Bestellgeld auf dem Land & Landporto

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    bei dem folgenden Brief bitte ich um Unterstützung hinsichtlich der Adresse.

    Was ich entziffern kann:
    Herrn ???berg, Bürgermeister zu Sohren(??),

    Wohlgeboren zu
    Bü???????????
    bei Zell

    Ich würde den genauen Ort gerne aus dem Grund kennen, um das Bestellgeld genau ermitteln zu können:
    Er stammt aus dem Jahr 1826 und ist mit 2 Sgr. für einen Brief der Entfernungsstufe 4-7 Meilen taxiert.

    Vorderseitig ist weiterhin notiert
    (mit Bitte um baldige Beförderung an die Adresse)
    was vermutlich einen Landpostboten veranlasste, den Brief vom Postamt (evtl. in Zell) zum Zielort zu bringen.
    Auf der aufgeklappten Rückseite sieht man klein eine 3 notiert, die möglicherweise das Bestellgeld darstellt. Größer ist dann eine 5 zu sehen, die wohl die Summe anzeigt.

    Wie wurde nun das Bestellgeld ermittelt?
    Laut Taxordnung von 1825 waren aber max. 2 1/2 Sgr. Bestellgeld (bei 3 Meilen Entfernung) für die Zustellung durch besondere Land-Postboten nach dem platten Lande vorgesehen.
    Orte, die nicht regulär durch einen solchen Landpostboten angegangen wurden, erhielten ihre Post 1x wöchentlich durch einen expressen Boten, der pro Meile 5 Sgr. erhielt, die aber verhältnismäßig auf sämmtliche ihm zur Bestellung übergebene Briefe repartirt und auf der Rückseite jedes einzelnen Briefes Briefes der Theil des Botenlohns, der auf denselben fällt, vermerkt wird.

    Zur Abrundung hier der Briefkopf. Bedrucktes Briefpapier war 1826 eher selten anzutreffen. Anscheinend hatte der Advokat=Anwalt ein so großes Briefaufkommen, dass er sogar die Jahreszahl mit vordrucken ließ.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    hier die Adresse deines wie immer interessanten Briefes, wie ich sie lese:

    Herrn Grarsbach, Bürgermeister zu Sohren, Wohlgeboren zu Buchenbeuren bei Zell

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    vielen Dank für die Übersetzung! :)

    Mit dieser Ortsangabe passt es dann:
    Büchenbeuren liegt im Hunsrück, ca. 22 km von Zell/Mosel entfernt.
    (Sohren - der Ort, in dem der Adressat Bürgermeister war - liegt 2 km von Büchenbeuren entfernt.)
    Ein expresser Bote - der nur bei Bedarf 1x wöchentlich eine solche Strecke ging - erhielt für die Strecke von 3 Meilen dann 15 Sgr., die auf die mitgenommenen Briefe verteilt wurden.
    Wenn er 5 Briefe mitnehmen konnte, entfielen auf jeden Brief 3 Sgr. Bestellgeld.

    Dieses besondere Bestellgeld ist nicht so häufig zu finden (verständlich, da es nur bei Zustellung an entlegene Orte anfiel), um so schöner, dass bei diesem Brief die Berechnung hinkommt.

    Viele Grüße
    Michael

  • Liebe Sammelfreunde

    zwar paßt der Beleg hier nicht so richtig, aber bisher hatte ich keinen weiteren gesehen.

    Hierbei handelt es sich um eine Briefhülle aus Oels (heute=Olesnica) nach Posenberg (wenn ich es richtig entziffere). Gewogen hat dieser Brief 1 3/4 Loth. Siegelseitig gibt es zwei Ausgabestempel.

    Als erstes fällt auf, das 1 Sgr Landporto notiert wurden. Dazu aus der Taxverordnung, gültig ab 01.01.1825:

    §51 An Orten, woselbst keine Postanstalten sind, die aber von durchgehenden Posten berührt werden, ist die Kommune, wenn sie den Durchgang der Posten benutzen will, verpflichtet, solche Anordnungen zu treffen, das die Abgabe von Briefen ohne Aufenthalt der Post, und ohne daß Schirrmeister oder Postillions den Wagen zu verlassen nöthig, geschehen kann.

    §52 Für die Beförderung der Briefe solcher Orte (§51)
    a) von und bis zu der nächsten Station,
    b) von und bis zu Orten, welchen zwischen der nächsten und der darauf folgenden Station belegen sind
    wird das Porto nach dem niedrigsten Sätzen der Taxe erhoben.
    Dieses Porto wird Landporto genannt. Gehet die Korrespondenz weiter oder kommt weiter her, so daß sdie zwei und mehrere Stationen berührt, so wird nur das gewöhnliche Porto erhoben, und kein Landporto zugeschlagen.

    Desweiteren ist zu vermerken, daß bei Abgabe eines Briefes an dem Empfänger nur das Landporto, aber kein Bestellgeld erhoben werden durfte. Der Betrag war (scheinbar) 1 Sgr pro Stück (nur für den Berliner Bereich habe ich diese Angabe!)

    Da der Zielort gestrichen wurde, dass darüber geschriebene kann ich nicht richtig entziffern, fällt mir so richtig nichts ein.
    Die notiertern Zahlen ergeben sich auch nicht... Der Ortsstempel sowie das Gewicht erscheinen mir gestrichen, aber auch die 10 Sgr, welche mit gleicher Tinte erfolgte.

    Wer hat eine Idee, wie sich alles sinnvoll erklären läßt? und was steht über dem "Posenberg"

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Magdeburger,

    Petschen lese ich da.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ulf,

    ein kleines Schmuckstück, meinen Glückwunsch zu dem Fang, dass aber etwas Kopfschmerzen bereitet.

    Meine Überlegungen dazu (die nicht richtig sein müssen):
    Aufgegeben wurde der Brief im schlesischen Oels und war adressiert nach Rosenberg in Westpreußen.
    Die Entfernung betrug 20 Meilen.
    Nach der Taxordnung von 1825 errechnen sich 10 Sgr. Porto: 4 Sgr. (bis 20 Meilen Entfernung) x 2,5 (Briefe bis 2 Loth)
    Dort wurde er zugestellt.
    In einem anderen Ort - benachbart ??, jedenfalls ohne Post-Einrichtung - wurde er dann erneut aufgegeben. Hierbei wurden die 10 Sgr., die Gewichtsangabe und der Oelser Aufgabestempel durchgestrichen. Vermutlich war etwas entnommen worden und der Brief lief jetzt als einfach schwerer Brief. Die neue Taxe betrug 8 1/4 Sgr. + 1 Sgr. Landporto, ergeben die notierten 9 1/4 Sgr.
    Weder der neue Aufgabe-, noch der 2. Zielort sind für mich im Moment zuortenbar.

    Damit dieser schöne Beleg mit dem seltenen Landporto nicht untergeht, habe ich den Thread-Titel angepasst. Vielleicht sehen wir hier noch mehr von diesen unauffälligen, aber spannenden Belegen.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael

    danke erstmal, auch für die Erweiterung der Threadüberschrift.

    Deinen Gedanken hatte ich auch schon - Rosenberg hatte ich jedoch nicht gelesen.

    Problematisch findet ich die weitere Taxierung. Selbst wenn unterstellt wird, dass der Brief "danach" 1 Loth wog, ergeben sich nicht die Zahlen. Wie will man auf 8 1/4 kommen ? - Auch sieht es aus, als wenn gesamt 9 0/4 Sgr vermerkt wurde.

    Unterstellt der Brief wurde für 1/2 Sgr Bestellgeld vom Briefträger aufgegeben (also mitgegeben) und das Porto betrug nur 7 1/2 Sgr für einen Brief von 1 Loth bei 20 - 30 Meilen, also 1,5 * 5 Sgr, ergeben sich insgesamt 8 Sgr. Der Brief wurde für 1 Sgr Landporto von der "Kutsche" abgeholt, würde es bei 9 Sgr passen.
    Auch können 3/4 Sgr als Bestellgeld eingesetzt werden, dann passt es zu der Notierung 8 1/4 und Gesamt 9 1/4 Sgr.

    Ein einfacher Brief dürfte sogar eine deutlich größere Strecke zurücklegen, allerdings ist das Porto dann ganzzahlig.
    Der Gedanke, dass eventuell der Brief mit der Schnellpost versendet wurde, kann glaube ich ausgeschlossen werden. Eine Abgabe von Postsendungen über das Landporto spricht eigentlich dagegen.

    Vielleicht hat noch jemand eine Idee.
    Einen weiteren Beleg habe ich leider noch nicht wieder gesehen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Liebe Sammelfreunde

    mir ist es doch tatsächlich gelungen eine weitere Briefhülle zu ergattern.

    Gelaufen ist sie von Dessau "An Fräulein Sophie Dietrich Wohlgeboren in Reinstedt bei Ermsle(le)ben", bar frankiert mit 2 1/2 Sgr., was ausreichend bei 8 Meilen Entfernung ist. Die Siegelseite zeigt ein kleine Besonderheit, denn dort wurde der Stempel von Ermsleben abgeschlagen und die Notierung von "1 Sgr. Landporto" angebracht.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo,

    wurde in Preußen das Bestellgeld separat ausgewiesen oder kann es auch im Gesamtporto enthalten sein?

    Bei diesem Brief vom Juli 1843 aus Carlsruhe nach Schönfeld bei Prenzlau belastete Baden 12 Kr. Dies wurde in Berlin in 3 1/2 Sgr. reduziert. Mit dem preußischen Porto bis Gransee ergaben sich 11 3/4 Sgr. Für die Weitersendung nach Prenzlau kamen weitere 2 1/2 Sgr. (7-10 Meilen) = 14 1/4 Sgr. hinzu. Als Gesamtporto wurden jedoch 15 Sgr. angeschrieben. Könnte hierin das Bestellgeld enthalten sein? Schönfeld lag ca. 1,8 Meilen von Prenzlau entfernt.

    Oder könnte es sein, dass alle mit roter Tinte geschriebenen Taxierungen aufgehoben wurden, durch die Notierung ganz oben mit pro 9 1/4 Sgr.?

    Grüße von liball