Cincinnati, wegen Verzug des Adressaten weitergeleitet von Frankenthal/Pfalz nach Weiden in der Oberpfalz.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Liebe Freunde,

    einem geschätzen Forumsmitglied konnte ich mit einem Kauf die Mühe ersparen, diesen Brief beschreiben zu müssen. Diese Ehre fällt mir nun zu und ich bitte um Nachsicht, wenn die Beschreibung nicht perfekt ausfallen sollte, denn ganz so einfach ist er für mich nicht in der Zuweisung.

    Geschrieben wurde er in den USA wohl in Philmont am 9.6.1854, welches in der Nähe von New York liegen sollte, weil am 10.6. bereits der US - Stempel in rot für bezahlte Gebühren ("AMERICAN PACKET") abgeschlagen wurde. Der Vermerk "paid" weist auf eine Bezahlung hin, die ich aber nicht sicher finden kann (oder sollen die "21" unter "paid" US - Cents darstellen?

    Er war adressiert an William H. Philip, Esquire, Care Hottinguer & Co. Bankers, 17 rue Bergere, Paris France, also an Herrn Philip bei der Bank Hottinguer & Co. in Paris.

    Am 22.6.1854 kam er mit dem Stempel versehen "Etat Unis Pag. Am. ??" an - leider habe ich den Stempel im van der Linden nicht gefunden und wäre für Hilfe froh. Dort wurde er mit 16 Decimes belastet in Paris noch am selben Tag der Bank zugestellt (war also ein klassischer Teilfrankobrief).

    Nach Zahlung dieses Portos korrigierte man die Adresse in: "A. E. d´Eichthal, Munich, Bavière". Nun hatte man den Brief auch noch im Briefkasten aufgefunden, weswegen der Stempel (zu dem ich gerne näheres wüsste) "Trouvé à la Boite" abgeschlagen wurde, den ich noch nie auf Briefen nach Bayern sehen durfte.

    Als reiner Portobrief von Frankreich nach Bayern nach dem PV vom 1.7.1847 durfte Frankreich nichts taxieren, sondern überließ dies souverän Bayern, wo man ihn mit 36 Kreuzer als Brief über 8,75 bis 7,5g als einen der 2. Gewichtsstufe ansah und am 24.6.1854 aushändigte.

    Siegelseitig ist noch der Stempel von London zu sehen, der am 21. Juni 1854 abgeschlagen wurde. Dies ist sehr wichtig, denn nun kennen wir das Schiff, mit dem er auf seine weite Reise über den Teich kam:

    Die "Baltic" der Collins Line war in New York am 10.6.1854 ausgelaufen und am 21.6.1854 in Liverpool angelandet. Noch am selben Tag erreichte der Brief London und das weitere wissen wir (fast schon) alles.

  • Der Vermerk "paid" weist auf eine Bezahlung hin, die ich aber nicht sicher finden kann (oder sollen die "21" unter "paid" US - Cents darstellen?


    Die "21" als 21 Cents machen Sinn für die Taxe in das Vereinigte Königreich per American Packet. Die USA und Frankreich hatten ja noch keinen eigenen Postvertrag, sondern nur jeweils Postverträge mit dem Vereinigten Königreich.

    Am 22.6.1854 kam er mit dem Stempel versehen "Etat Unis Pag. Am. ??" an - leider habe ich den Stempel im van der Linden nicht gefunden und wäre für Hilfe froh.


    Der Stempel müsste der "ETATS-UNIS.PAQ.AM./ B.A.CALAIS" sein. B.A. = bureau ambulant (Bahnpost von Calais nach Paris).

    Dort wurde er mit 16 Decimes belastet in Paris noch am selben Tag der Bank zugestellt (war also ein klassischer Teilfrankobrief).


    Er war also in der zweiten Gewichtsstufe (7,5 bis 15 Gramm).

    Viele Grüße,
    nitram


  • Lieber bayern klassisch,

    Ich weiß nicht, ob außerhalb Altbayerns der Ausdruck "der schaut eam ja bis in Mogn obe" (der schaut ihm ja bis in den Magen hinunter) aus Fußballerkreisen bekannt ist. Der gilt einem Spieler, der jeden Schritt seines Gegners antizipiert und dessen nächsten Schritt schon weiß, bevor der dazu ansetzt.

    Ich muss jedenfalls immer an diesen Spruch denken, wenn Du einen Brief sozusagen sezierst und ihm seine ganzen Geheimnisse entreisst, so dass er offen vor uns liegen kann. Bei diesem Brief ging es mir wieder so. Wunderschöne Geschichte zum Genießen.
    Was ich noch beitragen kann, ist, dass es von Philmont nach New Harbour etwa 100 Meilen (amerikanische) sind.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber nitram, lieber maunzerle,

    habt vielen Dank für eure wichtigen Hilfen und aufmunternden Worte - jetzt ist er geklärt und darf, wann immer das sein wird, auf seine Einwanderung in den Transit - Teil meiner Bayern - Frankreich - Sammlung hoffen.

    P.S. Den Ausdruck mit der Magenbeschau kannte ich noch nicht - wieder etwas dazu gelernt! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde der Incoming Mail,

    heute zeige ich einen Teilfrankobrief aus Philadelphia (keine schöne Stadt, heute zumindest) vom 12.7.1852 (sicher heiß und schwül dort gewesen) an Clemens Kieflen, Mechaniker in Maria-Rain p(er) Nesselwang Baveria. Nur dank einer hervorragenden, jungen Postgeschichtlerin hier im Forum konnte ich den Zielort zuordnen, der damals etwas verändert notiert wurde.

    Der Absender zahlte 5 Cents bis zum US - Ausschiffnungshafen, die im Stempel PHILA PAID mit Tinte notiert wurden. Ausweislich der Siegelseite finden wir den roten Londoner Stempel vom 26.7.1852 und einen unleserlichen Frankreich - Stempel, wie auch der Eingang nach Frankreich etwas ungeschickt mit einem roten Stempel auf dem roten Stempel von Philadelphia bestätigt wurde.

    Nach dem Postvertrag Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1847 kosteten einfache Briefe wie hier bis 1/2 Loth resp. 7,5g 45 Kreuzer Porto, wovon 36 Kr. an Frankreich zu vergüten waren und 9 Kreuzer für Bayern (rechts des Rhein, in die Pfalz nur 36 + 3 = 39 Kreuzer!) blieben.

    Der Laufweg sollte gewesen sein Philadelphia 12.7.1852 - New York 14.7.1852, dann mit der "Africa" der Cunard Line nach Liverpool (25.7.1852), London 26.7.1852, Calais, Paris, Strasbourg, Augsburg (dort taxiert mit 45 Kr.), Nesselwang und von dort, wie ist wohl nicht mehr zu eruieren, zum Empfänger nach Maria-Rain.

    Sollte es eine Korrespondenz gegeben haben, wovon ich lt. Inhalt ausgehe, wäre das der 211. Brief gewesen. Da hätte ich mal gerne die anderen 210 gesehen ...