Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo liebe Sammlerfreunde,

    ich muß den Beitrag 148 von bayern klassisch korrigieren.

    Auf der Rückseite des Kriegsgefangenenbriefes ist "15. August 1870" und nicht "7. August 1870" zu lesen. Bayern gewährte nämlich erst mit Feldpost-Circular Nr. 7 den französischen Kriegsgefangenen Portofreiheit.

    Ich kann einen weiteren Kgf-Brief von Ingolstadt ohne Portofreiheits-, bzw. ohne Zensurvermerk zeigen. Offensichtlich haben die Bayern im Gegensatz zu den Norddeutschen die Vorschriften nachlässiger berücksichtigt.

    Gruss
    1870/71

  • Lieber 1870/71,

    im Krieg wärst du Späher geworden, so ein gutes Auge hast du. :P

    Richtig - 15.8. ist richtig, jetzt sehe ich es auch. ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Pälzer,

    ich möchte dir gerne auf deine Frage vom 26. Juli 2014 antworten. Du schriebst: "Ab wann ist das (der Letzttag) zu verstehen?"

    Wenn wir vom Letzttag deutscher Feldpostanstalten sprechen, meinen wir den Tag deren letzter Postabfertigung.

    Am 13. September 1873 wurde die Festung Verdun / Departement Meuse geräumt und letzte Truppen kehrten auf deutschen Boden zurück.

    Das Ende der Feldposttätigkeit dokumentierte die Feldpost-Ordre Nr. 208 vom 25. September 1873: "Nachdem die deutschen Occupations-Truppen nunmehr sämmtlich aus Frankreich zurückgekehrt und demobil gemacht sind, hat auch der für diese Truppen bisher noch unterhaltene Feldpostdienst seinen Abschluß erreicht".

    Der noch zu belegende Letzttag dürfte um Mitte September 1873 liegen!

    Späteste Daten wurden bisher vom Ende Juli 1873 registriert.

    Gruss
    1870/71

  • Hallo Sammlerfreunde,

    und zunächst noch ein besonderes an 1870/71, dessen Ergänzungen zum Letzttag deutscher Feldpostanstalten mir erst heute vor Augen kam: Herzlichen Dank dafür. Den nachstehenden Beleg - man sollte vielleicht besser sagen: Die verrückte Poka aus der Pfalz - haben wir ja schon zusammen in Sifi - nach "zu allerhöchst zuvorkommender Aufwartung" eines brit. Sammlerfreundes... direkt am Händlerstand diskutieren können.

    Mittlerweile ist die - wahrlich nicht einfache - Transcription abgeschlossen, das meiste ließ sich ja schon vor Ort aufdecken. Aber erst unser guter @bk hat das alles entscheidende Wort einbringen können: Wörth. Warum ist das entscheident ? Nun, die Poka ist nicht auf`s Jahr datierbar, insofern bestand nur die Chance Honig aus dem Text zu saugen und das ist in der Tat der Fall. Adressiert wurde an Frau Langfritz Babeta - Erlangen - Bohlenplatz. Der Unterzeichner F. Langfritz meldet:

    Wir sind über Bergzabern nach Weissenburg d(ann) Wörth. Ich hoffe heute Abend in Frankreich zu sein. Viele Neuigkeiten kann diesmal aber hier nicht mittheilen.Vor Sonntag könnt Ihr uns nicht erwarten. Geschrieben in d(er) Nähe d(er) Grenze. F. Langfritz

    Wörth im Unterelsass war am 06.08.1870 Brennpunkt der ersten großen Schlacht der 3. gesamtdeutschen Armee unter der Führung von Kronprinz Wilhelm von Preussen (bataille de Frœschwiller-Woerth), in welcher die von Marshall Mac Mahon kommandierte französische Rheinarmee geschlagen wurde. Allerdings nur für einen sehr sehr hohen Preis: Die Deutschen verloren 10.642 Mann. Die Verluste der Franzosen betrugen 8.000 Tote und Verwundete, sowie 9.000 unverwundete Gefangene und 6.000 Versprengte.

    Vermutlich handelte es sich bei dem Absender um einer der freiwilligen bayerischen Civil-Krankenhelfer, die sich nach zögerlicher Zustimmung des Kriegsministeriums mit caritativem Engagement um das Aufsuchen, die Erstversorgung und den möglichst zügigen Abtransport der verwundeten Soldaten nach im Hinterland eingerichteten Lazaretten kümmerten ...und das egal welcher Nation. Ein äußerst schwieriges Unterfangen, denn gerade am Aufgabeort, dem südpfälzischen Bahnknotenpunkt Winden war zu dieser Zeit der Teufel los.

    Der schon während dem deutsch-deutschen Krieg 1866 gegründete Erlanger Verein für evangelische Felddiakonie berichtet in seinem Thätikeitsbericht im Kriege 1870-71 - verfasst von Dr. August Ebrard - dass insgesamt 91, zunächst an der Erlangener Universitätsklinik in einem "crash-Kurs" der Verbandslehre ausgebildete Felddiakone bei dem Gefecht in Weissenburg (04.08.1870) und bei der Schlacht von Frœschwiller-Woerth (06.08.1870) eingesetzt waren.

    Der Bericht ist "mannsgenau" und man findet keinen F. Langfritz als Felddiakon, allerdings noch den Hinweis, dass bspw. auch der Johanniterorden nach der Schlacht von Woerth zivile Krankenhelfer im Raum Bouxwiller, Phalsbourg, Pfaffenhoffen einsetzte. Der Erlanger Verein für Felddiakonie hatte mehr Freiwillige als er in der Kürze der Zeit als Helfer ausbilden und ausrüsten konnte. Möglicherweise hat Langfritz sich dann an andere in Ansbach, Augsburg, Lindau, Nördlingen gegründete Hilfsvereine gewandt.

    Der Bericht von Dr. Ebrard kommt jedenfalls zu dem Ergebnis, dass es viel zu wenige Helfer waren, die das z.T. unermessliche Leid der Verwundeten zu lindern verstanden, welche z.T. völlig versprengt im Wald oder in kleinen Weilern mitunter tagelang vor sich hinkümmern mussten. Eine andere Erklärung für Langfritz Weg nach Woerth findet sich mir im Moment jedenfalls nicht, wäre aber selbstverständlich für jede anderen Hinweis äußerst dankbar.

    Die postalische Behandlung der mit 1 Kr überfrankierten Postkarte, mit Aufgabeabschlag vom 11.08 und Entwertung der - nebenbei erwähnt mit einer schönen Ausprägung des Plattenfehlers VI versehenen - Marke erst am 12.08 spricht für die in Winden seinerzeit chaotischen Verhältnisse, die der Krieg auch in der - eigentlich friedlich - die Ernte einbringenden Pfalz hinterlassen hat. U.U. ist sie nie angekommen, ein AK-Abschlag Erlangen fehlt, was auch nicht gerade gewöhnlich ist.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quelle:
    http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/…4043_00017.html
    http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_W%C3%B6rth

  • Hallo Sammlerfreunde,

    bzgl. der Destination des nachstehenden Feldpostbriefleins bin ich mir noch nicht so ganz sicher und bitte diesbezüglich ggf. um geschätze Korrektur. Absender war der Tambour Jakob Kerr, seines Zeichens Angehöriger des Königlich Bayerischen 29. Landwehr-Batallions. Es handelte sich dabei lt. nachstehender Quelle um einen immobilen Regimentsstab des Königlich Bayerischen 4. Infanterie-Regiments „König Wilhelm von Württemberg“, welches am 12.11.1870 für die Dauer des Krieges gemeinsam mit einem Ersatz-Batallion in München aufgestellt worden ist. Insofern gehe ich vom Aufgabeort München aus, letztentscheident dürfte aber der Feldpoststempel des Feldpostrelais No. IV sein. Aber dessen Dilslozierungen sind mir leider nicht bekannt...


    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quelle:
    http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6ni…emberg%E2%80%9C

  • Hallo Pälzer,

    Aufgabeort des Briefes war lt. Aufgabestempel das bayerische Feld-Postrelais Nr. IV, das lt. Oberst a.D. Hugo Schröder am 4. Dezember 1870 von Nogent-d`Artaud nach Lagny verlegt wurde.

    Mit bestem Gruß

    1870/71

  • Hallo Pälzer,

    kleine Korrektur: Absender war KERR, nicht Kerth.

    Schönes Stück, hätte ich auch genommen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo 1870/71 und bk,

    vielen Dank für die Berichtigungen. Dann scheint unser Tambour wohl doch zu einer der mobilen Kompanien des 29. Landwehr-Batallions gehört und mit auf dem Weg in Richtung des Belagerungsrings von Paris gewesen zu sein. Lagny-sur-Marne liegt ja nur noch rd. 35 km östlich davon.

    Schönen Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Abend liebe Sammlerfreunde,

    wer hätte gedacht, dass ich jemals unter dieser Rubrik einen Brief zeigen kann. 8o

    Dank eines lieben Sammlerkollegen konnte ich diesen Brief kaufen, der mich als vor allem wegen seines seltenen Laufweges interessiert.

    Doch der Reihe nach:

    Am 13.7.1870 wurde dieser Portobrief in Odessa/Russland geschrieben. Adressiert war er nach Marseille in Frankreich. Da sich Mitte Juli 1870 abzeichnete, dass Frankreich dem Nordeutschen Bund/Preussen den Krieg erklären würde (19.7.1870), wurde vom Absender die Leitwegsangabe " Via Vienne-Milan " notiert.

    Der normale Laufweg wäre über Österreich-Bayern-Württemberg-Baden-Straßburg gewesen, der ab dem 19.7. nicht mehr möglich war, was dann wahrscheinlich einen Versand über die Schweiz zur Folge gehabt hätte.

    Folgende Stempel sind auf dem Brief: Odessa 13.7., Portostempel auch von Odessa?, weitere russische Stempel (Bahnpost?)14.7./18.7, dann vorderseitig A.R.F.-Stempel, Grenze Sachsen-Österreich?, am 1.8.1870 war er in Wien, ist diese lange Laufzeit von 2 Wochen normal?
    Über Wien dann wahrscheinlich über Triest nach Mailand und dann nach Frankreich, roter Grenzübergangsstempel? wer kann mir sagen, über welchen Weg er nach Marseille gelaufen ist. Und schliesslich Ankunftsstempel Marseille 5.8.1870.

    Was zahlte der Empfänger in Marseille?

    Die Diskussion ist eröffnet... :D

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    ich freue mich SEHR, dass du ihn schnappen konntest - einen zweiten kenne ich nicht und glaube auch nicht, mal einen weiteren zu Gesicht zu bekommen.

    Eigentlich kosteten diese Briefe 11 Decimes, wenn ich nicht irre. Die stehen auch drauf (üblicherweise mit "11" - Stempel, hier manuell, ganz selten).

    Aber ich lese auch 30 und die kann ich nicht zuordnen.

    Die blauen 15 stammen von Wien und stellen das Porto dar, das Frankreich angelastet wurde (aus der Hüfte, weil derzeit von 5 kg Katze belegt).

    Phantastischer Brief - du bist ein Glückspilz (und dann noch so schön :P:P:P )

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo Leitwege,

    Folgende Stempel sind auf dem Brief: Odessa 13.7., Portostempel auch von Odessa?, weitere russische Stempel (Bahnpost?)14.7./18.7, dann vorderseitig A.R.F.-Stempel, Grenze Sachsen-Österreich?, am 1.8.1870 war er in Wien, ist diese lange Laufzeit von 2 Wochen normal?

    Die vermeintlichen 2 Wochen liegen an den unterschiedlichen Kalendern (julianisch/gregorianisch).
    Auf unseren Kalender umgerechnet wurde der Brief am 25.7. in Odessa aufgegeben. Die Laufzeit ist dennoch ungewöhnlich.
    Wenn ich etwas Zeit finde, schaue ich mir mal die russischen Stempel an.

    Unabhängig davon: toller Brief, Glückwunsch!

    Gruß
    Michael

  • Hallo Leitwege + zusammen,

    bemerkenswert ist m.E. auch, dass der Leitvermerk via Vienne - Milan offenbar schon vom Absender in Odessa angebracht wurde. Aber am Aufgabetag den 25.07.1870 (julianischer Kalender), also 9 Tage nach der Mobilmachungsordre und 6 Tage nach der Kriegserklärung Frankreichs dürfte mittlerweile auch in der Hafenstadt am Schwarzen Meer klar gewesen sein, dass über Baden - Strasbourg nichts mehr laufen konnte. Optisch wie postgeschichtlich ein Erste-Sahnestück, meinen herzlichen Glückwunsch hierzu. :thumbup:

    + Gruß !

    vom Pälzer

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  • Hallo bk, Michael und Pälzer,

    danke für eure Glückwünsche und Kommentare.

    Natürlich, der gregorianische Kalender im Unterschied zum julianischen Kalender...dann war der Absender nicht besonders gut im Voraussschauen, sondern hatte nur die Zeitung gelesen. ^^

    Kann jemand noch Angaben zum Laufweg Italien-Frankreich machen? Den Grenzübergangsstempel vorderseitig kann ich leider nicht bestimmen.

    Viele Grüsse
    Christian

    Einmal editiert, zuletzt von Leitwege (11. März 2015 um 06:22)

  • ... vlt. können unsere Computer - Spezis den Stempel extrahieren und negativ einstellen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Pälzer,

    besten Dank - da müsste man mal den van der Linden bemühen, welcher Stempel das sein könnte. Das Datum ist nicht sooo wichtig, weil es hinten ja gut datierende Stempel gibt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Leitwege und alle anderen,

    Herzlichen Glückwunsch zum Traumstück in Traumerhaltung......Was willst Du mehr..... :thumbup::thumbup:

    Und wenn ein Brief mit der Leitwegsangabe " Via Vienne-Milan " aus 1870 passt, dann in die Sammlung Leitwege 8)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    der Brief hat schon innerhalb Russlands einen interessanten Weg zurückgelegt. 8)
    Hier mal die Aufschlüsselung anhand der Stempel:
    13.7. (jul. Kal.) Aufgabe in Odessa
    14.7. Leitung über die Eisenbahnstrecke Kiew-Kursk
    - ohne Beleg: Weiterleitung von Kursk nach St. Petersburg
    17.7. Übernahme des Briefes am Warschauer Bahnhof in St. Petersburg
    18.7. Leitung über die Eisenbahnstrecke Vilna-Warschau in Richtung Wien
    Übernahme am übernächsten Tag dann in Wien ...

    Ein äußerst ungewöhnlicher und zeitraubender Umweg. Es gab schon lange Kartenschlüsse für Post aus Südrussland mit Österreich über Brody und Czernowitz, die etabliert und schnell waren. Auch der angegebene Leitweg via Vienne-Milan hätte eigentlich nicht zu einer Verunsicherung russischerseits führen dürfen, da man bei den üblichen Kartenschlüssen sowieso auf Wien leitete.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für die Aufschlüsselung der russischen Strecken - höchst interessant!

    Ich könnte mir vorstellen, da die allermeisten Briefe aus Russland über Preußen (NDP) nach Frankreich liefen, dass Russland nach dem 19.7. schnell schaltete und die Leitung über Preußen (NDP) und das neutale Belgien favorisierte, weswegen man den Brief dann auch so leitete, dass er für diese Leitung passend war.

    Aber es scheint ein Umdenken in Russland stattgefunden zu haben und man hat dem Wunsch des Absenders Folge geleistet, indem man ihn dann wieder nach Süden (Wien) schickte und dort die Postler weiter knoblen ließ.

    Der Brief, obwohl schon so eine Granate, wird immer besser, je mehr Geheimnisse ihm entrissen werden. Fehlt nur noch der Grenzübergangsstempel ... 8)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.