• Liebe Freunde,

    die Postbeziehungen zwischen Österreich und Baden sind hoch interessant und vielfältig. Bayern war der klassische Transitdienstleister, jedoch kommt dies auf Briefen der Zeit des Postvereins und auch danach durch die permanente Gewährung geschlossener Briefpakete zwischen diesen beiden Postgebieten stempelmässig nicht zum Ausdruck.

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    Eine Damenbriefchen aus Wien wurde am 20.6.1858 unfrankiert an Jean Mautz im Maison Grand de Bussière Mautz in Offenburg abgesandt und, weil der Zielort in Wien nicht geläufig war, mit "Grand Duché de Bade", also Großherzogtum Baden präzisiert.

    Man könnte nun in Unkenntnis der postalischen Bestimmungen glauben, dass die Aufgabepost hier 14 Kr. rheinisch angesetzt hätte. Tatsächlich waren es aber nur die korrekten 12 Kr. rh., welche etwas ungeschickt "seitlich" unterstrichen wurden, wie man es oft dort machte. Er transitierte Bayern (München - Augsburg) und Ulm - Stuttgart (Württemberg), ehe er am 22.6.1858 ankam.

    Bayern erhielt später von Österreich für seinen Transit knapp 2 Kr. rh., Württemberg gut 1 Kr. rh., so dass letzten Endes Österreich 9 Kr. verblieben. Ob rheinisch (billig) oder in Conventionsmünze (teuer) entschied die Generalabrechnung am Ende des Quartals zwischen Baden und Österreich, denn es war immer in der Währung dessen zu zahlen, der eine Forderung aufwies. Üblicherweise war dies Baden, weil allein die österreichischen Transite durch Baden nach Frankreich recht umfänglich waren, während dessen die badischen Transite in den Süden, wo Österreich als Vermittler und Transitdienstleister hätte auftreten können, in der Regel über die Schweiz liefen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Brief in rheinischen Kreuzern abgefunden wurde. So blieben von den einst notierten 12 Kr. rh. nur deren 8 Kr. CM übrig.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    zu Deiner Erklärung habe ich eine Frage:

    ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass es innerhalb des DÖPV nur noch das allgemein gültige Entfernungsporto ohne irgendwelche Transitgebühren gab. Da das Großherzogtum Baden am 1.5.1851 dem DÖPV beitrat sollte auch hier das Entfernungsporto des Postvereins (9 Kreuzer CM) gelten.

    Nach der österreichischen Verfügung galt außerdem, dass ein teilweise oder auch unfrankierter Brief auf jeden Fall zu befördern war und dass der Empfänger mindestens 3 Kreuzer CM zusätzlich zu bezahlen hatte (dazu führten die Österreicher den Begriff der ZUTAXE - der sich auch als Stempel auf Briefen findet - ein).

    Die 12 auf dem Brief ist - so glaube ich - nichts anderes als 9 Kreuzer Briefporto und 3 Kreuzer Zutax.

    Diese Briefe sind nach meinen Beobachtungen nicht sehr gesucht, da sie für die Vorphilasammler nicht mehr in die Zeit passen und für die Briefmarkensammler eben ohne Marke sind.

    Aus meinem Bestand hänge ich noch je einen Brief nach Bayern und einen nach Württemberg an.

    Mit vielen Grüßen

    Ottakring


  • Hallo ottakring,

    ich hatte ja geschrieben, dass es 12 Kr. rh. waren, die angesetzt wurden, aber man könnte auch 14 lesen, wenn man die Verträge nicht kennen würde. ;)

    Deine beiden Briefe sind auch sehr schön. Zu der Begehrlichkeit der heutigen Sammlergeneration: Je mehr Ahnung ein Sammler hat, desto eher werden ihn Portobriefe im Postverein interessieren (oder im inneren Verkehr des jeweiligen Postgebiets). Nach den Statistiken des Postvereins waren erst zu Beginn der 1860er Jahre mehr Frankobriefe aufgeliefert worden, als Portobriefe. Man kann also davon ausgehen, dass bei einer Postvereinsexistenz von 1850-1867 ca. 2/3 aller Postvereinsbriefe Portobriefe waren und nur 1/3 frankiert war.
    Sehe ich mir die heute vorhandenen Briefbestände an, tendiere ich zu der Aussage, dass 95% Frankobriefe nur 5% Portobriefen gegenüber stehen. Wer also clever ist und die tatsächlichen Verhältnisse kennt, ist gut beraten, das günstige und seltene zu sammeln.

    Die Gründe sind klar: Vor 100 und mehr Jahren blieben Markenbriefe bzw. die Marken von Briefen erhalten, markenlose Briefe waren vermalt, galten als unhübsch und waren daher bei den riesigen Massen damals reiner Ballast und wurden zu Millionen entsorgt.

    Zu den Transiten im Postverein: Es gab kein Transitporto mehr, welches auf den Briefen auszuweisen war und was den Korrespondenten separat in Rechnung gestellt wurde. Aber in allen Postverträgen der Postvereinsgebiete untereinander ab dem 1.7.1850 handelten die Beteiligten Transitlinien aus, die als Austauschwege für bilaterale und transitierende Sendungen galten. Hierbei galt das Prinzip, dass 1/3 preußischer Silberpfennig je Postmeile Transitstrecke von dem zu zahlen war, der das Porto bzw. Franko bezog.

    Ein Brief von Wien über Bayern nach Württemberg kostete also 9 Kr. Franko bzw. 12 Kr. Porto, jedoch hatte Österreich 7 Silberpfennige Transitgebühr (das war der Maximalsatz im Postverein für Strecken ab 21 Meilen) = knapp 2 Kr. rheinisch bzw. gut 1,5 Kr. CM an Bayern abzutreten.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    ...lange nichts mehr passiert in diesem Thread. ;)

    Heute zeige ich eine PV-Brief vom 14.7.1855 aus Wien nach Baden. Gehofft hatte ich ja zuerst auf einen Bodenbach-Stempel rückseitig, aber es sind leider "nur" zwei badische Stempel vorhanden.

    Darum ist er wohl über Salzburg, Rosenheim, München, Augsburg, Ulm, Stuttgart, Karlsruhe nach Baden gelaufen und leider nicht den nördlichen Weg über Bodenbach.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Christian,

    na ja - ein bildhübscher Brief und als poste restante eine kleine Seltenheit. Den nächsten über Bodenbach wirst du finden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    ...im Brack sind ein paar Baden-Briefe aus Mitte der 50er-Jahre über Bodenbach nach Verona abgebildet, ich dachte halt jetzt hast du vielleicht einen mit der anderen Richtung...träumen kann man ja mal. :D

    LG
    Christian

  • Hallo Christian,

    aber du musst auch sehen, wie lange der Rainer das schon sammelt und sucht ... wenn da einer in 3 oder 4 Jahren mal auftaucht, heißt es schnell sein. Sonst hat ihn wieder der Rainer ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    habe mir mal wieder etwas gegönnt, ist ja bald Weihnachten. :D

    Portobrief von 1859 aus Pula/Istrien, damals österreichisch nach Constanz in Baden. Der Empfänger zahlte 12x.

    Rückseitig sind ein badischer Bahnpoststempel vom 21.2.1859 und der Ankunftsstempel von Constanz vom 22.2.1859.

    Laufzeit waren also 5 Tage, darum tippe ich mal auf auf folgenden Laufweg des Briefes:

    Pula, Triest, Wien, Bodenbach, Dresden, Leipzig, Eisenach, Kassel, Frankfurt, Heidelberg...dann weiss ich leider in Baden nicht mehr weiter. :S

    Oder doch über Triest, Wien, Salzburg, dann mit der Kutsche nach Rosenheim und weiter über München, Augsburg, Ulm nach Baden... Karlsruhe oder doch Richtung Bodensee?

    Wer kann weiterhelfen?

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Christian,

    Hilfe naht! :D

    Der Stempel der bad. Bahnpost Curs VII, hier in der Periode vom 1.10.1858 bis 14.8.1859 eingesetzt, lief von Mannheim am 21.2.1859 um 12.05 Uhr nach Heidelberg ab, wo er um 12.28 Uhr ankam.

    Von Heidelberg ging es dann kurz später um 12.45 Uhr nach Richtung Basel, wo er am selben Tag um 19.02 Uhr ankam. Daher passt das Ankunftsdatum von Konstanz am 22.2. morgens sehr gut.

    Wäre der Brief, wie du alternativ spekuliert hast, über Bayern gelaufen, hätte ihn Bayern niemals nach Mannheim und Heidelberg geschickt, sondern gleich über Augsburg - Ulm - Stuttgart - Karlsruhe geleitet und erst dort der bad. Bahnpost zum Südtransport übergeben.

    Nettes Stück!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    danke für die ultraschnelle Antwort (9min 8o ).

    Juhu, ein Bodenbacher, das wollte ich hören. :D

    Noch eine Frage, wo hast du die Zugdaten her, gibts da Literatur?

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Christian,

    ja, eine Literatur gibt es - aber die ist in einer Miniauflage erschienen und auch das ist schon eine Weile her.

    Die Bahnposten in Baden mit allen Fahrplänen usw. - eine Heidenarbeit, die nur ein Mal auf sich genommen wurde. Leider lange vergriffen und wohl auch antiquarisch nicht mehr zu haben.
    Ich selbst habe auch nur eine Kopie und hätte gerne ein Original - aber bei einer Auflage in Höhe der Zimmertemperatur werde ich wohl noch ein Weilchen warten müssen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    na dann hoff ich mal, dass du irgendwann fündig wirst.

    Der Laufweg war hier aber nur durch die Zugdaten zu ermitteln...ich finde ein toller Brief aus Istrien an den Bodensee mit einem Riesenumweg wegen der schnellen Bahn.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Christian,

    ohne Frage! Gott-sei-Dank haben wir ja diese Informationen aus Artikeln bzw. der Fachliteratur, sonst wären wir nie in der Lage, die Leitungen zu beweisen und die Briefe korrekt zu beschreiben.

    Leider ist die Stempelung von Bodenbach, einst als 100%ig angesehen, mittlerweile im Bereich von fifty - fifty, was es nicht einfach macht, weil nur die wenigstens nach bzw. über Baden liefen.

    Es wird viele Briefe über Bodenbach geben, die wir als solche nie werden nachweisen können. Evtl. sogar umgekehrt ... Aber genau das macht es doch so spannend. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    hier zeige ich einen 9 Kr. Brief aus Wien vmo 29.6.1857 8 A (= 20 Uhr, da 8 Uhr Abends abgestempelt) nach Mannheim, wo er am 2.7. ankam.

    Da alle Transitstempel mangeln, ist die Leitung nicht 100%ig fixierbar; grundsätzlich halte ich 2 Leitungen für möglich: Von Wien aus an die bayer. Grenze bei Salzburg und von dort mit der Kutsche nach Rosenheim und von dort durchgehend per Bahn nach Mannheim vom Süden kommend, oder alternativ über Bodenbach - Hof - Bamberg - Würzburg - Frankfurt am Main von Nordosten kommend.

    http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/mapsp/mape857d.htm

    Bahnnetz Ende 1857 - es darf noch weiter geforscht werden.

  • Liebe Freunde,

    hier einer aus Wien vom 5.6.1857 nach Mannheim, wo er am 7.6.1857 angekommen ist. Abgang nun 4 Uhr Abends = 16.00 Uhr, ausgetragen gegen 15.00 Uhr in Mannheim schon 2 Tage später. Sensationell!

  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen frankierten Brief aus den wunderschönen Wien vom 24.12.1859 18.00 Uhr an Albert Angerer Chemische Produkten Fabrik in Pforzheim in Baden. Die frankierten 15 Neukreuzer waren tarifgerecht über 20 Meilen bis 1 Loth. Hinsichtlich der Leitung sehen wir auf der Siegelseite: Curs VII 26.12.1859 ab Mannheim 12.05 Uhr nach Heidelberg an 12.28 Uhr und weiter ab Heidelberg 12.40 Uhr an Basel 18.34 Uhr.

    Der Brief wurde also auf seiner Reise von Heidelberg ab 12.40 Uhr in Richtung Basel bei Karlsruhe dekartiert und sogleich Richtung Osten gen Pforzheim geleitet, welches er am 26.12.1859 um 16.00 Uhr erreichte, wobei er natürlich noch am selben Abend ausgetragen wurde (war schon dunkel, aber das machte der Post damals nichts).

    Wie kam er aber genau an diesem Weihnachtstag 1859 von Wien nach Mannheim? Eine Leitung über Kufstein, Rosenheim, München, Ulm, Stuttgart, Karlsruhe - Pforzheim war prinzipiell möglich, wurde jedoch offensichtlich nicht gewählt, wie der lobenswert erhaltene Bahnpoststempel Badens dokumentiert.

    Die Route, die er dann wohl genommen haben dürfte, erkenne ich in: Wien - Prag - Bodenbach - Dresden - Leipzig - Erfurt - Kassel - Gießen - Frankfurt am Main - Darmstadt - Mannheim - Heidelberg - Karlsruhe - Pforzheim.

    Die Tatsache, dass ein Brief unter damals sicherlich sehr winterlichen Umständen am Weihnachtsabend 1859 in Wien aufgegeben wurde und schon am 26.12. gegen 16.00 Uhr am Zielort in Baden war, konnten nur die Bahnposten von Österreich, Sachsen, Hessen und Baden in perfekter Absprache miteinander gewährleisten.

  • Hallo Christian,

    so ist es - aber jetzt heißt es einen aus dieser Zeit via Bayern zu finden. Eigentlich ganz einfach, gelle? :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ... ich habe fast alles, aber die Betonung liegt (leider noch) auf "fast" ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

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